Güterverkehrsrecht

Güterbeförderungen durch Unternehmen – Genehmigungspflicht?!

Grundlagen zum Güterverkehrsrecht

Wenn Unternehmen für eigene Zwecke oder auch für andere Unternehmen Güter befördern und dazu Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstmasse (zHm) von mehr als 3.500 kg einsetzen, gelten grundsätzlich die güterverkehrsrechtlichen Bestimmungen. Werden Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen eingesetzt, sind die zHm von Zugfahrzeug und Anhänger zu addieren. Leergewichte, Zuladungen oder die tatsächliche Masse des Fahrzeugs im Moment der Beförderung sind irrelevant, nur die zHm (veraltet: zulässiges Gesamtgewicht oder Höchstgewicht) ist entscheidend. Auch ob das Fahrzeug beladen ist oder leer, spielt grundsätzlich keine Rolle.
Liegt die zHm bei maximal 3.500 kg, gelten die spezifischen Regelungen des Güterverkehrsrechts mit Ausnahme der Kabotagevorschriften nicht. Dabei ist zu beachten, dass zum Beispiel die frachtrechtlichen Regelungen des Handelsgesetzbuches (Paragraf 407 ff.), das Thema Ladungssicherung oder das Gefahrgutrecht unabhängig von der zHm des Fahrzeugs gelten. Andere Vorschriften, etwa die zu den Lenk- und Ruhezeiten, gelten hingegen ab einer zHm von 2.801 kg. Darüber hinaus gibt es rechtliche Pflichten, die an anderen Kriterien „hängen”. Zum Beispiel orientiert sich das Berufskraftfahrerqualifikationsrecht (Schlüsselzahl 95 bzw. Fahrerqualifikationsnachweis FQN) an der Fahrerlaubnisklasse, die zum Führen des jeweiligen Fahrzeugs notwendig ist.
ACHTUNG – Änderung durch das „Mobilitätspaket I” ab dem 21. Mai 2022:
Werden grenzüberschreitende Transporte im gewerblichen Güterkraftverkehr durchgeführt, müssen ab dem 21. Mai 2022 alle Fahrzeuge oder Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen mit einer zHm von mehr als 2.5 t über eine Genehmigungsabschrift verfügen. Das bedeutet, dass Unternehmen, die lediglich Fahrzeuge bis 3,5 t zHm im grenzüberschreitenden Einsatz haben, bis zu diesem Datum ein vollständiges Marktzugangsverfahren durchlaufen haben müssen, das vom bekannten Verfahren lediglich beim Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit abweicht, da geringere Summen nachzuweisen sind als wenn ausschließlich Fahrzeuge über 3,5 t zHm genutzt werden. Hinsichtlich der erforderlichen fachlichen Eignung, welche grundsätzlich durch eine Fachkundebescheinigung der IHK nachzuweisen ist, haben sich Bund und Länder nun darauf verständigt, von der Möglichkeit des Artikels 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2020/1055 Gebrauch zu machen. Demnach können Personen, die ein Güterkraftverkehrsunternehmen leiten, das nur Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zHm von höchstens 3,5 t nutzt, von der Prüfung auf Antrag befreit werden – sofern sie nachweisen können, dass sie in dem Zeitraum von 10 Jahren vor dem 20. August 2020 ohne Unterbrechung ein Unternehmen derselben Art geleitet haben. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist im Rahmen der Antragstellung vom Antragsteller durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Folgende Nachweise kommen in Betracht, die Aufzählung ist nicht abschließend:
- Gewerbeauskunft
- Bestätigung über die Mitgliedschaft bei der IHK, für Mitglieder der IHK Region Stuttgart in unserem Artikel Anforderung IHK-Mitgliedsbescheinigung
- Zulassungsbescheinigungen von Fahrzeugen
- Steuerbescheinigungen
- Sozialversicherungsnachweise für Mitarbeiter als Fahrer
- Arbeitsverträge von Fahrern
Diesbezügliche Anträge auf Erteilung einer EU-Lizenz können ab dem 21. Februar 2022 bei den nach Landesrecht zuständigen Behörden gestellt werden.
Weitere Informationen zum Thema können Sie auch der Internetseite des Bundesministerium für Digitales und Verkehr entnehmen.
Nur wenn die einzelnen Beförderungen für Dritte gegen Entgelt ausschließlich auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (Binnentransporte) durchgeführt werden, bleibt es auch über den 21. Mai 2022 hinaus bei der bekannten 3,5 t-Grenze bezüglich der Genehmigungspflicht.
Außerdem ist zu beachten, dass alle Vorschriften individuell zu betrachten sind - Rückschlüsse vom einen Rechtsgebiet zu einem anderen sollten grundsätzlich unterbleiben. Regelmäßig geäußerte Behauptungen zu vermeintlich bestehenden Verbindungen, zum Beispiel dass man keine Lenk- und Ruhezeiten aufzeichnen müsse, weil man ja Werkverkehr (nur im Umkreis von 50 oder 100 Kilometern) betreibe, führen die Betroffenen regelmäßig aufs Glatteis und sind in aller Regel schlichtweg falsch.
Das Güterverkehrsrecht basiert im Kern auf den EU-Verordnungen 1071/2009 und 1072/2009 und dem deutschen Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG).
Werden Güter für Dritte gegen Entgelt befördert, wird diese Dienstleistung als gewerblicher Güterkraftverkehr bezeichnet – dazu mehr ab dem folgenden Abschnitt. Transportiert ein Unternehmen eigene Güter für eigene Zwecke (mit eigenen Fahrzeugen und eigenem Fahrpersonal), handelt es sich in aller Regel um sogenannten Werkverkehr. Ob die durchzuführenden Güterbeförderungen grundsätzlich als gewerblicher Güterkraftverkehr oder doch als Werkverkehr anzusehen sind, können Sie dem Dokument „Abgrenzung Güterkraftverkehr – Werkverkehr (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 45 KB)“ entnehmen.
Außerdem bestehen für diverse Beförderungen Ausnahmen vom Güterverkehrsrecht, zum Beispiel Beförderungen durch Vereine für ihre Mitglieder oder für gemeinnützige Zwecke oder wenn land- oder forstwirtschaftliche Betriebe die durch derartige Betriebe üblicherweise transportierten Bedarfsgüter oder Erzeugnisse für eigene Zwecke befördern. Die Ausnahmen sind im Paragraf 2 des GüKG aufgelistet.
ACHTUNG: Besondere Anforderungen werden zudem an alle Unternehmen gerichtet, die Transportdienstleistungen direkt beauftragen. Wenn also ein frachtrechtlicher Absender einen frachtrechtlichen Frachtführer mit der Durchführung von Transporten beauftragt, muss sich der Absender vor Transportdurchführung versichern, dass der Frachtführer über die notwendige Genehmigung verfügt. Die Details sind im Paragraf 7c des GüKG geregelt. Infos zur praktischen Umsetzung dieser Anforderung finden Sie auf unserer Website.

Erlaubnispflicht im gewerblichen Güterkraftverkehr

Wer Transportdienstleistungen anbietet, also die Güter von Dritten gegen Entgelt von A nach B mit Fahrzeugen oder Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen über 3.500 kg zHm (bitte beachten Sie hinsichtlich Änderungen an der Tonnagegrenze zum 21. Mai 2022 die Infos im grünen Kasten weiter oben) befördert, benötigt dazu eine Erlaubnis der hierfür zuständigen Verkehrsbehörde.
Für grenzüberschreitende Transporte in, durch oder aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) oder den EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein wird eine sogenannte Gemeinschaftslizenz („EU-Lizenz“) benötigt. Diese kann ebenfalls für innerdeutsche Verkehre eingesetzt werden und berechtigt darüber hinaus auch zu innerstaatlichen Verkehren in anderen EU-/EWR-Staaten in begrenztem Umfang (sogenannte Kabotageverkehre). Aufgrund des Landesverkehrsabkommens EU-Schweiz können mit einer EU-Lizenz auch Transporte in die Schweiz und aus der Schweiz durchgeführt werden (Kabotage ist verboten).
Wenn das Unternehmen ausschließlich auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aktiv sein will, kann statt einer EU-Lizenz auch eine nationale Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr nach Paragraf 3 GüKG beantragen bzw. nutzen.
Verkehre mit nicht zur EU bzw. zum EWR gehörenden Drittstaaten können unter anderem mit der Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr (für den innerdeutschen Streckenanteil) in Kombination mit sogenannten bilateralen Genehmigungen (für die Transitanteile durch EU/EWR-Staaten und andere Drittstaaten-Streckenanteile) durchgeführt werden. Natürlich ist auch die Kombination einer EU-Lizenz und einer bilateralen Genehmigung möglich.
Werden regelmäßig Transporte in, zwischen oder aus Drittstaaten durchgeführt, ist in aller Regel die Beantragung einer CEMT-Genehmigung sinnvoll.
Für die Erteilung einer Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr bzw. einer Gemeinschaftslizenz sind in Baden-Württemberg die unteren Verwaltungsbehörden, also die Landratsämter bzw. die Ordnungsämter in den kreisfreien Städten zuständig. Wenn Sie ihr Unternehmen in der Region Stuttgart ansiedeln wollen, können Sie die Auflistung der Ansprechpartner (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 21 KB) nutzen.

Voraussetzungen für die nationale Erlaubnis bzw. die EU-Lizenz

Finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens

Unternehmen mit Fahrzeugen > 3,5 Tonnen
Zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit ist es unter anderem erforderlich, dass das Eigenkapital bzw. die Reserven des Unternehmens (Kapitalgesellschaften) bzw. der Gesellschafter (Personengesellschaften) nicht weniger als 9.000 Euro für das erste Kraftfahrzeug und nicht weniger als 5.000 Euro für jedes weitere Kraftfahrzeug beträgt. Der Nachweis erfolgt üblicherweise über eine Bescheinigung des Steuerberaters oder der Hausbank. Außerdem müssen in aller Regel Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamtes und der Krankenkasse sowie gegebenenfalls der Berufsgenossenschaft vorgelegt werden.
Unternehmen mit Fahrzeugen > 2,5 Tonnen bis max. 3,5 Tonnen
Werden ausschließlich Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstmasse (zHm) von mehr als 2,5 Tonnen bis höchstens 3,5 Tonnen eingesetzt, fällt der Nachweise der finanziellen Leistungsfähigkeit geringer aus. Er beträgt in diesem Fall 1.800 Euro für das erste Kraftfahrzeug und 900 Euro für jedes weitere Kraftfahrzeug.

Nachweis der Zuverlässigkeit

Zum Nachweis der Zuverlässigkeit des Unternehmers und des Verkehrsleiters sind der Erlaubnisbehörde verschiedene Dokumente vorzulegen. In der Regel sind das ein Führungszeugnis (Auszug aus dem Bundeszentralregister) sowie Auszüge aus dem Gewerbezentral- und auch dem Fahreignungsregister.
Nähere Einzelheiten zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Zuverlässigkeit erfahren Sie im Rahmen der Antragstellung bei der unteren Verwaltungsbehörde.
Die persönliche Zuverlässigkeit ist der Angriffspunkt der Risikoeinstufungssysteme im gewerblichen Güterkraft- und Personenverkehr.

Nachweis der fachlichen Eignung

Die Person, die im Unternehmen die Güterkraftverkehrsgeschäfte leitet (= Verkehrsleiter), muss fachlich geeignet sein. Dies kann der Unternehmer selbst, ein im Unternehmen sozialversicherungspflichtig Beschäftigter oder auch ein sogenannter Externer Verkehrsleiter sein.
Üblicherweise gelingt der Nachweis der fachlichen Eignung durch das Bestehen der durch die IHK abgenommenen Fachkundeprüfung. Außerdem besteht in Einzelfällen die Möglichkeit, den Nachweis der fachlichen Eignung aufgrund einer erfolgreich absolvierten Berufsausbildung oder einer akademischen Ausbildung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 27 KB) nachzuweisen, wobei die Ausbildung bereits vor dem 4. Dezember 2011 begonnen worden sein muss. Personen, die zwischen Dezember 1999 und Dezember 2009 durchgängig in einem Unternehmen des gewerblichen Güterkraftverkehrs leitend tätig waren, können ggf. eine sogenannte Praktikerregelung in Anspruch nehmen. Details entnehmen Sie bitte den Ausführungen auf dieser Seite (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 27 KB).

Versicherungspflicht

Da ein Frachtführer im sogenannten Obhutszeitraum, also zwischen der Beendigung der Beladung und dem Beginn der Entladung der Güter, verschuldensunabhängig für Güterschäden und -verlust sowie Lieferverspätungen haftet, muss nach § 7a Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) eine Güterschadenhaftpflichtversicherung abgeschlossen worden sein. Die Mindestversicherungssumme beträgt 600.000 Euro je Schadensereignis.

Nachweis einer Betriebsstätte

Um es den Genehmigungsbehörden zu erleichtern, keine Genehmigungen an Unternehmen auszugeben, die keinen ordentlichen Betriebssitz im Niederlassungsmitgliedstaat haben (sogenannten Briefkastenfirmen), wird in aller Regel der Nachweis eines kaufmännisch eingerichteten Betriebes oder zumindest einer Betriebsstätte verlangt.
ACHTUNG – Änderung ab dem 21. Februar 2022 durch das „Mobilitätspaket I”:
Zusätzlich zu den zuvor genannten Kriterien kommt ab dem 21. Februar 2022 die Anforderung hinzu, dass das Unternehmen sicherstellen muss, dass alle genehmigungspflichtig für grenzüberschreitende Beförderungen eingesetzten Fahrzeuge mindestens ein Mal binnen acht Wochen bzw. spätestens acht Wochen nach Verlassen des Niederlassungsmitgliedstaates an eine Betriebsstätte des Unternehmens im Niederlassungsmitgliedstaat zurückkehren.

Existenzgründungsberatung der IHK

Wenn Sie planen, sich als Frachtführer selbstständig zu machen, sollten Sie das Angebot der IHK für Existenzgründer nutzen. Auf der Website finden Sie umfassende Informationen für die Orientierungs-, Planungs- und Startphase Ihres Unternehmens sowie zum Thema Finanzierung und Fördermittel. Um gegebenenfalls bestehende Unklarheiten auszuräumen können Sie auf eine breites Angebot an Veranstaltungen für Existenzgründer und persönlicher Beratung zurückgreifen.

Subunternehmer und das Problem der Scheinselbstständigkeit

Outsourcing“ - also das Ausgliedern von Tätigkeiten aus Unternehmen mit der Vergabe an Externe - ist im Transportwesen geübte Praxis. Der Einsatz als Subunternehmer ist für viele der erste Schritt in eine selbstständige Tätigkeit, da damit ein Hauptproblem für einen Existenzgründer, der Aufbau eines eigenen Kundenstammes und das Akquirieren von Aufträgen, zum Großteil entfällt.
Dennoch gibt es eine Grauzone zwischen Selbstständigkeit und Arbeitnehmerstatus, die für beide Vertragsseiten des Subunternehmerverhältnisses Risiken birgt. Die Abgrenzung, ob bei einem Kraftfahrer eine selbstständige oder abhängige Beschäftigung vorliegt, ist kompliziert und muss jeweils für den Einzelfall betrachtet werden. Auf unserer Website finden Sie weiterführende Informationen zum Thema „Selbstständige Kraftfahrer".
Stand: Januar 2023