IHK-Handelskongress „Handel der Zukunft“ – Modehaus Cohausz, Borken

„Müssen Erlebnisräume schaffen“

Moritz Schmidt ist Geschäftsführer des Modehauses Cohausz in Borken. „Der stationäre Handel hat Zukunft, wenn er die Erwartungen der Menschen erfüllt“, sagt er. In seinem Modehaus passen die Angebote – und das gilt nicht nur fürs Sortiment. (Von Dominik Dopheide)
Gerade war der gebürtige Hamburger nach Borken gekommen und in das Unternehmen der Schwiegereltern eingestiegen, dann kam die Corona-Pandemie. Gemeinsam mit seiner Frau und Geschäftsführerkollegin Katharina Schmidt hat er den Lockdown im Frühjahr 2020 genutzt, um das Modehaus Cohausz noch besser aufzustellen für die neue Handelswelt. Unter anderem sollten die digitalen Wege zu den Kunden weiter ausgebaut werden. Das Gespür für Trends im Einzelhandel hat das Unternehmen über fast zwei Jahrhunderte hinweg bewiesen: Als das Geschäft für „Manufaktur- und Ellenwaren“ 1826 in der Kapuzinergasse seine erste Kundschaft begrüßte, komponierte Beethoven gerade sein letztes Streichquartett, und der Epochenwandel der Industrialisierung stand in Deutschland noch bevor. Auch im Digitalzeitalter habe die Innenstadt mit stationärem Handel eine gute Zukunft, wenn sie sich auf die Erwartungen der Kunden einstelle, ist Schmidt sicher. „Die Gäste sehnen sich nach Begegnung und Erlebnis“, nennt er einen zentralen Ansatzpunkt für neue Angebote.

Erlebnisräume schaffen

Moritz Schmidt
Moritz Schmidt macht Einkaufen zum Erlebnis: Drei Standorte hat das Unternehmen in der Borkener City, und jedes Geschäft wendet sich mit Sortiment und Ambiente an bestimmte Zielgruppen. © Modehaus Cohausz
Das Modehaus macht es vor. Drei Standorte hat das Unternehmen in der Borkener City, und jedes Geschäft wendet sich mit Sortiment und Ambiente an bestimmte Zielgruppen. Im „PICO Cohausz Kids“ – vor rund zwei Jahren in einem leerstehenden Ladenlokal eröffnet – geht die Feinabstimmung besonders weit. „Teens wollen nicht neben den Stramplern sitzen“, weiß Schmidt. Also hat das Modehaus drei eigene Welten geschaffen – für Babys, Minis und Teens. So stehen beispielsweise für Babys und deren Mütter eine Stillecke und Wickeltische bereit, Minis können ins Baumhaus klettern, Teens in einem separaten Bereich in Ruhe alles anprobieren oder mal pausieren bei Snacks und Getränken. Wer Erlebnisräume schaffe, mache Lust auf stationären Handel, ist Schmidt überzeugt. Die Investitionen in das Angebot für Kinder könnten dabei eine lange Wirkung entfalten: Schließlich gehe es darum, dass die potenzielle künftige Stammkundschaft mit dem Einkauf positive Assoziationen verbindet. Der Unternehmer glaubt, dass der stationäre Handel aus einem weiteren Grund auch und besonders bei der jüngeren Generation punkten kann: Er sei ein Treiber der Nachhaltigkeit. So erspare etwa eine gute Beratung der Umwelt und den Kunden Retoursendungen, die im Online-Handel gang und gebe sind. Zugleich aber, betont Schmidt, ist die Sichtbarkeit im digitalen Raum erforderlich.

Kostenfreies Coaching genutzt

Im Zuge des Lockdowns hat sich das Unternehmerpaar entschlossen, zwei Online-Shops an den Start zu bringen. Schmidts dringende Empfehlung an Geschäfte, die ein Digitalisierungsprojekt starten wollen: Bitte beraten lassen! „Das Angebot an Fördermöglichkeiten ist groß, die Digitalcoaches NRW und der Digitalguide Westmünsterland helfen Chancen einzuschätzen und das passende Angebot zu finden“, berichtet der Unternehmer, der selbst mit dem Digitalcoach Tharson Thurai im Austausch steht. Schmidt weist auf die Bandbreite des Themas hin, das von Warenwirtschaftssystem und Dokumentenmanagement bis zur Kunden-App reiche. Eine solche App setzt auch das Modehaus Cohausz ein – mit großem Erfolg. Das Programm, das die gedruckte Vorteils-Karte ersetzen soll, werde bereits von 30 Prozent der Kunden genutzt. Es spare nicht nur Kosten, sondern eröffne eine große Chance: die direkte zielgruppenspezifische Kommunikation mit den Kundinnen und Kunden.
In diese Richtung soll es weitergehen auf dem digitalen Weg. „Wir haben viel vor, so steht etwa der Aufbau einer Community auf dem Zettel“, verrät Schmidt. Auch für die Ladenlokale ist einiges geplant, etwa eine Buchlesung im PICO. Wenn immer möglich, schließen sich Katharina und Moritz Schmidt mit den anderen Innenstadtakteuren zusammen, um Ideen zu realisieren, die Borken-City noch attraktiver machen. Für das gemeinsame Handeln, so ihre Erfahrung, bieten kleinere Städte gute Rahmenbedingungen. „Alle Akteure sind fußläufig zu erreichen, das macht die Sache einfacher“, sagt Schmidt.