TECH.LAND

Die Kraft des Konsortiums

Für Innovatoren, die grenzüberschreitend zusammenarbeiten, gibt es in TECH.LAND viel Rückenwind. Der in Nordwalde ansässige Maschinenbauer ADLER Arbeitsmaschinen nutzt diese Chance systematisch. | Text: Dominik Dopheide
Der Wille zu Innovation und Kooperation, der Betriebssitz im grenznahen Gebiet, dazu Kennzahlen, die in der KMU-Kategorie liegen: Diese Kriterien muss jedes Unternehmen erfüllen, das am niederländisch-deutschen Interreg-Projekt AGIT teilnimmt. Die ADLER Arbeitsmaschinen GmbH & Co. KG bringt dazu noch eine Komponente ins Zusammenspiel, die im Antragsformular gar nicht abgefragt wird: Sympathie. „Ich habe die Niederlande – die Menschen, die Kultur – immer schon gemocht“, sagt Geschäftsführer Rainer Hackenfort. Unter anderem schätzt er an seinen Kooperationspartnern Machinefabriek Boessenkool BV und MTS Van der Veen, dass sie bei der Innovationsentwicklung oft sehr unkompliziert vorgehen, statt jeden Schritt lange zu überdenken und in Frage zu stellen. „Einfach machen lautet das Motto – da können wir in Deutschland einiges lernen“, ist Hackenfort überzeugt.
Beispielsweise im Zuge der Interreg-Projekte „E & P Agro“ und „E & D Agro“ haben Hackenfort und sein Team die Arbeits- und Innovationskultur kennengelernt, die jenseits der Grenze gelebt wird – etwa bei der Entwicklung eines Anbaugeräts zur thermischen, chemiefreien Wildkrautbekämpfung in der Landwirtschaft oder bei der Elektrifizierung eines Bohrgerätes, das zuvor mit Diesel betrieben wurde. Mit der Interreg-geförderten Weiterentwicklung des ADLER-Salzstreuers, der jetzt per Bluetooth und geschwindigkeitsabhängig gesteuert werden kann, hat das Unternehmen einen neuen Markt erschlossen und sich sogar direkt den Weg in die Spitzengruppe des Wettbewerbs gebahnt.
Hackenfort beschreibt, wie die Arbeit in einem Interreg-Projektkonsortium organisiert ist: Zunächst greifen die Partner jeweils ihren eigenen Themenbereich auf, doch bald kommen die Akteure regelmäßig zusammen, um Anknüpfungspunkte und Synergien zu finden. Manchmal mündet der Austausch in ein weiteres Entwicklungsvorhaben. Auf diesem Weg ist ADLER Arbeitsmaschinen ins aktuelle AGIT-Projekt eingestiegen, das laut Zielvorgabe unter anderem die „Energiewende durch den Einsatz von Wasserstoff“ unterstützen soll. Weil im Kreis der Kunden und Projektpartner die Nachfrage nach einer mobilen, nicht-kabelgebundenen Version des Elektrobohrers laut wurde, ist das Unternehmen gefordert, die Maschine weiterzuentwickeln und grünen Wasserstoff ins Lösungskonzept einzubinden. „Erst im Austausch mit den Partnern habe ich als Kaufmann verstanden, wo die Chancen und Grenzen dieses Energieträgers zurzeit wirklich liegen“, erzählt Hackenfort. Die zentrale Erkenntnis des Konsortiums: Ein Wasserstoffantrieb nur per Brennstoffzelle reicht nicht aus, um den Bohrer elektrisch zu betreiben. „Wir brauchen also einen Leistungspuffer“, erklärt der Unternehmer. Zunächst denken die Entwickler über einen Akku mit Leistung von 100 kWh nach. Doch schnell herrscht Konsens im Konsortium: zu groß und zu teuer. Kurzerhand definieren die Partner ein Zwischenziel. Sie wollen im ersten Schritt den Energieverbrauch absenken und haben mit ihren Ideen Erfolg: Im Zuge der Berechnungen wird der Dieselmotor abgehängt: Die anvisierte Elektro-Lösung ist viel effizienter. Das neue Konzept kommt mit einem 35- kWh-Akku aus. Zudem wird eine Brennstoffzelle integriert, die als „Range-Extender“ Strom nachschiebt. Leider habe der Partner aus den Niederlanden eine solche Zelle noch nicht liefern können, weil sie der Markt aktuell zu einem akzeptablen Preis nicht hergebe, berichtet Hackenfort.

Netzwerk und Team erweitert

Rund 5,7 Mio. Gesamtprojektkosten sind für AGIT einplant. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) steuert ca. 2,2 Mio. Euro bei, ADLER Arbeitsmaschinen investiert 271.000 Euro in sein Aufgabenpaket und erhält Fördergelder in etwa gleicher Höhe. Geldgeber sind das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie NRW, das Ministerium für Bundesangelegenheiten Niedersachsen, das Ministerie van Economische Zaken en Klimaat sowie die Provincies Drenthe, Gelderland und Overijssel.
Aber was, wenn auf dem Weg von Versuch und Irrtum ein Projekt das Ziel zu verfehlen droht? „Einen Schritt zurückgehen, um dann auf einem anderen Weg weiterzukommen“, erwidert Hackenfort. Und falls aus der Brennstoffzelle nichts werden sollte, habe ADLER Arbeitsmaschinen jedenfalls ein elektrisches Bohrgerät mit Kabel entwickelt, das der Markt auch gefordert habe. Natürlich seien in den Interreg-Programmen Kontroll-Mechanismen verankert, die dafür sorgen, dass die bewilligten Gelder ordnungsgemäß verwendet und Fristen eingehalten werden, berichtet Hackenfort. „Der administrative Aufwand ist für uns als mittelständisches Unternehmen schon eine Herausforderung“, räumt er ein. Deshalb greift er in allen Fragen zu Interreg-Förderangeboten auf die Unterstützung der in Steinfurt ansässigen Agentur DNL-Contact zurück. Bei weitem aber überwiege der Nutzen der Projektarbeit. So habe ADLER Arbeitsmaschinen sein Netzwerk stetig erweitert, gute Kontakte zur Forschung, etwa zur FH Münster, aufgebaut und neue Mitarbeitende gewonnen. Ohne die Interreg-Förderung müsste das Unternehmen die Innovationsarbeit deutlich zurückschrauben, weil das finanzielle Risiko der Vorhaben nicht immer kalkulierbar sei. Den steten Austausch mit den niederländischen Kooperations-Partnern, die inzwischen Freunde geworden sind, würde Hackenfort jedenfalls vermissen. Oft werden diese Gespräche wohl auch auf niederländisch geführt: Nach dem Motto „Einfach machen“, lernt der Geschäftsführer jetzt die Landessprache seiner Kooperationspartner.