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Was darf's sein: Off -, Near-, Re- oder Friendshoring?

Outsourcing: Mit diesem Begriff können wohl die meisten noch etwas anfangen. Doch im Laufe der Zeit haben sich zahlreiche weitere Formen von Sourcing entwickelt, und damit viele weitere Begrifflichkeiten. Es folgt der Versuch, das Begriffs-Wirrwarr zu schärfen.
Laut einer Studie der North Carolina State University stellten die Unternehmen in den 1950er- und 1960er-Jahren fest, dass Flexibilität und zusätzliche Gewinne durch die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen erzielt werden konnten. In diesen Jahren war der Ruf nach Diversifizierung, Skaleneffekten und Wirtschaftlichkeit laut geworden. Erst in den 1970er und 1980er-Jahren begann dann das, was später als Outsourcing bezeichnet wurde.
Bis heute haben sich unterschiedliche Formen von Sourcing entwickelt. Je nach Lage und Entwicklung auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten haben Unternehmen ihre Strategien der Wertschöpfung geändert und angepasst. Spätestens seit Corona sind „Nearshoring“, und seitdem Ukraine-Krieg „Friendshoring“ die neuen Buzzwords in der Welt des Außenhandels.

Offshoring

Beim Offshoring verlagert ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit in ein anderes Land; anders gesagt, wenn die Unternehmensprozesse in ein anderes Land outgesourct werden. In dem Land sind Arbeitskräfte entweder billiger oder die Fachkräfte besser verfügbar. Die Fertigung ist nicht der einzige Kandidat für Offshoring. Ein Unternehmen kann eine andere Abteilung, wie die Buchhaltung oder die IT, in ein anderes Land offshoren. Offshoring wird wiederum in Farshoring und Nearshoring unterteilt.

Nearshoring

Das bedeutet, dass ein Unternehmen einen Prozess in einem nahegelegenen Land ansiedelt, in dem die Arbeitskräfte billiger, die Transport- und Kommunikationskanäle aber gut ausgebaut sind. Die Länder haben oft eine gemeinsame Grenze, liegen in direkter Nachbarschaft. Während Farshoring in weit entfernten Ländern wie China stattfindet, werden bei Nearshoring die Länder in Osteuropa, Türkei, Westbalkan, im Nahen Osten oder Nordafrika in Betracht gezogen.

Reshoring

Reshoring ist das Gegenteil von Offshoring und wird auch Onshoring genannt. Dabei verlagert ein Unternehmen seine Prozesse zurück in sein Heimatland. Es könnte dabei auf die Fragilität globaler Lieferketten oder günstige Zölle reagieren. Aus deutscher Sicht verwendet man das Wort für die Rückverlagerung aus weit entfernten Märkten in die EU. Wenn die Prozesse in das eigene Unternehmen zurückverlagert werden, spricht man von Insourcing.

Friendshoring

Friendshoring, oder auch Allyshoring, ist das neueste Schlagwort in der Außenwirtschaft. Friendshoring ist, wenn Unternehmensprozesse in Länder ausgelagert werden, mit denen man gemeinsame Werte teilt. Diese Art von Offshoring wird von Wirtschaftsexperten allerdings mit Skepsis gesehen. Denn es kann zu Wettbewerbsnachteilen führen oder wichtige Aspekte wie Qualität, Effizienz oder die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigen.

Amir Alizadeh, Leiter International und Industrie, IHK Ulm

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