Wasserstoff: Nur wenige Unternehmen wollen ihn derzeit für sich nutzen
Eine entscheidende Rolle für die Zukunftsfähigkeit der regionalen Industrie spielen Alternativen zu fossilen Energieträgern. Besonders Wasserstoff hat enorm hohe Potenziale. Wie wird sein Einsatz von Unternehmen eingeschätzt? Um das herauszufinden, hat die IHK zu Rostock im Herbst 2024 in Zusammenarbeit mit dem Regionalen Planungsverband Region Rostock eine Umfrage durchgeführt.
Ziel der Umfrage, die bis zum 11. Oktober 2024 lief, war es, die Bedarfe und Erwartungen der Unternehmen im IHK-Bezirk Rostock in Bezug auf Wasserstoff zu ermitteln. Die Rücklaufquote liegt bei mehr als 10 Prozent. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, die Entwicklung und Nutzung von Wasserstoff in der Region besser zu koordinieren und voranzutreiben. Die Umfrage hat sich auf die Branchen Logistik und verarbeitendes Gewerbe/Industrie konzentriert.
Unternehmen setzen nur verhalten auf Wasserstoff und Alternativen
Nur rund 9 Prozent der Befragten bestätigt die aktuelle Planung für eine zukünftige Nutzung von Wasserstoff im Unternehmen, weitere 47 Prozent erwägen dies vielleicht. 44 Prozent sehen keine Nutzung von Wasserstoff in der Zukunft. Als Zeithorizont für eine solche Nutzung wird von einem Drittel der Unternehmen der Zeitraum 2030 bis 2040 benannt, 24 Prozent wollen bereits jetzt, spätestens bis 2030 Wasserstoff im Unternehmen einsetzen, 18 Prozent dagegen erst nach 2040.
Haupteinsatzgebiete für Wasserstoff in der Zukunft wären vor allem bei über der Hälfte (53 Prozent) Mobilität und Transportprozesse. Weitere planen die Wasserstoffnutzung für Produktionsprozesse, Stromerzeugung und/oder Wärmeerzeugung.
In Bezug auf mögliche Versorgungsformen scheint die leitungsgebundene Versorgung keine zwingende Voraussetzung für die Wasserstoffnutzung zu sein. Weniger als ein Drittel setzen auf diese Versorgungsform. Alternativ werden als Option die Lieferung in Containern/Trailern, die Eigenerzeugung nach Bedarf vor Ort, aber vor allem bei 39 Prozent die Speicherung von Wasserstoff vor Ort als Bezugsform gesehen. Weniger optional scheinen Wasserstoff in chemischer Bindung wie Ammoniak, Methan, Methanol und sonstige Versorgungswege.
Preis und Farbe entscheiden
Besonders entscheidend für die Nachfrage von Wasserstoff werden Faktoren wie Marktpreis, Verfügbarkeit und Klimaneutralität sein. Daher wurden auch die Preisvorstellung sowie die Wasserstoffform abgefragt. Knapp die Hälfte der Unternehmen sehen die Preisspanne für eine wirtschaftlich attraktive Nutzung im Bereich von 2 bis 5 Euro je Kilogramm und darunter. Weitere 35 Prozent sehen den Wasserstoffpreis auch noch im Bereich von 5 bis 8 Euro je Kilogramm als realistisch nutzbar an, ein Preis über 8 Euro wird jedoch kaum als annehmbar für die Unternehmen gesehen.
Mehr als 85 Prozent entscheiden sich für einen Bezug von Grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen. Knapp 40 Prozent würden sich für Blauen Wasserstoff, also Wasserstoff aus Erdgas ohne CO2-Emissionen (CCS) entscheiden. Ebenso sind noch andere CO2-neutrale Gewinnungsformen für die Unternehmen akzeptabel. Grauer Wasserstoff und sonstige CO2 emittierende Gewinnungsformen werden nahezu ausgeschlossen.
Hemmnisse und Vorteile
Die Unternehmen wurden auch nach ihren Vorstellungen zur Umsetzung für den Standort Deutschland befragt. Ergebnis: Sie sehen wesentliche Hürden für den Umstieg auf eine Wasserstoffwirtschaft. Über 62 Prozent sehen die größte im Beschaffungspreis und in den hohen Investitionskosten. Knapp 60 Prozent sehen das Problem in fehlenden technischen Voraussetzungen, dicht gefolgt von weiteren Hemmnissen aufgrund von mangelnder Verfügbarkeit (50 Prozent), unklaren Rahmenbedingungen (47 Prozent) und den Umstand besserer Alternativen zum Bezug von Wasserstoff (45 Prozent).
Unzureichende politische Aktivitäten
Die aktuelle politische Umsetzung einer Wasserstoffstrategie auf Bundesebene wird von den Unternehmen im Wertebereich 0 bis 5 Punkte eher schlecht bewertet und erreicht nur 2,11 Punkte. Ebenso schlecht bewertet wird die politische Umsetzung des Wasserstoffhochlaufs auf Landesebene, sie erhält nur 2,1 von 5 Punkten. Mit 3,3 von 5 Punkten bewerten die befragten Unternehmen die Notwendigkeit einer Koordination der Wasserstoffaktivitäten im Land, zum Beispiel durch einen Wasserstoffkoordinator, als relativ hoch.
Die zukünftige Bedeutung von Wasserstoff für das eigene Unternehmen wird eher neutral mit 2,4 von 5 Punkten bewertet. Die Notwendigkeit der staatlichen Förderung zur Umstellung auf Wasserstoff wird von den Unternehmen vergleichsweise hoch mit 3,7 von 5 Punkten bewertet.
Kontakt
Kai Retzlaff