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Teilzeitkräfte haben Anspruch auf Überstundenzuschläge

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 5. Dezember 2024 ein wegweisendes Urteil zur Gleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten gefällt. Demnach steht Teilzeitkräften ab der ersten Überstunde derselbe Zuschlag zu, der auch Vollzeitbeschäftigten gewährt wird. Diese Entscheidung setzt ein klares Zeichen für mehr Gleichberechtigung am Arbeitsplatz.
16. Dezember 2024
Auslöser für das Urteil war die Klage einer Pflegekraft, die bei einem ambulanten Dialyseanbieter in Hessen in Teilzeit beschäftigt war. Der Tarifvertrag des Unternehmens sah Überstundenzuschläge von 30 Prozent vor – allerdings erst, wenn die reguläre Arbeitszeit einer Vollzeitkraft überschritten wurde. Dies führte dazu, dass die Klägerin trotz 129 geleisteter Überstunden weder Zuschläge noch eine Zeitgutschrift erhielt.
Die Pflegekraft sah darin eine Benachteiligung als Teilzeitbeschäftigte. Zudem argumentierte sie, dass die Regelung Frauen unverhältnismäßig stärker treffe, da der Großteil der Teilzeitkräfte im Unternehmen weiblich war.
Das BAG stellte in seinem Urteil klar, dass tarifliche Bestimmungen, die Teilzeitkräfte schlechterstellen, gegen das Diskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstoßen. Solche Regelungen seien nur dann zulässig, wenn sachliche Gründe die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Im vorliegenden Fall konnte jedoch kein solcher Grund festgestellt werden.
Besonders problematisch sei, dass Teilzeitbeschäftigte bei der bisherigen Regelung erst dann Überstundenzuschläge erhalten, wenn sie das Arbeitszeitvolumen einer Vollzeitkraft überschreiten. Laut den Richtern liegt hierin ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Zudem wurde eine "mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts" festgestellt, da Frauen in der Gruppe der Teilzeitbeschäftigten überrepräsentiert sind.
Die Bundesarbeitsrichter gaben der Klägerin recht: Sie erhielt eine Zeitgutschrift für die geleisteten Überstunden und zusätzlich eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro wegen der geschlechtsbezogenen Benachteiligung. Ursprünglich hatte die Pflegekraft eine Entschädigung von etwa 4.500 Euro, also einem Vierteljahresverdienst, gefordert.
Dieses Urteil setzt neue Maßstäbe im Umgang mit Teilzeitbeschäftigten. Das BAG betonte die Verpflichtung, Teilzeitkräfte genauso zu behandeln wie Vollzeitbeschäftigte, insbesondere in Bezug auf Überstundenregelungen. Unternehmen, die solche Regelungen bisher anders handhaben, müssen diese nun anpassen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Quelle: BAG Urteil vom 05.12.2024, Az. 8 AZR 370/20
Kristina Hirsemann
Bereich: Unternehmen und Standort
Themen: AGBs, Lebensmittelrecht, Vertragsrecht