Leitartikel

Mitmachen und profitieren

Es wird spannend: 2023 wird bei der IHK Bodensee-Oberschwaben und bei der IHK Ulm für die nächsten fünf Jahre ein neues Unternehmerparlament gewählt. Alle Mitgliedsunternehmen sind aufgerufen, ihre Vertreter in der IHK-Vollversammlung zu wählen. Die Vollversammlung spiegelt auf diese Weise die Struktur der regionalen Wirtschaft wider. Ein guter Anlass, um sich mit dem persönlichen Engagement in dieser Institution näher zu befassen und einen Beitrag zu leisten, damit die Stimme der Wirtschaft auf politischer Ebene Gehör findet.
Hand aufs Herz: Wem sind alle Funktionen und Aufgaben der IHK bekannt? Und wer hat sich schon über die Mitwirkung in den verschiedenen Ausschüssen ein genaueres Bild gemacht? Eingespannt ins Tagesgeschäft, mit vollem Terminkalender und konfrontiert mit den täglichen Herausforderungen, wird gerne das Argument „Keine Zeit für so etwas“ bemüht. Eigentlich schade, denn die IHK ist eine Einrichtung von Unternehmen für Unternehmen. Hier werden die Interessen der Wirtschaft gebündelt, gemeinschaftliche Positionen erarbeitet und auf die politische Ebene getragen. Die Mitarbeit in den Ausschüssen ist die Basis dafür und bietet mit überraschend wenig Zeitaufwand einen unternehmerischen und persönlichen Mehrwert.

Vorstellungen von der IHK revidieren

Einen solchen Mehrwert hat Max Wild erfahren. Der Geschäftsführer des gleichnamigen Tiefbau- und Logistikunternehmens in Berkheim ist seit zehn Jahren Mitglied in der IHK Vollversammlung Ulm. „Mein Sohn Christian war damals Mitglied der Wirtschaftsjunioren und als solches zur Vollversammlung eingeladen. Er war richtig begeistert von dem tollen Gremium und meinte, dass das etwas für mich wäre“, erzählt Max Wild. „Zuvor hatte ich mich noch nie mit dem Thema befasst, aber dann habe ich mich aufstellen lassen und wurde gewählt. Was mir an dem Gremium mit seinen knapp 60 Mitgliedern gefällt, das ist der Branchenmix. Man lernt andere Unternehmer kennen, tauscht sich über Probleme und Problemlösungen aus, baut ein Netzwerk auf.“ Die Versammlungen, die pro Quartal stattgefunden haben, hätten überraschend wenig Zeit beansprucht. Die IHK habe die Termine auf den späten Nachmittag gelegt, Themen gut vorbereitet und bestens strukturiert. „Da wird innerhalb von zwei Stunden wirklich etwas geschafft“, begeistert sich Wild und merkt an: „Die erforderlichen zwei bis drei Stunden im Quartal schaufelt man sich locker frei. Nach den Treffen bin ich stets mit einem positiven Gefühl heimgefahren.“ Seine ursprünglichen Vorstellungen von der Mitarbeit in der IHK habe er revidieren müssen. Es werde ein lockerer Umgang miteinander gepflegt, Versammlungen zielgerichtet straff durchgezogen. Es gehe dabei um Erfahrungs- und Wissensaustausch und keinesfalls um Geplauder. Im Rahmen der Gespräche würden Kontakte aufgebaut, die für jeden Unternehmer hilfreich seien. Selbst persönliche Freundschaften seien in den zehn Jahren seiner Mitgliedschaft in der Vollversammlung entstanden.

“Die IHK ist das Sprachrohr der Wirtschaft”

Max Wild ist auch Mitglied im Sachverständigenausschuss der IHK Ulm. Das Engagement dort empfindet er als Bereicherung: „In den Ausschuss wurde ich aufgrund meiner Berufspraxis berufen. Er hat mich innerhalb von fünf Jahren nur drei Mal beansprucht. Das war eine interessante Erfahrung für mich, denn ein Sachverständiger muss anders denken als ein Unternehmer.“ Mit Überzeugung ruft Wild zur Mitwirkung in den IHK-Gremien und Ausschüssen auf: „Als einzelner Unternehmer ist es schwer, etwas zu bewirken oder zu verändern. Das funktioniert in der Gemeinschaft besser. Die IHK ist das Sprachrohr der Wirtschaft und nimmt Einfluss auf die Bundes-, Landes-, Regional- und Stadtpolitik. Der Blickwinkel der wirtschaftlichen Basis wird auf die politische Ebene getragen. Deshalb ist das Engagement der Unternehmer in der IHK wichtig.”
Als einzelner Unternehmer ist es schwer, etwas zu bewirken oder zu verändern. Das funktioniert in der Gemeinschaft besser.
– Max Wild

Gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

Diese Ansicht teilt Harald Ostermeir, Geschäftsführer der Storer Handels GmbH in Langenau. Sein Einzelhandelsgeschäft bietet Mode sowie funktionelle Sport- und Outdoor-Ausrüstung. Ostermeir ist Mitglied im Einzelhandelsausschuss der IHK Ulm. „Der Einzelhandel hat in der Politik eine schlechte Lobby. Insofern ist es wichtig, durch unsere Interessenvertretung auf die Politik Einfluss zu nehmen“, stellt er fest.
Den Zeitaufwand für seine Mitarbeit im Einzelhandelsausschuss stuft Ostermeir als unerheblich ein: „Wir treffen uns zwei Mal im Jahr zu einem gut vorbereiteten Gespräch. Dabei geht es um aktuelle Themen wie Energiekosten, Personalrekrutierung oder neue Gesetze. Die Mitglieder im Ausschuss kommen aus den unterschiedlichsten Branchen. Das führt zu einem interessanten Erfahrungsaustausch zu wichtigen Themen wie Digitalisierung, Verkehrspolitik, Baugesetzgebung.“ Für seine Mitwirkung im Ausschuss hat Harald Ostermeir gute Gründe: „Als Unternehmer trägt man auch eine gesellschaftliche Verantwortung. Dazu gehört es eben, dass man durch die Mitarbeit in Ausschüssen Dinge voranbringt und beispielsweise die Politik mit Informationen von der wirtschaftlichen Basis versorgt.“ Neben dem unternehmerischen Nutzen bringe sein Engagement in der IHK auch einen persönlichen Nutzen. „Bei den Versammlungen erhält man viele Informationen aus der Region, die man mit der eigenen Sichtweise auf die Dinge abgleichen kann“, sagt Ostermeir und fügt hinzu: „Das Treffen mit patenten Menschen macht Spaß und bietet die Möglichkeit, ein Netzwerk aufzubauen.“ Seine gesellschaftliche Verantwortung nimmt er sehr ernst und engagiert sich deshalb auch als ehrenamtlicher Prüfer in der Ausbildung von Einzelhandelskaufleuten. Als Prüfer trage man zur Qualität der Ausbildung bei und passe sie dem Niveau des Marktes an. Man definiere quasi eine Benchmark. Außerdem erhalte man einen guten Einblick in die Ausbildung in anderen Betrieben. Es sei ein Geben und Nehmen.
Das Treffen mit patenten Menschen macht Spaß und bietet die Möglichkeit, ein Netzwerkaufzubauen.
– Harald Ostermeir

Zu Veränderungen beitragen

Mit derselben Überzeugung setzt man sich bei der ifm group services gmbh in Tettnang für die Mitwirkung in der dualen Berufsausbildung ein. Personalleiter Bernhard Bentele ist Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses der IHK Bodensee-Oberschwaben und seit 18 Jahren ehrenamtlicher Prüfer für Industriekaufleute. „Mit meinem Einsatz im Berufsbildungsausschuss kann ich der Gesellschaft etwas zurückgeben“, erklärt Bentele. „Ich trage dazu bei, dass die Qualität der Ausbildung den Erfordernissen angepasst wird. In diesem Ausschuss kann man seine Meinung einbringen und konkret zu Veränderungen beitragen.“ Die Themen, mit denen sich der Ausschuss befasse, seien vielfältig. Es gehe unter anderem um die schriftlichen Ausbildungsnachweise, um neue Rechtsvorschriften, Zusatzqualifikationen, Fortbildungsprofile oder um die Umsetzung von Landesprojekten wie zum Beispiel das BoriS Berufswahl-SIEGEL für Schulen.
Die Ausbildung immer noch ein Stückchen besser zu machen ist meine persönliche Motivation für das Engagement in der IHK.
– Bernhard Bentele
Der Ausschuss treffe sich ein Mal im Quartal, teilweise in unterschiedlichen Ausbildungsbetrieben. „Die Treffen werden hervorragend von der IHK vorbereitet“, lobt Bentele. „Auch die Protokollerstellung wird von der IHK übernommen, sodass der Zeitaufwand wirklich überschaubar ist. Die Ausbildung immer noch ein Stückchen besser zu machen, ist meine persönliche Motivation für das Engagement in der IHK. Das ist meine Leidenschaft, und dafür nehme ich mir die Zeit, die dafür notwendig ist.“ Dem Argument „Keine Zeit fürs Ehrenamt“ begegnet er entschieden: „Man muss Prioritäten setzen und den konkreten Nutzen abwägen – für das Unternehmen, für das Gemeinwohl und für sich selbst. Aus meiner Sicht überwiegt der Nutzen in allen Punkten.“

“Man kann nicht nur Qualität einfordern, man muss auch mitmachen”

Ein ebenso leidenschaftliches Plädoyer für die Mitarbeit in der IHK hält Sabine Angerer aus Bad Waldsee. Die selbstständige Dozentin in der Aus- und Weiterbildung ist ehrenamtliche Prüferin der Ausbilder und Prüferin der Auszubildenden. „In meiner Eigenschaft als Prüferin kann ich gute Rahmenbedingungen für die Prüfungssituation schaffen“, sagt Angerer. „So kann ich die Stresssituation abmildern und Druck von den Prüflingen nehmen. Jeder Mensch reagiert in Prüfungssituationen anders. Es ist das Menschliche, das mich interessiert und zu dem ich beitragen kann.“ Auch Angerer sieht ihr Engagement in der IHK als gesellschaftlichen Beitrag. „Für mich ist das eine Verpflichtung. Jeder Unternehmer möchte gut ausgebildete Fachkräfte. Dazu gehören praxisnahe Prüfungen und ehrenamtliche Prüfer und Prüferinnen aus den Unternehmen. Man kann nicht nur Qualität einfordern, man muss auch mitmachen.“

Engagement bringt vielfältigen Nutzen

Sabine Angerer ist mit viel Herzblut dabei und erzählt leidenschaftlich, welchen persönlichen Nutzen sie aus ihrem Engagement bei der IHK schöpft. „Die Arbeit als Prüferin erweitert meinen Horizont“, begeistert sich Angerer. „Man wird mit unterschiedlichen Themen aus den verschiedensten Branchen konfrontiert. Darüber hinaus lernt man viele Menschen kennen, kann sein Netzwerk ausbauen und wird von der IHK stets mit aktuellsten Informationen versorgt. Mir persönlich macht es auch Freude, einen strahlenden Prüfling zu sehen, der eine Prüfung bestanden hat.“
Bei der IHK kann jeder den Umfang seines Engagements selbst bestimmen. Man kann frei entscheiden, wie oft man im Jahr prüft.
– Sabine Angerer
Hinsichtlich der Kompetenzen, die ein Prüfer oder eine Prüferin mitbringen sollte, hat Angerer klare Vorstellungen. Neben der Fachkompetenz seien Freundlichkeit, Empathie, Verantwortungsbewusstsein und die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel wichtige Eigenschaften. Sabine Angerer sagt von sich selbst: „Ich lebe das Thema Aus- und Weiterbildung.“ Dafür ist sie bereit, sich so viel Zeit zu nehmen, wie sie ermöglichen kann. „Bei der IHK kann jeder den Umfang seines Engagements selbst bestimmen. Man kann frei entscheiden, wie oft man im Jahr prüft. Je mehr Prüfer und Prüferinnen von den Unternehmen bereitgestellt werden, umso kleiner ist der Zeitaufwand für den Einzelnen. Es geht darum, einfach mal den ersten Schritt zu wagen." Im Leben beginnt vieles mit dem ersten Schritt. Vielleicht ist es notwendig, im Vorfeld die eigene Wahrnehmung der „Institution IHK“ zu ändern. Sie erfüllt keinen bürokratischen Selbstzweck, sondern ist eine Institution von Unternehmen für Unternehmen. Hier geht es um das Mitmachen, um das Einbringen von Erfahrungen, Wissen, Aktionsfreude und Unternehmergeist. Ja, um das Füllen der Institution mit Leben. Das ehrenamtliche Engagement zahlt sich aus – sowohl im unternehmerischen Bereich als auch auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene. Möglichkeiten, den ersten Schritt zu wagen bietet die Mitwirkung in folgenden Gremien, Ausschüssen und Arbeitskreisen: Vollversammlung, Sac
hverständigenausschuss, Finanz- und Steuerausschuss, Berufsbildungsausschuss, Ausschuss Digitalisierung /Wirtschaft 4.0, Einzelhandelsausschuss, Ausschuss Energie, Ausschuss International, Ausschuss Verkehr und Logistik, Arbeitskreis Ulm/Neu-Ulm, Arbeitskreis Wirtschaftsjuristen, Wirtschaftsjunioren und weitere unter www.ihk.de/bodensee-oberschwaben sowie unter www.ihk.de/ulm. Die IHK-Ausschüsse beraten das Präsidium und die Vollversammlung zu fachspezifischen Themen. Damit kann jeder Einzelne mit seinem ehrenamtlichen Engagement die Arbeit der IHK mitgestalten, zu erforderlichen Veränderungen beitragen und auf vielfältige Weise davon profitieren.

Dipl.-Wirt.-Ing. Birgit Mann ist Wirtschaftsingenieur Kommunikationstechnik und Inhaberin der Team-Entlastung PR Blaubeuren