Konjunkturumfrage Frühsommer 2024

Region Stuttgart, Frühsommer 2024: Erholung nicht in Sicht.

Die Aussichten auf eine wirtschaftliche Erholung in der Region Stuttgart scheinen derzeit noch fern zu sein. Seit mehr als einem Jahr ist ein rückläufiger Trend bei den inländischen Auftragseingängen zu beobachten, und die Auftragsbücher werden zunehmend leerer. Darüber hinaus gibt es strukturelle Probleme, die die Unternehmen zunehmend belasten: Obwohl sich die Situation auf den Strommärkten nach der Krise im Jahr 2022 wieder stabilisiert hat, sind die Energiekosten für viele Unternehmen nach wie vor zu hoch. Insbesondere im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern, wie den USA und China, sind die Energiekosten nicht konkurrenzfähig. Die politische Unterstützung ist eher gering, und viele Unternehmen beklagen bürokratische Belastungen, Überregulierung und eine unsichere Wirtschaftspolitik.
IHK-Konjunkturumfrage für die Region Stuttgart: Diese Analyse basiert auf der IHK-Umfrage zum Frühsommer 2024, an der 700 Unternehmen zwischen dem 9. April 2024 und 29. April 2024 teilgenommen haben.
Ihr Unternehmen möchte auch an der IHK-Konjunkturumfrage teilnehmen? Sie können sich gerne mit einer formlosen E-Mail an konjunktur@stuttgart.ihk.de anmelden. 
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Seit der Konjunkturumfrage im Frühsommer 2022 hat die wirtschaftliche Lage einen unstetigen Verlauf genommen. Allerdings zeichnet sich nun ein deutlicher negativer Trend ab. Der Lageindikator hat im Vergleich zum Jahresbeginn 3 Punkte verloren und steht aktuell bei 12 Punkten. Etwa 31 Prozent der Unternehmen bewerten ihre gegenwärtige Geschäftslage als gut, was einen Rückgang von 2 Prozentpunkten gegenüber der vorherigen Umfrage und etwa 9 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Die Geschäftslage als schlecht bewerten 19 Prozent der Unternehmen, was etwa 1 Prozentpunkt mehr als zum Jahreswechsel ist.
Trotz einer stabilen Inflationsrate von 2,1 Prozent in Baden-Württemberg und Lohnanpassungen bleibt der Konsum der Haushalte verhalten. Die schwache Inlandsnachfrage wird von 67 Prozent der Unternehmen als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung angesehen und stellt somit das größte Risiko für die Region Stuttgart dar.
Ungeachtet der konjunkturellen Schwäche und der Einstellungsstopps betrachten 58 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko. Damit verdrängt der Fachkräftemangel die Arbeitskosten (53 Prozent) vom zweiten Platz der Risikofaktoren.
In den vergangenen Monaten sind die Preise für Strom und Energie, auch dank des Wegfalls der EEG-Umlage, wieder auf das Niveau vor der Corona-Pandemie gesunken. Zudem ist die Anzahl der Nennungen des Geschäftsrisikos ‘Energiekosten’ im Vergleich zum Jahresbeginn um 7 Prozentpunkte deutlich zurückgegangen. Dennoch empfinden viele Unternehmen, insbesondere aus der Industrie, dem Hotel- und Gastgewerbe sowie der Verkehrsbranche, die Energiepreise als zu hoch. In diesen Bereichen bleiben die Energiekosten eines der bedeutendsten Geschäftsrisiken.
Angesichts einer Vielzahl von Herausforderungen und einer schwachen Konjunktur bleiben die Investitionstätigkeiten gering. Für viele Unternehmen ist die wirtschaftliche Lage zu unsicher, um verstärkt in der Region Stuttgart zu investieren. Der Indikator für Inlandsinvestitionen verharrt zum dritten Mal in Folge bei –1 Punkt im negativen Bereich. Dies liegt etwa 11 Punkte unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Lediglich 28 Prozent der Unternehmen planen, in den kommenden 12 Monaten mehr im Inland zu investieren, während 28 Prozent ihre Investitionen reduzieren werden. Die Hauptmotive für Investitionen sind weiterhin der Ersatzbedarf (63 Prozent), die Digitalisierung (57 Prozent) und die Rationalisierung (38 Prozent).
Die wirtschaftliche Flaute wirkt sich auch hemmend auf die Beschäftigungspläne aus. Viele Unternehmen halten an ihren Mitarbeitern fest, wodurch die Arbeitslosenquote bei etwa 4,4 Prozent stabil bleibt. Dennoch bleibt der Indikator für die Beschäftigtenzahl, wie bereits in den letzten beiden Umfragen, bei –9 Punkten.
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Die Industrie in der Region Stuttgart befindet sich in einer Rezession. Seit dem Herbst 2022 verzeichnen die Unternehmen einen rückläufigen Auftragseingang und die Auftragsbücher sind geleert. Der Inlandsabsatz wird von 79 Prozent der Unternehmen als Geschäftsrisiko eingestuft. Auch von der Exportwirtschaft kommen kaum positive Signale, da der Auslandsabsatz von der Hälfte der Unternehmen als Risiko betrachtet wird. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist der Umsatz bei der Hälfte der Unternehmen gesunken. Hohe Energie- und Arbeitskosten sowie Bürokratie belasten die Gewinne der Unternehmen. Ein Viertel der Unternehmen bewertet den aktuellen Gewinn als schlecht. Daher sinkt der Indikator der aktuellen Geschäftslage auf –2 Punkte. Nur 18 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage als gut, das sind 8 Prozentpunkte weniger als noch zu Jahresbeginn. Jedes fünfte Unternehmen berichtet von einer schlechten Geschäftslage.
Es scheint, dass die Bauwirtschaft im Januar dieses Jahres ihren Tiefpunkt erreicht hat. Der Lageindikator zeigt eine leichte Erholung und steigt von 0 auf 5 Punkte an. Die positiven Impulse stammen hauptsächlich aus den Auftragseingängen im Bereich des Straßen- und Tiefbaus sowie des gewerblichen Hochbaus. Allerdings bleiben die Aufträge aus dem privaten Wohnungsbau aufgrund der erschwerten Finanzierungsbedingungen und hohen Baukosten weiterhin aus.
Trotz der Preisstabilisierung bleibt das Kaufverhalten der privaten Haushalte weiterhin sehr zurückhaltend. Dies wird zumindest von etwa 63 Prozent der  Einzelhändler berichtet. Auch im Großhandel herrscht eine Bestellflaute. Insbesondere im produktionsverbundenen Großhandel bleiben die Auftragsbücher aufgrund der schwachen Industriekonjunktur leer. Der Lageindikator im Großhandel zeigt einen Rückgang von –14 Punkten auf –20 Punkte. Bei den Einzelhändlern ist hingegen eine leichte Verbesserung von –17 Punkten auf –11 Punkte zu verzeichnen.
Die Unternehmen der Dienstleistungsbranche zeigen weiterhin eine positive Stimmung. Der Lageindikator bleibt im Frühsommer stabil bei 31 Punkten. Insbesondere ITK-Dienstleister und technische Beratungsunternehmen weisen derzeit noch gute Zahlen auf. Dank der hohen Zinsen erzielt auch die Finanzdienstleistungsbranche gute Erträge.
Die Erholungsphase im Hotel- und Gastgewerbe scheint vorerst abgeschlossen zu sein. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer, hohe Lebensmittelkosten sowie steigende Energie- und Arbeitskosten belasten die Unternehmensgewinne erheblich. Darüber hinaus hat sich der Mangel an Arbeitskräften seit der Corona-Pandemie erheblich verschärft. Daher sinkt der Lageindikator von 5 Punkten zum Jahreswechsel auf –2 Punkte im Frühsommer.
Die schwache Industriekonjunktur wirkt sich auf die Unternehmen des Transport- und Verkehrsgewerbes, sowohl in den vor- als auch in den nachgelagerten Bereichen der Wertschöpfungskette negativ aus. Die Tendenz im Auftragseingang bleibt mit –31 Punkten weiterhin negativ. Die Kapazitäten sind nur noch zu 77 Prozent ausgelastet, was etwa 5 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre liegt. Der Lageindikator sinkt von 7 Punkten auf –7 Punkte ab.
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