Konjunkturumfrage Region Stuttgart

Industrie, Frühsommer 2024: Ist die Rezession da?

Nach mehreren Schwankungen in den letzten Monaten befindet sich die Industrie post-pandemisch erneut in einer Rezession. Schwache Nachfrage, geringer Konsum und hohe Energiepreise wirken sich negativ auf die Geschäftsaktivitäten der Unternehmen aus. Diese Entwicklung war jedoch vorhersehbar, da bereits seit der Energiekrise 2022 ein starker Rückgang der Auftragseingänge zu verzeichnen war, von dem sich die Industrie bislang nicht erholt hat. Obwohl die Preise für Strom und Energie durch den Wegfall der EEG-Umlage wieder das Niveau von vor der Corona-Krise erreicht haben, sind sie im internationalen Vergleich, insbesondere mit China und den USA, noch immer nicht konkurrenzfähig. Derzeit mangelt es der Industrie an den erforderlichen Impulsen, auch von politischer Seite, um einen erneuten Aufschwung zu schaffen.
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Der Geschäftslageindikator für Industrieunternehmen in der Region Stuttgart ist von 6 Punkten auf -2 Punkte gefallen. Aktuell bewerten nur noch 18 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut, was einem Rückgang von 8 Prozentpunkten seit Januar entspricht. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Geschäftslage als schlecht einstufen, ist jedoch um 1 Prozentpunkt auf 20 Prozent zurückgegangen.
In den verschiedenen Industriezweigen entwickelt sich die Situation unterschiedlich. Die Konsumgüterindustrie fühlt die Zurückhaltung der Verbraucher beim Kauf, die trotz einer allmählichen Stabilisierung der Inflation und Lohnanpassungen nicht zum gewohnten Konsumverhalten zurückkehren. Diese verhaltene Nachfrage zeigt sich seit Monaten in sinkenden Auftragseingängen, eine Tendenz, die auch im Frühsommer anhält. Der Indikator hat seit Jahresbeginn 11 Punkte eingebüßt und steht nun bei -32 Punkten. Zusätzlich zu der schwachen Auftragslage belasten erhöhte Arbeitskosten die Produzenten von Konsumgütern. Rund 68 Prozent der Hersteller betrachten die gestiegenen Arbeitskosten als wirtschaftliches Risiko.
Obwohl sich die Strompreise stabilisiert haben, bleibt die Produktion für energieintensive Betriebe in der Metallerzeugung und -verarbeitung kostspielig. Etwa 59 Prozent der Unternehmen sehen in den hohen Energiekosten weiterhin ein Risiko für ihre Geschäftsentwicklung. Dieser Anteil hat zwar in den letzten Monaten deutlich abgenommen, liegt aber immer noch über dem langfristigen Durchschnitt von 45 Prozent. Das größte Risiko für Metallverarbeiter ist jedoch die Inlandsnachfrage – drei Viertel der Betriebe sehen darin ein wirtschaftliches Risiko. Der Lageindikator hat seit Anfang 2024 sieben Punkte verloren und steht aktuell bei -6 Punkten.
Auch im Maschinenbau zeigen sich leere Auftragsbücher, obwohl die Kapazitätsauslastung mit 82 Prozent weiterhin über dem Industriedurchschnitt von 79 Prozent liegt. Die wirtschaftliche Lage der Maschinenbauer hat sich jedoch eingetrübt. Der Indikator für die aktuelle Geschäftslage ist erstmals seit dem Beginn der Corona-Pandemie in den negativen Bereich gefallen und steht aktuell bei -1 Punkt. Aktuell bewerten nur noch 23 Prozent der Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage als gut – ein Rückgang gegenüber den 29 Prozent zu Jahresbeginn.
Bis vor einem Jahr konnten die Elektrotechnikproduzenten noch starke Verkaufszahlen aufgrund der hohen Nachfrage sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland verzeichnen. In den letzten Monaten jedoch ist eine deutliche Auftragsflaute zu beobachten. Der Indikator für die Auftragstendenz fiel seit Jahresbeginn von -24 Punkten auf -31 Punkte im Frühsommer. Die schwache Inlandsnachfrage wird von den Unternehmen vermehrt als Geschäftsrisiko eingestuft. Etwa 73 Prozent betrachten die Inlandsnachfrage als Risikofaktor für die wirtschaftliche Entwicklung, was einen Anstieg von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Auch aus dem Ausland, das bisher zur positiven Entwicklung beigetragen hat, werden keine wesentlichen Impulse mehr erwartet. Der Indikator für die Exporterwartungen sank um 16 Punkte auf -6 Punkte im Frühsommer. Rund 64 Prozent der Unternehmen sehen im Exportgeschäft ein Risiko.
Für die gesamte Industrie bleiben die Geschäftserwartungen für die kommenden 12 Monate gedämpft. Der Indikator liegt derzeit bei -13 Punkten und hat somit um 4 Punkte zugenommen. Etwa 18 Prozent der Unternehmen erwarten bessere Geschäfte, wohingegen immer noch 31 Prozent der Unternehmen von schlechteren Geschäften ausgehen. Entsprechend verhalten sind die Pläne für Investitionen und Beschäftigung. Ein Drittel der Unternehmen plant, die Inlandsinvestitionen zu reduzieren, während immerhin 30 Prozent der Unternehmen beabsichtigen, in den nächsten 12 Monaten mehr zu investieren. Die Hauptgründe für Inlandsinvestitionen sind weiterhin Ersatzbedarf (67 Prozent), Digitalisierung (53 Prozent) und Rationalisierung (52 Prozent). Auch die Prognose für die Beschäftigtenzahl bleibt mit -27 Punkten sehr zurückhaltend.

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In den vergangenen Jahren stützte sich die regionale Wirtschaft stets auf die Exportwirtschaft als Motor für den konjunkturellen Aufschwung. Jedoch trübt die flauere Konjunktur in der Euro-Zone und der EU die Aussichten auf ein florierendes Exportgeschäft. Zwar senden die Vereinigten Staaten und Asien noch positive Signale, doch zeigt sich auch hier eine abnehmende Tendenz. Der Indikator für Exporterwartungen ist von 0 Punkten auf -3 Punkte gefallen.