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Remote Work im Ausland

Wer seinen Arbeitnehmern ermöglichen möchte, mobil aus dem Ausland für sein Unternehmen zu arbeiten, muss nicht nur die einschlägigen deutschen Regelungen beachten, sondern sich auch mit den jeweiligen Gesetzen im Zielland auseinandersetzen.

Arbeitsvertragliche Erlaubnis

Nur in seltenen Fällen dürfte sich ein Anspruch zur mobilen Arbeit im Ausland direkt aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen unterliegt die Bestimmung des Tätigkeitsorts grundsätzlich dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Ist im Arbeitsvertrag bereits geregelt, von wo aus Mitarbeitende ihre Arbeitsleistung zu erbringen haben, kann davon nur einvernehmlich abgewichen werden.
Daher sollten Arbeitgeber mit einer Zusatzvereinbarung für Klarheit sorgen. Weiterhin sollte auch der Betriebsrat einbezogen sein. Aus kollektivarbeitsrechtlicher Sicht ist der durch den im Rahmen des „Betriebsrätemodernisierungsgesetzes“ neu eingefügte § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG zu beachten, wonach der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit hat, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird. So sollten in einer kollektiven Vereinbarung mit dem Betriebsrat die allgemeinen Rahmenbedingungen des mobilen Arbeitens festgehalten werden.

Anwendbares Arbeitsrecht

Im Rahmen dieser Vertragsgestaltung ist zunächst die Frage des auf den Arbeitsvertrag anwendbaren Rechts zu klären. Wurde dieses nicht ausdrücklich bestimmt, so richtet es sich nach dem zeitlichen Umfang des Remote Works im Ausland. Bei lediglich kurzzeitigen vorübergehenden Einsätzen ändert sich der gewöhnliche Beschäftigungsort und damit das auf den Arbeitsvertrag anzuwendende Recht nicht. Wenn jedoch Mitarbeitende dauerhaft mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Remote im Ausland arbeiten, wird in der Regel das am Tätigkeitsort anwendbare Recht einschlägig sein. Nicht weniger kompliziert wird es dann, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abwechselnd sowohl im Inland als auch Remote im Ausland tätig werden sollen. In diesen Fällen ist die Geltung des anwendbaren Rechts vom Einzelfall abhängig.
Unabhängig von dem generell auf den Arbeitsvertrag anwendbarem Recht sind jedoch stets die zwingenden arbeitsrechtlichen Regeln des Landes zu beachten, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird. Dazu gehören insbesondere Regelungen zum Mindestlohn, zu Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten sowie zu Urlaub und Arbeitssicherheit. Aus diesem Grund kann es von Vorteil sein, bei langfristigem Remote Work aus dem Ausland die Anwendbarkeit des ausländischen Rechts zu vereinbaren. Dadurch wird verhindert, dass der Mitarbeiter sich neben dem am Tätigkeitsort anwendbaren Recht möglicherweise auch auf das vertraglich vereinbarte deutsche Arbeitsrecht berufen kann. 

Länderspezifische Remote-Work-Regeln

Neben den im jeweiligen Land einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften sind möglicherweise auch die in dem Land geltenden Steuer- und Sozialversicherungsrecht zu beachten. Aus diesem Grund sind die Voraussetzungen, unter denen Remote Work im Ausland ermöglicht werden kann, stark von den Gesetzen und Regelungen im betroffenen Land abhängig. Im Folgenden finden Sie daher eine regelmäßig erweiterte und aktualisierte Liste, in denen die wichtigsten für das Thema Remote Work relevanten Regelungen in einer Reihe besonders beliebter Zielländer dargestellt werden:
Übersicht nach Ländern

Dänemark
Frankreich
Italien
Niederlande
Polen
Spanien
Thailand

Visum, Arbeitserlaubnis und Meldepflichten

Nach Klärung der verbindlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für Mitarbeitende sollten Arbeitgeber, die das Homeoffice im Ausland für einen begrenzten Zeitraum zulassen, auch klären, ob durch das Tätigwerden im Ausland ein Visum oder eine Arbeitserlaubnis benötigt wird. Eine Verlagerung dieser Pflichten auf die Angestellten ist nicht immer empfehlenswert. Sollte es etwa passieren, dass eine falsche Visumskategorie (etwa ein Touristenvisum statt eines Businessvisums) genutzt wird, so kann dies zu persönlichen Konsequenzen für die Mitarbeitenden und zu Nachteilen für den Arbeitgeber führen.
Während der kurzzeitigen Einsätze in einem anderen EU-Land benötigen Mitarbeitende keine Arbeitserlaubnis und keine Aufenthaltsgenehmigung. Auch ist kein Einreisevisum notwendig. Bürgerinnen und Bürger aus den Mitgliedstaaten der EU haben das Recht, in jedes andere EU-Land einzureisen, ohne spezielle Formalitäten erledigen zu müssen. Sie benötigen aber immer einen gültigen Personalausweis oder Reisepass. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Ausweisdokumente noch mindestens drei Monate gültig sind.
Unabhängig von Visum und Arbeitserlaubnis können abhängig vom jeweiligen Einzelfall jedoch auch beim Homeoffice im Ausland Meldepflichten bestehen. Aufgrund der sogenannten Durchsetzungsrichtlinie 2014/67/EU gibt es innerhalb Europas gesteigerte Arbeitgeberpflichten, die zu Melde- und Registrierungspflichten führen auch bei kurzfristigen
grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsätzen in der EU. Ziel ist die Einhaltung von Mindeststandards hinsichtlich Mindestlohn, Arbeitszeiten, Urlaubsregelung, Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz sowie Bedingungen für die Arbeitnehmerüberlassung.
Demzufolge sind in vielen EU-Mitgliedstaaten umfangreiche Melde- und Dokumentationspflichten für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erfüllen. In der Regel sind auf Meldeportalen Mitarbeiterdaten zu erfassen und es sind Dokumente bei der Dienstreise mitzuführen.

Sozialversicherung und Steuern

Ferner sollte die Arbeit im Ausland auch aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht richtig aufgesetzt werden. Da der Begriff „Remote Work im Ausland“ nichts über den Inhalt, die Dauer und die Beweggründe des Einsatzes im Ausland aussagt, ist es denkbar, dass auch beim Homeoffice im Ausland der Verbleib im heimischen Sozialversicherungssystem nachgewiesen und eine Sozialversicherungspflicht im Einsatzstaat vermieden werden kann. Es ist beim zuständigen Sozialversicherungsträger zu klären, ob – bei Einsätzen innerhalb Europas – ein Fall der Verordnung VO EU 883/2004 vorliegt, die bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten innerhalb der EU/EWR und der Schweiz den sozialversicherungsrechtlichen Status beantwortet.
Hinweis: Seit 01.07.2023 ist ein neues Rahmenabkommen in Kraft, das vorsieht, dass Grenzgängern, die weniger als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit im Wohnsitzstaat verbringen, eine Ausnahmevereinbarung erteilt wird, die es ihnen ermöglicht, im Sozialversicherungssystem des Beschäftigungsstaates zu bleiben. Bisher lag diese Grenze bei 25 Prozent. Neben Deutschland haben mittlerweile die meisten anderen europäischen Staaten das Abkommen ratifiziert, darunter alle Nachbarländer Deutschlands (mit Ausnahme von Dänemark). Den Text des Rahmenabkommens sowie eine Liste aller Mitgliedsstaaten findet sich auf der Webseite des belgischen Föderalen Öffentliche Dienstes Soziale Sicherheit (engl.).
Wenn das Homeoffice im Ausland eine bestimmte Einsatzdauer übersteigt, können für den Arbeitgeber Lohnsteuerpflichten im Ausland entstehen. In steuerlicher Hinsicht sollten Arbeitgeber deshalb klären, ob Deutschland mit dem beabsichtigten Einsatzland ein sog. Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“) geschlossen hat. Sollten Mitarbeitende lediglich einzelne Tage im Ausland tätig werden, hat bei Vorhandensein eines DBA der Tätigkeitsstaat üblicherweise für diese Tage grundsätzlich kein Besteuerungsrecht, wenn der Einsatz 183 Tage im jeweiligen Ausland nicht überschreitet. Der Teufel steckt jedoch auch hier im Detail, da es je nach Abkommen darauf ankommt, ob sich die einzelnen Mitarbeitenden weniger als 183 Tage im Kalenderjahr/12-Monatszeitraum bzw. Steuerjahr (je nach Land) in dem jeweiligen Staat aufhalten. Dementsprechend sollten die Voraussetzungen im Vorfeld geprüft werden.
Aus Arbeitgebersicht sind in Bezug auf Steuern auch das sog. Betriebsstättenrisiko nicht zu unterschätzen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass infolge des Homeoffice das Risiko einer (ertragsteuerlichen) Betriebsstätte im Ausland entsteht. Dabei sind insbesondere die Faktoren der Dauerhaftigkeit und der Verfügungsmacht im Zusammenhang mit der Homeoffice-Betriebsstätte zu prüfen (OECD-MK Art. 5 Z 18). Ein Homeoffice kann zur Betriebsstätte für den Arbeitgeber im Ausland werden, wenn es dauerhaft zur Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers genutzt wird. Dies kann nach Einschätzung von ausländischen Finanzbehörden dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangt, seine Wohnung für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens zur Verfügung zu stellen, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt, obwohl die Tätigkeit des Arbeitnehmers einen Arbeitsplatz erfordert. Die bloß sporadische oder gelegentliche Nutzung des Homeoffice eines Arbeitnehmers ist mangels ausreichender Verfügungsmacht in der Regel nicht betriebsstättenbegründend. Es ist deshalb aus steuerlicher Pflicht zu prüfen, ab wann nicht mehr von einer bloß gelegentlichen Nutzung gesprochen werden.

Fazit

Gerade im eingangs genannten „War for Talents“ können Arbeitgeber die Frage des Remote Work im Ausland zu ihren Gunsten nutzen. Sie sollten dann das Recht zum internationalen Remote Work jedoch unter einen Zustimmungsvorbehalt stellen, um die rechtlichen, sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Grundlagen des Einsatzortes im Vorfeld klären zu können.