Mobile Arbeit in Spanien

Immer häufiger werden deutsche Unternehmen mit dem Wunsch von Mitarbeitenden konfrontiert, dauerhaft oder längerfristig aus dem Homeoffice in Spanien zu arbeiten.
Die hohe Lebensqualität und die niedrigeren Lebenshaltungskosten sind die hauptsächlichen Beweggründe für den Wunsch, dort zu arbeiten, wo traditionell nur Urlaub gemacht wird. In solchen Fällen spricht man von Remote Work, einer Konstellation, die sowohl für Arbeitgebende als auch für Arbeitnehmende eine Reihe von rechtlichen und steuerlichen Herausforderungen mit sich bringt.

1. Ist deutsches Arbeitsrecht anwendbar?

Gemäß Art. 8.1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (ROM-I-VO) kann generell die Anwendung des deutschen Arbeitsrechts auf einen in Spanien auszuführenden Arbeitsvertrag gewählt werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn bereits in Deutschland tätige Arbeitnehmende in ein Remote Work Arbeitsverhältnis wechseln. Die Vereinbarung deutschen Rechts ist aber auch bei Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages möglich. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte daher stets eine Rechtswahl getroffen werden, da andernfalls spanisches Arbeitsrecht gilt (Art. 8.2). Aber Achtung! Die zwingenden Schutzbestimmungen des spanischen Arbeitsrechts gelten bei Kollision mit dem gewählten deutschen Recht (Art. 8.1). Obwohl das deutsche Arbeitsrecht Arbeitnehmenden im Allgemeinen ein gleiches oder höheres Maß an Schutz bietet als das spanische (zum Beispiel in Bezug auf Urlaubsansprüche), kann es zu Konflikten etwa bei den in Spanien sehr restriktiven Kündigungsgründen und -fristen kommen. Im Allgemeinen ist es daher ratsam, spanisches Rechts zu wählen und den Vertrag bei Bedarf an die Regelungen des deutschen Arbeitsrechts so weit wie möglich anzulehnen.

2. In welchem Land sind Sozialversicherungsbeiträge fällig?

Gemäß Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (Art. 11.3) ist das Sozialversicherungsrecht des Staates anwendbar, in dem Arbeitnehmende die Beschäftigung ausüben, sprich das Sozialversicherungsrecht Spaniens bei vollständigem oder überwiegendem (über 50 Prozent) Remote Work in Spanien. Die Sonderregelung des Art. 12 zur Beibehaltung der deutschen Versicherung für vorübergehend (maximal 24 Monate) entsandte Arbeitnehmende ist bei dauerhaftem Remote Work in Spanien ausgeschlossen, kann allerdings bei sporadischer Arbeitstätigkeit in Verbindung mit einem Urlaub (oft „Workation“ genannt) angewendet werden (vergleiche Leitlinien zu Telearbeit der EU-Kommission).

3. Mit welchen steuerlichen Folgen hat der Arbeitgebende zu rechnen?

Sofern Arbeitnehmende die steuerliche Ansässigkeit in Spanien erwerben, was in der Regel geschieht, wenn sie sich dort länger als 183 Tage im Kalenderjahr aufhalten, hat dies weitreichende steuerliche Folgen für die Arbeitgebenden:

a) Lohnsteuerabzug

Unabhängig von den konkreten Tätigkeiten, die Arbeitnehmende in Spanien ausüben, sind Arbeitgebende verpflichtet, den Lohnsteuerabzug in Spanien vorzunehmen. Dies bedeutet, sie müssen die Lohnsteuer vom Gehalt einbehalten und beim spanischen Finanzamt erklären und abführen. In diesen Fällen liegt eine sogenannte „lohnsteuerliche Betriebsstätte“ der Arbeitgebende in Spanien vor.

b) Körperschaftssteuer

Begründung einer gewinnsteuerlichen Betriebsstätte. Unternehmen, die in Spanien über eine feste Geschäftseinrichtung verfügen, über die ihre Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise ausgeübt wird, begründen eine sogenannte „gewinnsteuerliche Betriebsstätte“ und müssen in Spanien Körperschaftssteuer auf den der Betriebsstätte (im Zuge einer Gewinnabgrenzung beziehungsweise Festlegung der Verrechnungspreise) zuzurechnenden Gewinn zahlen. Sowohl das spanische Steuergesetz als auch das deutsch-spanische DBA legen eine Reihe von Kriterien fest, um zu klären, wann eine Betriebsstätte vorliegt. Je nach Art der Tätigkeiten der Arbeitnehmenden, ihrer Verantwortlichkeiten und Funktionen im Unternehmen oder der Tatsache, dass sie befugt sind, Verträge im Namen des Arbeitgebenden abzuschließen, begründen die Unternehmen möglicherweise eine Betriebsstätte in Spanien. Dies sollte von Fall zu Fall sehr sorgfältig geprüft werden.

c) Umsatzsteuerpflicht

Soweit der Wohnsitz oder das Homeoffice von in Spanien ansässigen Arbeitnehmenden von in Deutschland ansässigen Unternehmen eine gewinnsteuerliche Betriebsstätte begründen, müssen sie sich in der Regel umsatzsteuerlich in Spanien registrieren lassen.

4. Welche steuerlichen Folgen gibt es für Arbeitnehmende?

Remote Work in Spanien löst eine unbeschränkte Einkommens- und Vermögenssteuerpflicht von Arbeitnehmenden in Spanien aus, also die Pflicht, das jeweilige Welteinkommen und -vermögen in Spanien zu versteuern. Zudem sind Arbeitnehmende in Spanien auch noch unbeschränkt erbschafts- und schenkungssteuerpflichtig und unterliegen verschiedenen (formellen) Steuerpflichten wie beispielsweise die Pflicht zur Offenlegung des jeweiligen Auslandsvermögens. Dort, wo viele Arbeitnehmende früher nur Urlaub gemacht haben, möchten sie nun auch vermehrt arbeiten. Ermöglichen Arbeitgebende dies, erhöhen sie zwar die Attraktivität des Arbeitsplatzes – gleichzeitig stellen sich jedoch eine Vielzahl komplexer Rechts- und Steuerfragen, die Unternehmen vorab klären müssen.
Fernando Lozano, Lozano Schindhelm, S.L.P., Valencia, Spanien