Homeoffice
Homeoffice in Italien
Von der Toskana über Sizilien bis Südtirol - Italien bietet eine Fülle an Orten und Landschaften, die mit ihrem mediterranen Flair und der typisch italienischen Lebensart begeistern. Daher verwundert es nicht, dass Italien sich zu einer beliebten Destination für Remote Work entwickelt hat. Allerdings sollten Arbeitgeber sich zuerst sorgfältig mit den besonderen rechtlichen und steuerlichen Voraussetzungen vor Ort vertraut machen, bevor Mitarbeitenden die mobile Arbeit von Italien gestattet wird.
- 1. Grundlage für Remote Work
- 2. Mobile Arbeit und Homeoffice
- 3. Besondere Pflichten bei der Mobilen Arbeit
- 4. Besondere Pflichten beim Homeoffice
- 5. Registrierungspflichten und Sozialabgaben
- 6. Besondere Anforderungen an die Arbeitssicherheit
- 7. Grundlagen des italienischen Arbeitsrechts
- 8. Betriebsstättenrisiko
1. Grundlage für Remote Work
Einen gesetzlichen Anspruch auf Remote Work haben Arbeitnehmer grundsätzlich weder nach deutschem noch nach italienischem Arbeitsrecht. Ein Anspruch besteht daher nur, wenn er mit dem Arbeitgeber zuvor vereinbart wurde. In der Vereinbarung sollten insbesondere die folgenden Punkte geregelt werden:
- Arbeitszeiten
- Arbeitsmittel und deren Nutzung
- Pauschalen für die Kosten der Unterhaltung eines Home-Office Arbeitsplatzes
- Verpflichtung zu Verschwiegenheit und Datenschutz
- Dokumentationspflichten für die Arbeitszeit oder Verpflichtung zur Nutzung von Arbeitszeiterfassungssystemen
- Länder, von denen der Arbeitnehmer mobil arbeiten darf
- Beendigungsmöglichkeiten
- Informationspflichten über den Aufenthalt des Arbeitnehmers
- Erreichbarkeit bei Zeitverschiebung
2. Mobile Arbeit und Homeoffice
Nach italienischem Recht wird bei Remote Work zwischen Mobiler Arbeit (Lavoro Agile) und Homeoffice (Telelavoro) unterschieden.
- Mobile Arbeit: Die Arbeit kann grundsätzlich von überall (in einem Land oder einer Region) erbracht werden. Es besteht kein vordefinierter Arbeitsplatz.
- Homeoffice: Die Arbeit erfolgt von einem festen und permanenten Arbeitsplatz in der Privatwohnung des Arbeitnehmers.
Mobile Arbeit und Homeoffice unterscheiden sich im Wesentlichen wie folgt:
Mobile Arbeit
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Homeoffice
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Der Arbeitnehmer übernimmt die Verantwortung für die Sicherheit an seinem Arbeitsplatz.
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Der Arbeitgeber übernimmt die Verantwortung für die Sicherheit des Arbeitsplatzes.
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Der Arbeitnehmer bestimmt den Ort, von dem aus er arbeitet. Die Auswahl kann vertraglich auf bestimmte Orte und Regionen bzw. bestimmte Arbeitsumgebungen beschränkt werden.
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Der Arbeitgeber bestimmt den Ort, an dem die Arbeit erbracht wird. Eine Verlegung des Arbeitsortes an einen anderen verfügbaren Ort oder Betriebsräume des Arbeitgebers ist jederzeit möglich.
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Es ist möglich, teilweise im Büro und teilweise mobil zu arbeiten.
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Die Tätigkeit wird ausschließlich außerhalb der Betriebsräume des Arbeitgebers ausgeführt.
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Es muss nicht notwendig eine telematische Verbindung zum Unternehmenssitz (VPN) bestehen.
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Es muss eine telematische Verbindung zum Unternehmenssitz (VPN) bestehen.
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Die Arbeitsgeräte können, müssen aber nicht vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden.
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Die Arbeitsgeräte müssen auf Kosten des Arbeitgebers zur Verfügung gestellt werden (nicht abdingbar).
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Der zuständigen Behörde muss die Vereinbarung zur mobilen Arbeit übermittelt werden.
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Homeoffice muss im Arbeitsvertrag geregelt werden. Besondere Formvorschriften bestehen hierfür jedoch nicht.
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3. Besondere Pflichten bei der Mobilen Arbeit
Zwingende Voraussetzung für Mobile Arbeit ist nach dem italienischen Arbeitsrecht der Abschluss einer Individualvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Diese muss Regelungen zu den folgenden Themenbereichen enthalten:
- Arbeits- und Ruhezeiten
- Orte, an denen Mobile Arbeit untersagt ist
Die Orte, an denen der Arbeitnehmer mobil arbeiten darf, können (und sollten) beschränkt werden. So kann die Erbringung der Arbeit auf bestimmte Länder, Regionen oder Orte beschränkt oder bestimmte Mindestanforderungen an die Arbeitsumgebung gestellt werden. - Maßnahmen zur Sicherstellung der Trennung bzw. Abschaltens der Geräte
- Regelung von Verhaltensweisen, die Sanktionen nach sich ziehen
- Regelungen zur Ausübung der Weisungs- und Kontrollbefugnis
- Regelungen zur Nutzung ggf. bereitgestellter Geräte
- Regelungen zur Ausübung der Arbeit und ob ggf. Bürozeiten bestehen
4. Besondere Pflichten beim Homeoffice
Unabhängig vom Standort des Arbeitsplatzes – ob im Unternehmen oder im Homeoffice – müssen die gleichen Arbeitsbedingungen eingehalten werden. Dies bedeutet, dass feste Arbeitszeiten definiert werden müssen, während denen der Arbeitnehmer erreichbar sein muss. Diese müssen im Einklang mit den italienischen Arbeitsschutzbestimmungen stehen. Die Überwachung der Arbeitszeit kann bspw. durch Arbeitszeiterfassungsprogramme erfolgen.
5. Registrierungspflichten und Sozialabgaben
Der bedeutendste Teil der Lohnnebenkosten in Italien entfällt auf Sozialversicherungsbeiträge (Contributi). Arbeitgeber zahlen für diese Sozialleistungen an die Sozialversicherungsanstalt INPS (Istituto Nazionale della Previdenza Sociale) einen Beitrag von ca. 31 Prozent des monatlichen Bruttogehalts. Die genauen Beitragssätze variieren je nach Sektor und beruflicher Position.
a) Steuerliche Ansässigkeit
Bei der Frage, ob der Arbeitnehmer in Deutschland oder Italien sozialversicherungspflichtig ist, gilt das sog. Territorialprinzip. Sozialabgaben sind danach grundsätzlich dort abzuführen, wo die Arbeit verrichtet wird. Wird die Tätigkeit allerdings nicht nur in einem Staat ausgeführt, kommt es aus Sicht der italienischen Behörden maßgeblich auf die steuerliche Ansässigkeit (Residenza fiscale) der betroffenen Person an.
Grundsätzlich handelt es sich um den Ort, an dem der Arbeitnehmer mehr als 183 Tage im Kalenderjahr gemeldet ist. Allerdings ist im Einzelfall auch der Intressenmittelpunkt der betroffenen Person (Wohnort der Familie, Belegenheit der eigenen Immobilien, sonstige private Aspekte) für die Feststellung der steuerlichen Ansässigkeit heranzuziehen. Ist die steuerliche Ansässigkeit bestimmt, ergeben sich daraus folgende sozialversicherungsrechtliche Folgen.
b) Wesentlichkeit der Tätigkeit
Sofern die steuerliche Ansässigkeit in Italien liegt, müssen die Sozialabgaben in Italien abgeführt werden, sofern der betroffene Arbeitnehmer dort einen „wesentlichen“ Teil seiner Arbeit erbringt. Nach überwiegender Ansicht ist das dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer min. 25 Prozent seiner Arbeit in seinem Ansässigkeitsstaat erbringt.
Ein Arbeitnehmer, der in Italien ansässig ist, kann jedoch mit Einverständnis seines Arbeitgebers unter bestimmten Voraussetzungen in dem Staat sozialversichert werden, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Die Sozialversicherungspflicht in Italien entfällt dann. Hierfür müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers ist nicht der Staat, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat;
- Die betroffenen Staaten haben die Rahmenvereinbarung über grenzüberschreitende Telearbeit ratifiziert;
- Der Arbeitnehmer erbringt weniger als 50 Prozent seiner Gesamtarbeitszeit in seinem Wohnsitzstaat.
Hinweis: Eine Liste der EU-Mitgliedsstaaten, die das Abkommen unterzeichnet haben (u.a. Deutschland und Italien) findet sich auf der Webseite des belgischen Föderalen Öffentlichen Dienstes Soziale Sicherheit (engl.).
c) Vorgehen bei Sozialversicherungspflicht in Italien
Sind im Ergebnis die Sozialabgaben in Italien zu entrichten, so muss für den Arbeitgeber und seinen gesetzlichen Vertreter eine Steuernummer (Codice fiscale) beantragt werden. Dies muss spätestens einen Tag vor Arbeitsbeginn erfolgen. Dennoch sollte mit mindestens fünf Tagen Vorlauf geplant werden, da die Registrierung in der Regel einen erheblichen Aufwand mit sich bringt. In diesem Fall ist zudem ein italienischer Arbeitsvertrag unter Anwendung des jeweils anwendbaren Tarifvertrages notwendig. Es sind dann auch die in Italien geltenden arbeitsvertraglichen Pflichten einzuhalten.
Hinweis: Besteht die Sozialversicherungspflicht nicht in Italien, sondern im Arbeitgeberstaat des Mitarbeiters, so ist eine A1-Bescheinigung für den Mitarbeiter zu beantragen, da die Arbeit im Homeoffice dann als Entsendung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne betrachtet wird. Die A1-Bescheinigung dient dann als Nachweis, dass der Mitarbeiter im Arbeitgeberstaat sozialversichert ist und keine Abgaben in Italien abgeführt werden müssen.
6. Besondere Anforderungen an die Arbeitssicherheit
Zwar fällt die Verantwortung für den Arbeitsplatz im Falle von Mobiler Arbeit grundsätzlich in den Bereich des Arbeitnehmers, allerdings treffen auch den Arbeitgeber bestimmte Pflichten. Ähnlich wie in Deutschland hat der Arbeitgeber die Vorkehrungen zu treffen, die notwendig sind, um den Mitarbeiter nach den geltenden Regelungen zur Arbeitssicherheit zu schützen.
a) Sicherheitsbeauftragter (RSPP)
Der Arbeitgeber muss einen Sicherheitsbeauftragten (Responsabile Servizio Prevenzione e Protezione / RSPP) benennen. Dieser ist maßgeblich für die Unfallverhütung und den Arbeitsschutz zuständig und übernimmt hierfür die Verantwortung. Für die Position des RSPP kommt entweder ein Arbeitnehmer oder Geschäftsführer in Betracht, sofern er die erforderliche Sachkompetenz in Bezug auf die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten für die Sicherheit am Arbeitsplatz besitzt. Alternativ kann aber auch ein externer Dienstleister mit dieser Aufgabe betraut werden.
b) Sicherheitsbewertung (Documento Valutazione Rischi / DVR)
Unabhängig davon, ob ein Fall von Mobiler Arbeit oder Homeoffice vorliegt, muss eine Sicherheitsbewertung zur Sicherheit am Arbeitsplatz durch einen Fachmann durchgeführt werden. Die Ergebnisse müssen dokumentiert und auf ihrer Grundlage ggf. Maßnahmen zur Arbeitssicherheit ergriffen werden.
7. Grundlagen des italienischen Arbeitsrechts
Einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn gibt es in Italien nicht. Stattdessen bestehen in Italien Kollektivverträge (d.h. allgemeingültige, branchenabhängige Tarifverträge), die u.a. die Vergütung der Arbeitnehmer regeln und einen verbindlichen Mindestlohn festsetzen.
Hinsichtlich des Urlaubsanspruchs besteht ein gesetzliches Minimum von vier Wochen pro Jahr. Abhängig vom geltenden Kollektivvertrag oder dem individuellen Arbeitsvertrag können Arbeitnehmer jedoch einen darüber hinaus gehenden Anspruch besitzen. Einige Kollektivverträge bieten darüber hinaus zusätzliche Vergünstigungen wie zusätzliche bezahlte Freistunden (Permessi) oder Urlaub an Tagen, die ehemals Feiertage waren (Ex-festività). Zusätzlich bestehen in Italien elf gesetzliche Feiertage.
Die Zahlung eines 13. Monatsgehaltes vor Weihnachten ist üblich. In vielen Tarifverträgen wird außerdem die Zahlung eines 14. Monatsgehaltes im Juni festgeschrieben. Die regelmäßige Wochenarbeitszeit beträgt in Vollzeit 40 Stunden. Alle zusätzlich geleisteten Stunden werden entweder als Überstunden vergütet oder mit einer Überstundenpauschale abgegolten. Die maximale Wochenarbeitszeit darf im Durchschnitt 48 Stunden nicht überschreiten. Die Länge der Probezeit hängt maßgeblich vom jeweils anwendbaren Kollektivvertrag und der konkreten Arbeitnehmereinstufung ab. Die gesetzlich festgelegte Höchstgrenze liegt bei sechs Monaten.
8. Betriebsstättenrisiko
Eine Betriebsstätte (Stabile organizzazione) bzw. eine Zweigniederlassung (Sede secondaria) ist ein unselbstständiger Zweig eines Unternehmens mit einer festen Geschäftseinrichtung, aus der dauerhaft eine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird. Folgen des Bestehens einer Betriebsstätte sind u.a. die Pflicht zur Erstellung eines Jahresabschlusses, Buchführungspflichten sowie die Abführung von Körperschaftssteuern).
Wird ein Arbeitnehmer in Italien für einen im Ausland sitzenden Arbeitgeber tätig, so besteht grundsätzlich das Risiko, dass die zuständigen Behörden das Tätigwerden des Arbeitnehmers als Gründung einer de facto Betriebsstätte einstufen. Ob und in welchem Maß ein Betriebsstättenrisiko besteht ist stets abhängig von den Umständen des Einzelfalls. Daher empfiehlt es sich in der Regel, einen erfahrenen Steuer- oder Rechtsberater zu konsultieren.
Eine vorläufige Orientierung bietet Art. 5 Abs. 2 und 3 des Deutsch-Italienischen Doppelbesteuerungsabkommens. Im Allgemeinen wird danach nicht von einer Betriebsstätte ausgegangen, wenn ausschließlich unterstützende Tätigkeiten oder andere Dienstleistungen wie Verwaltung, Instandhaltung, Wartung, Übersetzungen oder IT-Dienstleistungen erbracht werden, die nicht zu den Kernaktivitäten des Unternehmens gehören. Eine Betriebsstätte liegt hingegen regelmäßig vor, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen, aus denen sich ein unternehmerisches Gesamtbild ergibt. Ist das der Fall, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Betriebsstätte.
In den folgenden Fällen ist grundsätzlich vom Bestehen einer Betriebsstätte auszugehen:
Feste Geschäftseinrichtung
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Verkaufstätigkeit/Erbringung von Dienstleistungen aus einer Geschäftseinrichtung heraus (Büro, Produktionsstätte, Geschäft, Werkstatt, Baustelle, Lager mit Verfügungsvollmacht)
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Baustelle
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Bei einer Dauer von mehr als 3 Monaten
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Mitarbeiter mit Vertragsvollmacht
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Verkaufstätigkeit inkl. Vertragsabschluss mit Kunden
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Mitarbeiter ohne Vertragsvollmach
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Unterstützung und Vorbereitung zum Vertrieb: - stellt Produkte vor, Beitrag zum Vertragsabschluss - spielt Schlüsselrolle, Handeln führt zum Abschluss von Verträgen (auch unter Standard-Bedingungen)
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In diesen Fällen ist hingegen in der Regel keine Betriebsstätte anzunehmen:
Programmierer, Montage- oder Service-Mitarbeiter
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Reine Hilfstätigkeiten ohne Verkaufstätigkeit,
z. B. Datenpflege, Instandhaltung, Wartung, Übersetzungen, Programmierung, Verwaltungsarbeiten
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Selbstständige Handelsvertreter
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Geschäftsanbahnung und Vertragsabschluss als selbstständiges Unternehmen mit Provisionsabrechnung
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Feste Geschäftseinrichtung
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Lager bei Kunden ohne Verfügungsvollmacht, Ausstellungsfläche, Dienstwagen der Arbeitnehmer
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Wenn eine Betriebsstätte besteht, ist es empfehlenswert, eigeninitiativ zu agieren und die entsprechenden Verpflichtungen zu erfüllen. Andernfalls droht u.a. das Risiko einer nachträglichen Besteuerung der in Italien generierten Umsätze, wobei die dazugehörigen Ausgaben möglicherweise nicht anerkannt werden. Darüber hinaus machen sich die Beteiligten möglicherweise wegen Steuerhinterziehung strafbar.
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