Homeoffice

Homeoffice in Frankreich

Bei deutschen Arbeitnehmern gehört Frankreich bereits seit einiger Zeit zu einer der beliebtesten und wichtigsten Destinationen für Remote Work. Während manche kurzfristig Urlaub und Arbeit im Rahmen einer Workation verbinden wollen, fassen andere gar eine langfristige Wohnsitzverlagerung ins Auge. Für Arbeitgeber gibt es dabei jedoch einige juristische und steuerliche Besonderheiten zu beachten.

1. Allgemeines

Unter Homeoffice (Télétravail) versteht man jede Tätigkeit, die innerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers hätte ausgeführt werden können, von einem Arbeitnehmer jedoch auf freiwilliger Basis unter Verwendung von Informations- oder Kommunikationstechnologie erbracht wird. Eine rechtliche Unterscheidung zwischen „Homeoffice“ und „Remote Work“ wie in anderen Ländern existiert nicht. Auch haben Arbeitnehmer keinen rechtlichen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice.

2. Umsetzung des Homeoffice

Gestattet der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer die Arbeit aus dem Homeoffice, so muss er die Kosten für die Ausstattung des Homeoffice übernehmen. Hierzu gehören Kosten für Internet und Strom, für eine Hausratsversicherung, aber auch für die notwendigen Büromöbel. Die Übernahme kann entweder durch Ausgleich der vom Arbeitnehmer getätigten Ausgaben geschehen oder durch Zahlung eines Pauschalbetrags.
Formell kann das Thema Homeoffice zunächst individuell zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden, bspw. in Form eines Nachtrags zum Arbeitsvertrag oder einer sonstigen (bestenfalls: schriftlichen) Vereinbarung. Zudem sind auch mit dem Betriebsrat abgestimmte Betriebsvereinbarungen oder Chartas möglich. Letztere müssen die Bedingungen darstellen, unter denen ein Wechsel ins Homeoffice möglich ist, sowie die Bedingungen, unter denen es wieder beendet werden kann. Zudem müssen die Modalitäten für die Kontrolle und Regulierung der Arbeitszeit und -belastung fixiert sowie die Zeiten der beruflichen Erreichbarkeit festgelegt werden.
Einen besonderen Stellenwert nimmt das Thema Arbeitssicherheit ein. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, dem Arbeitgeber die für die Arbeit verwendeten elektronischen Anlagen (bspw. Computer) zu überlassen und muss diese vorab auf ihre Tauglichkeit und Sicherheit überprüfen. Die Überprüfung kann durch einen Sachverständigen erfolgen; es ist aber auch möglich, dass der Arbeitnehmer eine Bestätigung abgibt, dass er im ausreichenden Maße über die Funktionsweise der Geräte aufgeklärt wurde und diese selbst erfolgreich auf ihre Funktionsfähigkeit getestet hat.

3. Französisches Arbeitsrecht

Auch bei nur vorübergehenden Tätigkeiten aus dem Homeoffice in Frankreich wie beispielsweise einer Verlängerung des Jahresurlaubs in Form einer Workation sind stets die zwingenden (d.h. nicht abdingbaren) Regeln des französischen Arbeitsrechts zu beachten. Dabei ist es unbeachtlich, ob im Arbeitsvertrag die Anwendung deutschen Rechts vereinbart. Hierzu zählen insb.:
  • Regelungen zu Arbeits- und Ruhezeiten (bspw. 35-Stunden Woche)
  • Mindestlohn und obligatorische Überstundenzuschläge
  • Feiertage und Urlaubsregelungen
  • Sicherheit und Gesundheitsschutzvorschriften
  • Antidiskriminierungs-, Streik- und Gleichstellungsregeln
Hinweis: Um ein Nebeneinander verschiedener Rechtsordnungen zu vermeiden ist es daher anzuraten, bei langfristigen Remote Work Aufenthalten in Frankreich ausschließlich französisches Arbeitsrecht auf den Vertrag Anwendung finden zu lassen. Andernfalls kann sich der Mitarbeiter grundsätzlich auf die Anwendung der nationalen Vorschriften berufen, die für ihn günstiger sind und der Arbeitgeber kann schnell den Überblick über die einschlägigen Regelungen verlieren.
Zu beachten ist zudem, dass neben dem allgemeinen französischen Arbeitsrecht auch auf tarifvertragliche Vorschriften Rücksicht genommen werden muss. Tarifverträge existieren für die meisten Branchen und sind in der Regel allgemeinverbindlich im gesamten betroffenen Sektor anzuwenden. Sie enthalten häufig abweichende Regelungen zu Themen wie Vergütung, Arbeitszeiten oder Überstunden und sind auch von ausländischen Arbeitgebern zwingend zu beachten.
Hinweis: Zur Feststellung, ob ein Tarifvertrag für eine bestimmte Tätigkeit Anwendung findet und welche Regelungen dieser enthält, bietet die französische Verwaltung ein Recherche-Tool (franz.) für betroffene Unternehmen an.

4. Steuern und Betriebsstättenrisiko

Grundsätzlich werden Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit in dem Staat besteuert, in dem sie ausgeführt wird. Auf Grundlage des deutsch-französischen Doppelbesteuerungsabkommens kann die Besteuerung dann weiterhin in Deutschland erfolgen, wenn der betroffene Arbeitnehmer im betroffenen Steuerjahr nicht mehr als 183 Tage in Frankreich verbringt.
Weiterhin ist auf das sogenannte Betriebsstättenrisiko zu achten, d.h. das Risiko, dass die französischen Behörden bei einer Homeoffice-Tätigkeit in Frankreich von einer de facto Betriebsstätte ausgehen und eine entsprechende Besteuerung vornehmen. Ein solches besteht auch dann, wenn keine offizielle Niederlassung in Frankreich besteht.
Unter einer Betriebsstätte versteht man eine „feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird“. Allerdings wird dies von den französischen Steuerbehörden relativ weit ausgelegt. Angenommen wird eine Betriebsstätte in der Regel dann, wenn der betroffene Mitarbeiter eigenständig Verträge mit Kunden in Frankreich abschließt (allgemein ist das Risiko bei Kundenkontakt sehr hoch). Unproblematisch ist es hingegen in der Regel, wenn der Mitarbeiter nur unterstützende Dienstleistungen für die Muttergesellschaft in Deutschland ausführt.
Hinweis: Reduzieren lässt sich das Betriebsstättenrisiko dadurch, dass der betroffene Mitarbeiter selbst keine Verträge für die Muttergesellschaft abschließen darf, sondern diese lediglich an das Mutterhaus vermittelt. Bestenfalls sollten die jeweiligen Verträge in Deutschland unterzeichnet oder zumindest unter deutlicher Mitwirkung der Kollegen in Deutschland geschlossen werden. Auch sollte auf die Anmietung offizieller Geschäftsräume für den mobil arbeitenden Arbeitnehmer verzichtet werden.

5. Sozialversicherung

Nach dem Territorialitätsprinzip ist der Arbeitnehmer grundsätzlich dort sozialversicherungspflichtig, wo er seinen Wohnsitz hat und einem nicht unwesentlichen Teil seiner Beschäftigung nachgeht. Nach der Verordnung über soziale Sicherheit (Verordnung (EG) Nr. 883/2004) ist das Sozialversicherungsrecht des Staates anwendbar, in dem der Arbeitnehmer die Beschäftigung ausübt. Das heißt, dass das Sozialversicherungsrecht in Frankreich bei vollständiger oder überwiegender Remote Arbeit Anwendung findet. Die in Art. 12 der Verordnung vorgesehene Sonderregelung zum Verbleib in der deutschen Versicherung für vorübergehend (maximal 24 Monate) entsandte Arbeitnehmer ist bei dauerhaftem Remote Work in Frankreich in der Regel nicht anwendbar (unbedingt mit dem Sozialversicherungsträger des Arbeitnehmers abklären). Dennoch kann die Sonderregelung bei kurzer Tätigkeit z.B. im Rahmen einer Workation angewendet werden.
Frankreich hat zum 1. Juli 2023 die Multilaterale Rahmenvereinbarung über die Anwendung von Artikel 16 Absatz 1 der VO (EG) Nr. 883/2004 bei gewöhnlicher grenzüberschreitender Telearbeit“ ratifiziert. Danach kann ein Arbeitnehmer auch bei Ausübung von bis zu 50 Prozent seiner Tätigkeit von Frankreich aus mit Einverständnis seines Arbeitgebers unter bestimmten Voraussetzungen ausschließlich in Deutschland sozialversichert bleiben.
Hierfür müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
  • Der Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers ist nicht der Staat, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat (z.B. Deutschland);
  • Der Wohnsitzstaat und der Staat des Arbeitgebers haben die Rahmenvereinbarung über grenzüberschreitende Telearbeit ratifiziert;
  • Der Arbeitnehmer verbringt weniger als 50 Prozent seiner Gesamtarbeitszeit in seinem Wohnsitzstaat.
Der Antrag erfolgt in dem Staat, dessen Sozialversicherungsrecht nach dem Rahmenübereinkommen gelten soll. Soll deutsches Sozialversicherungsrecht Anwendung finden hat der Arbeitgeber an den GKV-Spitzenverband DVKA einen entsprechenden Antrag zu übermitteln. Weitere Informationen zur Anwendbarkeit des Rahmenabkommens finden sich auf der Website der DVKA.
Hinweis: Eine Liste mit den derzeit 22 EU-Mitgliedsstaaten (Stand: Juli 2024) des Abkommens (u.a. Deutschland und Frankreich) findet sich auf der Webseite des belgischen Föderalen Öffentlichen Dienstes Soziale Sicherheit (engl.).
Weiterführende Links: