Energiewende braucht Turbo im Planungs- und Genehmigungsrecht Energieexperte zu Gast im Industrie- und Umweltausschuss
„Für eine klimaneutrale Industrie braucht es einen schnellen und massiven Ausbau von Energieangebot und -infrastruktur. Dafür müssen von der Wirtschaft in diesem Jahrzehnt im großen Umfang Gebäude, Industrieanlagen oder Energieleitungen neu gebaut, erweitert oder modernisiert werden. Ohne einen Turbo im Planungs- und Genehmigungsrecht, der diese Vorhaben beschleunigt und vereinfacht, wird es nicht funktionieren“, betonte Dietmar Hemsath, Vorsitzender des IHK-Fachausschusses für Industrie und Umwelt, bei der Sitzung in Osnabrück.
Die Mitglieder des IHK-Fachausschusses Industrie und Umwelt diskutierten mit dem Energieexperten Prof. Andreas Löschel (rechts).
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„Das Energiesystem der Zukunft wird zunehmend elektrisch sein. In der Industrie werden zudem große Mengen grünen Wasserstoffs benötigt, die überwiegend importiert werden müssen. Wasserstoff ist für viele Industrieprozesse alternativlos. Zunächst werden die Preise dafür aber hoch sein. Andere Bereiche – wie der Verkehr – kommen als Abnehmer erst dazu, wenn die Preise deutlich günstiger werden. Daher müssen wir jetzt mit dem Hochskalieren beginnen“, so Prof. Dr. Andreas Löschel, Inhaber des Lehrstuhls für Umwelt-/Ressourcenökonomik und Nachhaltigkeit an der Ruhr-Universität Bochum, der als Gast im IHK-Fachausschuss vortrug. Er sprach sich für die Beibehaltung eines marktwirtschaftlichen Strommarktes aus. Für den notwendigen günstigen grünen Strom seien mehr Erneuerbare und der rasche Ausbau des europäischen Stromnetzes unerlässlich. Bisherige Diskussionen um die Beschleunigung der Energiewende seien jedoch ernüchternd. „Der Umbau der Energieversorgung braucht mehr Tempo und weniger Bürokratie. Um keine falschen Erwartungen zu wecken: Er wird teuer und es gibt keine einfache Lösung. Wir müssen die Nachfrage flexibilisieren und die Resilienz erhöhen, in dem wir bereit sind, Marktmechanismen zuzulassen“, so der Energieexperte.
In der anschließenden Diskussion machten die Ausschussmitglieder deutlich, dass der Bürokratieabbau und der Hochlauf von Wasserstoff für den industriellen Maßstab die drängendsten Probleme seien, die politisch flankiert werden müssten. „89 Prozent der Industrieunternehmen investieren bereits in den eigenen Ausbau von Erneuerbaren Energien oder planen dies in Zukunft. Das ist ein wichtiger Baustein zum Gelingen der Transformation. Dafür sind die politischen Rahmenbedingungen jetzt schnell und klug zu setzen“, forderte Anke Schweda, IHK-Geschäftsbereichsleiterin für Standortentwicklung, Innovation und Energie, mit Blick auf die aktuelle IHK-Umfrage zur Energieversorgung. „Über allem steht, dass so schnell wie möglich wieder Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen hergestellt wird. Mehrkosten für unsere Industrie müssen verhindert bzw. abgebaut werden. Hierfür sollten insbesondere die Strom- und Energiesteuern auf die EU-Mindestsätze gesenkt werden“, forderte Schweda weiter. Außerdem sei es für die in ihrer Existenz bedrohten kleinen und mittleren Unternehmen aller Branchen kurzfristig wichtig, dass die ‚Wirtschaftshilfe KMU Niedersachsen‘ schnell und unbürokratisch ankomme.
Der aus ehrenamtlich tätigen Unternehmerinnen und Unternehmern bestehende IHK-Fachausschuss Industrie und Umwelt trifft sich dreimal jährlich. Seine Mitglieder tauschen sich regelmäßig mit Experten aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft aus und erarbeiten Positionen für die IHK-Vollversammlung.