Grünes Erfolgsmodell

Eine solche Tropf-Wand, so kann mit einiger Gewissheit vermutet werden, gibt es in ganz Herten (und Umgebung) nur einmal. Der rinnende Wasserfall ist sechs Meter breit und drei Meter hoch. Die ungewöhnliche Bewässerungstechnik ist Bestandteil des sogenannten Tropenhauses an der Ewaldstraße. Hier, gleich neben dem Waldfriedhof, hat das Start-up Jungle Leaves seinen Sitz. Die GbR, die im Frühjahr 2021 auch mit Hilfe des Gründerstipendiums NRW ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen hat, macht ihrem Namen alle Ehre. In der ehemaligen Friedhofsgärtnerei bestimmen Pflanzen das Bild, deren Heimat in anderen Erdteilen liegen. Nils-Bendix Schmitz, der das Unternehmen zusammen mit seinen Studienfreunden Alexander Ruppert und Patrick Schlütting gegründet hat, haben es besonders die sogenannten Ameisenpflanzen angetan. „Hydnophytum“, „Lecanopteris“, „Dischidia“ oder „Myrmecodia“, so ihre wissenschaftlichen Namen, sind für ihn „bizarre Schönheiten“. In der Natur werde ihr verdickter Stamm mit seinen vielen Aushöhlungen von Ameisen bewohnt: „Sie erledigen das Housekeeping und dürfen dafür mietfrei wohnen“, sagt der studierte Botaniker und Zoologe mit einem Augenzwinkern. Hierzulande seien diese Pflanzen bislang kaum bekannt. „Dabei sind sie perfekt für Terrarien geeignet“, erklärt Nils-Bendix Schmitz. „Wir liefern sie natürlich ameisenfrei.“

Aquarien- und Terrarien-Fans aus ganz Europa sind eine wichtige Kundenklientel von Jungle Leaves. Eine stetig wachsende Nachfrage kommt zudem aus dem Kreis der „Urban Jungle“-Begeisterten. „Sie wollen einen ganz besonderen Stil in ihrem Zuhause erreichen und erschaffen eine individuelle grüne Atmosphäre“, so Nils-Bendix Schmitz. 30 bis 50 Pflanzen pro Wohnung seien keine Seltenheit. Mit der GbR in Herten haben sie eine neue Bezugsquelle bekommen. Das junge Trio, alle sind um die 30, hat es sich zur Aufgabe gemacht, „unglaublich schöne und faszinierende Pflanzen, die oft schwer oder gar nicht erhältlich sind, lokal zu vermehren und sie für euch einfach und mit Qualitätsgarantie zur Verfügung zu stellen“, wie es auf der Webseite heißt. Dazu gehören unter anderem Mangroven und Schwimmpflanzen, tropische Varianten der Begonien oder andere Trendpflanzen, wie die „Monstera“. „In der grünen Form sind sie allgemein bekannt. Aber bei uns gibt es sie weiß gepunktet“, sagt der Botaniker.

Nils-Bendix Schmitz, Alexander Ruppert und Patrick Schlütting haben nicht nur grüne Daumen - sie hatten auch den richtigen Riecher. Ihre Geschäftsidee ist ein voller Erfolg. Schon wenige Monate nach Eröffnung trägt sich ihr Unternehmen. Den Hauptumsatz macht das Online-Geschäft. Doch die Präsenz vor Ort ist ebenfalls wichtig. Der stationäre Handel wird auch von „ganz normalen Leuten“ aufgesucht, die nach Gartenpflanzen und Zubehör wie Töpfe und Substrate fragen. Fast ein Jahr lang benötigten die Gründer, um aus der seit vielen Jahren leerstehenden Friedhofsgärtnerei den perfekten Standort zu machen. „Ohne das Gründerstipendium hätte es noch sehr viel länger gedauert“, betont Nils-Bendix Schmitz. Denn die jeweils 1000 Euro monatlich ermöglichten es ihnen, sich zwölf Monate lang nur auf die Renovierung zu konzentrieren. „Sonst hätten wir nebenbei jobben müssen.“ Das NRW-Programm fördert zukunftsträchtige Technologien und innovative Dienstleistungen. Die Jungunternehmer stellten sich einer fachkundigen Jury und erläuterten ihre Idee. „Das kam sehr gut an“, erinnert sich Nils-Bendix Schmitz.

Nach mehr als einem Jahr am Markt blickt das Startup-Trio zuversichtlich in die Zukunft. Die Zeichen stehen auf Wachstum. „Wir hatten einen guten Start. Wer gründen möchte, sollte sich auf jeden Fall über die Fördermöglichkeiten informieren“, rät Nils-Bendix Schmitz.

Ansprechpartnerin bei der IHK Nord Westfalen ist Michaela Ehm, Tel. 0209 388 581, Michaela.ehm@ihk-nw.de