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Wachsen im Ausland
In der Außenwirtschaft werden die Hürden höher. Aber wer sie meistert, hat oft freie Bahn für gute Geschäfte. (Von Dominik Dopheide)
Ein Auf und Ab in der Außenwirtschaft hat Gerhard Laudwein schon häufig gesehen. Schließlich ist er seit 32 Jahren bei der IHK Ansprechpartner für Unternehmen der Region, die auf internationalen Märkten Fuß fassen oder ihren Erfolg ausbauen wollen. „Aber so turbulent, wie in den vergangenen Jahren, war es noch nie“, sagt der Experte.
Er nennt beispielhaft den Brexit, mit dem ein wichtiger Teil des EU-Binnenmarktes weggebrochen ist. Fast zeitgleich hatte der Handelskonflikt zwischen USA und China den Weltmärkten eine Strafzollspirale beschert, die bei weitem noch nicht zurückgeschraubt worden ist. Sie belastet auch viele der hiesigen Unternehmen, die in China einen Standort oder Produktionspartner haben. Auch anderenorts, betont Laudwein, werden globale Waren- und Dienstleistungsströme ausbremst, weil Länder sich abschotten wollen.
Dann die Corona-Pandemie: In der Folge kamen viele Lieferketten in Verzug oder gar zum Stillstand. „Und jetzt der Russland-Ukraine-Konflikt, auf den die EU bisher mit elf Sanktionspaketen reagiert hat“, sagt Laudwein, der seit einem Jahr kontinuierlich zu diesem Thema informiert und berät. Ohnehin starten exportorientierte Unternehmen nicht von der Pole-Position in den Wettbewerb: Sie werden durch saftige Energiepreise, zunehmenden Fachkräftemangel, überbordende Bürokratie und hohe Abgaben belastet, wie Laudwein erklärt.
Wachstum jenseits der Grenze
Warum er, allen widrigen Faktoren zum Trotz, den Einstieg in die Außenwirtschaft empfiehlt? „Weil sie nach wie vor sehr lukrativ sein kann“, entgegnet er. Der zeitliche und finanzielle Aufwand könne sich schnell lohnen, wenn hinter den Hürden ein Markt warte, der weit höhere Wachstumsraten verspricht, als in Deutschland üblich. Südostasien etwa biete zurzeit gute Perspektiven. Noch schwerer als die einzelne Umsatzperspektive wiegt für Laudwein ein strategisches Argument: Es gehe auch und besonders in der aktuellen Zeit darum, nicht komplett vom Binnenmarkt abhängig zu sein. Viele Unternehmen aus Nord-Westfalen machen es vor: Sie haben sich mit dem Auslandsgeschäft ein zweites Standbein geschaffen. Hier hänge jeder vierte Arbeitsplatz vom Export ab, und die Region erziele mit 22 Milliarden Euro einen höheren Auslandsumsatz als das Bundesland Thüringen, berichtet Laudwein. Die IHK, fügt er an, werde das ihr Mögliche beitragen, damit der Export ein starker Wachstumstreiber in der Region bleibt und die Unternehmen ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten.
Neue Reichweiten durch Digitalisierung
Ran an den Auslandsmarkt, sobald der Erfolg in Deutschland gesichert ist: So war es früher, sagt Laudwein. Heute aber, ist er überzeugt, können auch kleine Unternehmen direkt durchstarten in die große Welt. Die Digitalisierung habe für Marketing, Vertrieb und Transportlogistik neue Wege und Reichweiten geschaffen und somit das Auslandsgeschäft noch attraktiver gemacht. Zugleich bleibt der persönliche Kontakt ein zentraler Erfolgsfaktor: „Unternehmen brauchen vor Ort einen Vertriebspartner, der gut zu ihnen passt“, sagt Laudwein und denkt dabei an Produktkenntnisse, Firmengröße und Kommunikationskultur. Er empfiehlt, „die Partner nicht alleine laufen zu lassen, sondern ihnen zu zeigen, dass sie wichtig sind.“ Das gelinge am besten mit persönlicher Präsenz. „Unternehmen, die im Auslandsgeschäft kontinuierlich Erfolg haben, sind oft vor Ort an den Absatzmärkten“, betont der Experte.
Entwicklung regelmäßig prüfen
Und wenn es doch nicht so gut läuft wie erwartet? Der IHK-Abteilungsleiter rät, bereits vor dem Start eine Exit-Strategie zu entwickeln. Zudem sollten Unternehmen ihre Ziele definieren, die Entwicklung des Auslandsgeschäftes regelmäßig auf den Prüfstand stellen und bei Bedarf die Strategie verändern. Gerade in turbulenten Zeiten könnten neue Faktoren die Situation schnell verändern. Auch sei nie auszuschließen, dass ein Vertriebspartner die Erwartungen doch nicht erfülle. „Und manchmal ist ein Produkt einfach zu früh für den Markt, und das Unternehmen nimmt später einen zweiten Anlauf mit mehr Erfolg“, weiß Laudwein. Aus diesen Gründen empfiehlt er, zugunsten der Flexibilität keine langfristigen Verträge aufzusetzen.
Aber auch ein Exportschlager hat Herausforderungen. „Mit zehn Beschäftigten die ganze Welt zu bedienen, das kann nicht funktionieren“, sagt Laudwein. Kleinere Unternehmen sollten sich in solchen Fällen zunächst auf die Märkte mit dem größten Potenzial konzentrieren, um sich nicht zu übernehmen. „Bitte mitwachsen“, heißt das Motto, wenn die Auslandsumsätze weiter steigen. „Wir stellen immer wieder fest, dass die interne Struktur nicht weit genug aufgebaut wird, um beispielsweise Zoll- und Umsatzsteuerprüfungen gut zu meistern“, berichtet Laudwein. Er empfiehlt, sich frühzeitig über die personellen Ressourcen Gedanken zu machen – damit sich die hohe Dynamik der Auslandsmärkte auch wirklich in Unternehmenserfolg ummünzen lässt.
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