IHKplus April 2023

Erlebnis Innenstadt

Die Innenstadt ist tot, es lebe die Innenstadt? Leerstände, Baustellen, Schmuddelecken und gähnende Leere nach Ladenschluss – viele Stadt- und Ortszentren in der Region Köln brauchen dringend einen Neustart. Wie der Aufbruch zur Innenstadt der Zukunft gelingen kann.
Text: Julia Leendertse
Köln, Ecke Hohe Straße / Große Budengasse. Auf der bepflanzten Dachterrasse der frisch eröffneten Büro- und Geschäftsimmobilie von Projektentwickler Ehret + Klein genießen die Gäste ihren Kaffee. Der Blick auf den Dom ist hervorragend. In den Stockwerken unter ihnen nutzen Sprachschulen, Yoga- oder Tanzstudios, aber auch Büroangestellte online buchbare und flexibel gestaltbare Bereiche. Im Erdgeschoss befindet sich ein attraktives Ladengeschäft.
Begrünte Fassaden, mit regenerativen Energien versorgt und in Holz-Hybridbauweise gebaut – das attraktive Haus bietet einen modernen Mix aus Einzelhandel, Gewerbe und Gastronomie. Flexibel einsetzbare Flächen sorgen dafür, dass unterschiedliche Zielgruppen den knappen Raum in der Innenstadt wahrnehmen können. Der bunte Mix bringt zwischen 7 und 24 Uhr Leben in die Fußgängerzone.

„Köln hat als Domstadt mit Einkaufsanschluss großes Potenzial“, sagt der Kölner Architekt und Stadtplaner Caspar Schmitz-Morkramer. „Noch ist die Stadt ein prominentes Beispiel für die Monotonie von Handelsimmobilien. Vor allem in der Hohe Straße.“

Mit seinem Forschungsteam untersucht Caspar Schmitz-Morkramer seit Jahren, wie die Zukunft der Stadtzentren mit der sich verändernden Einzelhandelslandschaft aussehen könnte. Sein Kölner Architekturstudio caspar. hat für Ehret + Klein das Leuchtturmprojekt an der Hohe Straße geplant (siehe auch das Interview mit Caspar Schmitz-Morkramer zur europäischen Stadt der Zukunft).
„Wie in Köln sind die Fußgängerzonen der Top-Einkaufsstraßen in vielen Innenstädten nach Ladenschluss menschenleer“, sagt Schmitz-Morkramer. „Das hat auch mit den Immobilien und den Straßen zu tun, die rein auf Handel ausgerichtet sind. Die Chance liegt in der Geschossigkeit und in den Flächen, die durch den Internethandel frei werden.“ Viele Handelsunternehmen kämen heute mit viel weniger Platz für Verkauf und Lagerhaltung aus. Während die Ladenlokale im Parterre bleiben, könnten die oberen Geschosse zum Beispiel für neue Wohnformen, Erlebnisgastronomie, Werkstätten oder auch Standorte urbaner Produkte genutzt werden.
„Im Wandel der Zeiten haben sich die Bedingungen für den Einzelhandel immer wieder geändert. Darauf haben Unternehmerinnen und Unternehmer nicht nur reagiert, sondern auch immer wieder selbst Trends gesetzt“, sagt Dr. Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln. „Es ist diese Haltung, die Auswege aus der aktuellen Krise der Innenstädte zeigen kann.“
Ein Beispiel für eine neuartige Nutzung ist die Boulderhalle Element Boulders, die aktuell im ehemaligen Kämpgenhaus auf der Schildergasse gegenüber der Antoniterkirche in den oberen Geschossen entsteht. Bislang gab es Kletter- und Boulderhallen eher in den günstigen Stadtrandlagen. „Wir haben uns bewusst für die 1-a-Lage mitten in der Fußgängerzone, entschieden“, sagt Element-Boulders-Gründer Tom Petzold. „Die Trennung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit löst sich zunehmend auf. Gerade in Großstädten wollen die Menschen nach Feierabend schnell ihre Freizeitaktivitäten erreichen und am besten ihr Workout mit alltäglichen Besorgungen verknüpfen.“
„Alte Kinos oder auch ausgediente Kaufhäuser mit ihren hohen Decken und großzügigen Räumen bieten die perfekten Voraussetzungen für eine Umnutzung – als Sport- und Freizeitfläche, neue urbane Markthallen oder auch als zusätzlicher Wohn- oder Garagenraum“, bestätigt Daniel Schild, Mitglied der Geschäftsleitung der Koerfer-Gruppe. Der Immobilienverwalter mit Sitz in Köln hat rund 175.000 Quadratmeter Büro- und Gewerbeflächen überwiegend in Toplagen des Ruhrgebiets und Rheinlands im Portfolio.

Stationäre Erlebniswelten im Stadtraum

Die Geschäftstreibenden vor Ort müssten sich deshalb neue Konzepte ausdenken, um die Menschen zu sich in die Innenstadt zu ziehen. Prominentes Beispiel: die Entertainment-Arena XPERION im historischen Hansahochhaus am Kölner Ring.
Dort, wo sich über Jahrzehnte hinweg Musikfans mit physischen Tonträgern wie Schallplatten oder CDs eingedeckt hatten, eröffnete 2020 „eine Erlebniswelt für Gamer, E-Sport-Fans und Influencer“. Auf rund 3.000 Quadratmetern präsentiert hier Saturn einer überwiegend jungen Zielgruppe zwischen 12 und 35 Jahren einen Free-Gaming-Bereich mit 50 Plätzen, eine riesige Bar & Lounge, organisiert Gaming-und E-Sports-Wettbewerbe in einer großen E-Arena, deren Veranstaltungen live gestreamt werden.
Auf mehreren Industrieflächen zeigen Hersteller ihre neuesten Produkte – von der PlayStation bis zum Gamingsessel. „Wer will, kann die Produkte – wie zum Beispiel neue Headsets oder Spiele – direkt bei uns ausprobieren. Nahezu jedes Produkt, das im Xperion ausgestellt ist, kann auch gekauft werden. Vieles direkt vor Ort, ansonsten aber durch die Anbindung an den Saturn-Onlineshop. Dabei unterstützen wir sehr gerne, wir reagieren auf Nachfrage, haben aktiv keine Verkaufsberater auf der Fläche“, erklärt Xperion-Geschäftsführer Sebastian Knaup das Store-Konzept.
Und auch OBI will die junge Generation mit Erlebnissen an sich binden. Mitten in der Kölner Innenstadt, in der Breite Straße, eröffnete die Baumarktkette aus Wermelskirchen ihre erste OBI MachBar, in der kostenlose Do-it- yourself-Workshops stattfinden.

Wohlfühlort für junge, urbane Menschen

Die OBI MachBar in der Breite Straße in Köln ist die erste Erlebniswerkstatt von OBI in Deutschland. Das Ziel: Menschen fürs Ausprobieren und Selbermachen zu begeistern. In kostenlosen, übers Internet buchbaren Workshops lernen hier zum Beispiel junge Paare, wie sie sich ihre eigene Schlüsselablage für die erste gemeinsame Wohnung bauen können. Andere treffen sich zum After-Work-Talk oder besuchen ein Influencer-Event. Im Untergeschoss befindet sich das Biber-Büdchen – ein Baumarkt im Miniaturformat.
Die Erlebniswerkstatt zieht vor allem junge Menschen zwischen 18 und 35 Jahren in die Breite Straße – eine Zielgruppe, die bisher von Baumärkten vorwiegend digital erreicht wurde. Auf Instagram, Facebook, YouTube ist OBI außerdem mit einem Do-it-yourself-Angebot unterwegs. Die bisherige Bilanz der OBI MachBar: rund 700 durchgeführte DIY-Workshops – eine Buchungsauslastung von 90 Prozent. Der Brückenschlag zwischen digitaler und analoger Welt sorgt für mehr Erlebnisqualität in der Kölner Innenstadt.

Erlebnis, Ambiente und Flair zählen

Der Hauptgrund für den Besuch der City ist immer noch das Einkaufen. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Instituts für Handelsforschung (IFH Köln) unter 69.000 Passantinnen und Passanten in deutschen Fußgängerzonen. Doch die Studie zeigte auch: Der Trend zum Online-Einkauf setzt sich fort. Der Anteil derjenigen, die von ihrer Innenstadt so begeistert sind, dass sie einen Besuch anderen weiterempfehlen würden, hat deutlich abgenommen. Vor allem bei den Jüngeren.
Gewerbetreibende, die selbst aktiv werden wollen, sollten sich vor allem intensiver mit der Weiterempfehlungsquote beschäftigen, meint Dr. Ulrike Regele, Referatsleiterin Handel bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). „Aktive Aufforderung zur Bewertung auf Plattformen, mehr Instagrammability, aber auch Blogger-Kooperationen oder eine Weiterempfehlungskultur untereinander bringen nicht nur mehr Besucherinnen und Besucher, sondern auch Impulse für mehr Miteinander und Identifikation in und mit der eigenen Stadt.“

Mit Kultur-Events und Instagram erfolgreich

Das Belgische Viertel zählt zu den hippsten Veedeln von Köln und ist mit seinen Boutiquen pulsierendes Zentrum für Mode und Design. Dafür hat die Interessengemeinschaft Le Bloc gesorgt. Der Händler-Verein organisiert gemeinsame Lagerverkäufe und erfand die Veranstaltung Le Bloc. Das Konzept: Hinterhöfe werden geöffnet, Pop-up-Stores aufgeklappt, DJs zwischen Kleiderstangen installiert und die Kirche St. Michael zum Laufsteg umfunktioniert.
Mitbegründerinnen von Le Bloc sind Olivia Zirkel und Leonie Stockmann. Die Geschäftsfrauen eröffneten 2008 mit Simon und Renoldi den ersten hochpreisigen Fashionstore im Veedel. Einen Online-Shop gibt es nicht. „Unsere Stärke bleibt die persönliche Beratung“, sagen die beiden. Für Instagram stehen sie dennoch regelmäßig vor der Kamera – so bleiben sie mit ihren Kundinnen in Kontakt. „Sie lassen sich gern von der Mode, die wir auf Instagram zeigen, inspirieren und kommen sogar aus Aachen oder aus dem Bergischen Land, um sie hier bei uns anzuprobieren.“

„Wir brauchen einen grundlegenden strukturellen Umbau unserer Innenstädte und Ortszentren.”
Dr. Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln

Die Zukunft der Innenstädte ist ein wichtiger Schwerpunkt – auch bei der IHK Köln. „Die durch die Digitalisierung eingeleiteten Veränderungsprozesse stellen den stationären Einzelhandel und die Gastronomie vor Herausforderungen, die von einzelnen Unternehmen nicht mehr allein bewältigt werden können“, sagt Dr. Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln. „Vielerorts reicht es nicht mehr, nur den ein oder anderen Leerstand durch Zwischennutzungen zu kaschieren. Wir brauchen einen grundlegenden strukturellen Umbau unserer Innenstädte und Ortszentren, damit die Stadt als Lebensraum zukunftssicher bleibt. Dabei müssen sie auch in Zukunft möglichst einfach erreichbar bleiben.“
Die Vollversammlung der IHK Köln hat deshalb jüngst ein Strategiepapier zum Vorgehen hinsichtlich der „Zukunft der Innenstädte“ beschlossen, mit dem die IHK Köln einen breiteren Beteiligungsprozess gemeinsam mit Politik, Verwaltung und weiteren Gruppen wie Bürgerinnen und Bürgern, Wissenschaft und Kultur anstoßen will. Erarbeitet wurde das Papier von
engagierten Unternehmerinnen und Unternehmern im Ausschuss für Regional- und Stadtentwicklung der IHK Köln.
„Uns geht es vor allem darum, die Zukunft der Innenstädte und Stadtteilzentren von Köln und den weiteren Kommunen in der Region durch innovative Konzepte zu sichern und das Profil des Wirtschaftsraums Köln als internationale Marke zu schärfen. Dabei müssen die Unternehmen in den Städten zu Beteiligten gemacht werden“, sagt IHK-Vizepräsident Anton Bausinger, einer der Vorsitzenden des Ausschusses sowie Geschäftsführender Gesellschafter der Friedrich Wassermann Bauunternehmung.
IHK-Vizepräsident Johannes Schilling, ebenfalls Vorsitzender des Ausschusses und Geschäftsführender Gesellschafter der J. & W. Boisserée GmbH, ergänzt: „Eine Innenstadt mit Zukunftspotenzial ist eine attraktive Erlebniswelt für Jung und Alt mit hoher urbaner Aufenthaltsqualität, Geschäften mit Alleinstellungsmerkmal, hervorragenden Restaurants und einem gesunden Mix von Wohnen, Arbeiten, Kultur, Bildung, Gesundheit und Sport.”
Fakt ist: Die Wirtschaftskraft der Innenstädte war und ist Impuls für den gesamten Standort. Eine Blaupause, die für alle Innenstädte und Zentren passt, gibt es nicht. Neben der Millionenmetropole Köln identifizierte die IHK Köln deshalb drei weitere Kommunen als Modellstädte: Wipperfürth für den Oberbergischen Kreis, Wermelskirchen für den Rheinisch-Bergischen Kreis und Brühl für den Rhein-Erft-Kreis. In allen drei Modellstädten setzen Politik und Verwaltung auf Integrierte Stadtentwicklungs- und Handlungskonzepte.

Wipperfürth

Unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger hat die 20.000 Einwohnende zählende Stadt Wipperfürth ein Leitbild für die Stadt mit ihren sieben Kirchdörfern entwickelt. Herzstück von allem ist der historische Marktplatz. Jetzt soll es darum gehen, noch mehr attraktive Anlässe und Veranstaltungen zu schaffen, um Besucher aus den Kirchdörfern und der Region nach Wipperfürth zu locken.
Damit auch der stationäre Einzelhandel von dieser Entwicklung profitieren kann, muss dieser sich mehr einbringen, zum Beispiel bei der Anpassung der Öffnungszeiten über Mittag oder aber auch während Veranstaltungen. Der Stadtverwaltung gelang es durch gezielte Förderung, 19 neue Geschäfte in der Innenstadt anzusiedeln. Durch ein digitales Leitsystem und optimierte Beschilderung sollen die touristischen Highlights stärker hervorgehoben werden. Der Wirtschaft vor Ort geht es bei der Gestaltung des Ortskerns vor allem darum, dass Wipperfürth attraktiv für Fachkräfte bleibt.

Werkzeug zur Kaufkraftbindung

Wipperfürth ist die älteste Stadt im Bergischen Land. Immobilienmakler Frank Rütten, Edeka-Einzelhändler Jochen Offermann und Hagebaumarkt-Geschäftsführer Simon Lorscheid wollen mit ihrer WIPPCard dafür sorgen, dass die Hansestadt mit ihren 20.000 Köpfen auch in Zukunft ein lebendiger Wirtschaftsstandort bleibt. Mit der Gutscheinkarte für die Stadt können die Wipperfürther bei rund 60 Handels-, Dienstleistungs- und Gastronomiebetrieben seit drei Jahren bargeldlos bezahlen.
Vom Start der WIPPCard im Dezember 2020 bis heute wanderten rund eine halbe Million Euro auf die Kundenbindungskarten und sorgten in Einkäufen bislang für 330.000 Euro Umsatz. Das App-basierte Bezahlsystem verzeichnete bisher schon 14.000 Transaktionen. Im Lebensmittel- oder Schreibwarengeschäft. Im Frisörsalon, im Buchladen, in der Bäckerei oder der Metzgerei. „Aktuell werden 4.065 WIPPCards aktiv genutzt“, sagt Frank Rütten. Die WIPPCard kann sich jeder für sich selbst kaufen, als Geschenk erwerben oder vom Betrieb bekommen – diese nutzen sie gerne als Bonuskarte für ihre Mitarbeitenden. „So verhindern wir, dass die Kaufkraft in den überregionalen Handel oder gar globalen E-Commerce abwandert“, sagt Offermann.

Wermelskirchen

Auch in Wermelskirchen engagiert sich die Stadt gemeinsam mit der Interessengemeinschaft „Wir lieben Wermelskirchen“ und dem Wirtschaftsgremium der IHK für mehr Leben in der Innenstadt. „Wir sammeln Fördermittel ein, um Leerstände zu beseitigen, wir holen immer mehr Veranstaltungen in die City, um dadurch Erlebnis und Einkaufen zu kombinieren, und wir sind Pilotprojekt bei der IHK“, sagt Bürgermeisterin Marion Lück. „Corona und andere Krisen setzten auch unserem Einzelhandel und der Gastronomie zu. Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass das Einkaufen noch interessanter gestaltet und die Aufenthaltsqualität weiter verbessert werden kann.“ Ein erster Meilenstein war 2022 die Eröffnung des neuen Jugendfreizeitparks
in Wermelskirchen.

Treffpunkt für Skater

Im Mai 2022 eröffnete in Wermelskirchen ein neuer Jugendfreizeitpark samt 900 qm großer Skateanlage. Für die Stadt war es das erste Leuchtturmprojekt bei der Umsetzung ihres Konzeptes „Wermelskirchener Innenstadt 2030“. Für Fabian Selbach die Initialzündung, sich Ende 2022 mit seinem Fachgeschäft Regular Skateshop für Artikel rund ums Skateboardfahren in der innerstädtischen Einkaufsmeile An der Eich selbstständig zu machen. „Wir sind der einzige Einzelhändler dieser Art weit und breit“, sagt der 32-jährige Wermelskirchener. „Die nächsten Skateläden sind in Köln und in Bochum.“
Neben Skateboards und allerlei Skateboardersatzteilen bietet der gelernte Kfz-Mechatroniker in seinem Laden auch Textilien an. Ein Online-Shop ist im Aufbau. Für Selbach, der seit seiner Kindheit auf dem Skateboard steht, ist Skaten ein Lebensgefühl. Sein Nischenangebot trifft in Wermelskirchen auf eine breite Fangemeinde. Seit den achtziger Jahren gibt es in der 35.000-Einwohner-Stadt eine lebendige Skater-Community.

Brühl

In Brühl kümmern sich seit Herbst 2020 zwei Citymanager darum, die Innenstadt durch Maßnahmen und Aktionen zu stärken und zu beleben. Ein Schwerpunkt sind Werbe- und Marketingaktionen für die „Marke Stadt Brühl“. Die bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft angestellten Profis organisieren Erlebnis- und Freizeitangebote rund um die Geschichte und Kultur von Brühl, helfen Einzelhandel und Gastronomie dabei, gemeinsame Aktivitäten auf die Beine zu stellen, kümmern sich ums Leerstandsmanagement und um die Verschönerung des Stadtmobiliars.

Glutenfreies Modecafé auf dem Marktplatz

Glutenfreies essen und trinken, das gibt es heute bereits häufiger in einem Café oder Restaurant. Es soll schmecken, im besten Fall ist der Aufenthalt gemütlich und ein kulinarisch wohliges Erlebnis. Die Modeunternehmerin Shima Nocera hat sich zusätzlich noch etwas Besonderes ausgedacht: In ihrem Twenty2 Concept-Store am Markt 22 mitten in der Brühler Innenstadt reicht sie ihren Gästen nicht nur selbstgebackenen Kuchen, Brote, Frühstück, Mittagssnacks und Biosalate. Zusätzlich zum Café gibt es auch einen Verkaufsbereich mit Mode für Frauen und Kinder und ausgewählten schönen Dingen, zum Beispiel Dekoartikel oder Schmuck.
Das 360 qm große Ladenlokal mit Außengastronomiefläche am Marktplatz bezog die Unternehmerin im Herbst 2021, mitten in der Corona-Pandemie. Nocera: „Freunde und Bekannte hatten mich vor dem unternehmerischen Risiko gewarnt. Es passierte genau das Gegenteil: Die Brühlerinnen und Brühler rannten mir wegen meiner glutenfreien Produkte von Anfang an den Laden ein. Und auch in unserem Café mit seinen Sitzplätzen direkt am Marktplatz fühlen sie sich wohl.“
Fazit: In den Modellstädten rund um Köln bemühen sich Politik und Verwaltung, die Interessen und Ideen der innerstädtischen Gruppen wie Immobilieneigentümer und Gewerbetreibende in das Leitbild zur Umgestaltung ihrer Innenstädte einzubeziehen. Eine Blaupause gibt es dabei nicht. In Zusammenarbeit mit den ehrenamtlich tätigen Interessengemeinschaften der Wirtschaft vor Ort wird jetzt an der konkreten Umsetzung gearbeitet.

Köln

Auch in Köln wurde einiges in die Wege geleitet, strukturell passiert ist jedoch zu wenig. 2022 hat die Stadt den Leitbildprozess „Handelslagen Hohe Straße/Schildergasse“ angestoßen. Ein Stadtplanungsbüro analysierte die Situation und Trends und erarbeitete einen Katalog mit Maßnahmen und Entwicklungsstrategien.

Außengastronomie schafft Atmosphäre

Die Kölner City ist eng. Hohe Straße und Schildergasse sind von Asphalt und Beton geprägt. Wenig Aufenthaltsqualität. Keine Sitzgelegenheiten, gerade einmal neun Bänke, dafür 54 Fast-Food-Läden, aber nur zwei Spielplätze. „Durch stärkere Begrünung und zusätzliche Sitzplätze, auch in Außengastronomien, könnten wir ziemlich schnell für mehr Wohlfühlqualität sorgen“, sagt Klaus Sasse von Sander Restaurants. Der Gastronom betreibt eine kleine Servicestation mit 14 Tischen vor der Antoniterkirche auf der Schildergasse.
Das Sander Restaurant engagierte sich bereits 2022 bei einer Sofortmaßnahme-Aktion im Rahmen des Leitbildprozesses Handel Innenstadt. Bei der Testaktion wurde geprüft, wie sich Begrünungen und ein erweitertes Außengastronomie- Angebot zwischen dem Peek & Cloppenburg- Weltstadthaus und der Antoniterkirche auswirken. Sasse: „Die Resonanz war
überwältigend. Die Leute haben es genossen, auf der Schildergasse Kuchen zu essen, Kölsch zu trinken oder einfach nur gemütlich in der Sonne zu sitzen.“

„Der Ansatz, die Handelslagen Hohe Straße/Schildergasse isoliert zu betrachten, greift leider zu kurz“, so IHK-Köln-Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Vetterlein.

„Gerade jetzt wäre es wichtig, in größeren Räumen zu denken. In der Kölner City fehlt ein Rundlauf. Der Neumarkt fehlt in der Betrachtung ganz. Im Vordergrund stand weiterhin nur der Einzelhandel, andere Nutzungen kommen immer noch zu kurz.“
Die Stadt hat angekündigt, sich um Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ zu bemühen. Mit dem Geld werden unter anderem Zentrenmanager eingestellt, die sich mit innerstädtischen Akteuren vernetzen und sich um Austausch- und Beteiligungsformate kümmern sollen. Die Finanzierung ist zunächst auf drei Jahre begrenzt.

„In Köln muss dringend etwas passieren“, sagt Hans-Günter Grawe, Handelskümmerer

Dies müsste aus Sicht der IHK Köln langfristiger angegangen werden. „In Köln muss dringend etwas passieren“, sagt Hans-Günter Grawe, der sich als Geschäftsführer der Kölner Werbe- und Interessengemeinschaft e.V. um die Belange der Händlerinnen und Händler und anderen Gewerbetreibenden in den Veedeln kümmert. „Wir als Ehrenamtler können für mehr Leben in den Veedeln sorgen. Was Köln aber braucht, ist mehr: Wir brauchen eine Offensive für die Aufwertung des öffentlichen Raums, für mehr Sicherheit und Sauberkeit, die von Dauer ist. Und wir brauchen den Willen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, damit Köln als Metropole glänzen kann.“

IHK-Engagement zur Zukunft der Innenstädte

Genau das ist auch das Ziel der Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich im Ausschuss für Stadt- und Regionalentwicklung engagieren und dort innovativen Konzepte zur Weiterentwicklung der Innenstädte diskutieren. Auf unserer Website finden Sie mehr Informationen zum Thema Zukunft der Innenstädte.
Leiterin Wirtschaft und Politik