International
Internationales Steuerrecht
Die Internationalisierung des Geschäftsverkehrs bringt es mit sich, dass ausländische Unternehmen in Deutschland investieren und unternehmerisch tätig werden. In der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit sind die Unternehmen weitgehend frei. Je nach Umfang der Tätigkeit ergeben sich jedoch unterschiedliche steuerliche Folgen. Grundsätzlich werden folgende Tätigkeitsformen unterschieden:
Grenzüberschreitende Direktgeschäfte
Dem Begriff Direktgeschäft unterfällt der gesamte gewerbliche Leistungsaustausch über die Grenze ohne festen „Stützpunkt“ in Deutschland. Charakteristisch ist die unmittelbare Geschäftsentfaltung des ausländischen Unternehmens zum inländischen Abnehmenden, das heißt, in Deutschland entsteht keine dauerhafte Inlandsbasis, von der aus Geschäfte abgewickelt werden. Vielmehr werden grenzüberschreitende Handelsverträge zum Beispiel in Form von Import- und Exportverträgen geschlossen.
Ein Besteuerungsrecht Deutschlands ist bei diesen Geschäften dann gegeben, wenn sich der Inlandsbezug durch bestimmte sachliche Anknüpfungsmerkmale manifestiert hat. Existiert mit dem Heimatstaat des Unternehmens ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), dann gelten die darin enthaltenen Regelungen vorrangig. Wenn inländische Einkünfte im Sinne des § 49 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegen und kein DBA mit dem Heimatstaat besteht, sind ausländische natürliche Personen mit diesen Einkünften beschränkt einkommensteuerpflichtig. § 49 EStG nennt u. a. als Anknüpfungsmerkmale
- den Betrieb von Seeschiffen oder Luftfahrzeugen
- die Ausübung bzw. Verwertung von künstlerischen, sportlichen oder artistischen Tätigkeiten im Inland
- die Veräußerung von unbeweglichem Vermögen
- die Ausübung bzw. Verwertung von selbständigen Tätigkeiten im Inland
- im Inland ausgeübte nichtselbständige Arbeit
Hinweis: Gewerbliche Einkünfte sind vorbehaltlich der Aufzählungen in den DBAs und in § 49 EStG nur in Deutschland steuerpflichtig, wenn eine Betriebsstätte unterhalten wird oder eine ständige Vertreterin bzw. ein ständiger Vertreter bestellt ist. Gewerbliche Direktgeschäfte ohne zusätzliche Anknüpfungsmerkmale sind in Deutschland grundsätzlich nicht ertragssteuerpflichtig.
Weitere Informationen zu Dreiecksgeschäften und zu umsatzsteuerfreien Warenlieferungen in der EU zwischen Unternehmen finden Sie auf unserer Website.
Einschaltung unabhängiger Vertretungen in Deutschland
Der Einsatz einer unabhängigen Vertreterin bzw. eines unabhängigen Vertreters kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das ausländische Unternehmen aus logistischen oder finanziellen Gründen selbst nicht in der Lage ist, vor Ort in Deutschland die Geschäftstätigkeit zu realisieren bzw. den Schritt der Gründung einer Betriebsstätte oder einer Tochtergesellschaft (noch) nicht wagen möchte. Je nach Intention der investierenden Person, inwiefern sie sich finanziell beteiligen und welche Befugnisse sie dem unabhängigen Vertreterin bzw. eines unabhängigen Vertreters zugestehen möchte, kommen verschiedene Möglichkeiten der Interessensvertretung in Betracht:
- Handelsvertretende
- Vertriebshändlerin bzw. Vertriebshändler
- andere unabhängige Vertretungen, wie z. B. Kommissionär, Auftragnehmer (vgl. aber Vertreterbetriebsstätte s. u.)
Entscheidend ist, dass die vertretende Person tatsächlich unabhängig, also nicht weisungsgebunden ist. Unterhält die unabhängig vertretende Person Geschäftsbeziehungen für das ausländische Unternehmen im Rahmen seiner ordentlichen Geschäftstätigkeit, führt dies grundsätzlich nicht zur (beschränkten) Steuerpflicht des Unternehmens (nach § 49 EStG, vgl. R 49.1 Abs. 1 EStR). Insoweit gelten die Grundsätze wie bei Direktgeschäften (s.o.). Ob sich die Tätigkeit im Rahmen der ordentlichen Tätigkeit hält, entscheidet sich nach der konkreten Vertragsausgestaltung mit der Vertreterin bzw. dem Vertreter bzw. danach, was nach Lage des Einzelfalls als verkehrsüblich anzusehen ist.
Weitere Informationen zum Handelsvertreter in Deutschland und zum Handelsverkehr im internationalen Geschäft finden Sie auf unserer Website.
Wir informieren auch über Rechnungsstellung für Dienstleistungen an ausländische Unternehmenskunden (Reverse-Charge-Verfahren).
Gründung einer Betriebsstätte
Eine Betriebsstätte und ihre Voraussetzungen sind sowohl in der Abgabenordnung (§§ 12 und 13 AO) als auch in einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Ländern geregelt. Existiert mit dem Heimatstaat des Unternehmens ein Doppelbesteuerungsabkommen, dann gelten die darin enthaltenen Regelungen vorrangig vor der Definition in der Abgabenordnung.
Betreibt ein ausländisches Unternehmen in Deutschland eine so genannte Betriebstätte (un-/selbständige Zweigniederlassung als Geschäftsstelle, Fabrikationsstätte o. ä.) oder ist für den Gewerbebetrieb ein ständiger Vertreter bestellt, so müssen die Gewinne dieser Betriebstätte in Deutschland versteuert werden. Es liegt die so genannte „beschränkte Steuerpflicht“ in Deutschland vor (vgl. § 1 Abs. 4, § 49 Abs. 1 EStG und § 2 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz – KStG). Die Steuern, die dabei anfallen, hängen von der Rechtsform des Unternehmens ab. Sie entsprechen den Steuern, die ein Unternehmen mit der entsprechenden deutschen Rechtsform zahlen müsste.
Definition Betriebsstätte
Eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 Abs. 1 AO ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Sie muss örtlich fixiert sein und die Unternehmerin bzw. der Unternehmer muss darin eine eigene gewerbliche Tätigkeit ausüben. Die Person muss eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über diese Einrichtung haben. Die feste Geschäftseinrichtung muss auf gewisse Dauer angelegt sein. Dies wird immer dann bejaht, wenn sie länger als sechs Monate besteht. Durch Bauausführungen und Montagen wird eine Betriebsstätte nur dann begründet, wenn ihre Dauer sechs Monate übersteigt (in Doppelbesteuerungsabkommen können abweichende Zeiträume geregelt sein).
Eine so genannte Vertreterbetriebsstätte im Sinne des § 13 AO liegt dann vor, wenn die Geschäfte des Unternehmens nachhaltig durch eine ständige Vertreterin bzw. einen ständigen Vertreter besorgt werden und diese Person den Sachanweisungen des Unternehmens unterliegt. Der Vertretende muss nicht arbeitnehmende Person des Unternehmens sein, sondern nur an Stelle des Unternehmens tätig werden.
Abweichende Regelung in Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
Die Begriffe der Betriebsstätte und der ständigen vertretenden Person sind in den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen z. T. unterschiedlich definiert und weichen ggf. auch von dem hier zitierten OECD-Musterabkommen ab.
Während nach dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 OECD-Musterabkommen durch die feste Geschäftseinrichtung die Tätigkeit des Unternehmens ausgeübt werden muss, liegt nach § 12 AO bereits dann eine Betriebsstätte vor, wenn die feste Geschäftseinrichtung der Tätigkeit des Unternehmens dient. Der abkommensrechtliche Begriff der Betriebsstätte stimmt zwar inhaltlich mit dem des § 12 AO überein, ist jedoch hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeiten regelmäßig enger. Die Geschäftseinrichtung muss dem Unternehmen in der Regel länger als sechs Monate zu dienen bestimmt sein. Geschäftseinrichtungen unterstützender oder vorbereitender Art, wie z. B. Warenlager oder Einkaufs- und Informationsstellen unterliegen wegen ihres bloßen Hilfscharakters nicht der Betriebsstättendefinition. Wenn Bauausführungen und Montagen nicht den in Art. 5 Abs. 3 OECD-Musterabkommen definierten Zeitraum (mehr als 12 Monate) andauern, gelten sie nicht als Betriebsstätten, auch wenn zu ihnen eine feste Geschäftseinrichtung gehört (z. B. Baucontainer als Geschäftsstelle), die mit der Bau- und Montagetätigkeit zusammenhängt.
Art. 5 Abs. 5 OECD-Musterabkommen fordert für die Vertreterbetriebsstätte, dass die vertretende Person eine abhängig vertretende Person des Unternehmens sein und ihre Vollmacht gewöhnlich ausüben muss. Sie darf nicht nur Tätigkeiten unterstützender Art durchführen. Trägt die Vertreterin bzw. der Vertreter das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit nicht, ist dies ein Indiz für die wirtschaftliche Abhängigkeit. Eine Abschlussvollmacht liegt vor, wenn das Unternehmen rechtlich oder wirtschaftlich von dem Vertretenden gebunden werden kann. Ist eine Person bevollmächtigt, alle Einzelheiten eines Vertrages verbindlich für das Unternehmen auszuhandeln, so kann davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen wirtschaftlich gebunden wird.
Die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen übernehmen in der Regel die Bestimmungen des OECD-Musterabkommens (Ausnahmen bestätigen die Regel). Sofern die Tätigkeit der vertretenden Person losgelöst und außerhalb der festen Geschäftseinrichtung ausgeübt wird, können zwei Betriebsstätten vorliegen
Welche Gewinne sind in Deutschland zu versteuern?
Der Betriebsstätte sind die Gewinne zuzurechnen, „die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, völlig unabhängig wäre“ (dieses so genannte „dealing at arms- Prinzip“ ist in Art. 7 Abs. 2 OECD-Musterabkommen verankert).
Ziel der Aufteilung des Gesamtgewinns auf Betriebsstätte und ausländisches Unternehmen ist es, der Betriebsstätte den Teil des Gewinnes des Gesamtunternehmens zuzuordnen, den sie nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs erwirtschaftet hat. Zu diesem Zweck sind der Betriebsstätte auch die Wirtschaftsgüter nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zugehörigkeit und die mit den Wirtschaftsgütern in Zusammenhang stehen Betriebseinnahmen und -ausgaben nach dem Veranlassungsprinzip zuzuordnen. Die Methoden der Gewinnaufteilung sind den so genannten Verwaltungsgrundsätzen zur Betriebsstättenbesteuerung zu entnehmen (Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF)).
Der Gewinn der Betriebstätte, der in Deutschland versteuert wird, ist in dem anderen Staat entweder von der Besteuerung ausgenommen oder er unterliegt dort der Besteuerung, wobei in diesem Fall der in Deutschland gezahlte Steuerbetrag auf die entsprechende Steuer des anderen Staates angerechnet wird. Einzelheiten ergeben sich aus den DBAs
Welche Steuern fallen an?
Körperschaftsteuer:
Der inländische Gewinn einer Betriebsstätte einer juristischen Person ausländischen Rechts unterliegt der Körperschaftsteuer. Diese wird nur von juristischen Personen erhoben. Sie entspricht der Einkommensteuer für natürliche Personen. Der Körperschaftsteuersatz beträgt grundsätzlich 15 Prozent.
Einkommensteuer:
Ein Unternehmen, das nicht eine eigene juristische Person ausländischen Rechts ist, unterliegt wie deutsche natürliche Personen (Einzelunternehmer, z. B. „e. K.“) oder die deutschen Personengesellschaften (GbR, OHG, KG etc.) selbst weder der Einkommensteuer noch der Körperschaftsteuer. Der Gewinn wird vielmehr einheitlich und gesondert festgestellt und unmittelbar den Gesellschaftern zugerechnet. Bei den Gesellschaftern unterliegen die Gewinnanteile der Einkommensteuer.
Der Gewinn einer Gesellschafterin oder eines Gesellschafters, welche selbst eine natürliche Person ist, unterliegt der Einkommensteuer. Die Steuersätze steigen progressiv von 15 Prozent bis auf 45 Prozent. Der Mindeststeuersatz von 25 Prozent (§ 50 Abs. 3 S. 2 EStG) findet dann Anwendung, wenn die sich dadurch ergebende Steuer nicht höher ist als die Steuer, die sich aus der Anwendung des progressiven Steuertarifs auf das Einkommen des beschränkt Steuerpflichtigen zuzüglich des Grundfreibetrages ergeben würde.
Solidaritätszuschlag:
Zur Körperschaft-, Lohn- und Einkommensteuer wird von allen Steuerpflichtigen ein Solidaritätszuschlag erhoben. Er beträgt 5,5 Prozent der Körperschaft-, Lohn- bzw. Einkommensteuer.
Gewerbesteuer:
Der Gewinn einer Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens unterliegt zudem der Gewerbesteuer. Anknüpfungspunkt der Besteuerung ist allein das Vorliegen einer Betriebsstätte. Das Vorhandensein einer ständigen Vertreterin bzw. eines ständigen Vertreters löst keine Gewerbesteuerpflicht aus. Ausgangsgröße für die Gewerbesteuerberechnung ist der einkommen- bzw. körperschaftssteuerliche Gewinn. Dieser wird durch bestimmte Hinzurechnungen und Kürzungen modifiziert. Auf diese Weise erhält man den Gewerbeertrag.
Handelt es sich bei der ausländischen Investorin bzw. dem ausländischen Investor um eine natürliche Person oder Personengesellschaft, wird der Gewerbeertrag um einen Freibetrag von 24.500 Euro gekürzt Bei juristischen Personen/Kapitalgesellschaften als ausländische Investoren entfallen die Gewährung des Freibetrags. Die Steuermesszahl beträgt 3,5 Prozent. Die Steuermesszahl angewendet (multipliziert) auf den Gewerbeertrag ergibt den Steuermessbetrag. Dieser Steuermessbetrag nach Gewerbeertrag wird mit dem Gewerbesteuerhebesatz, den die Gemeinde festlegt, multipliziert. Der durchschnittliche Hebesatz liegt in Deutschland bei ca. 435 Prozent, in NRW über 400 Prozent. Der so errechnete Betrag ist die Gewerbesteuerschuld.
Umsatzsteuer:
Lieferungen und Dienstleistungen, die das Unternehmen erbringt, unterliegen der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer), wenn der Leistungsort im Inland ist. Nähere Informationen entnehmen
Der Umsatzsteuersatz beträgt 19 Prozent. Ein ermäßigter Steuersatz von 7 Prozent gilt vor allem für Lebensmittel – ausgenommen Getränke und Gaststättenumsätze –, Bücher und bestimmte Kunstgegenstände. Bestimmte Lieferungen, insbesondere innergemeinschaftliche Lieferungen und Ausfuhrlieferungen sind von der Umsatzsteuer befreit.
Die Umsatzsteuerschuld, die eine Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens dem Finanzamt gegenüber hat, wird um die Vorsteuerbeträge gemindert. Vorsteuer sind die Umsatzsteuerbeträge, die der Gesellschaft von einem anderen Unternehmen für dessen an sie ausgeführten steuerpflichtigen Umsätze offen in Rechnung gestellt werden.
Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten
Mit Aufnahme des Geschäftsbetriebs ergeben sich handelsrechtliche Buchführungspflichten des ausländischen Investors, wenn die jeweilige Betriebsstätte eine eingetragene oder eintragungspflichtige Zweigniederlassung ist. Falls die Betriebsstätten handelsrechtlich keine Zweigniederlassungen darstellen, entsteht die Buchführungspflicht erst nach Aufforderung durch das Finanzamt nach Überschreiten gewisser Umsatz- und Gewinngrenzen (§ 141 AO). Die Bücher sind grundsätzlich im Inland zu führen (§ 146 AO), im Einzelfall sind jedoch Erleichterungen möglich
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
Im Einzelfall ist jeweils zu prüfen, ob mit dem entsprechenden Heimatland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen wurde.
Gründung einer Tochtergesellschaft
Mit der Gründung eines Tochterunternehmens in Deutschland entsteht ein vom Mutterunternehmen rechtlich selbständiges Unternehmen. Wie bei jeder Unternehmensgründung sind die für die jeweilige Rechtsform (Personengesellschaft z. B. OHG; Kapitalgesellschaft z. B. AG oder GmbH) geltenden gesetzlichen Bestimmungen des deutschen Rechts maßgeblich. Besondere gesetzliche Bedingungen oder Beschränkungen für die Gründung durch ausländische Unternehmen bestehen in Deutschland nicht. Auch für einen ausländischen Gründer gelten ausschließlich deutsche Vorschriften für die Gründung, Gewerbeanmeldung und die Besteuerung.
Weitere Informationen zur Tochtergesellschaft und Betriebsstätten als Organisationsformen finden Sie auf unserer Website.