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Handelsvertretung im internationalen Geschäft

Ein Unternehmen kann für den Vertrieb seiner Ware im Ausland Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter einsetzen. Jedoch gibt es kein einheitliches internationales Handelsvertreterrecht. Deshalb sollten bei einem Vertragsabschluss die jeweiligen speziellen ausländischen und internationalen Regelungen berücksichtigt werden.

Was sind Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter? Was sind Vertragshändlerinnen und Vertragshändler?

Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter sowie Vertragshändlerinnen und Vertragshändler sind die häufigsten Formen von sogenannten Absatzmittlern im deutschen Raum und im Ausland.
Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter sind als selbständig Gewerbetreibende ständig für Unternehmen tätig und schließen in dessen Namen und für dessen Rechnung Geschäfte ab (§ 84 Abs. 1 HGB).
Vertragshändlerinnen und Vertragshändler wiederum sind als Kaufleute im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig. Sie kaufen beim herstellenden oder liefernden Unternehmen Ware und verkaufen sie in ihrem Vertragsgebiet weiter.
Sowohl Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter als auch Vertragshändlerinnen und Vertragshändler sind selbständige Gewerbetreibende. Daher können sie im Wesentlichen ihre Tätigkeit und Arbeitszeit frei gestalten. Sie können zeitgleich für ein oder mehrere Unternehmen tätig sein. Dabei können verschiedene Vertriebswege kombiniert werden (z.B. Handelsvertretung und Eigengeschäft).

Vor- und Nachteile der Handelsvertretertätigkeit

Vorteile

Der Einsatz von Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter bietet sich an, wenn ein neuer Markt im Ausland erschlossen werden soll, aber wenige Kenntnisse der Gegebenheiten vor Ort bestehen und kein eigenes Personal im Ausland eingesetzt oder akquiriert werden soll. Um auf einem neuen Markt präsent zu sein und weitere Absatzkreise zu gewinnen, kann eine im Ausland ansässige absatzmittelnde Person eingeschaltet werden. Dafür sprechen auch Gründe, wie etwa landesspezifische Spezialkenntnisse, die Reputation des Vertriebskontaktes, Kosten- und Risikominimierung oder direkte lokale Kundennähe und -betreuung.
Das wirtschaftliche Risiko trägt nicht das Unternehmen, da bei Handelsvertreterinnen und Handelsvertretern die Entlohnung in der Regel durch Provision erfolgt.
Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter befassen sich nicht nur mit der Vermittlung und dem Verkauf von Waren, sondern auch mit der Werbung, beraten die Kundschaft, beobachten die Marktentwicklung und führen das Inkasso von Außenständen durch. Bei der Vermittlung von technischen Waren können sie auch Wartungs-, Reparatur- und Ersatzteildienste durchführen.

Nachteile

Bei dem Einsatz von Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter wird das Produkt durch die Mittlermarge teurer. Auch der Verkauf geringer Mengen ist preislich höher, weil Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter in der Regel kein Lager vor Ort unterhalten. Eventuell wird bei der Vertragsauflösung eine hohe Ausgleichszahlung fällig. Zudem hat der Exportierende keinen direkten Kontakt zur Zielgruppe, sodass diese ggf. wichtige Informationen nicht erhalten.

Handelsvertreterverträge bei Auslandsgeschäften

Innerhalb der EU

Durch die EU-Richtlinie 86/653/EWG wurde das Handelsvertreterrecht innerhalb der EU harmonisiert. Jedoch ist zu beachten, dass weder die nationalen Gesetze noch die Auslegung der Richtlinie durch die Rechtsprechung der jeweiligen Mitgliedsstaaten einheitlich sind. So ist z.B. der Ausgleichsanspruch für Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter in den jeweiligen Mitgliedsstaaten unterschiedlich hoch.
Der von Handelsvertreterinnen und Handelsvertretern vermittelte Vertrag wird zwischen dem Unternehmen und der Kundschaft abgeschlossen. Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter sind nicht Partei des Vertrages. Sie erhalten für ihre Tätigkeit eine Provision und bei Vertragsbeendigung einen Ausgleichsanspruch oder einen Schadensersatzanspruch (abhängig vom EU-Mitgliedsstaat).
Die Umsetzung der EU-Richtlinie erfolgte im deutschen Recht in den §§ 84 ff. HGB.

Außerhalb der EU

Das Handelsvertreterrecht weist je nach Land unterschiedliche Regelungen auf. Zum Teil bestehen wichtige Unterschiede in diesen Punkten:
  • Vergütung
  • Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch
  • Zulässigkeit der Aufteilung des Vertriebsgebiets
  • Kündigungsrecht
  • Alleinvertriebsrecht
  • Wettbewerbsverbot
Je nach Land können besondere administrative Auflagen, wie etwa Registrierungspflichten bestehen. Diese können bestimmte Rechtsfolgen auslösen (z. B. Ausgleichsansprüche oder Kündigungsrechte).
Die Unterschiede können den rechtlichen Gestaltungsspielraum beim Einsatz von Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter erweitern und Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen schaffen. Um davon zu profitieren, muss es dem Unternehmen möglich sein, auf eine andere als die deutsche Rechtsordnung auszuweichen, indem etwa für die Vertragsbeziehung das Recht eines Staates gewählt wird, welches ein niedrigeres Schutzniveau der Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter aufweist.

Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter als Arbeitnehmer

Möchte ein Unternehmen eine Handelsvertreterin oder einen Handelsvertreter gerade nicht als selbständige Person einstellen, so kann es diese auch als Mitarbeitenden mit arbeitsrechtlichen und sozialversicherungspflichtigen Konsequenzen beschäftigen. Nicht erforderlich ist hierfür im Einzelfall die Gründung eines Unternehmens oder einer Niederlassung im EU-Zielmarkt. Bei der Einstellung eines Arbeitnehmenden im Ausland können sich Fragen zum deutschen und ausländischen Arbeitsrecht ergeben.
Es kann aber auch vorkommen, dass unter bestimmten Umständen eine nach den Vorstellungen der Parteien als Handelsvertreterin oder Handelsvertreter tätige Person in dem jeweiligen Zielland oder in Deutschland als arbeitnehmende Person eingestuft wird.
Gegen das Risiko, dass eine eingestellte Handelsvertreterin oder ein eingestellter Handelsvertreter im Ausland als arbeitnehmende Person eingestuft wird, kann mit bestimmten Maßnahmen vorgebeugt werden. So ist entscheidend darauf zu achten, dass die absatzmittelnde Person nicht in die eigene Unternehmens- und Arbeitsorganisation wie Arbeitnehmende eingebunden wird, sie oder er weitgehende Freiheiten hat und nicht durch zu enge Weisungen eingeschränkt wird.
Diese Voraussetzungen sollten vor der Einstellung geprüft werden, um zu vermeiden, dass es zur Beschäftigung von Handelsvertreterinnen und Handelsvertretern als Arbeitnehmende kommt. Insbesondere sollte der schriftliche Vertrag bereits die Voraussetzungen für eine selbständige Handelsvertreterin bzw. einen selbständigen Handelsvertreter erfüllen. Dabei ist es jedoch nicht ausreichend, lediglich den Vertrag als „Handelsvertretervertrag“ zu überschreiben. Maßgeblich sind nämlich die tatsächlichen Verhältnisse zwischen den Parteien.
In vielen Ländern sind Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter auch in entsprechende Register eingetragen. Diese Eintragung kann bereits ein erster Anhaltspunkt für die Einordnung als Selbstständige sein.

Vertragsinhalte

Das anzuwendende Recht

Auf den ersten Blick erscheint es für alle Handelsvertretenden vorteilhaft, in verschiedenen Zielländern dasselbe Recht und weitgehend einheitliche Klauseln zu vereinbaren. Dies sollte jedoch nicht pauschal so gehandhabt werden. Vielmehr bietet es sich an, eine vorherige Vertragsprüfung durchzuführen, um herauszufinden, wie die eigene Rechtsposition verbessert werden kann.
Dafür ist zuerst festzustellen, welches Recht auf den Vertrag anwendbar ist und ob eine Rechtswahl der Parteien zulässig ist.
Auch wenn der Vertrag mit der ausländischen Vertriebsperson im Regelfall dem jeweiligen Landesrecht untersteht, sollte im Vertrag eine Gerichtsstandklausel aufgenommen werden, die das Gericht am Firmensitz des deutschen exportierenden Unternehmens oder ein Schiedsgericht für zuständig erklärt. Dies hat in der Theorie zur Folge, dass die Klage der Vertragspartei vor seinem Heimatgericht abgewiesen wird. Da jedoch in manchen Ländern diese Vereinbarungen von den nationalen Gerichten ignoriert werden, bewirkt eine Gerichtsstandklausel keine vollkommene Sicherheit einer Klageabweisung im Streitfall vor dem ausländischen Gericht.

Handelsvertretende in der EU

Haben Handelsvertretende und das Unternehmen ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, können sie das anwendbare Recht nach Art. 3 ROM-I-VO auf den Vertrag frei wählen.
Ob eine Rechtswahl für das jeweilige Drittland praktisch möglich ist und von den lokalen Gerichten anerkannt wird, muss jedoch zunächst geprüft werden.
Generell ist aber regelmäßig eine Rechtswahl in dem grenzüberschreitenden Vertrag zulässig. Wenn kein vertragliches Recht gewählt wurde, bestimmt Art. 4 Rom-I-VO das Recht, an dem die Handelsvertreterin oder der Handelsvertreter den gewöhnlichen Aufenthalt hat, als das anwendbare Recht. Dies ist für gewöhnlich der Staat, in dem sich der Sitz des Handelsvertretenden befindet – regelmäßig ist dies die Hauptniederlassung. Eine Ausnahme besteht, wenn der Vertrag für den Betrieb einer Zweigniederlassung geschlossen wurde – dann ist der Ort der Zweigniederlassung maßgeblich.

Handelsvertretende mit ausschließlicher Tätigkeit im Drittland

Außerhalb der EU ist es in der Praxis fraglich, ob überhaupt und unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Rechtswahl im Zielmarkt anerkannt wird. Auch wenn aus deutscher Rechtsperspektive eine Rechtswahl möglich ist, so besteht immer ein Risiko, dass die nationalen Gerichte am Zielmarkt sich darüber hinwegsetzen.
Im Falle der Tätigkeit eines Handelsvertretenden außerhalb der EU bzw. des EWR kann vertraglich von den zwingenden Bestimmungen des deutschen Handelsvertreterrechts (z.B. vom Ausgleichsanspruch) abgewichen werden (§ 92 c HGB). Deshalb können Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter nicht immer annehmen, dass ihnen die schützenden Regelungen des deutschen Rechts zugutekommen.
Für Unternehmen kann es hingegen von Vorteil sein, im Vertrag ein ausländisches Recht zu wählen. Dennoch sollte dies gut überlegt sein, da sowohl die Wahl von deutschen als auch ausländischen Recht Vor- und Nachteile für das Unternehmen hat, wie etwa Schriftformerfordernisse, Registrierungspflichten, eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten, ausländische Gesetzesänderungen mit direkter Wirkung auf das Vertragsverhältnis als Dauerschuldverhältnis sowie Entscheidungen ausländischer Gerichte.

Änderung das anwendbaren Rechts bei Verlegung des Tätigkeitsortes bzw. Sitzes

Verlegt eine Handelsvertreterin oder ein Handelsvertreter den Sitz oder den Tätigkeitsort von einem Drittland in die EU bzw. in den EWR sollte geprüft werden, ob die vertraglich vereinbarten Regelungen noch Bestand haben oder die Vertragsbestimmungen angepasst werden müssen.

Weitere Vertragsinhalte

Tätigkeitsumfang

Der Tätigkeitsumfang von Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter für das eigene Unternehmen sollte vorher genau definiert werden. Der Exportierende kann beispielsweise festlegen, dass Vertragsverhandlungen nur mit ganz bestimmten Personen vorgenommen werden sollen. Neben dem Verbot der Nebentätigkeit kann dem Handelsvertretenden ein Konkurrenzverbot auferlegt werden. Als Entschädigung für diese Einschränkung wird oftmals ein Ausgleichsanspruch vereinbart.

Schiedsgerichtsklauseln

Schiedsgerichtsvereinbarungen sind für Handelsvertreterverträge nicht immer von Vorteil. Gegen eine Schiedsgerichtsklausel spricht, dass die Kosten eines Schiedsverfahrens im Fall eines „Handelsvertreterprozesses“ in der Regel höher sind als ein Prozess vor dem staatlichen Gericht.
Die Provisionen und/ oder der Ausgleichsanspruch wird in der Regel teurer als derselbe Prozess vor dem staatlichen Gericht. Außerdem hat eine Schiedsgerichtsvereinbarung den Nachteil, dass auch kleine Streitigkeiten zwischen den Parteien vor diesem Schiedsgericht ausgetragen werden müssen.

Kündigung

Bei der Kündigung einer Handelsvertreterin oder eines Handelsvertreters können Probleme entstehen, wenn die Handelsvertreterin bzw. der Handelsvertreter im Ausland als abhängig beschäftigte Person des exportierenden Unternehens, also als Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer, eingestuft wird. Denn wenn die Vetreterin bzw. der Vertreter vor den nationalen Gerichten auf Kündigungsschutz und Abfindung klagt, kann es je nach Staat vorkommen, dass die dortigen Gerichte sich über die Kündigung und die vereinbarte Rechtswahlklausel hinwegsetzen und ihr eigenes Recht anwenden.
Dies hat zur Folge, dass das exportierende Unternehmen den Vertrag in der Regel erst dann kündigen kann, wenn die Vetreterin bzw. der Vertreter den Vertrag verletzt. Um die Rechtsposition des Unternehmens bei der Kündigung zu stärken, sollte der Vertrag so gestaltet werden, dass sich eine schlechte Vertretungstätigkeit zwangsläufig aus dem Vertrag ergibt, beispielsweise durch die Festsetzung eines Mindestauftragsvolumens. Das Unternehmen kann dann regelmäßig bei der Vetreterin bzw. dem Vetreter erfragen, wie viele Geschäfte er in einem bestimmten Zeitraum abgeschlossen hat.

Provision

Das Unternehmen erstellt der Vetreterin bzw. dem Vertreter für einen vertraglich festgesetzten Zeitraum eine Provisionsabrechnung über die erfolgten Lieferungen. Der hiernach der Vetreterin bzw. dem Vetreter zustehende Provisionsbetrag ist mit der Abrechnung zahlbar.
Zu beachten ist, dass bei Vertretungstätigkeit außerhalb des EWR die Klausel zur Fälligkeit und Abrechnung der Provision sogar ganz zum Nachteil der Handelsvertreterin bzw. des Handelsvertreters gestrichen werden kann, da hier die Mindestvoraussetzungen des EWR-Handelsvertreters zum Schutze der Handelsvertreterin bzw. des Handelsvertreters nicht eingehalten werden müssen.

Ausgleichsanspruch

Bei Vertragsbeendigung steht der Handelsvertreterin bzw. dem Handelsvertreter ein unabdingbarer und nicht beschränkbarer Ausgleichsanspruch zu (§ 89b Abs. 4 S. 1 HGB).
Dieser ergibt sich auch aus der europäischen Handelsvertreter-RL.
Ein Ausgleichsanspruch der Handelsvertreterin bzw. des Handelsvertreters kann zu dessen Nachteil ausgeschlossen werden. Voraussetzung ist hierbei, dass die Handelsvertreterin bzw. der Handelsvertreter nicht in der EU bzw. dem EWR tätig ist. Denn dann müssen die Mindestvoraussetzungen des EWR-Handelsvertreters nicht erfüllt werden (§ 92c Abs. 1 HGB).
Maßgeblich ist dafür nicht, in welchem Staat die Handelsvertreterin bzw. des Handelsvertreter den Sitz hat. Das bedeutet: Auch wenn die Handelsvertreterin bzw. des Handelsvertreter innerhalb des EWR eine Niederlassung hat, die Vertriebstätigkeit aber außerhalb des EWR ausführt, gewährt das deutsche Recht keinen Schutz mit den zwingenden Handelsvertretervorschriften.
Der Ausschluss der zwingenden Vorschriften der §§ 84 ff. HGB muss ausdrücklich erfolgen. Dafür können die Parteien die zwingende Vorschrift im Vertrag ausschließen oder stattdessen festhalten. Wenn der Ausschluss nicht ausdrücklich erfolgt, finden die zwingenden Vorschriften des deutschen Handelsvertreterrechts automatisch Anwendung, auch wenn die Handelsvertreterin bzw. der Handelsvertreter außerhalb des EWR tätig ist.
Probleme bei dem Ausschluss können sich dann ergeben, wenn er durch die Klausel in einem Mustervertrag erfolgt. Dann finden nämlich die AGB Bestimmungen i.S.d. § 305 BGB ff. Anwendung. So bestimmt § 307 BGB, dass Klauseln in Musterverträgen unwirksam sind, wenn sie die Betroffenen unangemessen benachteiligen. Maßgebend für die Unangemessenheit ist regelmäßig die Rechtslage im Lande der Vertreterin bzw. des Vetreters. Kennt das Recht des Drittlandes einen unabdingbaren Ausgleichsanspruch, so ist die Unangemessenheit regelmäßig zu bejahen. Eine mögliche Unwirksamkeit durch AGB-Bestimmungen kann vermieden werden, indem die Klausel unter den Vertragsparteien individuell ausgehandelt und vereinbart wird. Denn so findet das AGB-Gesetz keine Anwendung.
Auch ist das Recht des Tätigkeitsortes in der Theorie nicht entscheidend. Dies gilt selbst dann, wenn nach dem Recht des Drittstaates ein Ausgleichsanspruch gegeben wäre. Denn eine weitere Möglichkeit, den Ausgleichsanspruch abzudingen, besteht darin, ein auf den Vertrag anwendbares Recht zu wählen, das den Ausgleichsanspruch nicht kennt oder nach dem der Ausgleichsanspruch dispositiv ist.
Jedoch ist hier zu beachten, dass ein exportierendes Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat, dessen Handelsvertreterin bzw. Handeslvertreter seine Tätigkeit innerhalb der EU bzw. EWR ausübt, die zwingenden Regelungen der Handelsvertreter-RL und damit den Ausgleichanspruch nicht durch eine Rechtswahlklausel umgehen kann.
Auch wenn die Parteien das Recht eines Drittstaates vereinbaren und dieses wie beabsichtigt keinen zwingenden Ausgleichsanspruch kennt, der dem Mindeststandard der Handelsvertreter-RL entspricht, hat die Handelsvertreterin bzw. der Handelsvertreter trotzdem einen Ausgleichsanspruch aufgrund der nationalen Umsetzung der Handelsvertreter-RL. Dies ergibt sich aus Art. 9 Rom I-VO, weil der Ausgleichsanspruch bei starkem Gemeinschaftsbezug international zwingendes Recht ist. Der starke Gemeinschaftsbezug besteht, wenn die Handelsvertreterin bzw. der Handelsvertreter die Tätigkeit innerhalb des EWR ausübt. In diesem Fall ist der Ausgleichsanspruch rechtswahlfest.
Auch muss berücksichtigt werden, dass ein Ausschluss nur als eine zulässige Abweichung vom deutschen zwingenden Handelsvertreterrecht vor einem deutschen Gericht anerkannt wird. Ein Gericht eines Drittstaates außerhalb des EWR kann sich jedoch über diese Vereinbarung hinwegsetzen.
Es kann seine Zuständigkeit bejahen und der Handelsvertreterin bzw. dem Handelsvertreter einen Ausgleichsanspruch zuerkennen. Voraussetzung ist, dass der Ausgleichsanspruch in dem Nicht-EWR-Staat international zwingendes Recht ist oder der Nicht-EWR-Staat die Wahl deutschen Rechts für unzulässig befindet und sein eigenes Recht auf den Rechtsstreit anwendet. Dagegen kann ein Ausschluss i.S.d. § 92c Abs. 1 HGB nicht schützen.
Zur Verringerung des Risikos solcher Szenarien sollte ein ausschließlicher Gerichtsstand in Deutschland festgesetzt werden oder bei Anwendung des UN-Kaufrechts ggf. eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen werden. Gemäß des UN-Schiedsabkommens müssen die Vertragsstaaten, Schiedsvereinbarungen als Ausschluss des gerichtlichen Rechtswegs anerkennen. Das Urteil des Gerichts eines Drittstaates, das sich über eine solche Gerichtsstands- oder Schiedsvereinbarung hinwegsetzt, wird in Deutschland nicht anerkannt (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Vermögenswerte des Unternehmens im betreffenden Drittstaat sind jedoch nicht vor einer Vollstreckung geschützt.

Kartellrecht

Hinsichtlich des Kartellrechts sind die nationalen Bestimmungen im Absatzland in Bezug auf Preisbindung und Exportverbote als auch die EU-Bestimmungen zu beachten. Auch vertragliche Vereinbarungen, wie zum Beispiel zur Exklusivität, Aufteilung des Marktes sowie zu Wettbewerbsbeschränkungen begrenzen den freien Wettbewerb.

Steuerrecht

Es kann die Gefahr der Gründung einer Betriebsstätte im Ausland bestehen, wenn die Handelsvertreterin bzw. der Handelsvertreter ein eigenes Büro unterhält oder hohe Umsätze erwirtschaftet. Die Gründung einer Betriebsstätte führt regelmäßig zu einer beschränkten Steuerpflicht nach ausländischem Recht. Daraus ergeben sich umfangreiche Registrierungs- und Deklarationspflichten im Zielland.
Zudem können sich im Ausland lohnsteuerliche Verpflichtungen je nach Ausgestaltung des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) ergeben.

Praxistipps

Vor dem Einsatz einer Vertriebspartnerin bzw. eines Vertriebspartners sollte sich das exportierende Unternehmen über die verschiedenen Möglichkeiten von Vertriebsstrategien informieren und dabei die rechtlichen Aspekte einbeziehen.
Unternehmen sollten detailliert die Vertragsverhältnisse festhalten, auf die sie sich im Rechtsfall berufen können. Die Vertragsbedingungen sind auch bei dauerhaften Vertragsverhältnissen regelmäßig zu prüfen. Vor dem Vertragsabschluss sollte festgestellt werden, welches Recht auf das Vertragsverhältnis anwendbar ist und welches Recht vorteilhafter ist, ggf. kommt der Ausschluss eines Ausgleichsanspruches in Betracht.
Gerade, wenn sich für ein anderes als das deutsche Recht entschieden wird, ist es von Vorteil einen international tätigen Rechtsanwalt mit der Vertragsgestaltung zu beauftragen.
Wie kann eine Handelsvertretung gefunden werden?
Eine Handelsvertreterin bzw. ein Handelsvertreter im Ausland kann durch eine vor Ort ansässige Auslandshandelskammer gefunden werden. In manchen Ländern gibt es Handelsvertreterverbände, die Auskunft erteilen. Onlinedatenbanken, wie etwa IUCAB, können einen Kontakt herstellen, wenn das Zielland ein Handelsvertreterregister hat.
Der Erfolg von Handelsvertreterinnen und Handelsvertreter ist abhängig von Kontakten zu Abnehmern, zur Branche und in einzelnen Ländern und auch zu Politik und Verwaltung. Daher ist es wichtig, sich vor dem Vertragsabschluss Referenzen vorlegen zu lassen und diese nachzuprüfen.

Kleine Checkliste zur Handelsvertretung

Anhand dieser Checklist können Unternehmen vor dem Einsatz eines Handelsvertretung prüfen, welche Aspekte zu beachten sind und diese bei der Wahl einer Vertriebsstrategie einbeziehen.
  • Rechtswahl oder ggf. zwingendes Recht im Drittland
  • Definition der Vertriebsform „Handelsvertretung“ im Zielmarkt und was wird darunter verstanden
  • Rechtsstellung der Handelsvertreterin bzw. des Handelsvertreters
  • Exklusivität des Vertrages (Produkte, Kundengruppen, Vertragsgebiet, Wettbewerbsverbote etc.)
  • Vertragliche Pflichten und Rechte der Handelsvertreterin bzw. des Handelsvertreters (u.a. Abschlussvollmacht und Recht zum Einsatz von Dritten)
  • Rechte und Pflichten des exportierenden Unternehmens
  • Höhe der Provision
  • Erstattung von Auslagen
  • Voraussetzungen für einen Ausgleichs- oder Schadensersatzanspruch bei Vertragsbeendigung
  • Verjährung gegenseitiger Ansprüche
  • Einbezug von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
  • Gerichtsstandklausel (Alternativ: Schiedsklausel)
  • Maßgebliche Vertragssprache
  • Formerfordernis des Vertrages
  • Länderspezifische administrative Pflichten, wie z.B. Registrierungspflicht
  • Gründung einer Betriebsstätte durch Handelsvertreterin bzw. Handelsvertreter