Mexiko

Standort

Mexiko ist nach Brasilien die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas und steht bei den Importen und Exporten mit deutlichem Vorsprung sogar auf Platz eins. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 1.076 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 belegte das Land Platz 15 im weltweiten Vergleich, so die Weltbank. Gemessen an der Bevölkerung steht Mexiko mit aktuell 129 Millionen Einwohnern auf Rang zehn, hinter Russland und vor Japan. Daneben ist es die größte spanischsprachige Nation der Welt. Im Gegensatz zu den Industriestaaten Europas und Nordamerikas wächst die Bevölkerung mit einem jährlichen Plus von rund 1 Prozent noch recht schnell, allerdings ist auch diese Ziffer rückläufig.

Standort profitiert von Nearshoring

Der größte Wettbewerbsvorteil Mexikos ist die geografische Nähe zum US-Markt. Im Zuge des NAFTA-Abkommens und dessen Nachfolgevertrags USMCA (United States-Mexico-Canada Agreement) konnte Mexiko diesen Vorteil noch weiter nutzen und baute eine wettbewerbsfähige Industrie mit den Schwerpunkten Kfz und -Zulieferer, Elektrotechnik, Flugzeugteile und Konsumgüter auf. Dadurch entstand ein reger Handel mit dem nördlichen Nachbarn - zwischen Januar und September 2021 lieferte Mexiko Waren im Wert von 288,5 Milliarden US$ in die USA, das sind über 80 Prozent der Gesamtexporte. Dies veranschaulicht allerdings auch die Abhängigkeit Mexikos vom US-Markt.
Mittelfristig könnte Mexiko seinen geografischen Vorteil noch stärker nutzen. "Aufgrund der aktuellen weltweiten Logistikprobleme tendieren Unternehmen immer stärker dazu, auf Lieferanten in ihrer Nähe zurückzugreifen", erklärt Timm Jenisch, Geschäftsführer des deutschen Automobilzulieferers Kern-Liebers in Mexiko. Das Land könne von dem Trend hin zu mehr Nearshoring profitieren und seine Stellung als Industriebasis für Lieferungen an die USA ausbauen. Gleichzeitig stellt eine zu hohe Abhängigkeit vom US-Markt auch ein Risiko für Mexiko dar, da eine dortige Konjunkturabkühlung die mexikanische Wirtschaft stark treffen würde.

Mexiko bietet gut ausgebildete Arbeitskräfte

Mexiko punktet mit einem großen Angebot an gut ausgebildeten Arbeitskräften. Vor allem im technischen Bereich ist mittlerweile ein breites Know-how vorhanden und die Lohnkosten sind gering. ZF Friedrichshafen plant derzeit beispielsweise ein neues Innovations- und Entwicklungszentrum in der nördlichen Stadt Monterrey mit knapp 500 Mitarbeitenden. Der Mindestlohn wurde für 2022 zwar deutlich angehoben (auf 172,87 MXN täglich, umgerechnet rund 8 US-Dollar; in nördlichen Grenzgebieten 260,34 MXN, umgerechnet rund 12 US-Dollar), liegt aber weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Ein Problem bereitet den Unternehmen jedoch die hohe Fluktuation unter Mitarbeitenden.

Wirtschaftspolitischer Kurs verunsichert Investoren

Die Wirtschaftspolitik des amtierenden Staatspräsidenten Andrés Manuel López Obrador (kurz AMLO) sorgt weiterhin für Unsicherheit bei Geschäftsleuten und Investoren, auch auf deutscher Seite. Einer Umfrage der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer (CAMEXA) von Oktober 2021 zufolge sahen 53 Prozent der befragten Mitgliedsunternehmen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen als größten Risikofaktor für die kommenden zwölf Monate an. Als weitere Risiken bei der Unternehmensentwicklung nennen die Befragten: die Nachfrage (46 Prozent), die Rohstoffpreise (46 Prozent), die Rechtssicherheit (35 Prozent) und den Wechselkurs (33 Prozent). Der Fachkräftemangel und die Arbeitskosten in Mexiko wurden hingegen nur von 13 beziehungsweise 6 Prozent der Unternehmen als Risikofaktor bezeichnet.

Energiereform wird zum Problem für ausländische Firmen

Dem Energiesektor drohen drastische Eingriffe durch die Regierung: Am 30. September 2021 legte AMLO dem mexikanischen Parlament seinen Entwurf einer Energiereform vor, über die Anfang 2022 abgestimmt werden soll. Die Reform sieht eine tiefgreifende Umgestaltung des Sektors vor. So soll die staatliche Elektrizitätsgesellschaft CFE einen marktbeherrschenden Anteil von 54 Prozent der Stromerzeugung erhalten und der Anteil privater Anbieter auf 46 Prozent gekappt werden. Aktuell liegt deren Anteil bei rund 60 Prozent. Zudem sollen bestehende Verträge mit privaten Energieerzeugern gekündigt werden.
Bei der Einspeisereihenfolge sollen die Kraftwerke von CFE, die zu 80 Prozent fossile Energieträger nutzen, Vorrang haben. Auch macht die vorgeschlagene Reform widersprüchliche Angaben zur Selbstversorgung von Industrieunternehmen mit Strom aus erneuerbaren Energien. Deutsche Unternehmen mit Produktionsanlagen in Mexiko könnten bei Annahme der Reform mit zwei Problemen konfrontiert werden: Zum einen würden die Stromkosten voraussichtlich steigen, da die Erzeugungspreise von CFE rund 24 Prozent über denen privater Anbieter liegen. Zum anderen könnten Unternehmen ihren globalen Versprechen zum Umstieg auf erneuerbare Energien kaum nachkommen, wenn sie schmutzigen Strom vom staatlichen Versorger kaufen müssen.

Sicherheitslage bleibt riskant in Mexiko

Mexiko zählt zu den gefährlichsten Ländern weltweit, mit einer Mordrate von rund 29 Morden je 100.000 Einwohnern (2020). Im Jahr 2007 lag diese noch bei 8,1. Ursache für die steigenden Tötungsdelikte ist die Ausbreitung von Drogenkartellen sowie die Kämpfe zwischen den Kartellen. Betroffen von der Gewalt sind vor allem die an die USA angrenzenden Bundesstaaten Baja California und Chihuahua sowie Bundesstaaten im Zentrum des Landes wie Guanajuato, Michoacán, Jalisco und der Bundesstaat México. Die Sicherheitslage belastet auch die Wirtschaft, die unter Transportüberfällen und hohen Ausgaben zum Schutz ihrer Betriebsstätten leidet. Immerhin scheint sich die Sicherheitslage, zumindest vorübergehend, stabilisiert zu haben. Die Mordrate blieb zwischen 2019 und 2020 konstant - was jedoch auch ein Effekt des Lockdowns gewesen sein könnte.

Quelle: GTAI 2022