Konjunktur

Regionale Wirtschaft tritt 2024 auf der Stelle

Die durch die geopolitischen Konflikte geschwächte Entwicklung der Weltwirtschaft, die geldpolitische Straffung infolge hoher Inflationsraten sowie die zunehmend größere Verunsicherungen der Unternehmen und Haushalte, haben die regionale Wirtschaft im Jahr 2023 ausgebremst. Anzeichen für eine baldige Trendumkehr waren kaum auszumachen. Die regionalen Unter-nehmen senkten ihre Daumen.
Dass die Unternehmen nur wenige Monate später, im Januar 2024, ihre aktuelle geschäftliche Situation trotzdem besser einschätzen zuvor, erscheint auf den ersten Blick etwas erstaunlich. Der Anteil der Unternehmen, die ihre momentane Situation als gut bewerten, ist leicht von 35 auf 37 Prozent gestiegen. Der Anteil der Betriebe in schlechter Lage ist um zehn Punkte auf 13 Prozent gesunken. In Summe beider Effekte ergibt sich eine Verbesserung des IHK-Lageindikators (Differenz von positiven und negativen Lageeinschätzungen) von 12 auf 24 Punkte. Diese Lagebesserung durchzieht einen Großteil aller Branchen, am kräftigsten fällt sie in der Industrie aus.

Keine Entwarnung

Ein Indiz für eine konjunkturelle Wende zum Besseren ist das jedoch noch nicht. Denn die verbesserte Lageeinschätzung beruht auf einem verringerten Kostendruck und nicht auf einer gestiegenen Nachfrage und höheren Umsätzen. Die kräftig gesunkene Inflation sowie die deutlich reduzierten Energie- und Rohstoffpreise haben zu einer verbesserten Ertragslage beigetragen.
Dass bestätigen die aktuellen Tendenzen im Auftragseingang. Nur noch acht Prozent der Industrieunternehmen melden steigende Auftragseingänge aus dem Inland, mehr als viermal so viele registrieren eine sinkende Inlandsnachfrage (34 Prozent). Gleiches gilt auch für die Auslandsaufträge. Knapp 15 Prozent mit steigendem stehen 34 Prozent mit zurückgehendem Auftragseingang aus dem Ausland gegenüber. Die Auftragsbücher der Industrie leeren sich somit weiter.

Kräftige Impulse bleiben 2024 aus

Auch über diese Momentaufnahme hinaus rechnet die Industrie nicht mit zunehmenden Nachfrageimpulsen. Im Inlandsgeschäft befürchten doppelt so viele Unternehmen Umsatzverluste als Erlöszuwächse. Die Exporterwartungen haben sich zwar etwas verbessert, fallen aber nur leicht zuversichtlich aus. Positive Signale aus den USA und Asien kompensieren die Skepsis bezüglich der Eurozone und allen übrigen Absatzmärkten. Im Großhandel hat sich der Auftragsschwund gegenüber dem Herbst sogar noch verstärkt. 71 Prozent der Einzelhändler bewerten das Kaufverhalten ihrer Kundschaft derzeit als zurückhaltend. Mit einer baldigen Trendumkehr rechnet der Handel nicht.

Daumen zeigen weiterhin abwärts

Die Erwartungen der regionalen Wirtschaft für die kommenden zwölf Monate bleiben folglich nicht nur von Skepsis geprägt, sondern haben sich nochmals eingetrübt. Optimistisch blicken nur noch 15 Prozent der Unternehmen nach vorn. Der Anteil der Betriebe mit negativen Erwartungen hat sich von knapp 30 auf 34 Prozent erhöht. Jedes zweite Unternehmen rechnet mit stagnierenden Geschäften. Die regionale Wirtschaft tritt folglich 2024 bestenfalls auf der Stelle.

Stimmungskiller Wirtschaftspolitik

Die zunehmende Unzufriedenheit mit der deutschen Wirtschaftspolitik trägt zur anhaltend trüben Stimmung in der Wirtschaft bei. Innerhalb eines Jahres ist der Anteil der Unternehmen, die die Wirtschaftspolitik als Geschäftsrisiko einstufen, von knapp 28 auf über 44 Prozent geklettert. Das wirkt sich auch auf die Investitionspläne aus.
Im Inland halten sich verunsicherte Unternehmen zunehmend mit Investitionen zurück. Die nachlassenden Inlandsinvestitionen werden den wirtschaftlichen Abwärtstrend verstärken. Im Ausland locken dagegen bessere Rahmenbedingungen und Förderprogramme. Ein Drittel der Industrieunternehmen aus der IHK-Region Ulm will 2024 im Ausland investieren. Von diesen plant fast jeder zweite Betrieb sein investives Auslandsengagement weiter auszubauen und nur jeder zehnte will es einschränken.
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Zurückhaltende Beschäftigungsabsichten

Die trüben Aussichten macht sich inzwischen auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Arbeitslosenquote lag im Januar 2024 bei 3,1 Prozent - immer noch ein hervorragender Wert, aber doch 0,3 Prozentpunkte höher als im Januar 2023.
Die Beschäftigungspläne der regionalen Unternehmen deuten zudem darauf hin, dass die Betriebe künftig mit Neueinstellungen zurückhaltender agieren werden. Drei von 10 Unternehmen planen, Personal abzubauen, nur 13 Prozent der Betriebe wollen zusätzliche Stellen schaffen. Die Arbeitslosigkeit dürfte trotzdem nur wenig zunehmen. Denn die allermeisten Unternehmen werden aufgrund akuter Fachkräfteengpässe versuchen, ihre Arbeitskräfte zu halten. 59 Prozent der Betriebe nennen den Fachkräftemangel als ein Geschäftsrisiko.

Die Konjunktur in den Branchen:

Der IHK-Konjunkturklimaindex (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 191 KB) spiegelt das Ergebnis der IHK-Konjunkturumfrage in einem Wert wider. Er ist ein Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung. Entscheidend für die Interpretation der konjunkturellen Entwicklung im Zeitablauf ist die Veränderung des Index. Nimmt er zu, wird sich die Konjunktur tendenziell positiv entwickeln, nimmt er ab, verschlechtert sich hingegen tendenziell die wirtschaftliche Entwicklung.
IHK-Saldenindikatoren (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 208 KB) werden als Saldo der positiven und negativen Antworten zu den jeweiligen Fragen ermittelt und können demnach zwischen -100 und +100 Prozentpunkten liegen. Ein Indikator von Null zeigt an, dass sich die positiven und negativen Antworten genau die Waage halten.
Zum Ausweis der Arbeitslosenquote wird im Konjunkturbericht der IHK Ulm auf die Daten der Bundesagentur für Arbeit zurückgegriffen. Die zugrundeliegende Berechnungsmethodik beruht auf dem Verhältnis der Arbeitslosen zu allen zivilen Erwerbspersonen.
Der Konjunkturbericht der IHK Ulm erscheint tertialsweise. Der aktuelle Bericht basiert auf der Umfrage zum 3. Tertial 2023 und lief in den ersten drei Januarwochen 2024. Von über 38.000 Mitgliedern der IHK Ulm wurde ein repräsentativer Ausschnitt von 373 Unternehmen befragt, von denen sich 168 (46,2 Prozent) an der Umfrage beteiligten.
Anmerkung: Die IHKs in Baden-Württemberg haben zum Jahr 2007 den Modus für ihre Konjunkturumfragen umgestellt. Statt vier Umfragen werden nun nur noch drei Umfragen jährlich durchgeführt.