Konjunktur im Herbst 2024 in der IHK-Region Ulm

Stimmungseinbruch auf breiter Front

Der nun schon drei Jahre andauernde schleichende Abwärts-trend der Wirtschaft in der IHK-Region Ulm setzt sich im Herbst 2024 beschleunigt fort. Die anhaltend schwache Nachfrage aus dem In- und Ausland führt mittlerweile zu einem Mangel an Aufträgen und Umsatzverlusten in vielen Unternehmen. Zudem belasten schwierige Rahmenbedingungen. Es kommt zu einem Stimmungseinbruch auf breiter Front. Und spürbare Besserung ist derzeit nicht in Sicht.
Die konjunkturelle Schwächephase in der IHK-Region Ulm dehnt sich weiter aus, immer mehr Unternehmen und Branchen sind betroffen. Mehr als die Hälfte aller Betriebe meldet im Herbst 2024 Umsatzeinbußen. Lediglich 19 Prozent konnten gegen den allgemeinen Trend ihre Erlöse steigern. Rund ein Drittel berichtet inzwischen von einer schlechten Ertragssituation, deutlich mehr als im Frühjahr 2024 (21 Prozent).
Entsprechend hat die Zufriedenheit der Unternehmen mit dem Verlauf ihrer Geschäfte weiter nachgelassen. Der Antel der Betriebe in guter Lage ist seit dem Frühjahr von 37 auf knapp 29 Prozent zurückgegangen. Schlecht geht es inzwischen 33 Prozent der Unternehmen, ein Anstieg um 14 Prozentpunkte. Damit geht es erstmals seit der Corona-Krise wieder mehr Betrieben schlecht als gut.

Fehlende Impulse

Besserung ist nicht in Sicht. Nur noch jedes neunte Unternehmen meldet eine steigende Nachfrage. Dagegen verzeichnen sechs von zehn Betrieben eine fallende Tendenz bei den Auftragseingängen. Auch über diese aktuellen Entwicklungen hinaus erkennen nur wenige Unternehmen positive Tendenzen. 17 Prozent erwarten in den nächsten zwölf Monaten höhere Umsätze, weitere Erlöseinbußen befürchten 39 Prozent.
Die fehlenden Nachfrageimpulse veranlassen die Wirtschaft, ihre Erwartungen an die kommenden zwölf Monate deutlich zurückzuschrauben. 38 Prozent der Unternehmen gehen davon aus, dass sich die Geschäftssituation noch weiter verschlechtern wird. Weitere 50 Prozent glauben an eine Weiterentwicklung auf dem bisherigen, recht niedrigen Niveau. Nur noch jeder neunte Betrieb bleibt zuversichtlich.
Die Stimmung in der regionalen Wirtschaft war schon im Frühjahr dieses Jahres angespannt, jetzt ist sie bei zahlreichen Unternehmen regelrecht im Keller. Denn ein kräftiges Licht am Ende des Tunnels ist derzeit nicht in Sicht. Die Industrie ist besonders betroffen, die Inlandsgeschäfte sind eingebrochen, im Auslandsgeschäft erwartet sie Impulse für die nächsten Monate in überschaubarem Umfang allenfalls aus den USA und Asien. Das reicht jedoch nicht aus, die Nachfrageschwäche aus der restlichen Welt auszugleichen.
Der IHK-Konjunturklimaindex, der die Lageurteile und die Erwartungen der regionalen Wirtschaft zu einem Indexwert zusammenfasst, ist von 102 Punkten im Frühjahr auf aktuell 84 Punkte abgerutscht und liegt damit noch deutlicher unter dem langjährigen Durchschnittswert (118 Punkte). Auch die Konjunktuhr zeigt mit negativer Lage und negativen Erwartungen eine rezessive Entwicklung an.

Harte Zeiten

Bestimmt wird die aktuelle Situation jedoch nicht nur durch das Fehlen konjunktureller Nachfrageimpulse, sondern auch von zahlreichen Risiken, die die Wettbewerbsfähigkeit der Produktion hier vor Ort massiv beeinträchtigen. Dazu zählen vor allem die im internationalen Vergleich hohen Standortkosten für Arbeit und Energie.
Hinzu kommt, dass fast jedes zweite Unternehmen in dem unklaren wirtschaftspolitischen Kurs in Deutschland ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Unternehmens sieht. Es fehlt vielen Betrieben somit der Glaube, dass die Politik in der Lage und willens ist, die Risiken anzupacken Die Folge ist eine zunehmend zurückhaltende Investitionsbereitschaft in der Wirtschaft.
Vier von zehn Unternehmen haben ihre Budgets für Inlandsinvestitionen in den nächsten zwölf Monaten gekürzt, nur 18 Prozent wollen mehr investieren. In der Industrie planen sogar 46 Prozent geringere und nur 14 Prozent höhere Investitionen in Deutschland. Nicht aufschiebbare Ersatzinvestitionen nutzt die Wirtschaft vor allem für den Ausbau ihrer Digitalisierung und die Steigerung der Energieeffizienz.
In die Erweiterung der eigenen Kapazitäten oder die Expansion investiert hingegen nur noch jedes zehnte Unternehmen – der niedrigste Wert überhaupt in der 20-jähirgnen Erfassung der Investitionsmotive in der IHK-Konjunkturumfrage. Kein gutes Omen für die wirtschaftliche Entwicklung der IHK-Region Ulm, denn Expansion bedeutet Wachstum.

Personalpläne zunehmend von Zurückhaltung geprägt

Der Anteil der Unternehmen, deren Beschäftigtenzahl sich in den kommenden zwölf Monaten verringern soll, ist von 28 Prozent im Frühjahr auf aktuell 36 Prozent gestiegen. Zusätzliche Stellen wollen nur noch sechs Prozent der Betriebe schaffen (Frühjahr 9 Prozent). Doch trotz dieser veränderten Vorzeichen bleibt der Fachkräftemangel ein weiteres Risiko der Unternehmen – wenngleich die Zahl der davon betroffenen Betriebe rückläufig ist: 56 Prozent der Unternehmen haben derzeit offene Stellen, für die sie keine passenden Arbeitskräfte finden. Vor allem dual ausgebildete Fachkräfte sind rar.
Deshalb versuchen auch die meisten Unternehmen, ihre Fachleute so gut es geht im Betrieb zu halten, was die Arbeitsmarktentwicklung stabilisiert. Das zeigen auch die Stabilen Arbeitslosenzahlen: Im September 2024 betrug die regionale Arbeitslosenquote wie schon ein Jahr zuvor 3,1 Prozent und fiel damit nach wie vor deutlich geringer aus als in Baden-Württemberg (4,3 Prozent) und Deutschland (6,0 Prozent).

Politik ist gefordert

Die konjunkturelle Flaute deckt die schlechten Rahmenbedingungen in Deutschland schonungslos offen: Unzureichende Bildung, fehlende Fachkräfte, überbordende Bürokratie, unzureichende Infrastruktur sowie eine unbefriedigende Energiepolitik. Den Unternehmen fehlt immer mehr die Luft zum Atmen, die Risiken wachsen, die Chancen schwinden.
Sollte die Politik diese Hemmnisse für unternehmerisches Handeln nicht konsequent und glaubhaft anpacken, wird das Vertrauen der Wirtschaft in die Zukunftsfähigkeit Deutschlands weiter abnehmen und der hiesigen Wirtschaft ein nachhaltiger Schaden drohen.

Die Konjunktur in den Branchen:

Der IHK-Konjunkturklimaindex (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 193 KB) spiegelt das Ergebnis der IHK-Konjunkturumfrage in einem Wert wider. Er ist ein Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung. Entscheidend für die Interpretation der konjunkturellen Entwicklung im Zeitablauf ist die Veränderung des Index. Nimmt er zu, wird sich die Konjunktur tendenziell positiv entwickeln, nimmt er ab, verschlechtert sich hingegen tendenziell die wirtschaftliche Entwicklung.
IHK-Saldenindikatoren (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 209 KB) werden als Saldo der positiven und negativen Antworten zu den jeweiligen Fragen ermittelt und können demnach zwischen -100 und +100 Prozentpunkten liegen. Ein Indikator von Null zeigt an, dass sich die positiven und negativen Antworten genau die Waage halten.
IHK-Konjunkturboard: Interaktives brandneues Dashboard zur grafischen Analyse der Ergebnisse der Konjunkturumfragen der IHKs in Baden-Württemberg für Branchen und IHK-Regionen anhand von Indikatoren.
Zum Ausweis der Arbeitslosenquote wird im Konjunkturbericht der IHK Ulm auf die Daten der Bundesagentur für Arbeit zurückgegriffen. Die zugrundeliegende Berechnungsmethodik beruht auf dem Verhältnis der Arbeitslosen zu allen zivilen Erwerbspersonen.
Der Konjunkturbericht der IHK Ulm erscheint tertialsweise. Der aktuelle Bericht basiert auf der Umfrage zum 2. Tertial 2023. Von über 38.000 Mitgliedern der IHK Ulm wurde ein repräsentativer Ausschnitt von 361 Unternehmen befragt, von denen sich 134 (37 Prozent) an der Umfrage beteiligten.
Anmerkung: Die IHKs in Baden-Württemberg haben zum Jahr 2007 den Modus für ihre Konjunkturumfragen umgestellt. Statt vier Umfragen werden nun nur noch drei Umfragen jährlich durchgeführt.