Entsenderecht
Entsendung von LKW- und Omnibusfahrern
Die Entsenderegeln für Fahrerinnen und Fahrer, die gewerblich Güter oder Personen grenzüberschreitend bzw. im Ausland befördern, sind im sogenannten Mobilitätspaket I erstmalig (einheitlich) für die gesamte EU geregelt worden.
Grundlagen
Seit dem 2. Februar 2022 gelten für die Entsendung von Fahrpersonal die Regelungen der Richtlinie (EU) 2020/1057, die die Basisrichtlinien der EU zum Entsenderecht (RL 96/71/EG und RL 2014/67/EU) als „lex specialis“ auf die besonderen Gegebenheiten bei der gewerblichen Beförderung von Personen oder Gütern hin erweitert und konkretisiert. Die entsenderechtlichen Vorgaben sind sehr umfassend, wobei die wesentlichen Pflichten darin bestehen, entsendeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die im „Aufnahmemitgliedstaat” vorgeschriebenen Mindeststandards hinsichtlich der Entlohnung und der Beschäftigungsbedingungen zu gewähren. Die Mitgliedstaaten müssen die Regelungen national umsetzen, was Stand Juni 2022 in rund der Hälfte der Mitgliedstaaten noch nicht stattgefunden hat (auch die deutschen Rechtsgrundlagen sind noch nicht auf dem aktuellen Stand).
Die seit Februar 2022 geltenden Regelungen geben klar vor, welche Angaben das Unternehmen im Zuge der Erstellung einer Entsendemeldung machen muss, welche Dokumente vom Fahrer mitgeführt werden müssen und in welchem Umfang bzw. nach welchem Prozedere die Mitgliedstaaten im Rahmen von Straßen- und (nachgelagerten) Betriebskontrollen Unterlagen einfordern dürfen.
Die Generaldirektion Mobilität und Verkehr (GD MOVE) der EU-Kommission hat auf ihrer Webseite mehrere Dokumente veröffentlicht, die unklare Aspekte der neuen Vorschriften aufklären und somit zu einer einheitlichen Anwendung beitragen sollen.
Stand Juni 2022 bestehen folgende Dokumente:
Ein Fragen-Antworten-Katalog (auf Englisch), der die wesentlichen rechtlichen Auslegungsfragen umfasst.
Ein Fragen-Antworten-Katalog (auf Deutsch, auch verfügbar in den anderen EU-Amtssprachen), der Beförderungsszenarien im Güterverkehr enthält und anhand von Beispielen beschreibt, ob und wenn ja in welchen Zeiträumen die Entsendevorschriften erfüllt sein müssen.
Ein Übersichtsdokument (auf Deutsch, auch verfügbar in den anderen EU-Amtssprachen), das die wesentlichen Regelungen kurz zusammenfasst.
Stand Juni 2022 bestehen folgende Dokumente:
Ein Fragen-Antworten-Katalog (auf Englisch), der die wesentlichen rechtlichen Auslegungsfragen umfasst.
Ein Fragen-Antworten-Katalog (auf Deutsch, auch verfügbar in den anderen EU-Amtssprachen), der Beförderungsszenarien im Güterverkehr enthält und anhand von Beispielen beschreibt, ob und wenn ja in welchen Zeiträumen die Entsendevorschriften erfüllt sein müssen.
Ein Übersichtsdokument (auf Deutsch, auch verfügbar in den anderen EU-Amtssprachen), das die wesentlichen Regelungen kurz zusammenfasst.
Neues Portal für Entsendemeldungen
Für die Entsendemeldung besteht nun ein einheitliches Portal (postingdeclaration.eu/landing)– die jeweiligen nationalen Meldeverfahren und -portale sind ab dem genannten Stichtag nicht mehr erlaubt. Entsendemeldungen für Entsendungen seit dem 2. Februar müssen nun über dieses Portal erstellt werden. Eine Anleitung, wie Sie sich dort registrieren können, finden Sie unter Weitere Informationen zum Download. Das Portal und der Austausch von Dokumenten zwischen den Unternehmen und den Behörden (oder vice versa) basiert auf dem IMI-System (Internal Market Information-System).
Die Entsendemeldungen können für jeden einzelnen Fahrer mit einer Gültigkeit von bis zu sechs Monaten erstellt werden. Allerdings muss für jeden Mitgliedstaat, in den der einzelne Fahrer entsendet wird, eine gesonderte Entsendemeldung angefertigt werden. Dazu kann eine bestehende Meldung jedoch im Zuge einer Kopierfunktion als Basis dienen.
Die Entsendemeldung enthält folgende Angaben:
- die Identität des Unternehmens‚ zumindest in Form der Nummer der Gemeinschaftslizenz, sofern diese verfügbar ist
- die Kontaktangaben eines Verkehrsleiters oder einer anderen Person im Niederlassungsmitgliedstaat, der/die als Ansprechpartner für die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates, in dem die Dienstleistungen erbracht werden, zur Verfügung steht und Dokumente oder Mitteilungen versendet und in Empfang nimmt
- die Identität‚ die Wohnanschrift und die Führerscheinnummer des Kraftfahrers
- den Beginn des Arbeitsvertrags des Kraftfahrers und das auf diesen Vertrag anwendbare Recht
- das geplante Datum des Beginns und des Endes der Entsendung
- die amtlichen Kennzeichen der Kraftfahrzeuge
- ob es sich bei den Verkehrsdienstleistungen um Güterbeförderung, Personenbeförderung, grenzüberschreitende Beförderung oder Kabotage handelt
Mitführpflichten
Der Fahrer muss seit 2. Februar in Kontrollen folgende Dokumente in Papier- oder elektronischer Form vorlegen können:
- eine Kopie der über das von der EU-Kommission zur Verfügung gestellte Portal übermittelten Entsendemeldung
- Nachweise darüber, dass die Beförderungen im Aufnahmemitgliedstaat erfolgen, z. B. einen (elektronischen) Frachtbrief (nationales Muster oder (e)CMR) oder die in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 genannten Belege (bei Kabotagebeförderungen)
- die Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers, insbesondere die Ländersymbole der Mitgliedstaaten, in denen sich der Kraftfahrer bei grenzüberschreitenden Beförderungen und Kabotagebeförderungen aufgehalten hat, gemäß den Vorschriften über die Aufzeichnung und Aufbewahrung der Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EU) Nr. 165/2014, oder anderweitige Aufzeichnungen über die Tätigkeiten des Kraftfahrers am aktuellen Tag und der vorausgehenden 28 Kalendertage.
- (Beachten Sie die Ausführungen ganz am Ende zur A1-Bescheinigung)
Sollten bei Kontrollen Unklarheiten auftreten, kann die Kontrollbehörde über das Entsendeportal der EU-Kommission beim einzelnen Unternehmen Kopien folgender Unterlagen anfordern:
- Frachtbezogene Dokumente (insb. Frachtbriefe)
- Fahrtenschreiberdaten
- Unterlagen über die Entlohnung des Kraftfahrers im Entsendezeitraum
- den Arbeitsvertrag oder gleichwertige Unterlagen
- Zeiterfassungsbögen, die sich auf die Arbeit des Kraftfahrers beziehen
- Zahlungsbelege
Das Unternehmen hat infolge der Anfrage durch die zuständige (ausländische) Behörde acht Wochen Zeit, die Daten zuzuliefern. Kommt das Unternehmen seinen Auskunftspflichten nicht nach, kann die zuständige nationale Behörde eingeschaltet werden, die binnen 25 Tagen einen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes leisten muss.
Informationen über die in den anderen Mitgliedstaaten geltenden Entlohnungs- und Beschäftigungsbedingungen können über die von der EU-Kommission zur Verfügung gestellte Übersichtsseite zu den Entsendevorschriften in Erfahrung gebracht werden.
Beachten Sie auch die von der EU-Kommission zur Verfügung gestellten Leitfäden rund um das allgemeine Entsenderecht. Den Leitfaden gibt es in einer Langfassung und in einer Kurzfassung.
Bitte beachten Sie auch, dass unabhängig vom Entsendestatus, es bei jeder beruflichen Tätigkeit im EU-Ausland zu empfehlen ist, eine A1-Bescheinigung zum Nachweis der Sozialversicherung mitzuführen. Dies gilt gleichermaßen für Arbeitnehmer, Selbstständige und Geschäftsführer. Eine Mitführungspflicht haben zwar nur einige Staaten in ihrer nationalen Gesetzgebung verankert, z. B. Frankreich und Luxemburg. Die Bußgelder, die beim Fehlen der A1-Bescheinigung ausgesprochen werden können, stoßen jedoch teilweise in den vierstelligen Bereich vor. Die A1-Bescheiniung erhalten Sie regelmäßig über die jeweilige Krankenkasse.
Wo sind die Grenzen der neuen Regeln?
Da es EU-Rat und EU-Parlament (als EU-Gesetzgeber) unterlassen haben, einen konkreten Anwendungsbereich für die neuen Entsenderegeln zu etablieren, gelten diese zumindest aus Sicht der EU-Kommission nur für Fahrerinnen und Fahrer, die genehmigungspflichtige Beförderungen durchführen und auch nur dann, wenn ein Fahrzeug genutzt wird, das zwingend mit einem (digitalen) Fahrtenschreiber ausgerüstet sein muss. Diese Sichtweise ist rechtlich und sachlich kaum haltbar, wurde in den oben genannten Fragen-Antworten-Katalogen jedoch so geäußert. Bis zu einer klärenden (EU-) Rechtsprechung ist nun leider davon auszugehen, dass insbesondere die nationalen Kontrollorgane der Sichtweise der EU-Kommission folgen werden.
Das bedeutet, dass z.B. für Fahrerinnen und Fahrer im Güter-Werkverkehr oder für Fahrer von Fahrzeugen zur gewerblichen Güterbeförderung, die zwar genehmigungspflichtig sind, die aber lediglich eine zulässige Höchstmasse von nicht mehr als 3,5 t aufweisen, bei entsendepflichtigen Einsätzen im Ausland weiterhin über die “alten” nationalen Systeme eine Meldung erfolgen muss oder sollte.
Dabei ist je nach Zielland zu klären, ob dort für den konkreten Einsatz eine Entsendung überhaupt vorliegt und wenn ja, was in welchem Umfang über welches Portal gemeldet werden muss. Sie finden auf unserer Webseite zahlreiche Informationen zu den nationalen Entsendeportalen der EU-Staaten (und einiger Drittstaaten). Folgende Übersichtsseite enthält die Links auf die jeweiligen Unterseiten.
Stand: Juni 2022