Sterup, Tarp, St. Michaelisdonn: Tierbranche

Tierisch gut im Geschäft

Tiere sind heißgeliebte Familienmitglieder, die versorgt werden müssen. Mittlerweile besitzt fast jeder zweite Haushalt in Deutschland eines. Der wachsende Heimtiermarkt fördert Innovationen und neue Geschäftsideen. Die Wirtschaft hat mit zwei Start-ups und einem Mittelständler aus Schleswig-Holstein gesprochen, die den Markt aufmischen.
Das enorme Wachstum der Heimtierbranche führt zu einer großen Nachfrage nach Veterinärmedizinern. Diese können den Bedarf kaum decken – vor allem im Notdienst wird es häufig eng. Ein Grund dafür ist, dass besorgte Besitzer oft unsicher sind und dadurch nachts und am Wochenende für überfüllte Praxen sorgen. Das Start-up TierDocs24 GmbH aus Sterup im Kreis Schleswig-Flensburg hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, die Telemedizin in Deutschlands Tierarztpraxen zu bringen. „In 80 Prozent der Fälle sind die Patienten, die im Notdienst ankommen, keine Notfälle, sondern direkt lösbar oder können warten“, erklärt Tanja Kreutz, die die Plattform HaustierDocs gemeinsam mit ihrem Mann Stefan vor rund eineinhalb Jahren gegründet hat. Dort bieten sie einen 24-Stunden-Notdienst an. Innerhalb von fünf Minuten ruft ein Tierarzt zurück. Via Videotelefonat klärt der Experte ab, was zu tun ist. Neben den Notfallterminen gibt es zudem die Möglichkeit, auf HaustierDocs Online-Sprechstunden mit Spezialisten zu buchen.
Die Haustierbranche ist umkämpft – bekannt zu werden, muss man sich hart erarbeiten und es fordert ein hohes Marketingbudget.

Tanja Kreutz


Als erstes mussten die beiden Gründer die Tierärzte für ihr Netzwerk gewinnen. „Mit 200 praktizierenden Tierärzten bildet Haustier-Docs heute schon deutschlandweit den größten Zusammenschluss von Tierarztpraxen, die gemeinsame Dienstpläne und Verfügbarkeiten in Notdienstzeiten organisieren“, sagt Stefan Kreutz. „Die ersten Landestierärztekammern beginnen bereits HaustierDocs zu empfehlen“, ergänzt Tanja Kreutz. Nun müssen die beiden die Haustierbesitzer auf ihre Website bringen – was ihnen nach eigenen Angaben bisher gut gelingt. Viele Kunden sehen die ersparten Kosten und die Stressreduktion für die Tiere. Eine Videoberatung am Wochenende sei etwa weitaus günstiger als ein Termin in der Notfallsprechstunde vor Ort. „Die Haustierbranche ist umkämpft – bekannt zu werden, muss man sich hart erarbeiten und es fordert ein hohes Marketingbudget“, so Tanja Kreutz. Dafür suchen die Gründer weiterhin Investoren, die die tierärztliche Versorgung verbessern wollen.
Bei dem Tarper Unternehmen Trixie begann 1974 alles mit einem jungen Dänen, der von Flensburg aus als fahrender Händler Geschäfte in ganz Schleswig-Holstein mitKauknochen und Hundeleinen anfuhr. Heute ist aus dem Ein-Mann-Betrieb von Bonnik Hansen der europäische Marktführer für Heimtierzubehör geworden, der 6.000 Produkte für Hunde, Katzen, Kleintiere, Vögel und Reptilien weltweit verkauft. Trixie deckt mit seinen Produkten die gesamte Lebensspanne von Geburt bis Seniorenalter ab und positioniert sich mit der Leitidee als „Freunde fürs Leben“. „Der Servicegedanke und die absolute Zuverlässigkeit, die Bonnik Hansen damals schon gelebt hat, war etwas Besonderes und ein Grund für seinen Erfolg“, erklärt Claudia Menzel, Marketingleiterin bei Trixie.
Wir bleiben immer in Bewegung, um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein.

Claudia Menzel

Begünstigt hat das Wachstum auch ein immer größer werdender Markt. Allein in den letzten elf Jahren ist der Gesamtumsatz der deutschen Heimtierbranche um mehr als drei Milliarden Euro gestiegen: 2013 lag er bei 3,9 Milliarden Euro, im Jahr 2023 bei rund 7,1 Milliarden Euro. Und er wächst weiter – trotz aktueller Konjunkturschwäche. „Wir bleiben immer in Bewegung, um der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein“, so Claudia Menzel. Seit zehn Jahren setzt der Betrieb verstärkt auf eigene Produktdesigner, die regelmäßig neue Artikel entwickeln oder bestehende optimieren. Aktuell sind smarte Produkte ein großes Thema wie etwa eine vollautomatische Katzentoilette, die sich selbst reinigt.

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© Trixie Heimtierbedarf
Aktiv arbeitet Trixie auch an den Themen Tierwohl und Nachhaltigkeit. So hat es Stachelhalsbänder für Hunde schon vor Jahren aussortiert. „Es gibt heute ganz andere Erkenntnisse über Tierhaltung als früher – zum Glück. Danach richten wir unsere Artikel aus.“ Das Unternehmen sei sich zudem seines ökologischen Fußabdrucks bewusst. Claudia Menzel sagt: „Wir verzichten auf so viel Verpackungsmüll wie möglich, setzen auf nachhaltige Mobilität und Energien, aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns.“
Auch die Tales & Tails GmbH in St. Michaelisdonn, Dithmarschen, legt großen Wert auf das Wohl der Tiere. 2018 haben Stella Mohr, Kaja Ringert und Cathrin Wellens das Unternehmen mit dem Ziel gegründet, nicht nur ein hochwertiges Futter zu entwickeln, sondern auch Umwelt und Tieren in Not etwas Gutes zu tun.

„Ein Teil unserer Produkte wird auf Island produziert. Den Fisch dafür fangen die Fischer vor Ort. Durch ein Quotensystem werden die Bestände nachhaltig überwacht und geschützt“, erklärt Stella Mohr. Das Fleisch von Rindern, Hühnern und Pferden beziehen sie von regionalen Betrieben, um lange Transportwege zu vermeiden. „Zudem können unsere Kunden Spendenpakete kaufen. Und wir spenden einen Teil unserer Gewinne sowie eigene Bestände, die sich dem Haltbarkeitsdatum nähern, an Tierschutzprojekte. Das möchten wir in Zukunft weiter ausbauen“, sagt Cathrin Wellens.

Sie setzen auf eine kurze Zutatenliste, einen hohen Fleischanteil und verzichten auf Zusatzstoffe, so die Gründerinnen. Neue Rezepturen und Produkte entwickeln sie gemeinsam mit ihren Kunden. Über Social Media und den Newsletter befragen sie ihre Community, die über 200.000 Follower umfasst. „Dadurch sind wir nah am Verbraucher“, sagt Kaja Ringert. So sind neben verschiedenen Nass- und Trockenfuttersorten und Leckerlis auch Nahrungsergänzungsmittel zum Sortiment hinzugekommen.

Das 15-köpfige Team arbeitet von überall aus Deutschland und Europa. „Bis auf den Bereich Logistik, der bei uns in St. Michaelisdonn sitzt. Durch den kurzen Weg können wir Aktionen und den Versand schneller und flexibler durchführen“, sagt Stella Mohr. Die drei Gründerinnen fühlen sich so gut aufgestellt und dem umkämpften Heimtiermarkt gewachsen.

Autorinnen: Aenne Boye und Joana Detlefs
Veröffentlicht: Oktober 2024