Gründungsszene im Norden

Im Norden durchstarten

Auch in Schleswig-Holstein findet sich eine innovative Gründerszene. Dazu gehört Lasse Petersen aus Leck, der mit 3D-Nord Kunden aus ganz Deutschland gewinnt.
Die Vorlage steht. Zwischen 40 aufgereihten Geräten startet der ausgewählte 3D-Drucker. Er soll ein Bauteil für eine Biogasanlage produzieren. Nach einigen Minuten ist der Vorgang beendet – das Bauteil ist fertig. Der nächste Auftrag kann starten. Im Februar 2023 hat Lasse Petersen mit 3D-Nord den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Die Idee für das 3D-Drucken kam ihm beim eigenen Van-Ausbau. „Im Sommer 2020 habe ich meinen Sprinter ausgebaut. Viele Ersatzteile waren teuer und schwierig zu bekommen. Zuvor haben meine Eltern mir zu Weihnachten einen 3D-Drucker geschenkt. Da kam mir die Idee, es damit zu probieren. Nach einigen Anläufen und Experimenten hat es geklappt“, sagt der 25-Jährige.
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© 3D-Nord
„Ich bin daraufhin zunächst auf Firmen zugegangen, die auf den Van-Ausbau spezialisiert sind. Nach und nach folgten dann Anfragen aus anderen Branchen wie dem Biogassektor“, so Petersen. Zuletzt kam die Dentaltechnik dazu: Tobias Josten, Co-Geschäftsführer und gelernter Dentaltechniker, überzeugte ihn, die Produktion auf diesen Bereich gezielt auszuweiten. Unter der Marke SmilePrint produzieren die beiden Zahnschienen nach Modellvorlage für Labore.

„Je nach Anforderungen können wir zwischen 30 verschiedenen Materialen auswählen. Das ermöglicht uns, individuelle Resultate zu erzielen“, erklärt der Gründer. Zudem sei das 3D-Drucken ressourcenschonend und verbraucherfreundlich, da die Reste zu 100 Prozent recyclebar und sowohl Einzel- als auch Serienausstattung möglich seien. Lasse Petersen war noch mitten im Studium, als er sich entschied, zu gründen. Bereut habe er die Entscheidung nicht: „Für mich war das schon immer ein Thema. Ich wollte meine Ideen und Visionen eigenständig in Form bringen und umsetzen.“ Mit Gleichgesinnten über die eigenen Erfahrungen und Herausforderungen zu sprechen, habe ihm besonders geholfen. „Dafür habe ich viele regionale Netzwerktreff en und Anlaufstellen besucht. Dort konnte ich Kontakte knüpfen und zudem mit Fachpersonal sprechen, die mir erklärt haben, welche Schritte es für die Gründung bedarf. Der Zugang zu solchen Experten wäre sonst schwieriger gewesen“, erklärt er.
Oft hört man nur von den Erfolgen, aber auf dem Weg dahin gibt es viele Hürden.

Lasse Petersen


Natürlich ging auch mal etwas schief. „Oft hört man nur von den Erfolgen, aber auf dem Weg dahin gibt es viele Hürden“, sagt er und rät davon ab, aus Angst vor dem Scheitern zu viel Zeit mit der Vorbereitung zu verbringen. „Die Ideen auszutesten und zu verbessern, bringt mehr als sie zu zerdenken. Es ist wichtig, zeitnah Feedback von potenziellen Kunden zu bekommen, um den Markt auch entsprechend bedienen zu können.“

Das bestätigt auch Dr. Ines Lietzke-Prinz, Professorin für Human Resource Management (HRM) und Entrepreneurship an der Fachhochschule Westküste in Heide. „Wer zu lange im eigenen Saft rührt, verpasst womöglich den richtigen Zeitpunkt für den Markteintritt. Zudem besteht die Gefahr, an Kundenbedürfnissen vorbeizuentwickeln“, erklärt sie. Frühzeitige Testläufe seien deshalb ein Muss. In ihrer Arbeit mit Studierenden begegnen ihr immer wieder Gründungsideen. Dass die Möglichkeit bestehe, sei aber noch nicht bei jedem angekommen. „Viele Menschen – egal ob jung oder alt, Studierende oder Auszubildende – sind sich nicht bewusst, dass es mehr als ein Angestelltenverhältnis sein kann. Selbständigkeit oder eine Unternehmensnachfolge haben sie nicht auf dem Zettel“, sagt sie. Deshalb sei es wichtig, dass Nachwuchskräfte dazu früh animiert werden, nachzufragen, zu beobachten, auszutesten und sich auszutauschen, um diese Fähigkeiten zu fördern.
Hier ist alles sehr direkt und persönlich; das macht es leichter für Gründungsinteressierte.

Dr. Ines Lietzke-Prinz


Denn die Gegebenheiten für eine Gründung sind besonders gut im Norden. „Die Wege zu Anlaufstellen sind kurz, der Kontakt zu Ansprechpartnern ist schnell geknüpft – hier ist alles sehr direkt und persönlich; das macht es leichter für Gründungsinteressierte“, so Lietzke-Prinz. Im Wettbewerb um Fördermöglichkeiten sei die Konkurrenz zudem geringer. Das biete Potenzial für neue Geschäftskonzepte in der Region. „Erneuerbare Energien und der Tourismus sind starke Wirtschaftszweige, aber Schleswig-Holstein ist nicht festgelegt auf bestimmte Sektoren und bietet Möglichkeiten in vielen Zukunftsbranchen. Das zieht auch Ansiedlungen von außerhalb an“, sagt sie.
Auch Lasse Petersen möchte deshalb in Nordfriesland bleiben: „Als energieintensives Unternehmen profitieren wir von den Erneuerbaren. Zudem gefällt mir der Gedanke, dass ich so etwas an meine Heimat zurückgeben kann.“

Autorin: Joana Detlefs
Veröffentlicht Oktober 2024