Fachthemen
Arbeitsentgelt
Die Höhe der Vergütung des Arbeitnehmers kann durch Tarifvertrag, durch Gesetz, im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag geregelt werden.
Stand: Oktober 2022
Die Entgeltzahlung ist die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers und die Gegenleistung zur Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Die Bestimmung der angemessenen Höhe des Entgelts bereitet manchmal Schwierigkeiten. Oft unterliegt sie der freien Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein konkreter Anspruch auf eine bestimmte Höhe kann sich aber auch aus Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Gesamtzusage, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.
1. Mindestlohn
Die Bundesregierung hat mit dem Mindestlohngesetz (MiLoG) seit 2015 bundesweit einen flächendeckenden Mindestlohn eingeführt, der seit 1. Oktober 2022 12 Euro brutto pro Zeitstunde beträgt. Abweichungen von diesem gesetzlichen Mindestlohn sind nur zulässig, soweit sie im Gesetz zugelassen sind. Weitere Informationen dazu finden Sie im IHK-Merkblatt "Mindestlohn".
Mindestlohn muss nicht gezahlt werden bei Kindern und Jugendlichen (unter 18) ohne Berufsabschluss, Auszubildenden, ehrenamtlich Tätigen sowie unter bestimmten Voraussetzungen bei Praktikanten und Langzeitarbeitslosen.
Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) bietet für bestimmte im Gesetz genannte Branchen einen Rechtsrahmen, um tarifliche Mindestlöhne durch Allgemeinverbindlichkeitserklärung oder Rechtsverordnung für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einer Branche verbindlich zu machen. Eine Erweiterung auf nicht explizit im AEntG erwähnte Branchen kommt in Betracht, wenn dies nach einem Antrag der Tarifvertragsparteien beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung bestimmt wird.
Gegenwärtig umfasst das AEntG folgende Branchen:
- Abfallwirtschaft
- Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach SGB II oder SGB III
- Bauhauptgewerbe
- Dachdeckerhandwerk
- Elektrohandwerk
- Gebäudereinigung
- Gerüstbauer-Handwerk
- Maler- und Lackiererhandwerk
- Pflegebranche
- Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk
- Zeitarbeitsbranche (Lohnuntergrenze)
Eine Übersicht über die Branchen und ihre Mindestlöhne finden Sie auf der Seite des Zolls.
Bei der Arbeitnehmerüberlassung ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung die im Entleiherbetrieb für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts zu gewähren. Abweichungen sind durch Tarifverträge möglich. Nähere Informationen enthält das IHK-Merkblatt „Arbeitnehmerüberlassung“.
2. Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung
Ein verbindlicher Anspruch auf eine bestimmte Entlohnung kann sich aus einem Tarifvertrag ergeben. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass beide Parteien tarifgebunden sind. Dafür muss der Tarifvertrag zunächst räumlich, fachlich und persönlich für einen Arbeitsvertrag einschlägig sein. Darüber hinaus müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an dem Tarifvertrag beteiligt sein. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber beim tarifschließenden Arbeitgeberverband und der Arbeitnehmer bei der tarifschließenden Gewerkschaft Mitglieder sind. Der Arbeitgeber kann auch selbst Vertragspartei sein und einen Haus- oder Firmentarifvertrag mit der Gewerkschaft abschließen.
Tarifverträge gelten auch für sonst ungebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wenn das Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich eines Tarifvertrages fällt, der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales oder vom jeweiligen Landesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung führt zu einer unmittelbaren und zwingenden Wirkung des Tarifvertrages zwischen den Parteien. In vielen Branchen sind nicht alle bestehenden Tarifverträge allgemeinverbindlich, sondern oft nur einzelne Tarifverträge mit bestimmten Regelungsinhalten.
Näheres zu allgemeinverbindlichen Tarifverträgen finden Sie in der Übersicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Schließlich können Tarifverträge auch durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Individualvertrag einbezogen werden. Nähere Informationen zum Thema Tarifvertrag finden Sie auch in unserem IHK-Merkblatt „Tarifauskunft und Geltung von Tarifverträgen“. Gilt kein Tarifvertrag oder lässt dieser eine Betriebsvereinbarung hierüber ausdrücklich zu, kann sich ein Anspruch auf eine bestimmte Entgelthöhe auch aus einer Betriebsvereinbarung ergeben.
Beachtet werden muss, dass der gesetzliche Mindestlohn auch durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung nicht unterschritten werden darf.
Eine Übersicht zu den nach TVG, AEntG und AÜG geltenden Mindestlöhnen finden Sie auf der Internetseite des Zolls unter „Übersicht Branchen-Mindestlöhne“.
3. Arbeitsvertrag
Ist im konkreten Arbeitsverhältnis der gesetzliche Mindestlohn eingehalten und besteht keine tarifvertragliche Pflicht, einen bestimmten Lohn zu bezahlen, so können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Höhe des Lohnes (die über den gesetzlichen Mindestlohn hinausgeht) grundsätzlich frei vereinbaren. Dabei ist eine Orientierung am Tariflohn möglich. Die Vertragsfreiheit kann jedoch dadurch eingeschränkt werden, dass der Arbeitgeber sich durch eigene Zusagen selbst verpflichtet oder dass von ihm eine gleiche Behandlung von vergleichbaren Arbeitnehmern erwartet werden kann.
Verspricht der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern zum Beispiel durch einen Aushang am „Schwarzen Brett“ bestimmte Leistungen, so begründet diese Gesamtzusage bei jedem einzelnen Arbeitnehmer einen Anspruch. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme des einzelnen Arbeitnehmers kommt es nicht an.
Einen solchen Anspruch kann der Arbeitnehmer auch ohne ausdrückliche Erklärung allein durch die tatsächliche Gewohnheit erhalten, wenn der Arbeitgeber wiederholt Leistungen oder Vergünstigungen gewährt und damit eine betriebliche Übung entsteht, auf die der Arbeitnehmer auch künftig vertrauen darf. Um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht, kann der Arbeitgeber z. B. die Gewährung der Zusatzleistung mit dem Hinweis verbinden, dass diese freiwillig erfolgt und dadurch kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird.
Bedeutend für die Höhe des Arbeitsentgelts wie auch für die Zusatzleistungen kann auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sein. Dabei handelt es sich nicht nur um ein allgemeines Gerechtigkeitsprinzip, das dazu dienen soll, den Betriebsfrieden zu gewährleisten, sondern um einen konkreten Anspruch des Arbeitnehmers, nicht schlechter gestellt zu werden als andere Arbeitnehmer in gleicher Situation. Unsachliche und willkürliche Differenzierungen zwischen Arbeitnehmern darf der Arbeitgeber nicht vornehmen, er muss aber auch nicht alle „über einen Kamm scheren“. Voraussetzung ist, dass nur Arbeitnehmer miteinander verglichen werden, die sich in einer im Wesentlichen übereinstimmenden Lage befinden. In der Praxis stellt die Feststellung, ob Arbeitnehmer vergleichbar sind oder nicht, ein Problem dar, dessen Lösung stark vom Einzelfall abhängig ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz berechtigt jedenfalls nicht einen nichtorganisierten Arbeitnehmer zum tarifvertraglich vereinbarten Lohn, da die Gewerkschaftszugehörigkeit nach der Rechtsprechung einen sachlichen Differenzierungsgrund darstellt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt nicht bei einer Aushandlung der Vergütung; diese unterliegt im Wesentlichen der Vertragsfreiheit (bei Beachtung des Mindestlohns).
4. Grenzen der Vertragsfreiheit
Eine arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung verstößt gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Die Vereinbarung ist dann nichtig. Das tatsächlich zu zahlende Entgelt bemisst sich an der üblichen Höhe. Wird die Unerfahrenheit oder eine Zwangslage des Arbeitnehmers ausgenutzt, so kann ein Fall von § 138 Abs. 2 BGB vorliegen und der strafrechtliche Wuchertatbestand des § 291 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch erfüllt sein. Ein auffälliges Missverhältnis und Lohnwucher sind nach der Rechtsprechung anzunehmen, wenn weniger als 2/3 des tariflichen oder üblichen Lohns gezahlt werden.
Ausgangspunkt zur Festlegung des Wertes der Arbeitsleistung sind die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs, wenn in dem Wirtschaftsgebiet üblicherweise der Tariflohn gezahlt wird. Liegt die verkehrsübliche Vergütung unterhalb des Tariflohns, ist zur Ermittlung des Wertes der Arbeitsleistung von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. März 2004, Az.: 5 AZR 303/03).
Insbesondere muss beachtet werden, dass jegliche Vereinbarungen, die den gesetzlichen Mindestlohn beschränken, unwirksam sind. Gewährt der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn nicht, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro geahndet werden kann.
5. Auskunftsanspruch, Prüf- und Berichtspflichten
Nach dem Entgelttransparenzgesetz sind im Wesentlichen folgende Regelungen zu beachten:
Beschäftigte in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten haben einen Auskunftsanspruch über die Kriterien und Verfahren für die Entgeltfestlegung. Dieser Anspruch erstreckt sich sowohl auf das eigene Entgelt des Anspruchsstellers als auch auf die Vergütung von Kolleginnen bzw. Kollegen, die eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit ausüben. Zusätzlich kann Auskunft über bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile verlangt werden. Auskunftsberechtigt sind Beschäftigte, die für denselben Arbeitgeber und im selben Betrieb tätig sind und die ihr Auskunftsverlangen in Textform geltend machen.
Die entsprechende Vergleichstätigkeit ist vom Beschäftigten in zumutbarer Weise zu benennen. Die Auskunft erfolgt dann nicht durch die Mitteilung des konkreten Entgelts eines anderen Beschäftigten. Stattdessen ist das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt einer „Vergleichsgruppe“ anzugeben. Die Vergleichsgruppe besteht jeweils aus den Mitarbeitern des anderen Geschlechts mit gleichwertiger Tätigkeit. Wird die Vergleichstätigkeit von weniger als sechs Beschäftigten des anderen Geschlechts ausgeübt, ist das Vergleichsentgelt aus Datenschutzgründen nicht anzugeben. Bei der Berechnung des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts ist neben dem durchschnittlichen Grundlohn auch jede sonstige unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen gewährte Vergütung zu berücksichtigen.
Für tarifgebundene und -anwendende Unternehmen soll der Auskunftsanspruch über die Betriebsräte wahrgenommen werden. Beschäftigte nicht tarifgebundener und nicht tarifanwendender Arbeitgeber wenden sich für ihr Auskunftsverlangen direkt an den Arbeitgeber. Eine Geltendmachung des Anspruchs ist grundsätzlich alle zwei Jahre möglich.
Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten sind aufgefordert, durch die Anwendung betrieblicher Prüfverfahren, die aus einer Bestandsaufnahme, einer Analyse und einem Ergebnisbericht bestehen, ihre Entgeltregelungen auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots zu überprüfen. Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, die zur Erstellung eines Lageberichts nach den §§ 264, 289 HGB verpflichtet sind, müssen einen Bericht erstellen, der Auskunft darüber gibt, inwiefern die Gleichstellung und Entgeltgleichheit von Frauen und Männern gefördert wird, und diesen als Anlage mitveröffentlichen. Diese Pflicht besteht grundsätzlich alle drei Jahre, für tarifgebundene und -anwendende Unternehmen alle fünf Jahre.
6. Auftraggeberhaftung
Unternehmer, die einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragen, haften nach dem Mindestlohngesetz für die Verpflichtung dieses Unternehmers, den Mindestlohn zu zahlen. Weitere Informationen finden Sie im IHK-Merkblatt „Mindestlohn“.
7. Checkliste
Zusammenfassend gilt folgende Checkliste für die Festlegung eines Arbeitsentgelts:
- Gibt es einen gesetzlichen Mindestlohn?
- Ist ein Tarifvertrag abgeschlossen?
- Ist ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt?
- Ist ein Tarifvertrag in den Individualvertrag einbezogen worden?
- Gibt es eine Betriebsvereinbarung über Löhne?
- Besteht eine Gesamtzusage durch den Arbeitgeber?
- Besteht eine betriebliche Übung?
- Besteht ein Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz?
- Als Richtschnur: Was ist der branchenübliche Lohn in der Region?
Informationen zur üblichen Vergütung in der Region finden Sie im Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit.
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.