Kündigung von Unterlassungserklärungen

1. Allgemeines
Wettbewerbsverstöße ziehen vielfach wettbewerbsrechtliche Abmahnungen nach sich. Ein Beispiel für einen Wettbewerbsverstoß ist die Werbung mit einer Preisreduzierung, obwohl der angegebene Ausgangspreis tatsächlich nie verlangt wurde (Mondpreis). Gegen einen solchen Wettbewerbsverstoß kann regelmäßig mit einer Abmahnung vorgegangen werden. Die Unternehmen müssen dann in den meisten Fällen eine Erklärung abgeben, die entsprechende Werbemaßnahme nicht mehr durchzuführen (wettbewerbsrechtliche Unterlassungserklärung). Diese Unterlassungserklärung ist ein Vertrag zwischen dem Abgemahnten und dem Abmahnenden. Die Unterlassungserklärung ist in der Regel mit dem Versprechen verbunden, bei jedem Wiederholungsfall eine Vertragsstrafe zu zahlen. Die Höhe der Vertragsstrafe hängt von der Schwere des Verstoßes ab und liegt regelmäßig zwischen 2.500 EUR und 10.000 EUR. Die Vertragsstrafe fällt auch dann an, wenn ein so genannter "kerngleicher" Verstoß gegen eine bereits abgegebene Unterlassungserklärung vorliegt. Bei nur geringer Abweichung des wettbewerbswidrigen Verhaltens vom ursprünglichen Verstoß muss also keine erneute Abmahnung erfolgen, die Vertragsstrafenandrohung kann ihre Wirkung entfalten.
2. Folgen einer Rechtsänderung für Unterlassungserklärungen
Änderungen in der Rechtsprechung bzw. Gesetzesänderungen können zur Folge haben, dass bislang unzulässige Verhaltensweisen zulässig werden. Dies gilt auch im Wettbewerbsrecht. Für Werbende, die nach alter Rechtslage eine Unterlassungserklärung (z. B. gegenüber Wettbewerbsvereinen) abgegeben haben, stellt sich immer die Frage, ob sie auch nach aktueller Rechtslage an die alte Unterlassungserklärung gebunden sind. Nach der Rechtsprechung wird eine abgegebene Unterlassungserklärung nicht durch eine Rechtsänderung unwirksam. Sie muss weiter beachtet werden. Durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung schließt der Abgemahnte mit dem Abmahnenden einen Vertrag. Dieser Vertrag ist regelmäßig zeitlich nicht befristet und bleibt deshalb auch bei Änderung der Rechtslage bestehen.
3. Automatische Auflösung des Unterwerfungsvertrages
Enthält die abgegebene Unterlassungserklärung eine auflösende Bedingung für den Fall, dass sich die Rechtslage zu Gunsten des Schuldners ändert (z. B. bei einer Gesetzesänderung oder Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung), so löst sich der Unterwerfungsvertrag mit dem Zeitpunkt der Änderung der Rechtslage auf. Vertragsstrafen werden dann nicht mehr fällig.
4. Außerordentliches Kündigungsrecht bei Änderung der Rechtslage
Verträge können aber auch außerordentlich gekündigt werden, sofern ein entsprechender Kündigungsgrund vorliegt. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung besteht bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärungen auch bei einer grundsätzlichen Änderung der Rechtslage. Beispiele hierfür sind die Abschaffung des Rabattverbotes, des Sonderverkaufsverbotes oder gesetzliche Änderungen im Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen.
Praxistipp:
Alle Unterlassungserklärungen, die in der Vergangenheit abgegeben wurden, sollten regelmäßig überprüft werden. Ist die (Werbe)-Maßnahme, für die eine Unterlassungserklärung abgegeben wurde, nun erlaubt, so ist eine Kündigung vorzubereiten. Wichtig ist, dass die Kündigung immer nur mit Wirkung für die Zukunft gilt und nicht rückwirkend erklärt werden kann. Erst nach bestätigter Kündigung sollte eine durch Rechtsänderung zulässig gewordene Werbemaßnahme erfolgen.
Beispiele:
  • Kündigung möglich:
    Unterlassungserklärung, in Zukunft nicht mehr mit der generellen Preisreduzierung aller Schuhe zu werben. Dies ist aber inzwischen erlaubt.
  • Kündigung nicht möglich:
    Unterlassungserklärung, zukünftig nicht mit einem Preisvergleich zwischen unverbindlichen Preisempfehlungen und ihrem Preis zu werben, obwohl es keine unverbindlichen Preisempfehlungen gibt. Dieses Verhalten ist nach wie vor unzulässig.
5. Frist für die außerordentliche Kündigung
Die Kündigung der Unterlassungserklärung muss zeitnah, innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnis des Kündigungsberechtigten von der Änderung der Rechtslage erfolgen. Andernfalls könnte die Berechtigung zur fristlosen Kündigung verfallen sein. Die Rechtsprechung hält einen Zeitraum von wenigen Wochen, bis circa drei (höchstens vier) Monaten für angemessen. Die Kündigung sollte mit der Bitte um eine Bestätigung der Kündigung verbunden werden. Um dem Empfänger der Kündigung die Prüfung zu erleichtern, ob die Kündigung tatsächlich gerechtfertigt ist, sollte die abgegebene Unterlassungserklärung in Kopie beigefügt werden.
6. Muster Kündigung Unterlassungserklärung
Hiermit kündigt der Unterzeichner die am ... gegenüber ... abgegebene, strafbewehrte Unterlassungserklärung aus wichtigem Grund. Die seit ... geänderte Rechtslage führt dazu, dass die (Werbe)-Maßnahme / Veranstaltung, deren Unterlassung zugesagt wurde, nunmehr zulässig ist. Somit besteht kein Bedarf, an der Unterlassungserklärung weiter festzuhalten. Wir bitten um Bestätigung der Kündigung bis zum ...
Ort, Datum Unterschrift
Anlage
Unterlassungserklärung vom ... in Fotokopie