Widerrufsrecht im Fernabsatz und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen

Verbrauchern steht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu. Unternehmer sind dann verpflichtet, den Verbraucher unter anderem über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über das Muster-Widerrufsformular zu informieren.
Der Unternehmer kann diese Informationspflichten dadurch erfüllen, dass er das gesetzlich vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung zutreffend ausgefüllt in Textform übermittelt.
Obwohl die europäische Verbraucherrechte-Richtlinie bereits 2014 in Kraft getreten ist damit die Widerrufsrechte europaweit vereinheitlicht wurden, finden sich auf Internetseiten im B2C-Bereich (Verträge eines Unternehmers gegenüber einem Verbraucher) häufig noch alte Angaben und Muster zum Widerrufsrecht des Verbrauchers. Wer alte Muster verwendet, riskiert eine Abmahnung.
1. Was sind Fernabsatzverträge?
Wenn zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ein Vertrag geschlossen wird, bei dem beide nicht gleichzeitig körperlich anwesend sind, spricht man von einem Fernabsatzvertrag. Typischerweise gehören Verträge aufgrund von Bestellungen über Onlineshops, aber auch telefonische Vertragsabschlüsse zu den Fernabsatzverträgen.
2. Was sind außerhalb Geschäftsräumen geschlossene Verträge?
Für Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten wie diese zwischen Unternehmer und Verbraucher zustande kommen. Allgemein lässt sich sagen, dass Verträge als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen gelten, wenn der Vertragsschluss oder das Angebot des Unternehmers an einem Ort stattfindet, an dem der Verbraucher üblicherweise nicht damit rechnen muss, dass er mit dem Vertragsschluss bzw. dem Angebot konfrontiert wird. Klassischerweise versteht man also sogenannte „Haustürgeschäfte“ darunter. Ebenfalls als außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen ist der Vertrag, wenn er zwar im Geschäftsraum des Unternehmers geschlossen wird, die vorherige Akquise jedoch außerhalb dieses Raumes erfolgt ist. Zuletzt fallen auch Vertragsschlüsse auf sogenannten „Kaffeefahrten“, also Ausflüge, die durch Unternehmer organisiert werden, um für Waren oder Dienstleistungen zu werben, unter die Regelungen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Verträge.
3. Was bedeutet Widerrufsrecht?
Im Fall des Widerrufs ist eine Erklärung des Verbrauchers ausreichend, dass er den Vertrag widerruft. Dann ist der Vertrag rückabzuwickeln, d. h. empfangene Leistungen und Waren sind gegenseitig zurückzugeben.
4. Widerrufsfrist
Die Widerrufsfrist ist für alle Mitgliedstaaten auf 14 Tage ab Erhalt der Ware festgelegt.
5. Belehrungspflichten
Der Unternehmer muss den Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss eines Fernabsatzvertrags in Textform (das bedeutet per Brief, Telefax, E-Mail) und in einer hervorgehobenen und deutlichen Form über die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung und Rechtsfolgen des Widerrufsrechts informieren. Sofern bei Online-Auktionen wie z. B. eBay ein 14tägiges Widerrufsrecht gewährt werden muss, ist es erforderlich, 'unverzüglich nach' Vertragsschluss - sinnvollerweise mit der Bestellbestätigungsmail - zu belehren. Die Informationen müssen
  • an gut wahrnehmbarer Stelle untergebracht und ohne langes Suchen auffindbar sein (Erreichbarkeit)
  • bei der Verwendung von Hyperlinks klar gekennzeichnet sein (sprechender Hyperlink)
  • wenn sie im Rahmen weiterer Vertragsbestandteile oder AGB mitgeteilt werden, von den übrigen Informationen klar abgegrenzt (optisch hervorgehoben) sein
  • und rechtzeitig vor Abgabe einer Verbrauchererklärung mitgeteilt werden.
6. Muster für die Widerrufsbelehrung
Gesetzliche Muster für Widerrufsbelehrung sowie das Muster-Widerrufsformular finden Sie unter folgenden Links:
Für Finanzdienstleistungen gibt es ein spezielles Muster:
Im BGB wird explizit geregelt, dass mit Verwendung der Musterbelehrungen die gesetzlichen Anforderungen an eine korrekte Widerrufsbelehrung erfüllt sind. Der Unternehmer darf maßvoll in Format und Schriftgröße von den Mustern abweichen und Zusätze wie die Firma oder ein Kennzeichen des Unternehmers anbringen.
Für Verbraucherdarlehensverträge gelten besondere Regelungen.
7. Widerrufsrecht bei falscher Belehrung
Im Falle einer fehlenden oder nicht korrekten Widerrufsbelehrung verlängert sich das Widerrufsrecht nach Ablauf der 14-Tages-Frist auf dann 12 Monate und 14 Tage. Außerdem besteht nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2023 ein erhebliches Kostenrisiko für Unternehmer, die falsch oder gar nicht über die Widerrufsrechte belehren. Unterbleibt die Belehrung über das bestehende Widerrufsrecht und wurde eine vereinbarte Dienstleistung durch den Unternehmer bereits erbracht, kann die Dienstleistung normalerweise nicht wie eine körperliche Ware an den Unternehmer zurückgegeben werden. In diesem Fall besteht trotzdem ein Widerrufsrecht, das dazu führt, dass der Unternehmer ohne jeden Ersatz für bereits erbrachte Dienste bleibt.
8. Widerrufserklärung
Verbraucher müssen den Widerruf ausdrücklich erklären. Einen Grund für den Widerruf muss der Verbraucher nicht nennen. Das bloße Zurücksenden der Ware reicht dafür nicht aus. Der Unternehmer kann den Verbrauchern ein (Internet-)Formular zur Verfügung stellen, welches diese ausfüllen und an den Unternehmer schicken können. Die Schrift- oder Textform der Widerrufserklärung ist jedoch nicht erforderlich. Der Verbraucher muss nicht explizit den Begriff „Widerruf“ verwenden. Es reicht aus, wenn objektiv erkennbar ist, dass der Verbraucher sich vom Vertrag lösen möchte.
9. Kosten der Hinsendung
Die regulären Hinsendekosten trägt der Unternehmer mit Ausnahme etwaiger Expresszuschläge.
10. Kosten der Rücksendung
Die Rücksendekosten bei Ausübung des Widerrufsrechts sind - unabhängig vom Warenwert - vom Verbraucher zu tragen, wenn der Händler über diese Rechtsfolge vorab belehrt hat.
Den Unternehmern ist es jedoch freigestellt, auch weiterhin die Rücksendekosten zu übernehmen.
11. Zurückbehaltungsrecht
Der Unternehmer kann die Rückerstattung des Kaufpreises verweigern, solange er die Ware nicht erhalten oder der Verbraucher die Rücksendung der Ware nicht nachgewiesen hat.
Für beide Seiten gilt dabei eine Frist von 14 Tagen für die Rückgewähr der empfangenen Leistungen.
12. Erweiterung der Ausnahmen vom Widerrufsrecht
Bei der Lieferung versiegelter Waren - die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind - kann das Widerrufsrecht ausgeschlossen werden. Über diesen Umstand ist der Verbraucher jedoch vor dem Kauf zu informieren.
13. Kein Widerrufsrecht
Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Verträgen:
  • zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können Verfallsdatum überschritten würde,
  • zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen (z.B. CDs und DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Empfänger entsiegelt worden sind.
Ein Erlöschen des Widerrufsrechts bei Downloads ist explizit geregelt. Auf diese besonderen Folgen ist der Verbraucher jedoch auch hinzuweisen.