Hidden Champions

TIM und das Technikum

Vorsprung durch Weitsicht: TRAPO hat früh erkannt, dass zukunftsfähige Intralogistik mehr braucht, als traditionelle Fördertechnik. (Von Dominik Dopheide)
Picken, packen, palettieren, lagern, fördern und sortieren, verteilen und verladen: Welches Industrieunternehmen würde nicht alle Hebel in Bewegung setzen, damit es rund läuft in seiner Intralogistik? Nicht in einer Nische also hat sich die in Gescher-Hochmoor ansässige TRAPO GmbH nach oben gearbeitet – zumal das Unternehmen Automatisierungskonzepte für zahlreiche Branchen entwickelt und umsetzt. „Wir sind nicht allein auf dem Markt, es gibt starke und respektierte Wettbewerber“, bestätigt Geschäftsführer Dr. Thomas Gutwald.
Auf leisen Sohlen
690 Unternehmen in NRW gehören zu den „Hidden Champions“, also zu den besonders erfolgreichen Unternehmen ihrer Branche, die dennoch nur wenig bekannt sind. Sie beschäftigen fast eine Million Menschen und erzielen mehr als 150 Milliarden Euro Umsatz.
Hidden Champion erfüllen drei Kriterien:
1) gehören zu den Top-3-Unternehmen auf dem Weltmarkt oder sind Marktführer auf dem Kontinent
2) erwirtschaften einen Umsatz von weniger als fünf Milliarden Euro
3) verfügen nur über einen geringen Bekanntheitsgrad.
Diese Definition wurde ursprünglich geprägt vom Wirtschaftswissenschaftler Hermann Simon. Das Forschungszentrum Mittelstand (FZM) der Universität Trier hat im Auftrag des NRW-Wirtschaftsministeriums im Zuge der Studie „Hidden Champions in Nordrhein-Westfalen“ die Unternehmen dieser Kategorie systematisch identifiziert. In Nord Westfalen haben die Autoren 73 Hidden Champions aufgespürt. In den Ausgaben des Jahres 2023 stellt der Wirtschaftsspiegel jeweils ein Unternehmen vor.
Der Geschäftsführer Dr. Thomas Gutwald steht in der Halle der Firma TRAPO.
„Early Adopter“ sei das Unternehmen TRAPO, sagt Geschäftsführer Dr. Thomas Gutwald: Hier werde Technik eingesetzt, bevor der Markt den Bedarf überhaupt erkannt hat. © Maik Grundmann/IHK
Dass TRAPO in einer Studie zum Kreis der Hidden Champions in NRW gezählt wird, und, laut einer anderen Untersuchung, zu den Top-100 der innovativsten Unternehmen Deutschlands 2021 gehört, erfülle ihn zwar mit Stolz. „Aber wir bleiben bescheiden“, versichert Gutwald. Hochmut, ergänzt er, komme vor dem Fall. TRAPO indes ist aufgestiegen. Was aber hat das Unternehmen ein Quäntchen besser gemacht als andere? Bereits in den 2000ern habe die damalige Geschäftsleitung erkannt, wie wichtig Veränderung ist – weg von der reinen Fördertechnik hin zum Gesamtanlagenanbieter, nennt Gutwald den ersten Punkt. Alle Unternehmen müssen effizienter werden: Ausgehend von dieser Prämisse hat TRAPO immer mehr Roboterlösungen realisiert, die buchstäblich weiter reichen als bis zum Ende des Förderbandes. Vor acht Jahren dann der entscheidende Schritt: Das Unternehmen gründet ein neues Geschäftsfeld – Softwareentwicklung – und operiert fortan mit dem hauseigenen Steuerungsprogramm TIM (TRAPO Intelligent Managementsystem).
„So ein Projekt funktioniert nur, wenn es begabte Mitarbeiter mit großer Initiative umsetzen“, sagt Gutwald. Auch mit seiner Belegschaft also kann der Champion aus dem Westmünsterland punkten. „Lasst sie gewähren“, empfiehlt Gutwald allen Unternehmen, die solch kreative Kräfte in ihren Reihen haben.

„Graubereiche des Machbaren“

TRAPO hat viel Raum geschaffen, damit Ideen zu Innovationen reifen können: Im Technikum werden aus Hard- und Software Gesamtsysteme auf die Beine und die Räder gestellt. Das Förderband ist hier nur noch ein Sidekick. Längst haben selbstfahrende Shuttle die tragenden Rollen übernommen. TRAPO, sagt Gutwald, sei ein „Early Adopter“: Technik werde eingesetzt, bevor der Markt den Bedarf überhaupt erkannt hat. Kunden stehen im Technikum die Türen offen. Sie können sich davon überzeugen, wir ihr künftiges System Produktion und Intralogistik vernetzt. Und sie können im Zusammenspiel mit den Experten den Entwicklungsprozess mitgestalten. Von einer „gemeinsamen Reise in die Graubereiche des Machbaren“, spricht Gutwald. Am Ende aber bekennt TRAPO immer Farbe: Werden neue Wege beschritten, gehe das nie zu Lasten der Kunden. Idee für Idee ist TRAPO ins Thema Industrie 4.0 vorgedrungen und kann dabei wiederum einen Zeitvorsprung verbuchen: „Wir haben früh erkannt, dass in der Intralogistik, neben dem Materialfluss, auch der Informationsfluss gemeistert werden muss“, erklärt Gutwald.
Welche Innovationskraft in dem Hidden Champion aus Hochmoor steckt, ist Forschungskreisen nicht verborgen geblieben. Das Unternehmen ist mit mehreren Universitäten vernetzt und arbeitet besonders eng mit der RWTH Aachen zusammen. Dass TRAPO auch in seinem vermeintlichen Versteck von angehenden und jungen Fachkräften wahrgenommen wird, führt der Geschäftsführer vor allem auf die Kooperationen mit den Hochschulen zurück. In die breite Öffentlichkeit will er deshalb die Marke TRAPO gar nicht tragen. Auf den großen internationalen Messen indes holt das Unternehmen seine Shuttle und Roboter ins Rampenlicht, damit Produktions- und Logistikunternehmen live erleben können, wie alles fließt. Ohnehin hat die Geschäftsleitung die Internationalisierung ganz oben auf der Agenda platziert und handelt somit, laut Studie der Universität Trier, wie ein typischer Champion.
In den USA und in Italien hat TRAPO bereits mit eigenen Niederlassungen Fuß gefasst und ist mit seinen Partnern weltweit aufgestellt. „Ein Unternehmen, das in unserer Branche Bestand haben will, muss immer die Ambition haben, zu wachsen“, sagt Gutwald. Es gelte, eine gewisse Größe und internationale Präsenz zu erreichen. Entsprechend sei am Markt eine immer stärkere Konsolidierung von Unternehmen zu beobachten. Die TRAPO GmbH ist für diesen Trend ein Beispiel. Sie ist vor rund vier Jahren von der Habasit International AG, der heutigen Moovimenta AG, übernommen worden – eine Unternehmensgruppe in Familienhand, die in der Schweiz ansässig ist und dort, laut Gutwald, ihrerseits als Hidden Champion gilt. Nicht Gewinnmaximierung sei das Kaufmotiv gewesen, sondern der Erwerb zusätzlicher Kompetenzen, versichert er. TRAPO, fügt er an, genieße eine gute finanzielle Unabhängigkeit. Alles spricht also dafür, dass im Technikum noch vieles in Bewegung gebracht wird.
TRAPO GmbH
Gründungsjahr: 1957
Branche: Maschinenbau
Geschäftsfelder: Automatisierte Intralogistik
Standorte: Gescher-Hochmoor, Deutschland | Cordignano, Italien | Suwanee, GA, United States
Anzahl Mitarbeiter: 180
Absatzmärkte: Europa, USA
Jahresumsatz 2021: 34 000 000 Euro