Dienstleistungen und Geschäftsreisen im Vereinigten Königreich

Seit dem Brexit richten sich Einreise und Aufenthalt im Vereinigten Königreich nicht mehr nach europäischen Regelungen. Infolge des EU-Austritts sind Dienstleistungsfreiheit und Personenfreizügigkeit im Vereinigten Königreich eingeschränkt. Wir informieren Sie hier über die aktuellen Bestimmungen.

1. Einreise nach Großbritannien als „Visitor”

Die britische Regierung erlaubt EU-Bürgerinnen und Bürgern die visumsfreie Einreise nach Großbritannien zu touristischen Zwecken über die sogenannte „Besucher-Route” für maximal sechs Monate. Ab April 2025 ist dafür jedoch eine elektronische Reisegenehmigung (Electronic Travel Authorisation, ETA) erforderlich. Die ETA kann unkompliziert online beantragt werden, kostet 16 Pfund und ist zwei Jahre gültig. In dieser Zeit sind mehrmalige Einreisen in das Vereinigte Königreich und Aufenthalte von bis zu sechs Monaten möglich.
Wenn Sie aus beruflichen Gründen nach Großbritannien reisen, sind in der Regel ein Visum und eine Arbeitserlaubnis erforderlich. Für kurze Geschäftsreisen und für vorübergehende Arbeitseinsätze von hochqualifizierten Mitarbeitenden sieht das Handelsabkommen jedoch zahlreiche Vereinfachungen bei den Einreisebeschränkungen vor (siehe Abschnitt 2 Short Term Business Visitors).

2. Short Term Business Visitors

Kurze geschäftliche Aufenthalte in Großbritannien sind in bestimmten Fällen auch ohne Visum möglich („Short-term Business Visitor“). Dabei ist grundsätzlich ein Aufenthalt von bis zu sechs Monaten erlaubt – die tatsächliche Aufenthaltsdauer richtet sich jedoch nach dem Zweck der Reise und kann entsprechend kürzer (oder in begründeten Fällen auch länger) ausfallen. Bitte beachten Sie: Auch wenn kein Visum erforderlich ist, benötigen Sie eine Electronic Travel Authorisation (ETA), die einfach online beantragt werden kann.
Welche Tätigkeiten sich zur visumsfreien Einreise qualifizieren, listet die britische Regierung auf ihrer Webseite unter „Permitted Activities for Visitors“ auf. Nur diese Tätigkeiten dürfen Geschäftsreisende als „Visitor“ visumsfrei ausüben. Dazu gehören z. B. folgende Tätigkeiten:
Allgemeine Geschäftstätigkeiten (PA 4):
  • Teilnahme an Sitzungen und Konferenzen
  • Besuch von (Ausbildungs-)Seminaren
  • einmalige oder eine kurze Serie von Vorträgen, vorausgesetzt, diese sind nicht als “commercial” Veranstaltung organisiert
  • Teilnahme an Messen und Ausstellungen für Werbezwecke (kein Direktverkauf)
  • Vertragsverhandlungen und -abschlüsse über Dienstleistungen oder Waren
Unternehmensinterne Aktivitäten (PA 5.1, PA 5.2, PA6):
  • Interne Projekte: Beratung, Fehlerbehebung, Schulung, Wissenstransfer – mit britischen Mitarbeitenden derselben Unternehmensgruppe (mit Einschränkungen auch bei Kundenkontakt)
  • Interne Audits: Regulatorische oder finanzielle Prüfungen bei britischen Niederlassungen der eigenen Unternehmensgruppe
Herstellung und Lieferung von Waren nach Großbritannien (PA 7):
  • Erbringung verkaufsnaher Dienstleistungen im Rahmen von Garantie- oder Dienstleistungsverträgen (“after-sales” oder “after-lease services“), d. h. Mitarbeitende eines deutschen Herstellerunternehmens dürfen Maschinen, Anlagen, Computer-Hard- oder Software installieren, abbauen, reparieren, warten oder Schulungen durchführen, wenn die Herstellerfirma dafür einen Kauf-, Liefer- oder Leasingvertrag mit einem britischen Unternehmen oder einer britischen Organisation abgeschlossen hat.
  • Wichtig: Die visumsfreie Einreise gilt nicht nur für Mitarbeitende von Hersteller- oder Lieferfirmen, sondern auch für Subunternehmen, wenn diese vertraglich für Kundendienstleistungen (z. B. Garantieverträge) vorgesehen sind. Damit die visumsfreie Einreise genutzt werden kann, müssen die entsprechenden Dienstleistungen bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs oder der Vermietung vereinbart worden sein. Nachträgliche Absprachen sind nicht erfasst.3. Erbringung vertraglicher Dienstleistungen
IHK-Tipps:

– Prüfen Sie, ob Ihre geschäftliche Tätigkeit unter die visumsfreien „Permitted Activities“ fällt. Ziehen Sie bei Unsicherheiten eine Rechtsberatung hinzu, um Risiken bei der Einreise zu vermeiden.

– Beantragen Sie rechtzeitig eine Electronic Travel Authorisation (ETA). Seien Sie vorsichtig beim Einsatz von Dienstleistern.

– Seien Sie auf Fragen zum Reisezweck vorbereitet und führen Sie geeignete Nachweise mit. Dazu zählen z. B. Verträge, Terminbestätigungen, Eintrittskarten für Messen oder Programmunterlagen.

– Behalten Sie die zulässige Aufenthaltsdauer im Blick. Führen Sie Nachweise mit, dass Sie das Vereinigte Königreich am Ende Ihres Aufenthaltes wieder verlassen und Sie in der Lage sind, Ihre Rück- oder Weiterreise zu bezahlen. Weiterhin sollten Sie nachweisen, dass Sie sich während des Aufenthalts selbst versorgen können (oder dass sie von einer anderen Person finanziell unterstützt werden).

Ein Leitfaden der britischen Regierung informiert über die mitzuführenden Dokumente.

3. Berufliche Aufenthalte außerhalb des Visitor-Status

Die visumsfreie Einreise nach Großbritannien ist nur dann möglich, wenn eine der ausdrücklich erlaubten Tätigkeiten (sogenannte permitted activities) ausgeübt wird.
Andernfalls gilt: Wer darüber hinaus – ob angestellt oder selbstständig – im Vereinigten Königreich beruflich tätig werden möchte, benötigt in der Regel ein Visum.
Für berufliche Tätigkeiten außerhalb der visumsfreien „Visitor“-Regelung stehen verschiedene Einreiserouten zur Verfügung. Besonders relevant sind dabei die sogenannten Global Business Mobility Visa Routen. Dazu zählen:
  • das Service Supplier Visum für die vorübergehende Erbringung von Dienstleistungen für Kundinnen und Kunden in Großbritannien,
  • das Secondment Worker Visum für Mitarbeitende eines ausländischen Unternehmens, die im Rahmen eines hochrangigen Vertrags oder einer Investition vorübergehend zu einer britischen Organisation entsendet werden,
  • das Senior or Specialist Worker Visum, für Führungskräfte oder spezialisierte Fachkräfte, die innerhalb eines Konzerns oder Joint Ventures in eine britische Niederlassung wechseln,
  • das UK Expansion Worker Visum für Fach- und Führungskräfte, die den Aufbau oder die Expansion eines Unternehmens im Vereinigten Königreich unterstützen.
Ergänzend kann auch das Skilled Worker Visum relevant sein. Es ermöglicht qualifizierten Fachkräften, für ein britisches Unternehmen – ohne, dass Bezug zu einem deutschen Unternehmen besteht – tätig zu werden.
Eine vollständige Übersicht weiterer Arbeitsvisa bietet die britische Regierung auf ihrer Webseite.
Die verschiedenen Visakategorien unterscheiden sich in ihren Anforderungen. Je nach Route müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein – etwa im Hinblick auf Sprachkenntnisse, akademische oder berufliche Qualifikationen, die Dauer der bisherigen Betriebszugehörigkeit oder die Höhe des Gehalts. Alle genannten Routen haben jedoch zwei Gemeinsamkeiten: Sie orientieren sich an einer offiziellen Liste geeigneter Berufe, in der definiert ist, für welche Tätigkeiten ein Visum erteilt werden kann. Für die Global Business Mobility Visa Routen gelten die sogenannten “eligible occupations”. Für das Skilled Worker Visum existiert eine eigene Berufsliste auf der Webseite der britischen Regierung.
Zudem sind alle Visa Routen an das britische Sponsorship-System gebunden. Das bedeutet, dass jede ausländische Arbeitskraft ein sogenanntes Certificate of Sponsorship benötigt, das ausschließlich von einem registrierten und von der britischen Regierung anerkannten Licensed Sponsor ausgestellt werden darf. Britische Unternehmen müssen für diese Rolle eine spezielle Lizenz beantragen und umfangreiche Anforderungen erfüllen. Die Liste der lizenzierten Sponsoren ist öffentlich einsehbar auf der Webseite der britischen Regierung. Mit Ausstellung des Sponsoring-Zertifikats übernimmt das britische Unternehmen gegenüber den Einwanderungsbehörden unter anderem die Verantwortung dafür, dass die ausländische Fachkraft die erforderlichen Qualifikationen mitbringt und die Voraussetzungen des jeweiligen Visums erfüllt.

IHK-Tipp für einen erfolgreichen Mitarbeitereinsatz im Ausland:

Prüfen Sie bei allen geschäftlich veranlassten Reisen sorgfältig die Art der geplanten Tätigkeit, die Aufenthaltsdauer sowie die Staatsangehörigkeit der zu entsendenden Person. Staatsangehörige eines EU-Mitgliedsstaates können grundsätzlich als Business Visitors für bis zu sechs Monate visumfrei nach Großbritannien einreisen – vorausgesetzt, die ausgeübte Tätigkeit fällt unter die Liste der „permitted activities“.
Trotz Visumsfreiheit muss in diesen Fällen eine Electronic Travel Autorisation (ETA) beantragt werden. Zudem sind geeignete Nachweise zur Reisedauer und dem geschäftlichen Zweck des Aufenthaltes mitzuführen (mehr dazu in Kapitel 2).
Sind die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist ein Visum erforderlich. Nutzen Sie hierzu das interaktive Tool „Check if you need a visa“ auf der Webseite der britischen Regierung. Es gibt erste Hinweise darauf, in welche Visumskategorie Sie fallen könnten.
Weitere Hinweise:
  • seit dem 1. Oktober 2021 ist ein gültiger Reisepass erforderlich
  • Vorlaufzeiten für administrative Vorbereitungen einplanen (insbesondere, wenn ein Visum erforderlich wird)
  • Mehrkosten bei der Entsendung Mitarbeitender einkalkulieren und bei der Angebotserstellung einplanen
  • Wechselkursschwankungen berücksichtigen
  • Wartezeiten bei der Ein- und Ausreise durch Grenzkontrollen einplanen

4. Mitarbeitendeneinsätze im VK – Zusätzliche Bestimmungen

4.1 Sozialversicherung – A1-Bescheinigung

Das Handelsabkommen regelt, dass Sozialversicherungsbeiträge für vorübergehende Dienstleistungen von Mitarbeitenden deutscher Unternehmen in Großbritannien auschließlich in Deutschland abzuführen sind, wenn die Dauer der Auslandsbeschäftigung 24 Monate nicht überschreitet und die entsandte Person keine andere entsandte Person ablöst.
Der Nachweis über die bestehende Sozialversicherungspflicht im Herkunftsstaat wird auch unter dem Handelsabkommen weiter durch die A1-Bescheinigung geführt. Diese sollten entsendete Mitarbeitende und selbständige Personen während des beruflichen Aufenthalts unbedingt mitführen. Nähre Informationen finden sich auf der Internetseite der DEVK (Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland).
Laut Handels- und Kooperationsabkommen soll zukünftig ein Nachfolgedokument eingeführt werden, welches die A1-Bescheinigung ersetzt.

4.2 Arbeitgeberhaftpflichtversicherung

Bei einem längeren Einsatz von üblicherweise mehr als zwei Wochen wird grundsätzlich der Abschluss einer britischen Arbeitgeberhaftpflichtversicherung (employer’s liability insurance) notwendig. Dies ist eine Pflichtversicherung für Arbeitgebende, die Arbeitnehmende im VK einsetzen.

4.3 Arbeitsrecht

Für Arbeitnehmende mit einem deutschen Arbeitsvertrag, die vorübergehend ins Ausland entsendet werden, gilt auch während der Entsendung grundsätzlich deutsches Arbeitsrecht. Jedoch sind die Schutzvorschriften des britischen Arbeitsrechts zwingend einzuhalten, unabhängig von der Dauer der Entsendung.
Das bedeutet: Sind die entsprechenden Vorschriften im Herkunftsland vorteilhafter, so gelten diese. Andernfalls ist britisches Recht anzuwenden.
Zu beachten sind unter anderem folgende arbeitsrechtliche Vorschriften:
  • Mindestlohnsätze einschließlich Überstundensätze (siehe britisches Behördenportal)
  • Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub
  • Anspruch auf Zahlung von Kranken- und Elternzeitgeld, etc.
  • Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten
  • Schutz vor unzulässiger Diskriminierung
  • Schutz bei Aufzeigen von Missständen an der Arbeitsstätte („whistleblowing”)
  • Schutz vor unzulässiger Entlassung
  • Einhaltung von Kündigungsfristen
  • Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz
Ausführliche Informationen zu dem Arbeitsrecht im VK können Sie der Webseite der britischen Regierung entnehmen.

4.4 Besteuerung von Mitarbeitenden

Nach dem deutsch-britischen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) werden Einkünfte aus nicht-selbstständiger Arbeit in dem Staat besteuert, in dem die Person ansässig ist. Wird die berufliche Tätigkeit dagegen im anderen Vertragsstaat ausgeübt – z. B. bei einer Entsendung – sind die Einkünfte in diesem Staat zu versteuern.
Jedoch gilt weiterhin die ausschließliche Steuerpflicht im Ansässigkeitsstaat, wenn die vorübergehende Tätigkeit im anderen Staat nicht länger als 183 Tage im Steuerjahr dauert und die Bezahlung durch einen im Ansässigkeitsstaat ansässigen Arbeitgebenden erfolgt. Entsendet ein deutsches Unternehmen Arbeitnehmende nach Großbritannien, werden diese also erst dann in Großbritannien steuerpflichtig, wenn sie sich dort mehr als 183 Tage im Jahr aufhalten.

4.5 Besteuerung des Unternehmens

Zwischen Deutschland und Großbritannien besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Demnach sind die Einkünfte deutscher Unternehmen aus britischer Quelle grundsätzlich in Deutschland zu versteuern, es sei denn, das deutsche Unternehmen erzielt diese Einkünfte durch eine Betriebsstätte in Großbritannien. Das DBA ist auch nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase, also über den 31. Dezember 2020 hinaus, in Kraft.

4.4 Lizenzen

Die britische Regierung hat das Tool Licence Finder eingerichtet, das Auskunft, über die zur Dienstleistungserbringung potenziell notwendigen Lizenzen gibt. Nach Eingabe des Dienstleistungssektors und der konkreten Tätigkeit sowie dem Ort der Dienstleistungserbringung werden entsprechende Suchergebnisse angezeigt.

5. Weiterführende Links & Anlaufstellen

  • Brexit FAQs: Praktische Hinweise der AHK Großbritannien
  • Beyond Brexit Leitfaden Informationen zu zentralen Handlungsfeldern zusammengefasst von Germany Trade & Invest (GTAI)