International
Entsendung von Arbeitnehmenden in die EU
Bei der Mitarbeitendenentsendung ins Ausland stellen sich arbeits-, sozialversicherungs- sowie steuerrechtliche Fragen. Außerdem erfordern Mitarbeitendeneinsätze in verschiedenen europäischen Ländern eine vorherige Anmeldung bei den Behörden oder über spezielle Online-Portale. Dies gilt auch für Kurzzeiteinsätze von wenigen Stunden.
Entsendebestimmungen in der EU
Seit dem 1. August 2020 gilt bei Entsendungen in der EU das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort”. Es regelt die Anwendung aller verbindlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen am Beschäftigungsort für Entsendungen, deren Dauer auf zwölf Monate begrenzt ist, in begründeten Fällen sind auch 18 Monate möglich.
Grundlage ist die Entsenderichtlinie 2018/957/EU. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite der Europäischen Kommission. Die IHK Köln hat zudem arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Fragen, die zu beachten sind, im Artikel „Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland” aufbereitet.
Wichtig: Bestimmte Auflagen bei der Mitarbeitendenentsendung sind nationalstaatlich geregelt. Ein erste Übersicht zu einzelnen Ländern finden Sie in diesem Beitrag weiter unten.
Bestätigung über die Sozialversicherungspflicht (A1-Bescheinigung)
Wenn Sie berufsbedingt in die EU, den EWR oder die Schweiz reisen, zum Beispiel im Rahmen einer Dienstreise oder Entsendung, müssen Sie immer eine A1-Bescheinigung mit sich führen. Dies gilt unabhängig davon, ob Sie arbeitnehmende oder selbstständig tätige Person sind, sowie unabhängig von der Dauer des Arbeitsaufenthaltes und der Branche, in der Sie tätig sind.
Die A1-Bescheinigung bestätigt, dass Sie den deutschen Sozialversicherungspflichten unterliegen. Somit dürfen andere Staaten keine Sozialversicherungsbeiträge erheben.
A1-Bescheinigungen werden von Arbeitgebenden für ihre Beschäftigten sowie von selbstständig tätigen Personen ausschließlich auf dem elektronischen Weg, entweder direkt über ihre Entgeltabrechnungssoftware oder über das SV-Meldeportal beantragt. Anträge in Papierform sind seit dem 1. Januar 2022 nicht mehr zulässig. Damit wird das Verfahren an das bereits seit 2021 gültige rein digitale Antragsverfahren für Beschäftigte angeglichen.
Weitere Informationen erhalten Sie bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenkasse Ausland (DVKA).
Einhaltung von nationalen Regeln
Bei einer befristeten Entsendung sind sowohl deutsche Bestimmungen als auch Regeln des Einsatzlandes zu beachten. Firmen müssen bei Entsendungen auch landesspezifische Standards für Mindestlöhne, Arbeitszeiten und Pausenregeln und Diskriminierungsverbote einhalten. Folgend haben wir für Sie eine Übersicht nach Ländern erstellt.
Übersicht nach Ländern
Belgien
Grundsätzlich sind Arbeitgebende, die Mitarbeitende zur Erfüllung eines Auftrages nach Belgien schicken, verpflichtet, eine sogenannte Meldebescheinigung Limosa-1 (L1) auszufüllen. Eine Meldepflicht besteht auch für selbständig tätige Personen, die vorübergehend eine Aktivität in Belgien ausüben. Weitere Informationen sowie eine Auflistung der erforderlichen Dokumente und Nachweise finden Sie auf dem Limosa-Portal.
Für Personen, die regelmäßig im Ausland arbeiten, kann eine vereinfachte Limosa-Meldung für zwölf Monate vorgenommen werden, jedoch nicht für Tätigkeiten im Bau- und Zeitarbeitssektor.
Weitere allgemeine Informationen zur Entsendung nach Belgien finden Sie auf der staatlichen Webseite „Working in Belgium“. Auf der Seite des EIC Trier finden Sie zudem detaillierte Merkblätter.
Dänemark
Deutsche Unternehmen, die zur Ausführung von Dienstleistungen in Dänemark Mitarbeitende entsenden, müssen sich in der Regel im dänischen RUT-Register anmelden. Auch in Dänemark gibt es allerdings Ausnahmen von der Meldepflicht, zum Beispiel für Geschäftsreisende oder Personen im Montagedienst, sofern bestimmte Bedingungen eingehalten werden.
Die AHK Dänemark informiert auf ihrer Webseite darüber, für welche Entsendefälle die Registrierungspflicht gilt.
Auf den Internetseiten des dänischen Gewerbeamtes und der dänischen Gewerbeaufsicht finden Sie Fragen und Antworten zur RUT-Anmeldung auch auf Deutsch. Die Deutsch-Dänische Handelskammer stellt ein Merkblatt zum RUT-Register zur Verfügung.
Die Dienstleistung und die beteiligten Personen müssen spätestens am Tag der Arbeitsaufnahme elektronisch hier auf der Webseite gemeldet werden.
Finnland
Mitarbeitende die zu vorübergehenden Tätigkeiten nach Finnland entsandt werden, müssen vor dem Einsatz bei der finnischen Arbeitsschutzbehörde „Tyosuojelu" gemeldet werden. Zu melden sind unter anderem Informationen über das Unternehmen, den Auftraggebenden, das Generalunternehmen (im Baugewerbe), den Vertretenden, den Mitarbeitenden, den Beginn und die Dauer der Entsendung, den Einsatzort und die Branche. Eine erneute Meldung wird erforderlich, wenn die Daten sich ändern. Für Einsätze, die zehn Arbeitstage übersteigen, muss eine Vertreterin oder ein Vertreter in Finnland benannt werden.
Nachfolgend finden Sie weitere Informationen zur Arbeitnehmendenentsendung nach Finnland, ein Merkblatt zu den Meldepflichten, sowie das Meldeportal.
Weitere Informationen, insbesondere zu Qualifikationen und Pflichtversicherungen, sind auf der Webseite von Germany Trade & Invest hinterlegt.
Dienstleistungen gemäß des finnischen Arbeitnehmendenentsendegesetzes und im Bereich der Personalverwaltung bietet die Deutsch-Finnische Handelskammer.
Frankreich
Bei einer Entsendung von Mitarbeitenden nach Frankreich haben Unternehmer mit Sitz in Deutschland umfangreiche arbeits-, sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Formalitäten sowie Meldepflichten zu beachten. Weitere Informationen sowie eine Auflistung der erforderlichen Dokumente und Nachweise finden Sie auf unserer Internetseite. Auf der Seite des EIC Trier finden Sie zudem detaillierte Merkblätter.
Italien
Das italienische Entsendegesetz (GvD Nr. 136/2016) verpflichtet ausländische Unternehmen, die Arbeitnehmenden nach Italien entsenden,
- sich auf dem Meldeportal des italienischen Arbeitsministeriums zu registrieren (elektronische Signatur notwendig!),
- die Entsendung zu melden,
- bestimmte Unterlagen (auch in italienischer Sprache) aufzubewahren,
- zwei Kontaktpersonen in Italien zu benennen sowie
- bestimmte Arbeitsbedingungen des italienischen Rechts einzuhalten.
Die vorgesehenen Sanktionen für die Verletzung der obigen Verpflichtungen sind (teilweise) auf 180.000 Euro gedeckelt.
Ausnahmeregelungen gibt es beispielsweise für die Teilnahme an Besprechungen oder für Transportdienstleistungen von und nach Italien.
Die Registrierung ist online bis zum Vortag des Beginns der Entsendung beim italienischen Arbeitsministerium vorzunehmen.
Weitere Informationen zur Arbeitnehmendenentsendung enthält das Merkblatt, das kostenlos von der Website der AHK Italien runtergeladen werden kann.
Für die Dauer der Entsendung sind die italienischen Mindestlohn-, Tarifvertrags- und Arbeitsbedingungen einzuhalten. Diese sind auf der Webseite des italienischen Arbeitsministeriums in englischer Sprache hinterlegt.
Wichtig: Unternehmen und Selbstständige, die auf temporären oder mobilen Baustellen tätig sind, müssen seit dem 1. Oktober 2024 einen Punkteführerschein für Baustellen besitzen, der von der italienischen Nationalen Arbeitsaufsichtsbehörde (INL) ausgestellt wird. Informationen hierzu enthält das Merkblatt auf der Webseite der AHK Italien.
Luxemburg
Jeder Arbeitnehmende, der zur Durchführung von Arbeiten nach Luxemburg entsendet wird, muss bei der Arbeits- und Gewerbeinspektion online gemeldet werden. Die Meldung muss spätestens am Tag des Arbeitseinsatzes über eine Meldeplattform erfolgen. Bei der Online-Meldung ist eine „Bezugsperson“ zu benennen, die während der Dauer der Entsendung in Luxemburg gegebenenfalls Kontaktperson für die Arbeitsinspektion ist. Dabei kann es sich auch um den entsandten Mitarbeitenden handeln. Die im Rahmen des Online-Meldeverfahrens erstellten Sozialausweise (Badge Social) werden ausgedruckt und müssen von den Mitarbeitenden während des Einsatzes in Luxemburg für Kontrollzwecke mitgeführt werden.
Zusätzlich zur Meldung der entsendeten Mitarbeitenden müssen Unternehmen in den meisten Fällen eine Dienstleistungsanzeige bei der Direction générale des Classes Moyennes (Wirtschaftsministerium) vornehmen. Davon betroffen sind sämtliche Tätigkeiten industrieller (z.B. Montage) oder handwerklicher (z.B. Bau) Art. Die Dienstleistungsanzeige hat eine Gültigkeit von einem Jahr und kann nur gegen Vorlage einer EU-Bescheinigung erfolgen.
Zudem ist in Luxemburg oftmals auch eine Steueranmeldung erforderlich. Auf der Seite des EIC Trier finden Sie zudem detaillierte Merkblätter.
Niederlande
Seit dem 1. März 2020 muss vor der Verrichtung einer vorübergehenden Dienstleistung in den Niederlanden eine Meldung abgegeben werden.
Die Meldung hat elektronisch über die Webseite Posted Worker zu erfolgen, die teilweise auch in deutscher Sprache zur Verfügung steht. Nähere Informationen finden Sie in einem Merkblatt der AHK Niederlande.
Österreich
In Österreich gelten umfangreiche Pflichten zur Meldung und Bereithaltung von Dokumenten für grenzüberschreitende Arbeitseinsätze. Für die Erbringung von Transportdienstleistungen gelten besondere Anforderungen.
Hier finden Sie weitere allgemeine Informationen zur Arbeitnehmerentsendung nach Österreich sowie speziell für die Transportbranche. Die AHK Österreich informiert auf ihrer Webseite zur Entsendung von Mitarbeitenden nach Österreich.
Polen
Auch in Polen bestehen grundsätzlich Meldepflichten für die Arbeitnehmerentsendung. Beachten Sie bei der Arbeitnehmerentsendung nach Polen die besondere Meldepflicht gegenüber der Staatlichen Arbeitsinspektion (PIP). Benennen Sie auch eine Kontaktperson für diese Behörde. Diese ist während der gesamten Entsendung erste Ansprechpartnerin bzw. Ansprechpartner für die Inspektoren. Nähere Informationen zu den Vorschriften finden Sie auf der Internetseite der AHK Polen.
Portugal
Mitarbeitendenentsendungen nach Portugal müssen vorab der Arbeitsverwaltungsbehörde ACT mitgeteilt werden. Hinweise dazu in englischer Sprache und den Anmeldebogen sind auf der Webseite von ACT. Entsendete Personen sind verpflichtet, der Behörde eine Kontaktperson zu benennen. Während der gesamten Einsatzzeit in Portugal muss die Kontaktperson auf Verlangen Nachweise über die in Portugal getätigten Tätigkeiten und Arbeitszeiten, Arbeitsverträge, Nachweise der Lohnauszahlung und Sozialversicherung vorlegen können.
In Portugal ist das Baugewerbe staatlich reglementiert, das heißt Unternehmen, die in Portugal Baudienstleistungen erbringen wollen, benötigen hierzu grundsätzlich einer staatlichen Genehmigung.
Rumänien
Alle nach Rumänien entsandten Mitarbeitenden, egal für welche Tätigkeit oder Zeitspanne, müssen angemeldet werden. Die Anmeldung muss vor der Entsendung der Mitarbeitenden nach Rumänien beim lokalen Arbeitsamt in rumänischer Sprache erfolgen. Zusätzlich ist eine Kontaktperson für die rumänischen Behörden zu benennen. Das Merkblatt fasst alle wichtigen Punkte zur Entsendung zusammen.
Schweden
Entsandte Mitarbeitende müsse bei der schwedischen Arbeitsschutzbehörde gemeldet werden, aber nur, wenn die Entsendung länger als fünf Tage dauert. Ab dem 30. Juli 2020 muss ein Mitarbeitendeneinsatz zur Ausführung eines Auftrages oder einer Dienstleistung bereits ab dem ersten Tag gemeldet werden. Die Meldung kann bei der Behörde Arbeidsmiljöverket auch in deutscher Sprache erfolgen. Es muss eine Kontaktperson zur Vorlage notwendiger Unterlagen für Arbeidsmiljöverket angegeben werden, die sich während des gesamten Arbeitseinsatzes in Schweden aufhält.
Nach Schweden entsandte Mitarbeitende haben Anspruch auf die gleiche Entlohnung, Arbeitszeiten und Zusatzleistungen (Unterkunft, Verpflegung, Reisekosten) wie schwedische Arbeitnehmende. Deutsche Arbeitgebende müssen daher die jeweiligen Tarifverträge für ihre Branche prüfen. Informationen dazu sind auf der Webseite von Arbeidsmiljöverket veröffentlicht.
Schweiz
In der Schweiz können selbständig erwerbstätige Dienstleistungserbringer und entsandte Arbeitnehmende aus den EU-/EFTA-Staaten sich während 90 Arbeitstagen im Kalenderjahr ohne ausländerrechtliche Bewilligung aufhalten. Zwar ist für Tätigkeiten bis zu 90 Tagen keine Arbeitsbewilligung nötig, dennoch sind die schweizerischen Lohn- und Arbeitsbedingungen einzuhalten.
Wenn ein deutsches Unternehmen Arbeitnehmende für mehr als 8 Tage im Kalenderjahr zur Durchführung von weisungsgebundenen Tätigkeiten in die Schweiz entsendet, muss der Arbeitnehmende beim Staatssekretariat für Migration gemeldet werden. Der Einsatz muss mit einer Vorlauffirst von acht Tagen gemeldet werden.
Die Meldung im 90-Tage-Kontigent erfolgt online beim Meldeportal des Staatssekretariat für Migration. Dabei sind die ortüblichen Löhne und Arbeitsbedingungen einzuhalten. Zur Kalkulation hilft ein Tarifrechner.
In der Schweiz ist oftmals auch eine Steueranmeldung erforderlich. Dienstleistungen sind in vielen Fällen in der Schweiz umsatzsteuerpflichtig. Die AHK Schweiz informiert über die steuerlichen Bestimmungen.
Spanien
Für die Arbeitnehmendenentsendung nach Spanien gelten Meldepflichten generell erst ab einem Arbeitseinsatz von mehr als acht Tagen. Werden Mitarbeitende nach Spanien auf eine Baustelle für einen Zeitraum von mehr als 8 Tagen entsandt, so muss zusätzlich zu der Entsendemitteilung vor Aufnahme der Arbeiten eine Eintragung des Unternehmens in das Bauregister der Comunidad Autónoma/Provinz erfolgen, das Registro de Empresas Acreditadas (REA).
Die Anmeldung ist nur in spanischer Sprache möglich und erfordert eine spanische elektronische Signatur. Die AHK Spanien bietet Unterstützung dabei an. Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite der AHK Spanien sowie auf der Internetseite des spanischen Arbeitsministeriums.
Ungarn
Unternehmen, die Arbeitnehmende nach Ungarn entsenden, müssen diese über ein Online-Portal anmelden. Ein Merkblatt zur Mitarbeitendenentsendung nach Ungarn finden Sie auf der Webseite der AHK Ungarn.
Vereinigtes Königreich
Der Brexit hat unmittelbare Auswirkungen auf die Entsendung von Beschäftigten in das Vereinigte Königreich. In unserem Artikel finden Sie die neuen Regelungen der Entsendung von Mitarbeitern nach Großbritannien.
Die wichtigsten Bestimmungen zu steuerlichen Aspekten bei der Ausführung von Bauleistungen und Montagen, etwa dem Construction Industry Scheme (CIS), hat die AHK Großbritannien auf ihrer Webseite zusammengefasst.
Die aktuellen britischen Mindestlöhne stehen im britischen Behördenportal.