IHKplus 3.2024 | Titelthema Ehrenamt

Eine Frage der Ehre

In der IHK gibt das Ehrenamt den Ton an. In Ausschüssen, Arbeitskreisen, Gremien und Versammlungen arbeiten engagierte Köpfe aus der Wirtschaft ehrenamtlich daran, unternehmensrelevante Themen zu identifizieren und die inhaltliche Ausrichtung der Kammerarbeit zu lenken. Einige von ihnen kommen hier zu Wort.
Interviews: Johanna Tüntsch

Der Ausschuss für Wirtschaftspolitik

„Kritische Stimmen gibt es zu Recht“

Der Ausschuss für Wirtschaftspolitik beschäftigt sich derzeit vor allem damit, das „Leitbild ehrbares Unternehmertum der IHK Köln“ in die Gesellschaft zu tragen. Was sie sich davon erhoffen, schildern Michael Pfeiffer (ganz oben rechts im Bild), Harald Goost (l.), und Kim Bauer (M.). Michael Pfeiffer, geschäftsführender Gesellschafter der Wiehler Business Funds GmbH & Co. KG, und Harald Goost, geschäftsführender Gesellschafter der Bierbaum-Proenen GmbH & Co. KG, leiten den Ausschuss für Wirtschaftspolitik. Kim Bauer, Geschäftsführerin der Netempire Software GmbH, ist Mitglied im Ausschuss.
„Ehrbares Unternehmertum“, das klingt sehr traditionell. Wie kam es zur Entwicklung eines solchen Leitbildes?
Goost: Wir haben Gedanken aus einer Resolution von 2009 weiterentwickelt. Als Unternehmer müssen wir uns fragen: Wie wird innerhalb der Gesellschaft auf die Wirtschaft geschaut? Es gibt kritische Stimmen, in meinen Augen: zu Recht! Was im Dieselskandal und im Bankensektor passiert ist, das goutieren die Menschen nicht, und sie haben Recht. Viele ehrbare Kaufleute wollen ein solches Gebaren so nicht stehen lassen.

Wir haben in Diskussionen mit Gewerkschaften, Schulen und Wirtschaftsjunioren festgestellt, dass gefragt wird: Ist die Wirtschaft denn immer so wie im Leitbild? Das ist sie nicht. Wir formulieren ja Grundsätze, die anspruchsvoll zu erfüllen sind. Aber es ist das Ziel, möglichst nah heranzukommen.
Geht es also um eine Botschaft an die Gesellschaft einerseits, zugleich aber auch um einen Appell in die Wirtschaft hinein?
Pfeiffer: Genau! Mit dem Leitbild skizzieren wir, was das Ideal eines klassischen Mittelständlers ausmacht. Dabei kommt es nicht auf die Zahl der Mitarbeitenden an – das können auch im Mittelstand mehrere Tausend sein. Wichtig ist, wie Führung vorgelebt wird: mit Herzblut, Verlässlichkeit, bei Bedarf mit schnellen Entscheidungen und immer authentisch aus der Sache heraus. Der Mittelständler hat nicht durch etwaige Firmenwechsel seine Karriere im Blick, sondern identifiziert sich als Langzeitbeschäftigter seines eigenen Unternehmens.
Wo sehen Sie die Interessen solcher Unternehmerinnen und Unternehmer?
Bauer: Dafür ist die BP von Harald Goost ein gutes Beispiel: In die siebte Generation kommt ein Unternehmen nicht mit einem Manager, der fragt, wie er die nächsten Hierarchiestufen erklimmt. Das gelingt durch einen unternehmerischen Geist, der darauf achtet, dass eine solide Nachhaltigkeit geschaffen wird. Da hat man nicht nur kurzfristig Zahlen im Blick, sondern schaut auf Menschen, auf gesellschaftliche Verantwortung.
Das letzte Stichwort würde ich gerne aufgreifen: Ist gesellschaftliche Verantwortung Ihre Motivation, Freizeit in dieses Ehrenamt zu investieren, oder gibt es weitere Beweggründe?
Bauer: Es gibt vieles, über das ich denke, es müsste anders sein. Ich kann darüber lamentieren, aber es macht mir mehr Freude, mit anderen zu überlegen: Wie können denn Lösungsansätze aussehen? Unsere Zeit ist limitiert. Vor diesem Hintergrund zählt für mich die Frage: Können wir etwas bewirken oder nicht? Das Leitbild ‚Ehrbarer Kaufmann‘, das wir im Ausschuss erarbeitet haben, finde ich sehr packbar.
Pfeiffer: Unternehmen profitieren von einer lebendigen Gesellschaft, beide stehen immer in einer Wechselbeziehung zueinander. Dadurch ergibt sich ein ganz eigenes Interesse der Unternehmen, einen Beitrag zur Lösung aktueller und künftiger Herausforderungen zu leisten. Das ist auch legitim.

Ein unmittelbarer Nutzen ist in der IHK natürlich auch der branchen- und generationenübergreifende Gedankenaustausch zu Themen, die man nicht im eigenen Unternehmen diskutieren kann, oder zu denen man dort vielleicht schon hundertmal die gleichen Argumente gehört hat, mit denen man nicht weiterkommt.
Goost: Ein mittelständisches Unternehmen, das nach dem ehrbaren Unternehmertum strebt, hat alle Stakeholder im Blick, und dazu gehört eben auch die Gesellschaft. Das können Schulen sein, die man unterstützt, Ausbildungsplätze, die man schafft, und es kann dazugehören, dass man den Dialog mit der Politik sucht, denn davon lebt Demokratie.

Es geht nicht nur um das Geldverdienen, sondern auch um den immateriellen Beitrag, den Unternehmer, denen das ehrbare Unternehmertum etwas bedeutet, ganz natürlich leisten möchten.

Der Ausschuss für Stadt- und Regionalentwicklung

Die Region als attraktiver Wirtschaftsstandort mit Lebensqualität: Das ist die Vision des Ausschusses für Stadt- und Regionalentwicklung, dem Anton Bausinger und Johannes Schilling vorsitzen.

„Demut gehört dazu“

Anton Bausinger, IHK-Vizepräsident, ist geschäftsführender Gesellschafter im Bauunternehmen Friedrich Wassermann, und in seiner vierten Amtszeit Mitglied der Vollversammlung:
Ich bringe mich an vielen Stellen ehrenamtlich ein: in der IHK, im Bauindustrieverband, in der Montags-Gesellschaft, im Ungers Archiv für Architekturwissenschaft und für den Förderverein Stadtbibliothek. In der jüngeren Generation ist die Haltung zum Ehrenamt eine andere. Menschen widmen sich heute partisanenmäßig einem Problem sehr intensiv, engagieren sich dann aber nicht weiter.
Die Zeit ist kurzlebig. Es fehlt die Ruhe, die man braucht, um sich über längere Zeit beim Ehrenamt einzubringen. Natürlich muss man dafür viel Zeit aufwenden, aber es lassen sich dadurch andererseits auch Wege abkürzen. Womit ich nicht Klüngel meine, der in der Regel jemand anderem Nachteile bringt: Den lehne ich ab.
Ich finde es aber gut, wenn man durch direkten Kontakt Dinge vorantreiben kann. Ich möchte nicht bloß effektiv, schnell und einfach Gebäude errichten, sondern das Umfeld mitdenken und hinterfragen: Welche Auswirkungen entstehen damit für die Nachbarschaft? In dieser Hinsicht hat mich Oswald Mathias Ungers geprägt. Das ist auch der Antrieb für mein Ehrenamt, und insofern ist die Ausschussarbeit für mich das Richtige.
In der IHK engagiere ich mich, weil die Wertschätzung für Wirtschaft in unserer Gesellschaft völlig unterentwickelt ist. Aber der Sozialstaat kann nur das leisten, was vorher erwirtschaftet worden ist. Deswegen braucht die Wirtschaft eine starke Stimme.
– Anton Bausinger
Ich habe Ideen, die möchte ich der Gesellschaft anbieten. Wenn sie angenommen werden, ist mir das Motivation genug; der Lohn ist für mich die Anerkennung. Umgekehrt ist es manchmal enttäuschend, wenn man versucht, eine Entwicklung positiv zu beeinflussen, und das nicht anerkannt wird. Aber man muss auch demütig sein: Manchmal gehört dazu, dass ein anderer eine bessere Idee hat, das kann ich akzeptieren.

„Das Stadtbild neu denken“

Johannes Schilling ist geschäftsführender Gesellschafter der Galerie Boisserée sowie Vizepräsident der IHK Köln:
Stadtgestaltung ist ein Zukunftsthema, einerseits durch den digitalen Handel, andererseits durch den Klimawandel. Wir müssen das Stadtbild als Erlebniswelt neu denken: mit Grünanlagen, Wasserflächen und attraktiven Plätzen mit guter Aufenthaltsqualität. Wenn ich reise, mache ich in Städten wie Lyon, Paris, Hamburg oder Berlin Fotos, die zeigen, wie eine Stadt aussehen kann – und wie Köln leider nicht aussieht.
Ein großer Aufschlag war für unseren Ausschuss die Resolution, die wir als Vollversammlung im Juni 2021 verabschiedet haben. Aus ihr leiten sich viele weitere Schritte ab; zeitlos gültige Wünsche an die Politik, die wir mehr in die Verantwortung nehmen möchten. Auch die Region nehmen wir in den Blick und haben in Wipperfürth, Wermelskirchen und Brühl die Entwicklung analysiert. Daraus können wir viel ableiten.
Ich bin gebürtiger Kölner und schätze die Stadt, ihre Vielfalt, ihr kulturelles Angebot, auch die Veedel, aber Kölns Mix muss neu präsentiert werden, damit Leute gerne kommen. Daran möchte ich mitwirken, und dass ich hier mehr bewegen kann als in der Parteipolitik, das motiviert mich.
– Johannes Schilling
In Köln werden Notwendigkeiten zwar erkannt, aber weil so viele Akteure involviert sind, passiert nichts. Das liegt auch an der Vielstimmigkeit der Stadt. Für wirkliche Entwicklung brauchen wir einen Oberbürgermeister oder eine Oberbürgermeisterin mit Leidenschaft und Vision, einen Menschen, der parteiübergreifend Player für das gemeinsame Anliegen gewinnen kann – am besten zusammen mit einem unmittelbar unterstellten Citymanagement.

Der Ausschuss für Mobilität

„Streitbarer, aber sachlich“

Innerstädtische Verkehrsversuche, Verkehrsnetze in der Region sowie deren nationale und internationale Anbindung beschäftigen den Ausschuss für Mobilität, dem Birgit Heitzer und Frank Oelschläger vorsitzen.
Birgit Heitzer ist Leiterin Beschaffungslogistik und Logistik Services bei der Kölner REWE-Zentralfinanz eG.

Frank Oelschläger, Mitglied der IHK-Vollversammlung, ist geschäftsführender Gesellschafter der GILOG – Gesellschaft für innovative Logistik mbH, Frechen.
Mehr Mobilität wünschen sich viele, Sie treten ehrenamtlich dafür ein. Warum?
Heitzer: Viele der mannigfaltigen Probleme in der Region betreffen uns als REWE. Das macht das Engagement im Ausschuss für mich lohnenswert.
Oelschläger: Als Unternehmer müssen wir Sachthemen vorantreiben. Bundesverkehrswege, Verkehr in Köln, Verkehr in der Region: Da geht es um zentrale Infrastrukturmaßnahmen. Mit unserem Sachverstand können wir sehr viel dazu beitragen, dass sich Dinge verbessern.
Wie sieht die Ausschussarbeit konkret aus?
Heitzer: Unser Ausschuss ist sehr aktiv. Zusätzlich zu den Sitzungen im Plenum haben wir spezialisierte Arbeitsgruppen, in denen wir Schwerpunktthemen noch gezielter bearbeiten können, um Handlungsbedarfe herauszustellen und in Positionspapieren zusammenzufassen.
Worum geht es in solchen Positionspapieren?
Oelschläger: Wir haben beispielsweise aus dem Ausschuss heraus eine beschlussfähige Position für die Vollversammlung erarbeitet. Zielsetzung war, dass die IHK sich mit der Politik und dem Flughafen frühzeitig um eine Verlängerung der Nachtfluggenehmigung bemüht. Die Resolution der Vollversammlung ist ein wichtiger Erfolg der Ausschussarbeit.
Inwiefern konnten Sie im Ausschuss auch Ziele auf politischer Ebene erreichen?
Heitzer: Daran arbeiten wir verstärkt und haben uns deswegen gefreut, dass in einer Sitzung Vertreter der Stadt sich angehört haben, was wir zu den Plänen für den motorisierten Individualverkehr sagen. Wir möchten frühzeitig in die Kommunikation eingebunden, nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Oelschläger: Wir sind streitbarer geworden, natürlich in der sachlichen Auseinandersetzung. Wir legen den Finger in die Wunde, aber wir zeigen auch Lösungen auf.
Das klingt nicht nur vergnüglich. Was motiviert Sie?
Heitzer: Es geht um wirklich wichtige Themen, die einen oft genug persönlich betreffen. Ich will Dinge mitgestalten und mitverändern: Dafür sind solche Gremien hervorragend geeignet!
Oelschläger: Für mich ist es spannend, neuen Input von Menschen aus verschiedenen beruflichen Umfeldern zu kriegen. Gleichzeitig spüren wir, dass wir hier etwas bewegen können – und deswegen machen wir es.

Der Ausschuss für Digitales und Innovation

„Frischer Wind und Gedankenblitze“

Die Stärkung der Digitalisierung ist ein Kernanliegen des Ausschusses für Digitales und Innovation. Warum sie sich in diesem Gremium engagieren, schildern seine Vorsitzenden Timo von Lepel und Mike Gahn.
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© Netcologne
Mike Gahn (links) ist geschäftsführender Gesellschafter des Softwarespezialisten ownSoft. In der IHK Köln ist er Mitglied der IHK-Vollversammlung, Vizepräsident und Co-Vorsitzender des Ausschusses für Digitales und Innovation. Timo von Lepel, Mitglied der IHK-Vollversammlung, ist Geschäftsführer der NetCologne Gesellschaft für Telekommunikation mbH und zudem Geschäftsführer der Stadtwerke Köln GmbH.
Zum städtischen Masterplan Digitales Köln hat die Vollversammlung in einer Resolution Impulse vorgelegt, die aus dem Ausschuss Digitales hervorgingen. Was wünschen Sie sich von der Politik?
von Lepel: Wir müssen die in der Region beheimatete Industrie mit der Digitalisierung kombinieren und mehr Standortpolitik machen, um digitale Geschäftsmodelle in die Region zu holen. München hat das vorgemacht, und Köln ist durch seine zentrale Lage eigentlich ein viel attraktiverer Standort. Wir haben hier in Köln viel Kreativität und zahlreiche Hochschulen …
Gahn: … aber leider gehen die Hochschulabsolventen tendenziell eher weg.
Inwiefern können Sie über den Digitalausschuss der IHK zum politischen Geschehen beitragen?
Gahn: Die Kammer ist eine der wichtigsten Interessenvertretungen. Aber es hängt immer daran, dass man sich im Ehrenamt engagiert. Unser Ausschuss hat in dieser Legislatur schon zwei Positionspapiere formuliert.
von Lepel: Zusätzlich zu Thesenpapieren, die wir erarbeiten, legen wir Wert auf den praktischen Bezug. Aus digitalen Themen, die sich im internationalen Raum abspielen, leiten wir Angebote für die lokale Wirtschaft ab: etwa den Digitaltag für den Mittelstand.
Gibt es auch schon mal Durststrecken?
Gahn: Die Langsamkeit der Verwaltung ist für uns innovative Digitalunternehmen manchmal sehr anstrengend, ja.
von Lepel: Um mehr Gewicht zu kriegen, suchen wir den Austausch, laden den Digitalisierungsausschuss der Stadt Köln immer zu unseren Sitzungen ein. Die Mitglieder kommen auch.
Was motiviert Sie dazu, einen Teil Ihrer persönlichen Zeit in dieses Ehrenamt einzubringen?
von Lepel: Die Sitzungen machen Spaß! Wir führen spannende Diskussionen, aus denen man immer mit ein paar guten Ideen nach Hause geht.
Gahn: Ja, als Unternehmer bekomme ich hier immer frischen Wind und Impulse, aus denen sich Gedankenblitze ergeben, auch viele Kontakte. Zudem erfährt man zum Beispiel geplante Gesetzesänderungen früh und kann dann ganz anders agieren.

Der Ausschuss für Internationales

„Manche Prozesse dauern quälend lange“

Wie kann sich die Wirtschaftsregion Köln im Kontext der Globalisierung besser aufstellen? Das ist eine der Fragen, mit denen sich der Ausschuss für Internationales befasst, den Max Krawinkel und Gerald Böse leiten. Gerald Böse ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse GmbH. Dr. Max F. Krawinkel ist geschäftsführender Gesellschafter der Leop. Krawinkel GmbH & Co. KG.
Wesentliche Rahmenbedingungen für das internationale Geschäft werden auf EU-Ebene geschaffen. Inwieweit lässt sich durch Ihre Arbeit im Ausschuss darauf Einfluss nehmen?
Krawinkel: Wir nehmen die aktuellen Entwicklungen auf, diskutieren sie mit Spezialisten aus der Politik und unseren Ausschussmitgliedern. Ergebnis ist eine Resolution, die die IHK-Vollversammlung unterstützt und in die entsprechenden politischen Kanäle weitergibt. Darüber hinaus geben Mitglieder mithilfe ihres Netzwerkes diese Nachricht an die entsprechenden politischen Entscheidungsträger weiter.
Böse: Durch die regelmäßige Einladung als Referenten vor dem IHK-Ausschuss sind wir als Unternehmenslenker und Ausschussmitglieder in der Lage, unsere Nöte und Forderungen zum Beispiel an EU-Politiker aus dem Parlament zu adressieren. Das gebündelte Sprachrohr nach Brüssel bleibt jedoch die DIHK in Berlin.
Was möchten Sie ganz persönlich mit Ihrer Arbeit im Ausschuss erreichen?
Krawinkel: Da sehe ich drei Punkte: Transparenz der EU-Beschlüsse gegenüber den IHK-Mitgliedsunternehmen, das Entgegenwirken bei anstehenden EU-Beschlüssen mit wirtschaftsfernen Inhalten und Hilfen für unsere Mitgliedsunternehmen in deren Außenhandelsgeschäften.
Böse: Indem wir frühzeitig Informationen über internationale neue Regelungen und Marktentwicklungen erhalten, können wir diese weitergeben und das Wissen nutzen. Ich möchte aber auch meine internationale Erfahrung in über 30 Jahren Messewirtschaft an Interessierte und Ausschussmitglieder vermitteln.
Welches Image haben Köln und die Region Ihrer Wahrnehmung nach im internationalen Kontext?
Krawinkel: Die einzelnen export-orientieren Unternehmen im Kammerbezirk sind in ihren Branchen weltweit bekannt, unabhängig von ihrem Standort.
Böse: Die Kölner gelten als gastfreundlich und weltoffenen, auf der anderen Seite aber vorsichtig und abwartend. Alle möchten beteiligt werden, dadurch dauern manche Prozesse quälend lange und schrecken auch potenzielle Investoren ab.
Worauf gründet Ihre Motivation für dieses Ehrenamt?
Krawinkel: Deutschlands Wohlstand ist vor allem durch eine starke exportorientierte Wirtschaft entstanden. Um diesen Status der export-orientieren Unternehmen zu sichern, ist eine aktive Mitarbeit in diesem Ausschuss zwingend erforderlich.
Böse: Als Messechef habe ich auch die Aufgabe, mich für die Entwicklung des Standorts Köln insgesamt einzusetzen. Sei es im kulturellen, karitativen oder wirtschaftlichen Kontext. Das mache ich sehr gerne, zum Wohle der Stadt Köln und damit auch der Koelnmesse.

Der Ausschuss für Umwelt und Energie

„Wer sonst prangert den Gap an?“

Die Windrad-Schuldenuhr, die über dem Eingang der IHK Köln hängt, zeigt den Gap auf zwischen Ausbauzielen und tatsächlicher Umsetzung des Baus neuer Windenergieanlagen. Er ist Thema in jeder Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Energie. Dessen Vorsitzende, Dr. Claudia Eßer-Scherbeck, erklärt, warum das Monitoring so wichtig ist. Auch im Bereich der Kreislaufwirtschaft bietet das Gremium viele Gestaltungsmöglichkeiten, schildert Ausschussmitglied Naemi Denz.
Dr. Claudia Eßer-Scherbeck, geschäftsführende Gesellschafterin in der SE Scherbeck Energy GmbH, der FSE Portfolio Management GmbH und der SE Energy Trading GmbH, ist Mitglied der Vollversammlung:
Im Ausschuss monitoren wir, wie die Energiewende vorankommt. Auf die Forderung der IHK, dass wir ein Konzept brauchen, damit schneller und ausreichend sowohl erneuerbare Energiekapazitäten als auch ergänzende flexible Kraftwerks- und Speicherkapazitäten aufgebaut werden, reagierte die Landespolitik bisher nicht.
Aber wir werden weiter über die Lücke berichten. Auch die Kraftwerksstrategie auf Bundesebene ist nur halbherzig, weil demnach nur die Hälfte dessen ausgeschrieben werden soll, was Studien zufolge an flexiblen Kapazitäten gebraucht wird.
Es ist eine unserer wichtigen Aufgaben im Ausschuss, Stellungnahmen und Resolutionen vorzubereiten, die wir als IHK gegenüber der Politik und Öffentlichkeit platzieren. Ein anderer großer Teil unserer Ausschussarbeit liegt in der Information.
In fast jeder Sitzung erklären Vertreter der DIHK, was an neuen Gesetzen und Regulierungen ansteht. Das geben wir weiter an die Mitgliedsunternehmen.
Auch berichten Unternehmen zu verschiedenen Energie- und Umweltthemen aus ihrer Praxis. Dadurch können wir Missstände aufnehmen und Forderungen an die Politik formulieren.
— Claudia Eßer-Scherbeck
In der Vollversammlung gibt es nicht viele, die speziell im Energiebereich tätig sind, sodass ich hier einen echten Beitrag leisten kann. Persönliche Freude bringen mir die vielen Gespräche mit unheimlich interessanten, netten Leuten – nicht nur fachlich zu Energiefragen, sondern auch von Unternehmer zu Unternehmer über alle möglichen Herausforderungen.

„Weniger abhängig werden“

IHKplus202404 Naemi Denz Schmülgen
Naemi Denz ist Geschäftsführerin der Sutco RecyclingTechnik GmbH in Bergisch Gladbach:
Als Ingenieurin für technischen Umweltschutz finde ich Kreislaufwirtschaft spannend. Indem wir Kreisläufe schließen und genutzte Materialien wieder nutzbar machen, werden wir weniger abhängig von Importen. Deswegen ist für mich die Arbeit der Kerngruppe zur Kreislaufwirtschaft so interessant!
Hier haben wir zum Beispiel den Wettbewerb Going Circular entwickelt und die Circularity-Scouts mit ins Leben gerufen. Sie fokussieren ein sehr komplexes Grundproblem: Wie können wir Wirtschaftsstrukturen zirkulärer gestalten?
Im Ehrenamt habe ich die Freiheit, offen zu diskutieren und sehr nachhaltig auf Punkte hinzuweisen, die mir wichtig sind. Zum Beispiel, dass es nicht nur den Ansatz gibt, immer schneller zu wachsen – wir können auch andere Strukturen implementieren.
Der Ausschuss für Umwelt und Energie hat für mich einen entscheidenden Unterschied zu einem Branchenverband.
Bei der IHK bin ich nicht in der Blase einer Branche oder unter Menschen mit dem gleichen beruflichen Hintergrund, sondern treffe alle, die mit Wirtschaft zu tun haben. Das ist nützlich, denn so erfahre ich in den Sitzungen und Diskussionen auch ganz andere Sichtweisen.
– Naemi Denz
Zugleich kann ich mich konkret politisch einbringen – etwa, wenn das Hauptamt von uns Einschätzungen zu Gesetzesvorhaben oder auch zu Wahlprüfsteinen einholt.

Der Ausschuss für Rechts- und Steuerpolitik

„Mehr Waffengleichheit herstellen“

Weniger Bürokratie und eine faire Finanzpolitik gehören zu den Kernforderungen des Ausschusses für Rechts- und Steuerpolitik. Er wird geleitet von den Co-Vorsitzenden Wolfgang Schwade und Manuela G. Czowalla.
Wolfgang Schwade ist Vorstandsvorsitzender der GVV-Kommunalversicherung VVaG und Mitglied der Vollversammlung. Er schildert im Interview die praktische Arbeit des IHK-Ausschusses.
Herr Schwade, welche Erfolge aus Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für den Ausschuss haben Sie besonders gefreut?
Aus der jüngsten Vergangenheit ist hier die von der Vollversammlung verabschiedete Resolution zum mobilen Arbeiten im Ausland zu nennen. Aber auch unsere Beiträge und Anregungen in Sachen Bürokratieabbau wie etwa die Forderung nach einer unabhängigen Funktion, die dauerhaft – zum Beispiel bei neuen Gesetzen – zusätzliche Bürokratiebelastungen ermittelt, sind hier zu nennen. Ich finde es in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass bei der Forderung „one in, one out“ – also für jede neue Vorschrift wird eine andere gestrichen – schon von „Abbau“ gesprochen wird, obwohl es sich dabei lediglich um die Erhaltung des Status quo handelt.
Sehen Sie in anderen gesetzlichen Rahmenbedingungen für mobiles Arbeiten im Ausland einen Ansatz, um durch attraktivere Arbeitsbedingungen dem Fachkräftemangel zu begegnen?
Im Ringen um die besten Arbeitskräfte sind uns Großunternehmen mit ihren differenzierteren Beschäftigungsmöglichkeiten überlegen. Insoweit würden klare Regelungen, die nicht das Risiko in sich bergen, bei späteren steuer-, sozialversicherungs- und arbeitsschutzrechtlichen Überprüfungen beanstandet zu werden, helfen, hier etwas mehr Waffengleichheit herzustellen.
Sie engagieren sich seit 2006 in der Ausschussarbeit der IHK und waren auch Vorsitzender des früheren Versicherungsausschusses. Was motiviert Sie zu diesem Ehrenamt?
Der alte Grundsatz: „Einfach mal machen“, statt ständig nur zu kritisieren. Und siehe da, manchmal bewegt sich/man ja was. Wenn mehr Unternehmer sich politisch einbrächten, könnte mancher Blödsinn – und zwar auf allen politischen Ebenen – verhindert werden.
Kommunikation, Marketing und Vertrieb