Aktuell sind es rund 1.300 Ausbildungsbetriebe

Wie es der IHK Gießen-Friedberg gelingt, Ausbildungsplatzsuchende und Unternehmen zusammenzubringen, erläutert Ausbildungsberaterin Sandra Kraft.

Frau Kraft, welche Maßnahmen ergreift die IHK Gießen-Friedberg, um junge Menschen und Unternehmen zusammenzubringen?

Wichtig ist es, junge Menschen frühzeitig für das Thema Ausbildung zu begeistern, Berufsorientierung sollte bereits in den Schulen beginnen. Aus diesem Grund sind seit Anfang vergangenen Jahres die vom Landkreis Gießen finanzierten Ausbildungsbotschafter Gießen in unserem Auftrag unterwegs. Im Rahmen der Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen informieren bei diesem spannenden Projekt Auszubildende im zweiten oder dritten Ausbildungsjahr über ihre Ausbildungsberufe. Großer Vorteil ist, dass die Auszubildenden auf Augenhöhe mit den Schülerinnen und Schülern kommunizieren und Fragen, wie beispielsweise nach dem beruflichen Alltag, aus ihrer Perspektive beantworten können. Seit den Sommerferien sind die Ausbildungsbotschafter auch an den allgemeinbildenden Schulen im Vogelsbergkreis im Einsatz. Dort führen wir das Projekt in Kooperation mit der Kreishandwerkerschaft durch.
Mit einer Willkommenslotsin für Geflüchtete sowie zwei Mitarbeiterinnen für die Themen Inklusion und passgenaue Besetzung hat der IHK Geschäftsbereich Aus- und Weiterbildung drei Beratungsstellen geschaffen, die erheblich zur Integration von Menschen mit Behinderung oder ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern beitragen.
Umfangreiche Informationen über das regionale Ausbildungsangebot finden zukünftige Auszubildende in der Broschüre „Schule und was dann?“, die jedes Jahr aktualisiert und kostenfrei an alle allgemeinbildenden Schulen verteilt wird. Den Standort der Ausbildungsbetriebe in unserem IHK-Bezirk zeigt der Ausbildungsatlas auf unserer Internetseite auf. Ausbildungsplatzsuchende finden dort den Standort der Ausbildungsbetriebe und die angebotenen Ausbildungsberufe.
Im Rahmen unserer Nachvermittlungsaktion schreiben wir alle Ausbildungsbetriebe an und erfragen noch offene Ausbildungsplätze. So gelingt es uns bereits seit Jahren, viele Ausbildungs- und Praktikumsplätze zu akquirieren. Diese werden anschließend in der regionalen Presse und im Internet veröffentlicht. Ein weiteres Erfolgsmodell ist unsere Ausbildungsmesse Berufswegekompass. Darüber hinaus sind wir Ausbildungs- und Weiterbildungsberater auf zahlreichen weiteren Messen zu Gast.

Welche Berufe sind in unserem IHK-Bezirk besonders gefragt? Welche weniger?

Da sieht es bei uns ähnlich wie im deutschen Durchschnitt aus: Im kaufmännischen Bereich sind es die beiden Berufe im Handel – Kaufmann/-frau im Einzelhandel und Verkäufer/-in –, die von den Ausbildungsbetrieben in großer Zahl angeboten werden. Die Kaufleute für Büromanagement und die Industriekaufleute werden ebenfalls stark nachgefragt und sind bei den Schülerinnen und Schülern sehr beliebt. Im Bereich Industrie werden neben dem Zerspanungsmechaniker oder dem Elektroniker für Betriebstechnik aktuell vor allem IT-Berufe, wie beispielsweise der Fachinformatiker stark nachgefragt. Besonderes Interesse zeigen junge Leute für den Beruf Kaufmann/-frau für Marketingkommunikation. Da der Beruf nicht so häufig ausgebildet wird, übersteigt die Nachfrage hier regelmäßig das Angebot. Auf dem Vormarsch ist auch der Beruf Tierpfleger/-in. In diesem Berufsbild nehmen wir für ganz Hessen die Prüfungen ab. Spannende, weniger bekannte Ausbildungsberufe sind der Baustoffprüfer oder der Gestalter für immersive Medien.

Wie viele Unternehmen im Bezirk der IHK Gießen-Friedberg bilden aus? Hat ihre Anzahl in den vergangenen Jahren zugenommen?

Die Zahl der Ausbildungsbetriebe in Stadt und Land Gießen sowie der Wetterau und dem Vogelsberg ist in den vergangenen Jahren auf hohem Niveau stabil geblieben. Aktuell haben wir rund 1.300 ausbildende Betriebe in unserem Bezirk.

Wie viele junge Menschen haben im vergangenen Jahr im Bezirk der IHK Gießen-Friedberg eine Ausbildung begonnen?

Nach dem Einbruch in der Corona-Pandemie, in der leider auch keine Berufsorientierung stattfinden konnte, geht es wieder deutlich aufwärts. Zum Stichtag 30. September konnten wir im vergangenen Jahr 2.021 neu eingetragene Ausbildungsverträge verzeichnen, 22 mehr als im Jahr zuvor. Wir hoffen, wieder an unseren Vor-Corona-Erfolg – 15 Jahre stetiger Anstieg an Ausbildungsverträgen – anknüpfen zu können.

Wie ist die Tendenz?

Gerade vor dem Hintergrund eines demografischen Wandels werden Fachkräfte dringender denn je gesucht. Und: Die Generation der Babyboomer wird spätestens in zehn Jahren in Rente gehen. Sehr viele unserer Betriebe handeln an dieser Stelle vorausschauend, in dem sie für den eigenen Bedarf ausbilden und sich so ihren eigenen Fachkräftenachwuchs sichern. Denn sehr viele junge Menschen halten nach der Ausbildung ihrem Unternehmen die Treue. Ob die Auszubildenden bleiben oder woanders eine neue Herausforderung suchen, hängt natürlich stark vom Unternehmen ab. An dieser Stelle spielen vor allem Ausbilder eine entscheidende Rolle. Sie haben eine Vorbildfunktion und prägen den weiteren beruflichen Verlauf der Auszubildenden erheblich mit.
Gibt es Unternehmen, die auch nach dem offiziellen Stichtag Auszubildende einstellen? Ja, uns liegen oftmals bis Dezember noch Ausbildungsverträge vor. Auch zu diesem Zeitpunkt ist der Einstieg in die Berufsausbildung noch sinnvoll, da somit unnötige Wartezeiten bis zum nächsten Ausbildungsstart vermieden werden. Einzige Herausforderung ist, dass die Berufsschule schon begonnen hat und die Auszubildenden den Lernstoff nacharbeiten müssen. Mit Unterstützung der Ausbildungsbetriebe ist dies jedoch in den meisten Fällen gut leistbar.
Das Interview führte Petra A. Zielinski.

Kontakt Sandra Kraft Tel.: 06031/609-3065 E-Mail: kraft@giessen-friedberg.ihk.de
Stand: 09.10.2024