Ausbildungsmarkt: Migration spielt immer wichtigere Rolle

Trotz der konjunkturell schwierigen Lage für die Unternehmen ist die Situation am Ausbildungsmarkt weiterhin angespannt. Immer noch ist das Angebot an Ausbildungsplätzen weitaus höher als die Nachfrage. Immerhin: Junge Menschen aus dem Ausland helfen dabei, diese Lücke nicht noch größer werden zu lassen.
Im Gebiet der IHK Südlicher Oberrhein ist ein leichter Anstieg bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen zu verzeichnen. Zum 30. September 2024 wurden hier 4.054 Verträge geschlossen, ein Plus von 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Für die Ausbildungsbetriebe ist das trotzdem keine gute Nachricht“, bewertet Simon Kaiser, Geschäftsführung Aus- und Weiterbildung der IHK Südlicher Oberrhein. „Wie bereits seit Jahren war das Angebot an Ausbildungsplätzen weitaus höher.“ Kaiser geht davon aus, dass im Schnitt etwa jeder vierte Ausbildungsplatz nicht besetzt werden konnte.
Deutliche Zuwächse gab es im Berufsfeld Elektrotechnik (plus 5,2 Prozent auf 449 Verträge) und im Bereich Bau, Steine, Erden (plus 23,1 Prozent auf 80 Verträge). Auch im Handel legte die Zahl der neuen Verträge deutlich zu, und zwar um 11,4 Prozent auf 823. Einen Rückgang gab es dagegen bei Industriekaufleuten (minus 4,9 Prozent auf 292 Verträge) und in der Metalltechnik (minus 1,8 Prozent auf 798 Verträge).
„Ohne Zuwanderung sähe es düster aus am Ausbildungsmarkt.“
Bemerkenswert ist der Anteil ausländischer Auszubildender. Er steigt seit 20 Jahren kontinuierlich an und liegt über alle Ausbildungsverhältnisse hinweg aktuell bei 17,5 Prozent. Der Sprung nach oben im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (Anteil: 15,1 Prozent) zeigt laut Kaiser einmal: „Ohne Zuwanderung sähe es düster aus am Ausbildungsmarkt.“ Bei den im Jahr 2024 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen hat sogar mehr als jeder fünfte neue Azubi (20,9 Prozent) in einem IHK-Beruf eine ausländische Staatsbürgerschaft. Kaiser: „Das ist eine erfreuliche Entwicklung, die zeigt, dass es unserer Wirtschaftsregion gelingt, Migranten erfolgreich zu einem qualifizierten Berufsabschluss zu führen. Das duale Ausbildungssystem stellt damit seine enorme Integrationskraft unter Beweis.“
Besonders wichtig sind die Zugewanderten für Betriebe im Bereich Gastronomie. Hier liegt der Anteil ausländischer Auszubildender zwischen etwa 50 und 80 Prozent. Aber auch im Bereich Verkauf (23,8 Prozent) oder Fachinformatik (9,7 Prozent) spielen junge Migranten mittlerweile eine deutliche Rolle. Die wichtigsten Herkunftsländer sind Marokko, Vietnam und die Türkei, gefolgt von Rumänien, Indonesien und der Ukraine.
Mit ihrem aktuellen Marokko-Projekt unterstreicht die IHK Südlicher Oberrhein die Bedeutung von Migration für den heimischen Arbeitsmarkt noch einmal. Das mit der Auslandshandelskammer (AHK) Marokko, der DIHK und der IHK Trier gestartete Projekt zur Gewinnung marokkanischer Auszubildenden läuft derzeit in Zusammenarbeit mit vier Unternehmen aus dem Kammergebiet und soll zwölf jungen Menschen eine berufliche und private Perspektive am südlichen Oberrhein ermöglichen. Auch das von der Handwerkskammer Freiburg und der IHK aufs Gleis gesetzte Welcome Center Südlicher Oberrhein zielt darauf ab, ausländische Fachkräfte erfolgreich in den heimischen Arbeitsmarkt zu integrieren.
„Diesen Trend wollen wir weiter verstärken.“
Wie die Ausbildungs-Statistik weiter zeigt, wird es für Abiturienten und Absolventen mit Fachhochschulreife immer interessanter, eine Ausbildung zu machen. Allein die Quote der Auszubildenden mit Allgemeiner Hochschulreife liegt seit zehn Jahren stabil über 15 Prozent. „Auch diese Entwicklung freut uns“, sagt Kaiser. „Mit unseren Angeboten und Projekten zur beruflichen Orientierung adressieren wir insbesondere die Gymnasien.“ Die IHK entsendet hierfür unter anderem ihre Ausbildungsbotschafter. „Wir müssen auch Gymnasiasten zeigen, dass es zum Studium eine attraktive Alternative gibt: die Ausbildung in einem innovativen Unternehmen“, sagt Kaiser. „Abitur und Ausbildung passen bereits heute sehr gute zusammen. Diesen Trend wollen wir weiter verstärken“.