Marktzugang

Erst mit dem erfolgreichen Marktzugang wird aus einer guten Idee eine echte Innovation. Die Flopraten für neue Produkte liegen jedoch häufig im hohen zweistelligen Prozentbereich.
Dies ist nur selten auf das Produkt selbst zurückzuführen. Häufig scheitern neue Produkte an einer unzureichenden Planung und Durchführung der Vermarktungsaktivitäten. Dieser Aufwand wird in der Regel systematisch unterschätzt. Dabei ist die erfolgreiche Vermarktung nicht selten genauso teuer wie die eigentliche Produktentwicklung selbst.

Was versteht man unter Marktzugang und Markteinführung?

Als Marktzugang wird die Möglichkeit eines Unternehmens bezeichnet, an einem Markt als Käufer oder Verkäufer teilzunehmen. Ist es dem Unternehmen nicht oder nur schwer möglich, an dem Markt teilzunehmen, so liegen Markteintrittsbarrieren vor, die mit einer Markteintrittsstrategie überwunden werden müssen. Im internationalen Handel ist eine Behinderung von Marktzugang nicht selten und dient dazu, eigene Märkte und Anbieter zu schützen, z. B. über Zölle, bürokratische Einfuhrhürden, die internationale Durchsetzung von Monopolen für geistiges Eigentum oder Subventionen für die eigenen Anbieter.
Die Markteinführung von Produktneuheiten umfasst als Bestandteil eines Produktentstehungsprozesses hingegen sämtliche marketingstrategischen und -operativen Planungs- und Entscheidungsabläufe, die in kunden-, wettbewerbs- und unternehmensgerichtete Maßnahmen umzusetzen sind, damit ein angestrebter physischer Markteintrittszeitpunkt realisiert werden kann (Call, G. (1997): Entstehung und Markteinführung von Produktneuheiten: Entwicklung eines prozessintegrierten Konzepts, S. 10, Gabler-Verlag, Wiesbaden).

Was sind die Grundlagen für eine erfolgreiche Markteinführung?

Die Basis einer erfolgreichen Produkteinführung ist ein sehr gutes Marktverständnis. Definieren Sie nicht aus dem Büro oder der FuE-Abteilung heraus Alleinstellungsmerkmale (USP). Am Anfang sollte die Frage stehen, wer später überhaupt Einfluss auf die Kaufentscheidung für Ihr neues Produkt hat: Zum Beispiel der Endkunde im Geschäft, der Online-Händler per Aufnahme in sein Portfolio, der Einkäufer des Maschinenbau-Unternehmens oder eine zentrale europäische Beschaffungsabteilung mit strukturierter Bezugsquellenfreigabe? Je nachdem gilt es zu verstehen, welche Kriterien für die einzelnen Entscheider gelten und wie diese mit den jeweils anderen wechselwirken: Entscheidet etwa der Endkunde über das Material oder nur über die Farbe? Wird der Verkäufer über Provisionsmodelle, Markenbindung, Liefersicherheit oder technische Details zum Anbieten der Produkte animiert?
Sobald die Entscheidungswege, Vertriebswege und Anforderungen der einzelnen Akteure verstanden sind, können die theoretisch machbaren Alleinstellungsmerkmale erstmals auf den Prüfstand kommen: Nur diejenigen sollten gewählt werden, die Bedarf und Interesse eines tatsächlichen Kaufentscheiders abdecken oder den relevanten Personen mit Einfluss auf die Kaufentscheidung die erforderlichen (oder gewünschten) Argumente liefern. Selbstverständlich sollte der Kunde auch bereit sein, etwaige Mehrkosten für bestimmte Produkteigenschaften zu bezahlen.
Inwieweit eine breite Marktanalyse erforderlich ist, hängt vom jeweiligen Produkt und dem Ergebnis der ersten o.a. Analysen ab. Gerade für kleinere Unternehmen ist es ratsam, vor umfassenden Marktstudien zu prüfen, ob ein künftiger Vertriebspartner nicht schon über die meisten relevanten Daten verfügt.
Erste Einblicke in Märkte bieten neben der Kenntnis etwaiger Vertriebspartner beispielsweise Daten der statistischen Ämter, verschiedene Studien und Statistiken von Ministerien oder Europäischer Kommission bzw. weiterer Einrichtungen, Studien von Kammern oder Verbänden sowie wissenschaftliche Veröffentlichungen. Auch die Prodcom-Produktionsstatistiken unterstützen die Analyse. Ebenso bieten verschiedene Dienstleister entsprechende Daten bzw. Studien an.
Von elementarer Bedeutung ist eine umfassende Übersicht über Wettbewerber bzw. Konkurrenzprodukte. Beschränken Sie sich bei der Suche nach diesen nicht auf die aus Ihrer Perspektive relevante Produktbezeichnung. Verwenden Sie alternative Begriffe und suchen Sie zum Beispiel auch per Online-Suche anhand der Bedarfssituation nach Lösungen bzw. Produkten. Beispiel: Eine „LED-Feuchtraumleuchte“ könnte ebenso gesucht werden mittels „Keller Lampe“, „Badbeleuchtung sparsam“ usw.

Wie kann ich mein neues Produkt am Markt positionieren?

Im Rahmen der Produktpositionierung können allgemein drei unterschiedliche Positionierungsstrategien zum Ziel führen.
Bei der Abhebungsstrategie zum Aufbau einer USP wird versucht, dass das angebotene Produkt den Erwartungen des Kunden möglichst gut entspricht und sich in seiner Wahrnehmung ein unverwechselbarer, einzigartiger Nutzen ergibt, der sich von der Konkurrenz abhebt (vgl. Meyer/Davidson 2001, 484).
Die Imitationsstrategie ist an die konkurrenzorientierte Positionierung angelehnt. Man versucht, die eigene Positionierung an die des Marktführers anzulehnen, um erfolgreich zu sein.
Wenn auf dem Markt Nachfrager gefunden werden, deren Bedürfnisse bezüglich eines bestimmten Produktes noch nicht durch andere Anbieter gedeckt sind, empfiehlt sich die Nischenstrategie. Hierbei wird die Positionierung auf einen noch nicht bedienten Teilmarkt verlagert.
Entscheidend bei all diesen Positionierungsarten und Positionierungsstrategien ist, dass sie den Erwartungen des potenziellen Kunden möglichst gut entsprechen und der Vorteil bzw. Nutzen hervorgehoben wird. Je besser eine Innovation positioniert ist, desto erfolgversprechender und schneller wird der Marktanlauf erfolgen.

Wie und wann kann ich meine Kunden bei der Markteinführung nutzen?

Durch o. a. anfängliche Marktanalyse ist die Einbeziehung von Kunden nicht abgeschlossen. Unter dem Schlagwort Open Innovation werden zahlreiche Konzepte propagiert, die Kunden in verschiedenen Phasen der Produktentstehung einzubeziehen und deren Anforderungen und Erfahrungen aufzugreifen.
Ein pragmatischer Ansatz besteht häufig darin, zunächst ausgewählte „freundliche Kunden“ in geeigneten Phasen der Produktentwicklung einzubeziehen. Dies kann realisiert werden durch gezielte Besuche bei den Kunden, Workshops im Rahmen von Messen oder eigenen Kundenveranstaltungen oder in Form von Demonstrator-/Prototypen-Vorführungen durch regionale Vertriebsmitarbeiter. Wenn 9 von 10 einbezogenen Kunden einen bestimmten Knopf vermissen, das Design ablehnen oder das Produkt falsch bedienen, sollte mit hoher Wahrscheinlichkeit nachgebessert werden. Gleichzeitig ergänzt dieses Feedback die anfängliche Marktanalyse, indem bestimmte Anforderungen oder Verhaltensweisen nicht erst am fast fertigen Produkt zu Tage treten. Häufig lassen sich bereits durch einfache Maßnahmen erhebliche Kosten infolge unnötiger oder nicht zielgerichteter Entwicklung vermeiden.
Das Produkt muss hierbei nicht zwingend fertig entwickelt sein. Ganz im Gegenteil können fortlaufend gesteigerte „Testverkäufe“ dieser Art dazu führen, dass erste Kunden bereits vor dem eigentlichen Vertrieb positive Erfahrungen mit Ihrem Produkt verbinden oder Dritten bzw. deren Kunden den baldigen Start eines innovativen Produkts ankündigen.
Je nach Produktart kann die Anzahl einbezogener Kunden sukzessive gesteigert werden. Häufig kommen auf Basis der ersten Erfahrungen erstellte Kundenumfragen (online oder durch Vertriebsmitarbeiter) in größerem Umfang zum Einsatz. So eignet sich beispielsweise eine Umfrage zur bisherigen Zufriedenheit zur Platzierung einer für das neue Produkt relevanten Frage.
Hinweis: Falls Sie die Anmeldung gewerblicher Schutzrechte (z.B. Patente) anstreben, darf eine Erfindung vorab nicht offenbart werden. Berücksichtigen Sie dies ggf. in Zusammenhang mit den aufgeführten Maßnahmen und beziehen Sie - falls erforderlich - einen Patentanwalt in die Planung der Vorgehensweise ein.

Welche Vorbereitungen sind vor dem Vertrieb notwendig?

Marketing ist nur ein Aspekt des Vertriebs. Absolute Grundvoraussetzung sind zwar ein gelungener Online-Auftritt, ansprechende und vollständige Verkaufsunterlagen sowie ggf. Instrumente wie Anzeigenwerbung, Messeauftritte oder einfach nur Muster des Produkts – beziehen Sie jedoch frühzeitig auch alle relevanten Personen ein.
Idealerweise haben Sie bereits in der Anfangsphase Mitarbeiter bzw. Kollegen aus Vertrieb, Service-Abteilung, Auftragsabwicklung etc. konsultiert. Planen Sie nun rechtzeitig Schulungen für die entsprechenden Personenkreise ein. Stimmen Sie im Vorfeld ab, aus welcher Perspektive diese Akteure das Produkt wahrnehmen. Beschränken Sie die internen Informationen nicht auf den Inhalt des Verkaufsprospekts, sondern stellen Sie es anhand des Alltags der jeweiligen Abteilung dar. Sehr schnell werden Sie dabei auf noch zu ergänzende Instrumente und Hilfsmittel aufmerksam: Interne Vergleichslisten mit anderen Produkten für den Vertrieb, ein Montage-Muster für den Innendienst zur besseren Bearbeitung von Anfragen, einen ergänzen Hinweis für die Logistik usw.

Wie kann ich mein neues Produkt in den Markt einführen?

Anhand der Analyse von Wettbewerbern und Funktionsweise des Marktes können Sie frühzeitig ermitteln, wie das fragliche Produkt typischerweise beworben bzw. eingeführt wird. In Frage kommen je nach Produktart häufig Messen, Anzeigen in Fachzeitschriften, Aussendungen an Endkunden, Fachhändler oder sonstige Multiplikatoren, spezielle Events für Händler, der direkte Vertrieb durch den Außendienst, Aktionsstände im Handel, etc.
Für die Suche nach Ansprechpartnern im B2B-Vertrieb eignen sich beispielsweise zahlreiche verfügbare Online-Datenbanken.
Verlassen Sie sich beim Vertrieb nicht auf Einzelmaßnahmen wie einen redaktionellen Bericht über Ihr Produkt im einem Fachmagazin oder einen Prospekt mit markantem Spruch. Dies sind wichtige Aspekte, oft führt aber nur der zeit- und kostenintensive Einsatz aller Vertriebs- und Marketingelemente zum gewünschten Erfolg. Konkret bedeutet dies zielgruppenspezifisches Marketing, regelmäßiger enger Kontakt mit Multiplikatoren, Händlern sowie Endkunden und vor allem eine regelmäßige Auswertung von Kennzahlen. Beziehen Sie gegebenenfalls spezialisierte Marketingagenturen oder Vertriebsexperten ein. Im Bereich Thema Kennzahlensysteme / Business Intelligence lassen sich sogar mittels Excel sehr effiziente Analyse-Tools umsetzen, in welche mit geringem Aufwand Basisdaten aus ERP-System und dezentralen Systemen bzw. Listen eingespeist werden können.

Wo bekomme ich weitere Unterstützung?

Die IHK-Innovationsberatung der IHK Südlicher Oberrhein bietet ihren Mitgliedsunternehmen Erstberatungen rund um die Markteinführung neuer Produkte, z. B.:
  • Unterstützung bei der Beantragung von Fördermitteln für Marktstudien (sowie Forschung und Entwicklung)
  • IHK-Firmendatenbank zur Suche nach Kooperations- bzw. Vertriebspartnern
  • Vermittlung von Kooperationspartnern aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen, z. B. für Marktanalysen oder die Produktentwicklung
  • Informationen zur Suche nach Informationsquellen zu Markt- und Branchendaten
  • Erstauskunft zu rechtlichen Fragestellungen bei Marketing und Vertrieb
  • Informationen zu Auslandsmärkten und Export-Fragen

Hinweis: Dieser Artikel basiert teilweise auf einer Vorlage der IHK Bodensee-Oberschwaben.