Russland

No-Russia-Klausel in Verträgen

Die sogenannte „No-Russia-Klausel“ verpflichtet Unternehmen, den Wiederverkauf bestimmter Güter nach Russland vertraglich zu untersagen. Mit dem 14. Sanktionspaket gilt dies auch für die Übertragung von Rechten an geistigem Eigentum.

Was umfasst die No-Russia-Klausel?

Mit Artikel 12g der EU-Verordnung 833/2014 werden Unternehmen verpflichtet, in ihren Verträgen über den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern und Technologien in Drittländer eine Klausel aufzunehmen, die die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland vertraglich untersagt.
Hierdurch soll die Sanktionsumgehung über Drittländer unterbunden werden, da zwar viele Unternehmen keine direkten Verkäufe nach Russland tätigen, über Umwege ihre Güter aber trotzdem nach Russland gelangen.
Die vertragliche Vereinbarung muss außerdem für den Fall eines Verstoßes „angemessene“ Abhilfemaßnahmen enthalten, die jedoch nicht näher spezifiziert werden. Außerdem sind Verstöße gegen die Wiederausfuhr nach Russland, den zuständigen Behörden (in Deutschland dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – BAFA) zu melden.

Bei welchen Gütern ist die No-Russia-Klausel Pflicht?

Entsprechende Klauseln müssen nur beim Verkauf von folgenden Gütern und Technologien aufgenommen werden:
  1. Güter und Technologien der Anhänge XI, XX, XXXV der Verordnung 833/2014
  2. Gemeinsame Güter mit hoher Priorität gemäß der Liste in Anhang XL der Verordnung 833/2014
  3. Feuerwaffen und Munition gemäß der Liste in Anhang I der EU-Verordnung 258/201.

Beim Verkauf in welche Länder ist keine No-Russia-Klausel notwendig?

Entsprechende Klauseln sind nicht notwendig, sofern der Verkauf in eines der in Anhang VIII der Verordnung 833/2014 aufgeführten Partnerländer erfolgt, diese sind derzeit:
  • USA
  • Japan
  • Vereinigtes Königreich/Großbritannien
  • Südkorea
  • Australien
  • Kanada
  • Neuseeland
  • Norwegen
  • Schweiz
  • Liechtenstein
  • Island
Gut zu wissen: 
Um Ihre Betroffenheit zu überprüfen, sollten Sie die in Artikel 12g der
EU-Verordnung 833/2014 erwähnten Güterlisten durchgehen.

Die Anhänge umfassen insbesondere folgende Güter: 
Anhang XI: insbesondere Güter zur Verwendung in der Luft- und Raumfahrtindustrie
Anhang XX: insbesondere Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive
- Anhang XXXV: Feuerwaffen und andere Waffen
Anhang XL: unter anderem Schaltungen, Halbleiterbauelemente, bestimmte elektrische Geräte.

Gibt es weitere Ausnahmen von der No-Russia-Klausel?

Ausnahmen bestehen für bestimmte Altverträge, bestimmte Güter sowie öffentliche Aufträge in Drittstaaten.
a) Altverträge
Artikel 12g sieht eine Altvertragsklausel vor. Demnach gilt die No-Russia-Klausel nicht für die Erfüllung von Verträgen, die vor dem 19. Dezember 2023geschlossen wurden, bis zum 1. Januar 2025 oder bis zum Ablaufdatum, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher gilt.
b) Bestimmte Güter des Anhangs XL
Eine weitere Ausnahme von der Pflicht zur Vereinbarung einer No-Russia-Klausel liegt bei der Erfüllung von Verträgen vor, die bestimmte, in Anhang XL der Verordnung 833/2014 aufgeführte, Güter betreffen mit den KN-Codes 8457 10, 8458 11, 8458 91, 8459 61 und 8466 93. Hierbei handelt es sich um CNC-Maschinen sowie Teile hierfür.
c) Öffentliche Aufträge
Eine No-Russia-Klausel ist nicht notwendig bei öffentlichen Aufträgen, die mit einer Behörde in einem Drittland oder einer internationalen Organisation abgeschlossen wurden.
Der Begriff „Behörde“ wird jedoch nicht definiert, sodass in Zweifelsfällen das BAFA kontaktiert werden sollte.
Beim Abschluss öffentlicher Aufträge im Zusammenhang mit von Art. 12g betroffenen Gütern ist der Ausführer verpflichtet, innerhalt von 2 Wochen nach Vertragsschluss das BAFA über den Auftrag in Kenntnis zu setzen.

Gibt es Beschränkungen bei der Übermittlung von technischem Wissen, Rechten an geistigem Eigentum oder Ähnlichem?

Gemäß Art. 12ga ist ab dem 26. Dezember 2024 eine No-Russia-Klausel auch erforderlich beim Verkauf, der Lizenzierung oder der anderweitigen Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums oder Geschäftsgeheimnissen sowie der Gewährung von Zugangs- oder Weiterverwendungsrechten an Material oder Informationen im Zusammenhang mit Gütern des Anhangs XL.
Auch hier kommt eine Altvertragsklausel zum Tragen: so gilt dies nicht für die Erfüllung von Verträgen, die vor dem 25. Juni 2024 geschlossen wurden, bis zum 26. Juni 2025 bzw. bis zum Ablaufdatum, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt.
Die Meldepflichten sowie zu vereinbarende Abhilfemaßnahmen entsprechen denen des Art. 12g (s. Frage „Was umfasst die No-Russia-Klausel?“)

Muss die Einhaltung der No-Russia-Klausel überprüft werden?

Gemäß Art. 12gb der EU-Verordnung 833/2014 obliegen natürliche und juristische Personen bei Verkauf, Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr von Gütern, die in Anhang XL gelistet sind, ab dem 26. Dezember 2024 bestimmten Verpflichtungen:
a) Sie unternehmen zur Ermittlung und Bewertung der Risiken der Ausfuhr nach Russland und der Ausfuhr zur Verwendung in Russland von solchen Gütern oder Technologien geeignete Schritte, die im Verhältnis zur Art und Größe dieser Risiken stehen, und stellen sicher, dass diese Risikobewertungen dokumentiert und auf dem neuesten Stand gehalten werden.
b) Sie setzen zur Minderung und zum wirksamen Management der Risiken der Ausfuhr nach Russland und der Ausfuhr zur Verwendung in Russland von solchen Gütern oder Technologien geeignete Strategien, Kontrollen und Verfahren um, die im Verhältnis zur Art und Größe dieser Risiken stehen, unabhängig davon, ob diese Risiken auf ihrer Ebene oder auf Ebene des Mitgliedstaats oder der Union festgestellt wurden.
Diese Pflicht entfällt, wenn die Güter nur innerhalb der EU oder in die genannten Partnerländer verkauft, geliefert oder verbracht werden.
In der Praxis sollte jedoch berücksichtigt werden, dass auch bei den Gütern der anderen Anhänge Monitoringmaßnahmen implementiert werden sollten. Andernfalls greift die No-Russia-Klausel ins Leere, da der EU-Verkäufer keine Kenntnis über einen vertragswidrigen Weiterverkauf nach Russland erlangen kann.

Ist eine No-Russia-Klausel auch beim Verkauf an eine Tochtergesellschaft im Drittland Pflicht?

Ja, auch bei Verkäufen innerhalb einer Unternehmensgruppe oder an Tochtergesellschaften in Drittländer ist eine No-Russia-Klausel zu vereinbaren.
Darüber hinaus müssen EU-Unternehmen bzw. -Personen ab dem 26. Dezember 2024 sicherstellen, dass außerhalb der Union niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die sich in ihrem Eigentum oder unter ihrer Kontrolle befinden und die in Anhang XL aufgeführte gemeinsame vorrangige Güter verkaufen, liefern, verbringen oder ausführen, eine Risikobewertung durchführen sowie Kontrollmechanismen implementieren (s. Frage „Muss die Einhaltung der No-Russia-Klausel überprüft werden?“).
Wenn jedoch „aus unvermeidbaren Gründen“ keine Kontrolle über die ausländische juristische Person ausgeübt werden kann, so findet die hier genannte Verpflichtung der ausländischen Gesellschaft keine Anwendung.

Musterklausel und Leitlinien der EU-Kommission

Die EU-Kommission hat am 22. Februar 2024 in den FAQs zu den Russland-Sanktionen Erläuterungen zur No-Russia-Klausel veröffentlicht. Diese umfassen den nachfolgenden Formulierungsvorschlag, der wesentlicher Bestandteil des Vertrags sein muss und mit dessen Verwendung die Vorgaben des Art. 12g erfüllt sein sollen. Abweichende Formulierungen sind möglich.
Formulierungsvorschlag der EU-Kommission (nur auf Englisch verfügbar): 

“(1) The [Importer/Buyer] shall not sell, export or re-export, directly or indirectly, to the Russian Federation or for use in the Russian Federation any goods supplied under or in connection with this Agreement that fall under the scope of Article 12g of Council Regulation (EU) No 833/2014.

(2) The [Importer/Buyer] shall undertake its best efforts to ensure that the purpose of paragraph (1) is not frustrated by any third parties further down the commercial chain, including by possible resellers.

(3) The [Importer/Buyer] shall set up and maintain an adequate monitoring mechanism to detect conduct by any third parties further down the commercial chain, including by possible resellers, that would frustrate the purpose of paragraph (1).

(4) Any violation of paragraphs (1), (2) or (3) shall constitute a material breach of an essential element of this Agreement, and the [Exporter/Seller] shall be entitled to seek appropriate remedies, including, but not limited to:
(i) termination of this Agreement; and
(ii) a penalty of [XX]% of the total value of this Agreement or price of the goods exported, whichever is higher.

(5) The [Importer/Buyer] shall immediately inform the [Exporter/Seller] about any problems in applying paragraphs (1), (2) or (3), including any relevant activities by third parties that could frustrate the purpose of paragraph (1). The [Importer/Buyer] shall make available to the [Exporter/Seller] information concerning compliance with the obligations under paragraph (1), (2) and (3) within two weeks of the simple request of such information.”
Stand: 10. Juli 2024