International

Steuern im internationalen Verkehr

Das Bundesfinanzministerium bietet mit seinem „Umsatzsteuer-Anwendungserlass“ eine Zusammenfassung und ein Kompendium der aktuellen Gesetzeslage und Rechtsprechung, die auch Beispiele zur Anwendung beinhaltet. Bei Fragen empfiehlt sich die Lektüre des relevanten Abschnittes.

Innergemeinschaftlich: Voraussetzungen für die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen

Die Vorschriften zur Umsatzsteuer im sogenannten innergemeinschaftlichen Verkehr in der EU basieren auf der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU, die in den Mitgliedstaaten ins jeweilige Steuerrecht möglichst einheitlich umgesetzt wurde. In Deutschland ist die Richtlinie im Umsatzsteuergesetz verankert worden.
Nach § 4, Nr. 1b) und § 6a, Abs. 1, S. 1 UStG ist die Steuerbefreiung abhängig von folgenden Voraussetzungen, die alle erfüllt sein müssen:
  1. Der Empfänger muss in einem anderen EU-Mitgliedstaat als dem Abgangsmitgliedstaat für umsatzsteuerliche Zwecke registriert sein und dem Lieferanten die zum Lieferzeitpunkt gültige USt-ID aus dem anderen EU-Mitgliedstaat mitgeteilt haben (siehe „Rechnungsstellung bei Steuerbefreiung“);
  2. der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung;
  3. der Lieferant muss den Umsatz rechtzeitig und korrekt in der Zusammenfassenden Meldung gemeldet haben (siehe „Was ist die Zusammenfassende Meldung?“) und
  4. der Lieferant muss den Nachweis dieser Voraussetzung führen (siehe „Nachweise der Voraussetzungen der Steuerbefreiungen“).
Wer die Beförderung oder Versendung organisiert oder beauftragt, ist dafür unerheblich. Es darf sich nicht um eine lediglich vorübergehende Verwendung handeln. Ein beabsichtigter Weiterverkauf im anderen EU-Mitgliedstaat nach einer Lieferung dorthin ist keine nur vorübergehende Verwendung (siehe auch „Spezialfall Verbringungen und Konsignationslager“).
Bei mehr als zwei Beteiligten (innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft, § 25b UStG) trifft die Steuerfreiheit zu, wenn der erste und der letzte Abnehmer gemäß ihrer USt-ID in jeweils anderen Mitgliedstaaten sitzen, die nicht identisch mit dem des Lieferers sein dürfen. Der erste Lieferer oder der erste Abnehmer müssen die Beförderung oder Versendung organisieren oder beauftragen; eine (beauftragte) Abholung durch den letzten Abnehmer ist nicht zulässig, um als innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft zu gelten.

zu 1. – Rechnungsstellung bei Steuerbefreiung

Für innergemeinschaftliche Lieferungen muss eine Rechnung am 15. Tag des Monats nach dem der Lieferung ausgestellt worden sein (§ 14a, Abs. 1 UStG).
Unternehmen, deren Warenlieferungen aufgrund der genannten Voraussetzungen umsatzsteuerbefreit sind, müssen auf ihren Rechnungen über die steuerfreien Umsätze neben den allgemein üblichen Angaben (§ 14, Abs. 4 UStG) zusätzlich folgende Punkte vermerken:
Bei unternehmensinternen, aber grenzüberschreitenden Verbringungen tritt anstelle der Rechnung ein alternativer Beleg mit denselben Angaben, zum Beispiel eine Proforma-Rechnung.
Bei innergemeinschaftlichen Leistungen nach § 13b, Abs. 2 UStG muss abweichend der Hinweis auf die Steuerbefreiung der Angabe „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ bzw. „Reverse charge“ oder andere Sprachfassungen entsprechen (§ 14a, Abs. 1 UStG).
Bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften stellt der erste dem letzten Abnehmer eine Rechnung mit den beiden USt-IDs und dem zusätzlichen Hinweis „Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG“ oder „Vereinfachungsregelung nach Artikel 141 MwStSystRL“ sowie dem Hinweis auf die Steuerschuld des letzten Abnehmers aus. Dadurch erkennt der letzte Abnehmer seine Rolle und seine Steuerpflicht im Dreiecksgeschäft.

zu 3. – Was ist die Zusammenfassende Meldung?

Gemäß § 18a UStG muss eine richtige, vollständige und fristgerecht beim Bundeszentralamt für Steuern elektronisch abgegebene Information gemäß einem standardisierten Muster bis zum 25. Tag des Folgemonats eines Monats (bzw. bei selteneren Lieferungen: eines Quartals) mit einer innergemeinschaftlichen Lieferung stattgefunden haben. Die Information muss die Leistungen enthalten, die innergemeinschaftlich vorgenommen wurden und wird als „Zusammenfassende Meldung“ bezeichnet. Weitere Informationen, z. B. zu den genauen Meldezeitpunkten und -umfängen sowie zu den genauen Inhalten, bietet diese Seite bei uns bzw. das zuständige Bundeszentralamt für Steuern auf seiner Internetseite.
Bei einer fehlerhaften Zusammenfassenden Meldung muss diese innerhalb eines Monats durch den Ersteller berichtigt werden (§ 18a, Abs. 10 UStG). Bei Täuschung der Voraussetzungen durch den Empfänger ist der Lieferant trotz steuerfreier Lieferung nicht umsatzsteuerpflichtig, wenn der Lieferant „auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ die Täuschung nicht erkennen konnte (§ 6a, Abs. 4 UStG).

zu 4. – Nachweise der Voraussetzungen der Steuerbefreiungen

Gemäß § 6a, Abs. 3 UStG muss der liefernde Unternehmer die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nachweisen, darunter beispielsweise auch die Unternehmereigenschaft des Abnehmers und die Verpflichtung des Abnehmers zur Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat. Ohne Nachweise bzw. – wenn diese nicht beigebracht werden können – ohne alternative glaubhafte Anzeichen für eine Beförderung oder Versendung des Liefergegenstandes ist eine Steuerbefreiung nicht erfüllbar. Die Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) konkretisiert die Nachweispflichten seit 2020 („Quick Fixes“) wie folgt:

A) Buchnachweis

So muss ein Nachweis durch Bücher oder Aufzeichnungen in Verbindung mit Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar vorliegen, der aufgrund der stets notwendigen Aufzeichnungen in der Buchführung diese ergänzt bzw. diesen entspricht, sowie die USt-ID des Abnehmers im anderen EU-Mitgliedstaat (sowie möglichst einen Nachweis der Prüfung der ID) aufzeichnen („Buchnachweis“ mit speziellen geforderten Angaben nach § 17d UStDV).

B) Belegnachweis

Zusätzlich muss ein Belegnachweis vorliegen: Der Belegnachweis wird entweder anhand einer Gelangensvermutung (§ 17a UStDV) mit einigen Voraussetzungen vorgenommen oder – gerade, wenn diese nicht erfüllbar sind, alternativ mit einem Gelangensnachweis (§ 17b UStDV). Die im Folgenden aufgeführten Formen sind die im deutschen Recht aufgeführten Möglichkeiten, die insbesondere geeignet sind; dem Unternehmer steht es jedoch frei, den Belegnachweis mit allen geeigneten Belegen und Beweismitteln zu führen, aus denen sich das Gelangen des Liefergegenstands in das übrige Gemeinschaftsgebiet an den umsatzsteuerrechtlichen Abnehmer in der Gesamtschau eindeutig und leicht nachprüfbar nachvollziehbar und glaubhaft ergibt:
Gelangensnachweise:
Ein Doppel der Rechnung, und
Durch Finanzverwaltungen widerlegbare Gelangensvermutungen:
Wenn der Lieferer den Warentransport organisiert
  • zwei Belege, die nicht vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer sowie von unterschiedlichen Ausstellern stammen, und
    • entweder aus dem Versendungsbeleg und dem Beförderungsbeleg im Sinne des Gelangensnachweises (siehe oben), oder
    • aus dem Versendungsbeleg oder dem Beförderungsbeleg
      sowie einem Versicherungs-, Bank-, Notarbeleg oder eines Belegs eines Lagerinhabers zur Ankunft des Gegenstandes der Lieferung bestehen,
oder (wenn der Empfänger den Warentransport organisiert)
  • einer Gelangensbestätigung im Sinne des Gelangensnachweises (siehe oben) und
  • zwei Belegen, die nicht vom liefernden Unternehmer und vom Abnehmer sowie von unterschiedlichen Ausstellern stammen und
    • entweder aus dem Versendungsbeleg und dem Beförderungsbeleg im Sinne des Gelangensnachweises (siehe oben), die spätestens am zehnten Tag des auf die Lieferung folgenden Monats vorliegen muss, oder
    • aus dem Versendungsbeleg oder dem Beförderungsbeleg
      sowie einem Versicherungs-, Bank-, Notarbeleg oder eines Belegs eines Lagerinhabers zur Ankunft des Gegenstandes der Lieferung bestehen.
Es existiert keine Unterscheidung zwischen Beförderung und Versendung.

Spezialfall Reihengeschäfte

Nach § 3 Abs. 6a UStG ist im Reihengeschäft nur eine einzige Lieferung die steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung. Die Zuordnung dieser Lieferung ist ausdrücklich, auch in Hinblick auf den Zwischenhändler, geregelt worden:
  • Liegt die Beförderung/Versendung in der Verantwortung des ersten Lieferers in der Reihe (versendet er die Gegenstände selbst oder auf eigene Rechnung durch einen Dritten) kann die steuerbefreite Beförderung/Versendung nur der ersten Lieferung zugeschrieben werden.
  • Bei Beförderung/Versendung auf Rechnung des letzten Abnehmers in der Reihe kann die steuerbefreite Beförderung/Versendung nur der letzten Lieferung zugeordnet werden.
  • Ist einer der Zwischenhändler innerhalb der Reihe für den Transport verantwortlich, gilt grundsätzlich die Lieferung an ihn als die bewegte Lieferung - es sei denn er teilt seinem Lieferanten seine USt-ID des Abgangsstaates mit.

Spezialfall Verbringungen und Konsignationslager

Verbringungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne (ein eigener Transport in einen anderen EU-Mitgliedstaat) mit einem sich erst dann anschließenden Verkauf der Ware in dem anderen Mitgliedstaat können unter Voraussetzungen auch umsatzsteuerfrei sein („Konsignationslager“; Details: siehe § 6b UStG).

Innergemeinschaftlich: Weitere Meldepflichten im innergemeinschaftlichen Verkehr

Die entsprechenden Informationen zu den innergemeinschaftlichen Lieferungen müssen neben der Zusammenfassenden Meldung auch in der Umsatzsteuervoranmeldung sowie -erklärung und als Intrastat (Intrahandelsstatistik)-Anmeldung (Neuerungen 2022) angegeben werden. Diese Meldungsinhalte sollten untereinander abgeglichen werden.

Innergemeinschaftlich: Mehrwertsteuer-Digitalpaket: Änderungen ab 1. Juli 2021

Mit dem Mehrwertsteuer-Digitalpaket behebt die EU einige Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Umfeld und ermöglicht auch innergemeinschaftlich einfachere Umsatzsteuerregelungen. Weitere Details finden Sie in einem eigenen Artikel bei uns.

Drittländer: Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Lieferungen in Drittländer (und Lohnveredelungen)

Nach § 4, Nr. 1a) und § 6, Abs. 1 UStG ist die Steuerbefreiung von Lieferungen in Drittländer sowie Lohnveredelungen in Drittländern abhängig von folgenden Voraussetzungen, die alle erfüllt sein müssen:
  1. Ein beförderter oder versendeter Gegenstand gelangt in das Drittlandsgebiet (außerhalb der EU),
  2. der Lieferant muss durch Belege die Ausfuhr (also dass der Gegenstand in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet wurde) „eindeutig und leicht nachprüfbar“ nachweisen („Ausfuhrnachweis“; § 8, Abs. 1).

zu 2. – Ausfuhrnachweis

A) Buchnachweis

Ein Nachweis durch Bücher oder Aufzeichnungen muss in Verbindung mit Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar in der Buchführung des Unternehmens vorliegen („Buchnachweis“ mit speziellen geforderten Angaben nach § 13, Abs. 2 bis 4 UStDV).

B) Belegnachweis

a) (Standardfall ohne vorherige Be- oder Verarbeitung)
Bei elektronisch angemeldeten Ausfuhren vorzugsweise der Ausgangsvermerk (Bestätigung der zuständigen Ausfuhrzollstelle, dass der Gegenstand ausgeführt wurde; § 9, Abs .1, Nr. 1 und § 10, Abs. 1, Nr. 1 UStDV). Der Ausgangsvermerk wird bei mündlichen Zollanmeldungen (Warenwert unter 1.000 Euro) durch eine Stempelung des Handelsdokumentes (z. B. Rechnung) erbracht (Erklärung).
b) (Alternative ohne vorherige Be- oder Verarbeitung)
Ein alternativer Ausfuhrnachweis unterscheidet sich zusätzlich je nach Methode, wie der Gegenstand in das Drittland gelangt:
Bei Beförderungen ein Beleg mit sämtlichen folgenden Angaben:
  • Name und Anschrift des liefernden Unternehmens,
  • Menge des ausgeführten Gegenstands und handelsübliche Bezeichnung
  • Ort und Tag der Ausfuhr
  • Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle
Bei Versendungen (§ 10, Abs. 1 UStDV):
  • Ein Versendungsbeleg (insbesondere ein vom Auftraggeber zwingend zu unterzeichnender Frachtbrief, ein Konnossement oder ein Original bzw. eine Durchschrift der Einlieferungsscheine bei Postsendungen), oder
  • ein anderer von dem befördernden Unternehmen (sofern kein Unterfrachtführer) unterzeichneter Beleg, z. B. eine Spediteursbescheinigung, mit den folgenden Angaben:
    • der Name und die Anschrift des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers sowie das Ausstellungsdatum,
      der Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers und des Auftraggebers der Versendung,
    • die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) des ausgeführten Gegenstands,
    • der Ort und der Tag der Ausfuhr oder den Ort und den Tag der Versendung des ausgeführten Gegenstands in das Drittlandsgebiet,
    • der Empfänger des ausgeführten Gegenstands und den Bestimmungsort im Drittlandsgebiet, und
    • eine Versicherung des mit der Beförderung beauftragten Unternehmers darüber, dass die Angaben im Beleg auf der Grundlage von Geschäftsunterlagen gemacht wurden, die im Gemeinschaftsgebiet nachprüfbar sind.
c) Zusätzliche Belegangaben bei vorheriger Be- oder Verarbeitung
Zusätzlich zu den genannten Angaben des liefernden Unternehmens muss der Ausfuhrnachweis für jeden Be- oder Verarbeiter, der den Gegenstand vor der Ausfuhr be- oder verarbeitet, die folgenden Informationen beinhalten (§ 11 UStDV):
  • Name und Anschrift des Beauftragten,
  • Menge und handelsübliche Bezeichnung des Gegenstands, der an den Beauftragten übergeben oder versendet wurde,
    Ort und Tag der Entgegennahme des Gegenstands durch den Beauftragten, und
  • die Bezeichnung des Auftrags sowie die Bezeichnung der Bearbeitung oder Verarbeitung, die vom Beauftragten vorgenommen wurde.

Drittländer: Rechnungsangaben

Unternehmen, deren Warenlieferungen in Drittländer aufgrund der genannten Voraussetzungen umsatzsteuerbefreit sind, können auf ihren Rechnungen über die steuerfreien Umsätze neben den allgemein üblichen Angaben (§ 14, Abs. 4 UStG) zusätzlich einen Hinweis auf die Steuerbefreiung der Lieferung vermerken (es genügt die umgangssprachliche Umschreibung, bspw. „steuerfreie Lieferung in ein Drittland“).
In manchen Drittländern gibt es länderspezifische Vorgaben, welche Informationen in welcher Sprache zusätzlich auf den Rechnungen enthalten sein sollten. Hier lohnt sich eine Nachfrage beim Kunden oder bei der IHK.