Der nichtpräferenzielle Ursprung
Die Angabe des Ursprungs einer Ware ist im internationalen Handel unverzichtbar. Es handelt sich dabei grundsätzlich um den so genannten nichtpräferenziellen oder auch handelspolitischen Ursprung. Ausgenommen von dieser Grundregel sind Waren, die in Länder geliefert werden, mit denen ein besonderes Handelsabkommen (Präferenzabkommen) geschlossen worden ist und die die dort genannten Voraussetzungen erfüllen.
Welche Zwecke erfüllt der Nachweis des nichtpräferenziellen Ursprungs?
Der nichtpräferenzielle Ursprung wird, verbrieft mit dem IHK-Ursprungszeugnis, zu verschiedenen Zwecken genutzt:
1. Staatliche Vorgaben
- Pflichtdokument für die Einfuhrabfertigung in vielen Ländern außerhalb der EG
- Steuerung handelspolitischer Maßnahmen: Mengenbeschränkungen und Strafzölle knüpfen am Warenursprung an
- Ausfuhrgewährleistungen, Fördermittel und öffentliche Aufträge: auch hier gibt es in der Regel Vorgaben zum Ursprung
2. Kundenwunsch
- Ein Ursprungszeugnis, das einen deutschen Ursprung ausweist, wird häufig als offizielle Bestätigung des Qualitätsversprechens "Made in Germany" verstanden, obwohl hier abweichende Regelungen vorliegen.
- Verknüpfung von Akkreditiven oder anderen dokumentären Zahlungsformen mit dem Ursprungszeugnis
Wie wird der Ursprung ermittelt?
Jede Ware hat einen Ursprung. Das ist das Grundprinzip des nichtpräferenziellen Ursprungs. EIn zweites Grundprinzip besteht darin, dass der Ursprung nach der letzten wesentlichen Be- oder Verarbeitung bestimmt wird, die an einem Produkt vor-genommen worden ist. Es gibt keine internationalen Vorgaben der Welthandels-organisation (WTO) zum Ursprung und somit auch keine Prozentregel oder ähnliches. Entsprechende Beratungen treten seit vielen Jahren auf der Stelle. Dies ermöglicht es einerseits, die bestehenden einfachen Vorgaben des EU-Zollkodex unbürokratisch und flexibel anzuwenden. Andererseits beugt diese Vorgehensweise Missbrauch vor, wie er bei den komplexen Regelungen des Präferenzrechts möglich ist.
Die Regelungen des EG-Zollkodex bestehen für die Praxis im wesentlichen aus einer allgemeinen Grundregel und Spezialregeln für wenige spezifische Waren.
Die Grundregel (Artikel 24 Zollkodex), ist erfüllt, wenn die letzte wesentliche Be- und Verarbeitung des Erzeugnisses zu einem neuen Erzeugnis oder einer wesentlichen Herstellungsstufe führt. Das Erzeugnis muss dadurch eine erhebliche qualitative Veränderung erfahren haben. Typische nicht ausreichende Vorgänge werden weiter unten ausgeführt.
Für zwei Warengruppen gibt es Spezialregeln. Dies sind zum einen alle Waren der Kapitel 50 - 63 des Warenverzeichnisses also der Bereich Spinnstoffe, Textil und Bekleidung. Für diesen Bereich gelten entweder konkrete Urspungsregeln gemäß Anhang 9 und 10 Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) pro Warennummer oder ein Wechsel der ersten vier Stellen der Warenummer vom Vorerzeugnis zum Enderzeugnis. Zum anderen befinden sich in Anhang 11 ZK-DVO einige Waren, für die ebenfalls exakt definierte Vorgaben existieren. Eine Zusammenstellung der Ursprungsregeln des EU-Zollrechts finden Sie links neben diesem Text.
Beispiele für nicht ursprungsbegründende Vorgänge
Der unbestimmte Begriff der wesentlichen Be- und Verarbeitung muss konkretisert werden. Aus der jahrzehntelangen Praxis der IHKs haben sich folgende Vorgänge als nicht ursprungsbegründend herauskristallisiert:
- Einfache Montagevorgänge, wie das Zusammensetzen eines Kugelschreibers aus Teilen, die selbst keinen deutschen Ursprung haben. Ursprungsbegründend hingegen wäre die Montage eines Rechners.
Außerdem nicht ursprungsbegründend sind
- Kommissionier-, Verpackungs- und Verladeprozesse (Umpacken, Portionieren, Abfüllen o.ä.),
- Mess-, Prüf- und Justagevorgänge,
- Reparatur- und Restaurationsvorgänge, die einen ursprünglichen Zustand wieder herstellen,
- Anbringen von Prüfzeichen o.ä.,
- Vorgänge, die in in anderen Rechtsgebieten eine Herstellereigenschaft auslösen, sind grundsätzlich für den Warenursprung ohne Bedeutung. Dies gilt u.a. für die Regelungen von Medizinprodukten.
- Vorgänge, nur zur Verkaufsförderung vorgenommen werden.
Ermittlung des Ursprungs in der Praxis
In aller Regel lässt sich der handelspolitische Ursprung ohne größere Schwierigkeiten allein durch eine Betrachtung der letzten betrieblichen Fertigungsstufen ermitteln. Der Ursprung der eingesetzten Vormaterialien wird nur bei Zweifelsfällen mit betrachtet. Dies reduziert die Anforderungen an die Dokumentation deutlich, da der Ursprung der Vormaterialien oft wechselt oder nicht bekannt ist. Die Verlagerung der letzten Produktionsstufe in ein anderes Land führt zu einer Änderung des Ursprungs. Das Kriterium der letzten wesentlichen Be- oder Verarbeitung hat gegenüber einer fixen Prozentregel den entscheidenden Vorteil einer gerechteren und flexiblen Ursprungs-ermittlung. Dies zeigen folgende Beispiele:
- Eine Regel mit fixer Wertschöpfung hängt sowohl vom jeweils erzielten Verkaufspreis als auch von der Preisentwicklung der Vormaterialien ab. Falls der Verkaufspreis (etwa durch Sonderrabatte) sinkt oder der Preis von Vormaterialien mit Ursprung in anderen Ländern steigt, ändert sich der Ursprung. Und dies obwohl sich an der Herstellung nichts geändert hat.
- Die Herstellung einer Heftklammer aus einem Stahlreifen ist sicherlich eine wesentliche Bearbeitung, obwohl die Wertschöpfung recht gering ist. Der flexible handelspolitische Ursprung ermöglich das richtige Ergebnis.
- Durch große Handelsspannen und den Einsatz deutschen Verpackungsmaterials kann der präferenzielle Ursprung erreicht werden. Diese ungewollte Möglichkeit gibt es bei der Vorgabe einer konkreten letzten Be- oder Verarbeitung nicht.
Die im Zollkodex enthaltenen Vorgaben sind praxisnah und wirtschaftsfreundlich. Die Handelskammer als zuständige Instanz ermittelt und entscheidet verbindlich, welchen handelspolitischen Ursprung eine Ware hat. Genauere Definitionen oder Regeln durch den Gesetzgeber sind aus Sicht der Handelskammer nicht erforderlich.