Der gesunde Weg
Digitalisierung greifbar machen und voneinander lernen – darum geht es in dieser Serie. Dreizehnter Teil: die Fitvia GmbH. Das junge Wiesbadener Unternehmen setzt beim Vertrieb seiner Produkte voll auf Instagram.
© Paul Müller
Tee als Lifestyle-Getränk: Mit diesem Gedanken ist der Wiesbadener Sebastian Merkhoffer 2015 unter die Unternehmer gegangen. Aus seiner Sicht hatte das Heißgetränk ein eher schlechtes Image und galt als Alte-Leute-Getränk. Der damals 25-Jährige – selbst bekennender Teetrinker – wollte mit diesem Vorurteil aufräumen. Vor allem die geringe Auswahl an innovativen Teesorten brachte den studierten Wirtschaftsinformatiker und Betriebswirt dazu, eigene Kreationen zu entwickeln. Gestartet ist Merkhoffer mit fünf Praktikanten – heute beschäftigt fitvia 70 festangestellte Mitarbeiter aus Deutschland und dem europäischen Ausland.
Die Zielgruppe war klar definiert: Frauen zwischen 18 und 35 Jahren sollten angesprochen werden. Nachdem man verschiedene Marketingkanäle getestet habe, stellte sich Instagram als ideale Plattform für diese Zielgruppe heraus. Allerdings habe das soziale Netzwerk damals noch nicht die Strahlkraft besessen, die es heute zu einem der beliebtesten macht. Merkhoffer erkannte aber schnell, dass man über reichweitenstarke private Profile die eigenen Produkte gut vermarkten kann. Heute kennen wir diese Profile unter dem Begriff „Influencer“. 2015 war Influencer-Marketing noch sehr günstig: Als Gegenleistung für die Werbung auf Instagram stellte das Unternehmen lediglich die eigenen Produkte kostenfrei zur Verfügung. Heute sei das so nicht mehr denkbar, sagt Merkhoffer. Mittlerweile investiere man jährlich einen siebenstelligen Betrag in Instagram-Marketing.
30 Mitarbeiter kümmern sich um Instagram
„Influencer eignen sich hervorragend, um auf möglichst authentische Art und Weise hohe Reichweiten bei der jungen Zielgruppe zu erreichen“, sagt der Jungunternehmer. Um die perfekten Influencer für fitvia zu gewinnen werte man Statistiken aus und setze Tools ein, um diejenigen zu finden, mit denen sich das Unternehmen am besten identifizieren kann. Denn häufig achteten Influencer nicht darauf, welche Produkte sie bewerben, sondern nur auf die Bezahlung, stellt Merkhoffer fest. „Dadurch verlieren sie an Glaubwürdigkeit.“
Als weiteren Vorteil von Instagram nennt der Unternehmer die Möglichkeit, schnell und einfach mit der Community zu kommunizieren. Dadurch könne man zum Beispiel innerhalb kürzester Zeit durch Umfragen herausfinden, welche Produkte sich die Kunden wünschen – und diese dann rasch auf den Markt bringen. So habe man das Sortiment den Kundenwünschen angepasst: Neben Tee werden nun unter anderem auch Nahrungsergänzungsmittel, Müsli und Snacks angeboten – übrigens ausschließlich im Online-Shop.
Wie wichtig Instagram für fitvia ist, sieht man auch daran, dass sich ein 30-köpfiges Team um Inhalte und Kampagnen kümmert. Dass sich der finanzielle und personelle Aufwand lohnt, zeigen die fast 200.000 Follower auf Instagram und die über 500.000 Kunden aus Deutschland und dem europäischen Ausland.
Obwohl diese Zahlen und der schnelle Erfolg für Sebastian Merkhoffer überraschend kamen, sei man noch nicht am Ziel angelangt: Er will die Marke von einer Millionen Kunden knacken und sich weiter vergrößern. Hierbei stelle es sich als besonders schwierig heraus, qualifizierte Mitarbeiter für das Unternehmen zu gewinnen, so Merkhoffer. Denn viele junge Arbeitnehmer würden lieber für ein Start-Up in Berlin tätig sein als für eines in der hessischen Landeshauptstadt. Interessant für fitvia seien gerade deshalb Arbeitnehmer aus der Rhein-Main- Region, die nicht in die Bundeshauptstadt wollen. Und zu guter Letzt hat der Wiesbadener Unternehmer für angehende Start-Ups auch noch einen Tipp parat: „Einfach machen – denn die meisten Ideen sterben im Kopf.“
Text: Christoph Jung und Tobias Quoika, IHK Wiesbaden