Stick oder Cloud? Standard- oder Individualsoftware?

Softwareverkauf ins Ausland

Die Behandlung von Softwareverkäufen in andere Länder oder aus anderen Ländern stellt Unternehmen vor zahlreiche Fragen. Zu beachten sind neben umsatzsteuerlichen Fragestellungen auch Vorschriften des Zoll- und Außenwirtschaftsrechts sowie der Statistik. Am Ende dieses Textes finden Sie eine Übersicht der einzelnen Meldeerfordernisse.

1. Zollanmeldungen

1.1 Verkörperte Software

Software unterliegt dem Zollrecht, wenn sie als Ware erfasst werden kann. Das ist dann der Fall, wenn sie sich auf oder in einem greifbaren Gegenstand befindet. Das kann ein Datenträger, wie ein USB-Stick oder eine Steuerung beziehungsweise eine Maschine sein. Die Software ist dann quasi verkörpert. Nur wenn Sie Software auf einem Datenträger in die EU importieren oder in ein Land außerhalb der EU exportieren, wird diese Sendung zollrechtlich behandelt. Diese Behandlung folgt den zollrechtlichen Regelungen:
  • Zollanmeldung spätestens ab 1.000 Euro Warenwert (Ausfuhr), bei der Einfuhr immer
  • Die Warennummer/Zolltarifnummer für die verkörperte Software folgt aus dem verwendeten Datenträger/der Maschine. Es gibt keine eigene Warennummer für Software.
  • Die weitere Behandlung (Zollsatz, Steuern, Einfuhr- und Ausfuhrbedingungen) ergibt sich aus der Warennummer des Datenträgers/der Maschine
  • Der Wert (Zollwert) ergibt sich aus dem Wert des Datenträgers einschließlich Software.
Normalerweise fällt für verkörperte Software kein Zoll an, sofern sie sich auf üblichen Datenträgern befindet. Die Warennummern dieser Datenträger sind in der EU und in den meisten Staaten weltweit zollfrei. Grundlage hierfür ist das Information Technology Agreement. Trotzdem sind Zollanmeldungen zu erstellen. Die Sendungen unterliegen den sonst anfallenden Steuern wie der Umsatzsteuer.

1.2. Nicht verkörperte Software

Software, die nicht per Datenträger oder Gerät verschickt, sondern heruntergeladen wird (Download, Cloud,...) oder für die ein Zugriff gewährt wird, zählt zollrechtlich nicht als Ware. Es gibt keine passende Zolltarifnummer/statistische Warennummer und auch keinen HS-Code. Eine Zollanmeldung ist in diesem Fall nicht erforderlich.
Fazit: Zollrecht und Zollverfahren nur bei verkörperter Software

2. (Zoll-)Wert und Rechnung

Für verkörperte Software gelten die üblichen Regeln zur Bestimmung des Zollwerts: Der tatsächlich in Rechnung gestellte Betrag ist maßgeblich. Anzumelden sind der Wert des Datenträgers und der Wert der Software. Sollte keine Zahlung erfolgen, gilt trotzdem die grundlegende Zollwertdefinition: Der Zollwert beinhaltet alle der Transaktion zu Grunde liegenden Kosten und Zahlungen, aber keine Steuern. Anteilige Frachtkosten und insbesondere Entwicklungskosten gehören grundsätzlich zum Zollwert.
Beim Export stellt sich die Frage, wie die Handelsrechnung aufgemacht sein sollte. Wie die Vorschriften außerhalb der EU sind, lässt sich nicht abschließend sagen. Da bei den wichtigsten ausländischen Handelspartnern mit Software bespielte Datenträger ebenfalls zollfrei sind, ist eine Aufspaltung des Rechnungsbetrages auf der Ausfuhrrechnung in Datenträger und Software nicht mehr zwingend. Beim Export in Länder, in denen auf den Datenträger Zoll anfällt, ermöglicht die Aufspaltung hingegen, dass die Software bei der Einfuhr in diese Länder nicht mit Zoll belastet wird.
Manchmal ist Software bereits bei der Lieferung mit bestimmten zusätzlichen Funktionen ausgestattet aber noch nicht freigeschaltet. Wenn der Kunde diese nutzen möchte, erfolgt eine nachträgliche Freischaltung, die zusätzlich berechnet wird. Falls die Nutzung dieser zusätzlichen Softwarefunktionen zum Zeitpunkt der Ausfuhr noch nicht feststeht, gehört der daraus resultierende Rechnungsbetrag auch nicht mehr zum Zollwert. Die nachträgliche Freischaltung ist zollrechtlich irrelevant, es gelten die Regelungen für nicht-verkörperte Software.
Fazit: Die Vereinbarungen (Preis, Umfang) zum Zeitpunkt der Ausfuhr sind maßgeblich

3. Ursprung von Software

Der Ursprung einer Ware wird durch das Herstellungsland bestimmt. Die ursprungsrechtlichen Regelungen stammen aus dem Zollrecht (präferenzieller Ursprung und nicht-präferenzieller Ursprung). Diese Regelungen können folglich nur für verkörperte also greifbare Software angewendet werden, weil nur diese zollrechtlich als Waren gelten. Auch der wettbewerbsrechtliche Ursprungsbegriff (Made in Germany) dürfte sich nicht für eine Ursprungsdefinition von unverkörperter Software eignen. Somit ist nach unserer Einschätzung nur für Software einschließlich Datenträger oder einschließlich Maschine eine ganzheitliche Ursprungsbestimmung möglich.
Fazit: Ursprung nur für verkörperte Software

4. Außenwirtschaftsrecht/Exportkontrolle

Fragen zum Umgang mit Software in der Exportkontrolle gewinnen aufgrund der rasanten technischen Entwicklung an Bedeutung. Der neue Praxisleitfaden Software in der Exportkontrolle (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 824 KB) (Stand März 2023) der IHK Region Stuttgart gibt einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen der allgemeinen EU-Exportkontrolle bei der Ausfuhr und Verbringung von Software.
Die Unterscheidung, ob Software verkörpert oder nicht verkörpert ist, spielt für die Exportkontrolle keine Rolle. Die Regeln der Exportkontrolle legen fest, ob für die Ausfuhr der Software ins Ausland eine Genehmigung erforderlich ist – unabhängig davon, ob dies per Datenträger, Download oder sonstiger Zurverfügungstellung geschieht.
Die Ausfuhr von Software muss vorher genehmigt werden, wenn diese von den Güterlisten (Ausfuhrliste oder Anhang I EU-Dual-Use-Güter-Verordnung) erfasst ist. Wenn beispielsweise eine Werkzeugmaschine auf Grund ihrer technischen Merkmale ausfuhrgenehmigungspflichtig ist, dann ist auch die zugehörige Steuerungssoftware im Regelfall genehmigungspflichtig. Dies gilt auch für nachträglich gelieferte Softwareanpassungen.
Frei erhältliche und allgemein zugängliche Software (Standardsoftware) ist nicht ausfuhrgenehmigungspflichtig (Allgemeine Software-Anmerkung ASA). Für Software mit Verschlüsselungstechnologien gelten besondere Regeln.

Ausfuhrdefinition der Exportkontrolle

Jede Art der grenzüberschreitenden Übertragung oder der Bereitstellung eines Zugriffs aus dem Ausland wird bei Software oder Technologie als Ausfuhr bewertet, auch Cloud-Sachverhalte sind erfasst. In diesem Zusammenhang können exportkontrollrechtliche Fragen entstehen, sofern die Software an sich genehmigungspflichtig ist (Artikel 2 Absatz 2iii EG Dual-use-Verordnung).
Beispiele für Ausfuhren:
  • Übermittlung von Software (auf Datenträger oder elektronisch)
  • Verlagerung des Servers in Drittstaaten und nachfolgendes Abspeichern
  • Zugriffsmöglichkeit aus dem Ausland
Neben den üblichen Exportkontrollvorschriften sind Embargos zu beachten. Die Rechtsgrundlagen und die Güterlisten in der jeweils aktuellen Fassung können Sie beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) abrufen.
Unternehmen sollten beachten, dass neben den europäischen Vorschriften auch Beschränkungen durch die US-amerikanischen Re-Exportvorschriften bestehen können. Häufig ist die Weiterlieferung von Betriebssystemen (Windows, Unix) in bestimmte Länder (unter anderem Iran, Kuba, Nordkorea, Syrien, Sudan) bereits durch die us-amerikanischen Hersteller untersagt.
Fazit: Exportkontrolle gilt immer, tatsächliche Genehmigungspflichten sind selten.

5. Lieferungen innerhalb der EU: Intrahandelsstatistik

Innergemeinschaftliche Softwareumsätze sind grundsätzlich auch für die Intrahandelsstatistik zu melden, wenn es sich sowohl um verkörperte Software - der Transfer also auf physischen Datenträgern erfolgt - als auch um Standardsoftware handelt. In der Praxis heißt das, dass Sie für Softwareerzeugnisse, die umsatzsteuerrechtlich als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen zu behandeln sind (vergleiche Nummer 6), Intrastatmeldungen abgeben müssen. Meldepflichtig sind Unternehmen, deren innergemeinschaftliche Warenversendungen jährlich einen Wert von 500.000 Euro überschreiten. Bei innergemeinschaftlichen Eingängen beträgt die Meldeschwelle 800.000 Euro pro Jahr. Weitere Informationen finden Sie unter Erfassung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs.
Fazit: Intrahandelsstatistik nur für verkörperte Standardsoftware

6. Umsatzsteuer

Die umsatzsteuerliche Behandlung der Softwareüberlassung hängt zum einen vom Vertriebsweg ab. Zum anderen ist sie abhängig von der Einordnung der Software als Standardsoftware oder nicht standardisierte Software, die speziell nach den Anforderungen des Anwenders erstellt wird oder die eine vorhandene Software den Bedürfnissen des Anwenders individuell anpasst.
Wird Software auf elektronischem Weg (zum Beispiel Internet) überlassen, ist unabhängig von der Einordnung als Standard- oder Individualsoftware umsatzsteuerlich immer von einer so genannten sonstigen Leistung auszugehen. Wird die Software hingegen auf einem Datenträger (beispielsweise CD oder USB-Stick) zur Verfügung gestellt, ist nach der Art der Software zu unterscheiden. Für Individualsoftware ist auch hier von einer so genannten sonstigen Leistung auszugehen. Für Standardsoftware ist in diesem Fall hingegen von einer Lieferung auszugehen. Es gilt damit folgende Einordnung:
wie Standardsoftware Individualsoftware
verkörpert (u.a. Datenträger)
Lieferung
Sonstige Leistung
Elektronisch (u.a. Internet)
Sonstige Leistung
Sonstige Leistung
Für die umsatzsteuerliche Behandlung der ins Ausland übermittelten Software folgt hieraus Folgendes:

Lieferung

(1.1) Europäische Union, B2B: Wird innerhalb der EU Standardsoftware auf einem Datenträger geliefert, sind bei Lieferungen zwischen Unternehmern die hierfür allgemein geltenden Grundsätze für innergemeinschaftliche Lieferungen anzuwenden. Das heißt, die Lieferung kann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen innergemeinschaftlich steuerfrei erfolgen. Die Rechnungsstellung ist dann ohne Mehrwertsteuerausweis möglich. Einzelheiten hierzu finden Sie unter „Steuerfreie Warenlieferungen in der EU zwischen Unternehmen”.
(1.2) Europäische Union, B2C: Wird die Software einem Nichtunternehmer/Privatperson überlassen, hängt die umsatzsteuerliche Behandlung davon ab, ob die Privatperson den Datenträger in Deutschland einkauft beziehungsweise abholt. In diesem Fall ist der Umsatz in Deutschland steuerbar und mit deutscher Mehrwertsteuer zu berechnen. Wird der Datenträger dagegen ins Gemeinschaftsgebiet versendet, ist für die Lieferung bis zum Überschreiten einer von dem jeweiligen Land, in das die Lieferung erfolgt, festgelegten Lieferschwelle regelmäßig ebenfalls von einem in Deutschland steuerbaren Umsatz auszugehen, das heißt es ist mit deutscher Mehrwertsteuer zu fakturieren. Ab Überschreiten der Lieferschwelle verlagert sich die Steuerbarkeit jedoch in den anderen Mitgliedstaat mit der Folge, dass die Mehrwertsteuer dieses Landes in Rechnung zu stellen ist und dort gegebenenfalls eine Registrierung zu umsatzsteuerlichen Zwecken zu erfolgen hat. Einzelheiten hierzu finden Sie unter „Lieferungen an Nichtunternehmer im EU-Binnenmarkt”.
Zollrechtliche Besonderheiten sind bei Lieferungen innerhalb der EU nicht zu beachten.
(2) Drittland: Wird die Ware an einen im Drittland ansässigen Empfänger geliefert, gelten die allgemeinen Grundsätze für Ausfuhrlieferungen, das heißt die Lieferung kann regelmäßig als steuerbefreite Ausfuhrlieferung erfolgen. Zu den zollrechtlichen Besonderheiten vergleiche oben.

Sonstige Leistung

(1) Sonstige Leistung B2B: Ist die Softwareüberlassung aufgrund der vorstehenden Einordnung als sonstige Leistung anzusehen, liegt der Leistungsort bei der Überlassung der Software an einen Unternehmer dort, wo der Leistungsempfänger ansässig ist. Das heißt, die Leistung ist nicht in Deutschland, sondern im Ansässigkeitsstaat des Leistungsempfängers steuerbar. Die Rechnungsstellung kann damit regelmäßig ohne deutsche Mehrwertsteuer erfolgen. Einzelheiten finden Sie unter Abrechnung von Dienstleistungen ins Ausland.
(2) Sonstige Leistung B2C: Erfolgt eine elektronische Dienstleistung sowie Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an Nichtunternehmer/Privatpersonen sind diese Leistungen am Wohnsitz des Kunden steuerbar. Das bedeutet insbesondere, dass deutsche Unternehmer, die diese Dienstleistungen an Privatpersonen im Ausland (EU und Drittland) erbringen, die Umsatzsteuer des jeweiligen Bestimmungslandes in Rechnung stellen müssen. In diesem Fall fällt keine deutsche Mehrwertsteuer an. Es gelten die Regelungen des jeweiligen ausländischen nationalen Steuerrechts.
Innerhalb der EU gibt es eine Vereinfachung: Um zu vermeiden, dass sich der betroffene Dienstleister in jedem Mitgliedstaat, in dem er Dienstleistungen für seine Kunden erbringt, umsatzsteuerlich registrieren und die Umsatzsteuer abführen muss, existiert ein vereinfachtes Deklarationsverfahren, die sogenannte kleine einzige Anlaufstelle (KEA oder MOSS = Mini-One-Stop-Shop). Einzelheiten finden Sie unter Abrechnung elektronischer Dienstleistungen.
Fazit: Für die Umsatzsteuer gilt: verkörperte Standardsoftware zählt als „Lieferung”, alles andere als „sonstige Leistung”

7. Meldepflichten im Auslandszahlungsverkehr

In allen Fällen, die umsatzsteuerrechtlich als sonstige Leistung angesehen werden, muss ab einem Rechnungsbetrag von 12.500 Euro eine Zahlungsmeldung an die Bundesbank erstellt werden. Dies ist bei ein- und ausgehenden Zahlungen aus oder nach Deutschland der Fall. Die Meldeerfordernisse für die deutsche Zahlungsbilanz sind in Paragraf 63 ff Außenwirtschaftsverordnung (AWV) geregelt. Die in diesem Zusammenhang getätigten Entwicklungskosten, Lizenzen und ähnliches sind elektronisch im AMS-Portal unter der Kennzahl 613 (Nutzung von Software, Regelfall) oder unter 633 (Kauf/Verkauf von Software) zu melden.
Bei Individualsoftware, die aus Drittländern auf Datenträgern geliefert wird, ist ab einem Wert von 12.500 Euro sowohl eine Zollanmeldung als auch eine Meldung im Auslandszahlungsverkehr abzugeben.
Fazit: Meldepflicht Zahlungsverkehr grundsätzlich bei „sonstigen Leistungen”, aber auch bei verkörperter Individualsoftware

8. Softwarelieferungen – Übersicht der Meldepflichten auf einen Blick

Ohne Berücksichtigung der umsatzsteuerlichen Besonderheiten für Lieferungen an Privatpersonen.
  1. Meldungen für den Warenverkehr? Welche?
    Meldeschwelle Ausfuhranmeldung 1.000 Euro pro Vorgang, Wert der Software ist zu berücksichtigen
    Meldeschwelle Intrastat jährlicher Umsatz mit anderen EU-Mitgliedsstaaten 500.000 Euro (Versendung) beziehungsweise 800.000 Euro (Eingang)
  2. Ursprungsbestimmung möglich?
  3. Exportkontrolle einschlägig?
  4. Welche umsatzsteuerliche Behandlung?
  5. Meldungen für den Zahlungsverkehr?
    Meldeschwelle 12.500 Euro pro Vorgang (ab 2025: 50.000 Euro)
wie, wohin/woher Standardsoftware Individualsoftware
Software auf Datenträger,
innerhalb der EU
  1. Intrastatmeldung
  2. ja
  3. immer
  4. Innergemeinschaftliche Lieferung
  5. nein
  1. Keine Intrastatmeldung
  2. ja
  3. immer
  4. Sonstige Leistung
  5. ja
Software auf Datenträger,
Drittländer (nicht EU, nicht Deutschland)
  1. Zollanmeldung
  2. ja
  3. immer
  4. Steuerfreie Ausfuhrlieferung
  5. nein
  1. Zollanmeldung
  2. ja
  3. immer
  4. Sonstige Leistung
  5. ja
Elektronische Übertragung,
in andere oder aus anderen Staaten (EU-Mitgliedstaaten oder Drittländer)
  1. Keine Intrastatmeldung oder Zollanmeldung
  2. nein
  3. immer
  4. Sonstige Leistung
  5. ja
  1. Keine Intrastatmeldung oder Zollanmeldung
  2. nein
  3. immer
  4. Sonstige Leistung
  5. ja