IHK-Auftragsberatungsstelle

Grundlagen des Vergaberechts

Das Vergaberecht umfasst alle Regeln und Vorschriften für die öffentliche Hand beim Einkauf von Gütern und Leistungen. Wir geben Ihnen hier einen Überblick über die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Sie als öffentlicher Auftraggeber oder als Unternehmen, das an Ausschreibungen teilnehmen möchte, kennen sollten.
Der Auftragswert entscheidet im Normalfall darüber, welche Regeln für eine Vergabe mit einer öffentlichen Ausschreibung gelten. Hierfür ist der EU-Schwellenwert maßgeblich. Er wird von der EU-Kommission alle zwei Jahre neu festlegt.
  • Oberhalb des EU-Schwellenwertes ist zwingend europaweit auszuschreiben (sogenannter Oberschwellenbereich).
  • Unterhalb des Schwellenwertes darf auch nur national ausgeschrieben werden (sogenannter Unterschwellenbereich) es sei denn, es besteht eine sogenannte Binnenmarktrelevanz (grenzüberschreitendes Interesse) an einer Ausschreibung.

Vergaberechtliche Regelungen im Oberschwellenbereich

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) Teil 4

Die Grundlagen des Vergaberechts im Oberschwellenbereich sind im 4. Teil des GWB geregelt. Dieser Teil besteht aus zwei Kapiteln mit Vorschriften zum Vergabeverfahren (Kapitel 1) und zum Nachprüfungsverfahren (Kapitel 2)

Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV)

Beschaffungen ab einem bestimmten Netto-Auftragswert müssen europaweit ausgeschrieben werden und unterliegen der VgV.
Die VgV ist untergliedert in sieben Abschnitte und regelt allgemeine Bestimmungen, Kommunikation, Vergabeverfahren, Verfahrensarten, Eignung, Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen, Planungswettbewerben, Beschaffung von energieverbrauchsrelevanten Leistungen sowie Architektur- und Ingenieurleistungen

Sektorenverordnung (SektVO)

Die SektVO regelt die Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung durch Sektorenauftraggeber.

Konzessionsvergabeordnung (KonzVgV)

In der KonzVgV finden sich Vorschriften von Bau- und Dienstleistungskonzessionen.

Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV)

Die VSVgV ist bei der Vergabe von verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Aufträgen anzuwenden.

Vergaberechtliche Regelungen im Unterschwellenbereich

Bei Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte gelten
  • der 1. Abschnitt der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A),
  • die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) für Liefer- und Dienstleistungen (in Baden-Württemberg Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer-und Dienstleistungen),
  • das Haushaltsrecht des Bundes und der Länder sowie
  • Verwaltungsvorschriften und Erlasse der einzelnen Bundesländer.
Bei Vergaben auf Landes- und Kommunalebene gilt die jeweilige Fassung des Bundeslandes.
In Baden-Württemberg gilt für die Landesbehörden die UVgO und die Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VwV Beschaffung). Für die Kommunen wird die Anwendung der UVgO empfohlen, ansonsten gilt die VOL/A 1. Abschnitt.

Verwaltungsvorschrift für kommunale Vergaben seit April 2019

Das Innenministerium Baden-Württemberg hat die Verwaltungsvorschrift über die Vergabe von Aufträgen im kommunalen Bereich (Vergabe VwV) überarbeitet und zum 1. April 2019 in Kraft gesetzt. Somit ist nun sowohl auf Landes- als auch auf Kommunalebene die erforderliche Anpassung an die neue Rechtslage nach Vergaberechtsreform erfolgt. Zur Anwendung der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) für Gemeinden, Städte und Landkreise stand noch die Anpassung der entsprechenden Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums aus.
Wie bereits schon die Verwaltungsvorschrift für Lieferungen und Dienstleistungen im Unterschwellenbereich (VOL/A) wird auch die UVgO durch die Verwaltungsvorschrift den Kommunen lediglich zur Anwendung empfohlen. Zudem lässt die Verwaltungsvorschrift den Kommunen die freie Wahl, das Vergabeverfahren in Papierform oder elektronisch abzuwickeln.
Die neue Vergabe VwV verweist auf die neue am 19. Februar 2019 geänderte VOB/A, 1. Abschnitt.

Änderungen für die Vergabe von Bauleistungen

Auch bei der Vergabe von Bauleistungen unterhalb der EU-Schwelle müssen Kommunen seit 1. April 2019 Änderungen beachten: Für sie besteht nun die Wahlfreiheit zwischen Öffentlicher Ausschreibung und Beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb. Zudem wurde der bereits bestehende Katalog möglicher Zuschlagskriterien erweitert. Auch haben die Kommunen die Wahl das Vergabeverfahren elektronisch oder wie bisher in Papierform durchzuführen.