Die IHK unterstützt

Fragen und Antworten zur Ausbildung von Geflüchteten

1. Mit welchem Aufenthaltsstatus dürfen Geflüchtete in Deutschland eine Ausbildung machen?

Bevor Sie Geflüchtete einstellen, müssen Sie deren Aufenthaltsstatus kennen. Diesen erkennen Sie an den Ausweisdokumenten.
Geflüchtete mit Aufenthaltserlaubnis (z. B. nach § 24 oder § 25 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG) dürfen ohne Einschränkung eine Ausbildung oder Arbeit beginnen.
Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung (Asylverfahren läuft noch) oder mit einer Duldung (Asylantrag wurde abgelehnt, aber eine Ausreise ist vorerst aus wichtigen Gründen nicht möglich) dürfen unter bestimmten Voraussetzungen nach einer mehrmonatigen Wartezeit eine Ausbildung oder Arbeit aufnehmen. Sie müssen dafür eine Erlaubnis der Ausländerbehörde einholen, die in die Ausweispapiere eingetragen wird.
Als Arbeitgeber sind Sie verpflichtet, eine Kopie der Ausweisdokumente und Aufenthaltspapiere für die Dauer der Ausbildung bzw. Beschäftigung aufzubewahren.

2. An wen sollte man sich als Ausbildungsbetrieb wenden bzw. wer sollte informiert werden, wenn man einen Geflüchteten ausbilden möchte?

Die meisten Geflüchteten haben in der Regel eine zuständige Ansprechperson beim Jobcenter (Geflüchtete mit Aufenthaltserlaubnis) oder der Agentur für Arbeit (Asylsuchende und Geduldete). Diese sollte zunächst informiert werden. Falls bei Asylsuchenden und Geduldeten die Arbeitserlaubnis noch fehlt, empfiehlt es sich, die Ausländerbehörde direkt anzusprechen.
Die jeweils zuständigen Kammern bieten individuelle Beratung zum Thema Ausbildung von Geflüchteten an. Dorthin können Sie sich auch wenden, wenn Sie noch keinen passenden Kandidaten beziehungsweise Kandidatin gefunden haben. Wir unterstützen Sie bei der Suche.

3. Welchen Weg sollte ein Ausbildungsbetrieb gehen, wenn er einen Geflüchteten erfolgreich ausbilden möchte?

Einen bewährten Einstieg bieten ein Berufsorientierungspraktikum (max. drei Monate) und/oder eine vier- bis zwölfmonatige Einstiegsqualifizierung (EQ). Die EQ kann mit einem Sprachkurs kombiniert werden. Danach könnte sich die Ausbildung anschließen.
Ziel ist das Erlernen von berufsbezogenem Deutsch und die schrittweise Integration in das Ausbildungssystem und das Unternehmen.

4. Welche Sprachkenntnisse sollten Geflüchtete für eine berufsvorbereitende Maßnahme oder eine Ausbildung mitbringen?

Das Sprachniveau wird definiert nach dem „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER)“. Erfahrungswerte zeigen, dass folgende Sprachniveaus erreicht sein sollten:
→ für eine Einstiegsqualifizierung (EQ): idealerweise ab B1-Niveau (fortgeschrittene Sprachverwendung)
→ für eine Ausbildung: idealerweise ab B2-Niveau (selbstständige Sprachverwendung).
Informationen zum Sprachniveau Ihres/-r Bewerbers/-in finden Sie auf den Zertifikaten der Deutsch- und Integrationskurse. Sie können auch individuelle Sprachstandsfeststellungen veranlassen, zum Beispiel über das Jobcenter oder die Agentur für Arbeit.

5. Wie kann ein Ausbildungsbetrieb für eine Ausbildung relevante Kompetenzen der Geflüchteten feststellen?

Am besten können Sie sich im Rahmen eines Praktikums von den Fertigkeiten Ihrer Bewerberin/Ihres Bewerbers überzeugen.
Zur Feststellung beruflicher Qualifikationen und Fähigkeiten bieten die Kümmerer des Projekts „Integration durch Ausbildung – Perspektiven für Zugewanderte“ bei der IHK so genannte Kompetenzfeststellungstests an.

6. Gibt es finanzielle Unterstützung für den Azubi und den Ausbildungsbetrieb?

Betriebe können eine Förderung für eine vier- bis zwölfmonatige Einstiegsqualifizierung (EQ) erhalten. Ziel ist die anschließende Übernahme des Geflüchteten in eine Ausbildung durch den Betrieb. Das Jobcenter oder die Agentur für Arbeit übernehmen die Praktikumsvergütung in Höhe von 276 Euro monatlich (Aufstockung durch Betrieb möglich) und die Sozialversicherungspauschale. Der Geflüchtete kann parallel die Berufsschule oder (wenn er nicht mehr berufsschulpflichtig ist) einen BAMF-Sprachkurs bei einem Bildungsträger besuchen (Alter der Teilnehmer/-innen max. 35 Jahre).
Geflüchtete mit Aufenthaltserlaubnis können während der Ausbildung Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) vom Jobcenter oder der Agentur für Arbeit erhalten. Dies ist ein individueller Zuschuss zur Ausbildungsvergütung zur Deckung des Lebensunterhalts.
Asylbewerber können während einer betrieblichen Berufsausbildung (oder auch einer schulischen Ausbildung oder eines Studiums) durchgängig Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen.
Geduldete, die eine betriebliche Berufsausbildung aufgenommen haben, erhalten zunächst Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bzw. nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland Berufsausbildungsbeihilfe und ggf. aufstockende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Bei schulischen Ausbildungen kann es Leistungen nach dem BAföG auch ohne deutschen Pass geben, wenn der Geflüchtete langfristig in Deutschland bleiben darf oder schon lange in Deutschland lebt. Einzelheiten regelt § 8 BAföG.
Die zuständigen Ansprechpersonen bei Jobcenter/Agentur für Arbeit bzw. den Stadtverwaltungen/Landratsämtern beraten ebenfalls zu diesem Thema.

7. Welche weiteren Unterstützungsmöglichkeiten gibt es während der Ausbildung?

Das Jobcenter beziehungsweise die Agentur für Arbeit bietet Geflüchteten und Betrieben Unterstützung im Rahmen der Assistierten Ausbildung (AsA) an. Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf erhalten intensive Betreuung vor und während der Ausbildung, unter anderem Stütz- und Förderunterricht. Auch die Ausbildungsbetriebe werden bei administrativen/organisatorischen Aufgaben unterstützt und bei der Ausbildung begleitet.
Die IHK unterstützt im Rahmen des Projekts „Erfolgreich ausbilden!“ kleine und mittlere Unternehmen, wenn besondere Herausforderungen während der Ausbildung auftreten wie Schwierigkeiten in Betrieb und Berufschule, Konflikte oder Probleme beim Azubi.
Daneben können die Leistungen des Senior-Experten-Service (SES) in Anspruch genommen werden: Erfahrene Expertinnen und Experten im Ruhestand unterstützen Auszubildende als persönliche Coaches und Vertrauenspersonen während der Ausbildung (Initiative zur Verbesserung von Ausbildungserfolgen VerAplus).

8. Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es an den Berufsschulen?

An manchen Berufsschulen sind Flüchtlings- beziehungsweise Integrationsklassen für EQ-Praktikanten und Azubis eingerichtet. Es gibt auch EQ-Förderklassen mit integriertem Sprachkurs sowie Sprachförderung während der Ausbildung. Bitte sprechen Sie uns oder die zuständige Berufsschule direkt an.
An den Berufsschulen in Stuttgart gibt es Ausbildungsmanager/-innen zur Unterstützung und Sprachförderung der Azubis. Die Kontaktdaten finden Sie in einem Flyer der Stadt Stuttgart.
Nützliche Infos hat das NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge zusammengestellt:

9. Wie kann ich meinen Azubi beim Deutschlernen unterstützen?

Integration gelingt zu einem großen Teil über Sprache – gute Voraussetzungen dafür bietet der Arbeitsplatz mit dem Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen.
Sie können Ihren Azubi darüber hinaus unterstützen – zum Beispiel, indem Sie die Kosten für einen Sprachkurs übernehmen, selbst ein Deutschtraining oder Lernmaterial anbieten oder ihm einen Sprachmentoren zu Seite stellen. Übrigens müssen betriebliche Deutschkurse nicht mehr vom Arbeitnehmer als geldwerter Vorteil versteuert werden.
Für das Erlernen von berufsbezogenem Deutsch gibt es zahlreiche Fördermöglichkeiten wie vergünstigte Kurse.

10. Wie kann ich meinen Azubi bei der Prüfungsvorbereitung unterstützen?

Unternehmen können ihre Auszubildenden vielfach unterstützen, damit sich diese gut auf die Prüfungen vorbereiten können. Hilfreich sind neben Lernmaterialien und Vorbereitungskursen vor allem Hinweise für das richtige Lernen, das Verstehen von Prüfungssprache und den Abbau von Prüfungsangst.
Das NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge hat praktische Tipps für Unternehmen und Auszubildende zusammengestellt:

11. Wohin wende ich mich, wenn ich vermute, dass mein Azubi traumatisiert ist?

An die hier aufgeführten Stellen können sich traumatisierte Geflüchtete direkt wenden. Haben Sie im Unternehmen den Verdacht, dass ein bei Ihnen beschäftigter Geflüchteter unter Traumafolgen leidet, finden Sie hier erste Informationen zum Thema:

12. Können Auszubildende mit Duldung ihre Ausbildung in meinem Unternehmen abschließen?

Für die Dauer der Ausbildung können Geduldete unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer (§ 16g AufenthG), bzw. bei nicht-gesichertem Lebensunterhalt eine Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG) erhalten. Bei nicht bestandener Prüfung ist die Wiederholung eines Ausbildungsjahrs möglich mit Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bzw. Duldung. Bei Abbruch der Ausbildung erlischt die Aufenthaltserlaubnis bzw. Ausbildungsduldung.
Der Ausbildungsbetrieb ist verpflichtet, den Ausbildungsabbruch innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder elektronisch der zuständigen Ausländerbehörde zu melden. In der Mitteilung sind auch der Zeitpunkt des Abbruchs sowie Namen, Vornamen und Staatsangehörigkeit des Ausländers anzugeben.
Wird das Ausbildungsverhältnis abgebrochen oder vorzeitig beendet, wird die Aufenthaltserlaubnis einmalig um 6 Monate verlängert bzw. dem Geduldeten einmalig eine Duldung für 6 Monate zum Zweck der Suche nach einer anderen Ausbildungsstelle erteilt.
Wichtig: Personen, die vor dem 01.03.2024 im Besitz einer Ausbildungsduldung waren und die Voraussetzungen für die neue Aufenthaltserlaubnis für ausreisepflichtige Ausländer (§ 16g AufenthG) erfüllen, können bei ihrer zuständigen Ausländerbehörde einen Antrag stellen, um aus der Ausbildungsduldung in die Aufenthaltserlaubnis zu wechseln.
Die Zeiten der Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG zählen im Gegensatz zur Ausbildungsduldung zu den notwendigen Voraufenthaltszeiten für eine mögliche spätere Niederlassungserlaubnis.

13. Wie erfolgt der Übergang nach erfolgreicher Ausbildung in eine Beschäftigung?

Beschäftigen Sie den Geflüchteten mit Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer bzw. Ausbildungsduldung („3+2-Regelung“) nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung in Ihrem Unternehmen weiter oder findet er eine seiner beruflichen Qualifikation entsprechende Beschäftigung, erhält er eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre (mit Verlängerungsmöglichkeit).
Dafür muss er außerdem
  • einen Pass(-ersatz) besitzen,
  • über ausreichend Wohnraum verfügen,
  • ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache nachweisen (Stufe B1 GER – Nachweis der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildungsprüfung reicht i. d. R. aus)
Damit die Übernahme von Ausbildung in Beschäftigung gut gelingt: Mit der Freiburger Checkliste (pdf) können sich Unternehmen und Azubis gut auf die notwendigen Schritte zum Übergang von der Ausbildungsduldung („3“) in den Aufenthaltstitel zur Beschäftigung („+2“) vorbereiten. → Bitte beginnen Sie frühzeitig mit der Vorbereitung (ca. 6 Monate vor geplantem Ausbildungsende)
Ist eine Weiterbeschäftigung nach Ausbildungsabschluss im Ausbildungsbetrieb nicht möglich, wird die Aufenthaltserlaubnis einmalig um 6 Monate verlängert bzw. erhält der Geduldete einmalig eine Duldung für 6 Monate, um einen anderen Arbeitsplatz suchen zu können.

14. Welche Möglichkeit bietet das neue Chancen-Aufenthaltsrecht für Geduldete?

Personen, die sich zum Stichtag 31.10.2022 seit 5 Jahren mit Duldung, Gestattung oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhalten, können auf Antrag bei der zuständigen Ausländerbehörde für 18 Monate eine Chancen-Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG erhalten. Ausgeschlossen sind Straftäter sowie Personen, die ihre Abschiebung aufgrund wiederholter und vorsätzlich falscher Angaben über ihre Identität verhindert haben.
Diese Zeit kann genutzt werden, um die Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG für gut integrierte Jugendliche oder § 25b AufenthG bei nachhaltiger Integration zu erfüllen (insb. Identitätsklärung, Lebensunterhaltsicherung und Sprachkenntnisse).

15. Wo finde ich weitere Tipps und Hinweise?