Neuregelungen 2024

Bleibeperspektiven für Geduldete in Ausbildung oder Beschäftigung

Seit 1. März 2024 gelten neue Regelungen, die Geduldeten in Ausbildung oder Beschäftigung längerfristige Perspektiven eröffnen. Dadurch erhalten die Geflüchteten und ihre Arbeitgeber Schutz vor Abschiebung und mehr Sicherheit.
Geflüchtete mit einer Duldung, die in oder kurz vor einer Ausbildung stehen, können ggf. die neue Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer oder wie bisher eine Ausbildungsduldung erhalten. Entscheidend dafür ist die Lebensunterhaltssicherung, ansonsten bestehen analoge Voraussetzungen.
Geduldete, die hier bereits seit mindestens 12 Monaten arbeiten, können unter bestimmten Voraussetzungen eine Beschäftigungsduldung beantragen. Außerdem gibt es die Möglichkeit eines Spurwechsels für Asylbewerber/-innen, die als Fachkraft beschäftigt sind oder ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot haben. Daraus kann jeweils eine langfristige Bleibeperspektive erwachsen.

1. Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer

Für die Dauer einer Ausbildung können Geduldete eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG beantragen. Der Antrag kann frühestens 7 Monate vor Beginn der Ausbildung gestellt werden, die Aufenthaltserlaubnis wird frühestens 6 Monate vor Ausbildungsbeginn erteilt.
Bei (vorzeitiger) Beendigung der Ausbildung muss der Ausbildungsbetrieb dies innerhalb von 2 Wochen der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich oder elektronisch mitteilen. Dies ist formlos möglich unter Angabe von Zeitpunkt, Namen, Vornamen und Staatsangehörigkeit des Ausländers.

Wirkung

Mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis endet die Duldung und der/die Auszubildende erhält während der Ausbildung einen sicheren Aufenthaltsstatus.

Voraussetzungen

  • Aufnahme oder Weiterführung einer qualifizierten Berufsausbildung – Ausbildungsvertrag/-zusage muss vorliegen
    (alternativ ist auch eine Assistenz- oder Helferausbildung möglich, an die eine qualifizierte Berufsausbildung in einem Engpassberuf anschlussfähig ist; für diese muss ebenfalls eine Ausbildungszusage vorliegen)
  • seit mind. 3 Monaten im Besitz einer Duldung – wurde die Ausbildung bereits während des Asylverfahrens (in der Zeit der Gestattung) begonnen, entfällt die dreimonatige Vorduldungspflicht
  • Passpflicht muss erfüllt und Identität geklärt sein bzw. alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung müssen ergriffen worden sein (siehe Infos zu Identitätsklärung und Mitwirkungspflichten)
  • es dürfen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eingeleitet sein und keine weiteren Versagensgründe vorliegen
  • Lebensunterhalt muss gesichert sein, d. h. der/die Azubi muss über einen Betrag in Höhe von 736 Euro (§ 12 BAföG) verfügen – das entspricht laut Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums einer Brutto-Ausbildungsvergütung von 933 Euro;
    es dürfen bestimmte Pauschalbeträge abgezogen werden, wenn Unterkunft oder Verpflegung gestellt werden; eine Nebenbeschäftigung von max. 20 Stunden pro Woche sowie der Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe sind möglich

Perspektiven

Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung besteht bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen (ausreichender Wohnraum, ausreichende Deutschkenntnisse, keine Straftaten) ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16g Abs. 8 AufenthG für die Dauer von 2 Jahren; diese gilt für eine der Qualifikation entsprechende Beschäftigung. Die Aufenthaltserlaubnis kann auf Antrag verlängert werden und berechtigt dann zu jeder Beschäftigung.
WICHTIG: Personen, die vor dem 01.03.2024 im Besitz einer Ausbildungsduldung waren und die Voraussetzungen für die neue Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG erfüllen, können bei ihrer zuständigen Ausländerbehörde einen Antrag stellen, um aus der Ausbildungsduldung in die Aufenthaltserlaubnis zu wechseln.
Die Zeiten der Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG fließen im Gegensatz zur Ausbildungsduldung in die Berechnung der notwendigen Voraufenthaltszeiten für eine mögliche spätere Niederlassungserlaubnis ein.

2. Ausbildungsduldung

Ist die Lebensunterhaltssicherung, zum Beispiel im Falle schulischer Ausbildungen oder im Berufsvorbereitungsjahr, nicht gewährleistet, können Geduldete für die Dauer der Ausbildung anstelle der Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG wie bisher eine Ausbildungsduldung beantragen. Der Antrag kann ebenfalls frühestens 7 Monate vor Beginn der Ausbildung gestellt werden, die Ausbildungsduldung wird frühestens 6 Monate vor Ausbildungsbeginn erteilt.
Bei (vorzeitiger) Beendigung der Ausbildung muss der Ausbildungsbetrieb dies innerhalb von 2 Wochen der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich oder elektronisch mitteilen. Dies ist formlos möglich unter Angabe von Zeitpunkt, Namen, Vornamen und Staatsangehörigkeit des Ausländers.

Wirkung

Mit der Ausbildungsduldung ist der/die Auszubildende während der Ausbildung vor Abschiebung geschützt und hat nach Ausbildungsabschluss die Möglichkeit, einen sicheren Aufenthaltsstatus zu erhalten.

Voraussetzungen

  • analog Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer nach § 16g AufenthG
  • die Sicherung des Lebensunterhalts wird nicht vorausgesetzt; eine Nebenbeschäftigung von max. 20 Stunden pro Woche ist möglich; nach 15 Monaten Aufenthalt kann bei schulischen Ausbildungen ggf. BAföG bezogen werden

Perspektiven

Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung besteht bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen (ausreichender Wohnraum, ausreichende Deutschkenntnisse, keine Straftaten) ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19d Abs. 1a AufenthG für die Dauer von 2 Jahren; diese gilt für eine der Qualifikation entsprechende Beschäftigung. Die Aufenthaltserlaubnis kann auf Antrag verlängert werden und berechtigt dann zu jeder Beschäftigung.

3. Beschäftigungsduldung

Geduldete, die bereits länger in Deutschland leben, einer Beschäftigung nachgehen und ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern, können ggf. eine 30-monatige Beschäftigungsduldung erhalten.
Bei (vorzeitiger) Beendigung der Beschäftigung muss der Arbeitgeber dies innerhalb von 2 Wochen der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich oder elektronisch mitteilen. Dies ist formlos möglich unter Angabe von Zeitpunkt, Namen, Vornamen und Staatsangehörigkeit des Ausländers.

Wirkung

Mit der Beschäftigungsduldung ist der Geduldete für 30 Monate vor Abschiebung geschützt und hat danach die Möglichkeit, einen sicheren Aufenthaltsstatus zu erhalten.

Voraussetzungen

  • Stichtagsregelung: Einreise bis zum 31.12.2022
  • Identität muss bis zur Antragstellung oder spätestens zum 31.12.2024 geklärt sein bzw. alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung müssen ergriffen worden sein (Infos zu Identitätsklärung und Mitwirkungspflichten)
  • seit mind. 12 Monaten im Besitz einer Duldung
  • seit mind. 12 Monaten sozialversicherungspflichtig beschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mind. 20 Stunden
  • seit mind. 12 Monaten Sicherung des Lebensunterhalts
  • Deutschkenntnisse mind. Niveau A2
  • am Integrationskurs teilgenommen bei Teilnahmepflicht
  • es dürfen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eingeleitet sein und keine weiteren Versagensgründe vorliegen
  • Schulbesuch der schulpflichtigen Kinder muss nachgewiesen werden

Perspektiven

Für Personen mit Beschäftigungsduldung gelten verkürzte Voraufenthaltszeiten für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration), wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind: Die 2,5 Jahre (30 Monate) in Beschäftigungsduldung sind dann ausreichend statt einem Voraufenthalt von 6 Jahren (bzw. 4 Jahren bei einer Haushaltsgemeinschaft mit minderjährigen Kindern). Die Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG wird längstens für zwei Jahre erteilt und verlängert.

4. Spurwechsel für Asylbewerber in Beschäftigung als Fachkraft

Asylbewerber/-innen (d. h. Geflüchtete, die sich noch im Asylverfahren befinden), die als Fachkraft in Deutschland beschäftigt sind oder ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot haben, können unter engen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis zur qualifizierten Beschäftigung in Deutschland beantragen. Vor Beantragung muss der Asylantrag zurückgezogen werden.

Wirkung

Mit dem Spurwechsel wechselt die Fachkraft aus der Asylmigration in die Erwerbsmigration und erhält einen sicheren Aufenthaltsstatus.

Voraussetzungen

  • Stichtagsregelung: Einreise bis zum 29.03.2023
  • vor der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis muss der Asylantrag beim BAMF zurückgenommen worden sein (nach Ablehnung des Asylantrags ist der Spurwechsel nicht möglich); die Absicht der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis sollte zudem der zuständigen Ausländerbehörde mitgeteilt werden, um eine Abschiebung in dieser Zeit zu vermeiden
  • Arbeitsvertrag bzw. Arbeitsplatzangebot für eine qualifizierte Beschäftigung muss vorliegen
  • alle weiteren Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft nach §§ 18a (mit anerkanntem Berufsabschluss), 18b (mit anerkanntem Hochschulabschluss oder äquivalentem Abschluss) oder 19c Abs. 2 AufenthG i. V. mit § 6 BeschV (mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung) müssen erfüllt sein
    → Infos dazu im Artikel Fachkräfte aus Drittstaaten – Wer darf kommen?

    WICHTIG: Asylbewerber/-innen sollten sich vor Rücknahme ihres Asylantrags unbedingt beraten lassen, ob sie alle erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich erfüllen!

Perspektiven

Die Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft kann in einen langfristigen Aufenthalt wie eine Niederlassungserlaubnis münden.
Geduldete, die die hier genannten Voraussetzungen (noch) nicht erfüllen, sich aber zum Stichtag 31.10.2022 seit 5 Jahren ununterbrochen mit Duldung, Gestattung oder einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufhalten, können ggf. die Chancen-Aufenthaltserlaubnis beantragen.
Für Mitgliedsunternehmen der IHK Region Stuttgart stehen die unter Kontakt genannten Ansprechpersonen gerne zur Verfügung.
Beratungsmöglichkeiten für Geflüchtete und Ehrenamtliche:

Dieser Artikel gibt – als Service Ihrer IHK Region Stuttgart – erste Hinweise und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.