Sozialvorschriften – Lückenschluss
Anmerkungen zum fahrpersonalrechtlichen Lückenschluss
Vorabanmerkung: Infolge des sogenannten Mobilitätspaket I der EU, das am 31. Juli 2020 veröffentlicht wurde, ergeben sich Änderungen hinsichtlich der hier thematisierten Fragestellungen insoweit, als:
- seit dem 21. August 2020 gemäß Artikel 34 der VO (EU) Nr. 165/2014 Fahrtunterbrechungen, Ruhezeiten, Urlaub und Krankheit unter dem Symbol „Bett” zu erfassen sind (was nichts daran ändert, dass zumindest bis auf absehbare Zeit für längere Zeiträume unter den weiter unten beschriebenen Rahmenbedingungen das EU-Formblatt zum Nachweis von speziellen Zeiträumen verwendet werden kann/muss). Dadurch wird die in der Folge im Kontext analoger und digitaler Fahrtenschreiber angesprochene rechtliche Lücke im § 20 FPersV geschlossen und die deutsche Forderung, Urlaub und Krankheit als Ruhezeit zu erfassen, nachträglich EU-rechtlich legitimiert;
- ab dem 31. Dezember 2024 die Mitführungspflicht von fahrpersonalrechtlichen Unterlagen bei aufzeichnungspflichitgen Fahrten gemäß Artikel 36 der VO (EU) Nr. 165/2014 von gegenwärtig 1 + 28 Tage auf 1 + 56 verdoppelt wird;
- aufgrund einer Änderung des Artikel 11 Absatz 3 der Richtlinie 2006/22/EG die rechtliche Grundlage des im ersten Punkt bereits angesprochenen EU-Formblattes zum 02. Februar 2022 wegfällt bzw. bis dahin ein neues Verfahren zur Dokumentation von längeren Zeiträumen, in denen der Fahrer kein aufzeichnungspflichtiges Fahrzeug gelenkt hat, entwickelt worden sein soll.
Einführung
Das Fahrpersonalrecht fordert von Fahrern aufzeichnungspflichtiger Fahrzeuge beziehungsweise von den Unternehmen, die den Fahrzeugeinsatz verantworten, einen lückenlosen personenbezogenen Nachweis über die erbrachten Lenk-, Arbeits-, Pausen-, Ruhe-, und Bereitschaftszeiten sowie Tage des Urlaubs und der Krankheit, im Endeffekt also einen Nachweis aller (Nicht-) Tätigkeiten rund um die Uhr. Bei Straßenkontrollen müssen diese Nachweise für den aktuellen und die vorausgegangenen 28 Kalendertage vorgelegt werden können, im Falle von Betriebskontrollen werden die Daten aller Fahrer von bis zu zwölf Monaten in der Vergangenheit ausgewertet.
Für die Praxis stellt vor allem der Lückenschluss eine besondere Problemlage dar. Lücken in fahrpersonalrechtlichen Aufzeichnungen ergeben sich beispielsweise durch:
- tägliche oder wöchentliche Ruhezeiten,
- Nicht-Fahr-Zeiten, die im Zusammenhang mit einer aufzeichnungspflichtigen Fahrt entstehen (Arbeitstätigkeit vor Ort, Fahrzeugreparatur, teilweise auch Wartezeiten oder Fahrverbote, … ),
- Krankheits- oder Urlaubstage,
- das (zwischenzeitliche) Führen von ausgenommenen Fahrzeugen,
- den nur geringfügigen oder sporadischen Einsatz von Aushilfs- oder Teilzeitfahrern oder bei Werkverkehrsunternehmen, die nur selten oder an wenigen Tagen in der Woche Auslieferungs- oder Beschaffungsfahrten beziehungsweise nicht ausgenommene Fahrten durchführen.
Der europäische wie auch der nationale Gesetzgeber beschreibt in diversen Rechtsgrundlagen und ergänzenden Dokumenten nicht nur dass, sondern auch wie der Lückenschluss stattzufinden hat. Dabei muss man aber recht schnell feststellen, dass insbesondere beim „Wie“ nur eine Ergebnisbeschreibung und keine detaillierten Hinweise formuliert werden. Mit den folgenden Ausführungen unternehmen wir den Versuch, praxisrelevante Informationen zum „Wie“ des Lückenschlusses zu liefern. Dabei können wir aber grundsätzlich auch nur Empfehlungen aussprechen und zu manchen Sachverhalten Mutmaßungen anstellen.
Da zumindest in Deutschland drei verschiedene Aufzeichnungsmedien (digitale und analoge Fahrtenschreiber sowie Tageskontrollblätter) vorhanden sind, finden Sie unsere Erläuterungen zum Lückenschluss in entsprechend aufgegliederter Form vor.
Die Ausführungen wurden im Frühjahr 2019 überarbeitet. Hintergrund ist die Veröffentlichung aktualisierter “Hinweise zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr” der obersten Behörden des Bundes und der Länder mit Stand vom 20. Februar 2019, die mittlerweile mit Stand vom Januar 2020 verfügbar sind (keine zwischenzeitliche Änderung bei den hier thematisierten Punkten).
Lückenschluss beim digitalen Fahrtenschreiber
Im Dokument Lückenschluss beim digitalen Fahrtenschreiber (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 274 KB) können Sie nachvollziehen, wann ein manueller Nachtrag Pflicht ist und welche anderen Nachweisformen (Fahrtenschreiberausdrucke und Bescheinigung für berücksichtigungsfreie Tage) je nach Einzelfallumständen verwendet werden können.
Lückenschluss beim analogen Fahrtenschreiber
Das Dokument Lückenschluss beim analogen Fahrtenschreiber (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 66 KB) gibt Hinweise, wie kleine und auch umfangreiche Lücken geschlossen werden können, wenn die Aufzeichnungen rund um die Lücken über Schaublätter (Tachoscheiben) erfolgen.
Lückenschluss beim Tageskontrollblatt
Im Dokument Lückenschluss beim Tageskontrollblatt (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 61 KB) werden die wenigen Besonderheiten, die beim Einsatz von Fahrzeugen zur Güterbeförderung mit einer zulässigen Höchstmasse von maximal 3.500 kg zu beachten sind, erläutert.
Lückenschluss im Mischbetrieb
Sind im Fuhrpark alle drei Aufzeichnungsformen (oder auch nur zwei davon) vorhanden, finden Sie Hinweise zu Möglichkeiten des Lückenschlusses, wenn die Aufzeichnungsart vor der Lücke von der nach der Lücke abweicht, im Dokument Mischbetrieb (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 72 KB).
Allgemeine und ergänzende Hinweise zum Lückenschluss
Außerdem gibt es zahlreiche allgemeine Fragestellungen, etwa zu den Themen:
- Bescheinigung über berücksichtigungsfreie Tage (Wer, Wie, Wie viele, ...)
- Nebenpflichten des Fahrers beim Nachtrag
- Schulung der Mitarbeiter
- Sonderfälle
- Ausgenommene Fahrten
Erläuterungen und Antworten dazu haben wir im Dokument Allgemeine und ergänzende Hinweise zum Lückenschluss (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 99 KB) aufbereitet.
Selbstverständlich sind sämtliche Informationen der IHK Region Stuttgart zum fahrpersonalrechtlichen Lückenschluss ohne Gewähr. Wir sind bemüht, die Ausführungen stets aktuell zu halten – deshalb sind auch kurzfristige Aktualisierungen möglich.
Kritik, Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge sind stets willkommen (siehe Kontakt).
Rechtsgrundlagen: VO (EG) Nr. 561/2006, VO (EU) Nr. 165/2014, Richtlinie 2006/22/EG, Leitlinie Nr. 5 und clarification note no 7 der EU-Kommission, Beschluss der EU-Kommission 2009/959/EU, Fahrpersonalverordnung (insbesondere § 20) und weitere.
Stand: August 2020