Krisen: Ursachen und Bewältigung
Erste Hilfe mit der “Unternehmenswerkstatt Deutschland”
Allgemeines
- die Konjunktur und die Veränderungen des Marktes,
- das sich ändernde Kaufverhalten der Kundschaft,
- eine Kaufkraftänderung am Standort (z.B. Schließung eines Bundeswehrstandortes),
- der Unternehmer-Person (ungenügende kaufmännische bzw. fachliche Qualifikation),
- der Unternehmensplanung (bzgl. der Unternehmensentwicklung, der Marktentwicklung, des Produkt- bzw. Dienstleistungsprogramms, der Standortwahl),
- der Unternehmensführung (unzulänglicher Absatz von Produkten bzw. Dienstleistungen, Fehlentscheidungen bei der technologischen Ausstattung und Rohstoffsicherung, schlecht ausgebildete und häufig wechselnde Mitarbeiter),
- den Unternehmensfinanzen (zu wenig Eigenkapital, zu hohe Kostenbelastung, mangelhafte Liquiditätsplanung, Mängel im Rechnungswesen, schlechter Überblick über Einnahmen und Ausgaben, späte Rechnungserstellung, veraltete Buchungstechniken, schlechtes Forderungsmanagement und
- den Unternehmenspartnern (verspätete Zahlungen, Forderungsausfälle).
- der Betrieb von veränderten Gegebenheiten (neue Konkurrenz, Nachfrageeinbruch, Ausstieg eines Gesellschafters) überrascht wird und nicht mehr reagieren kann,
- die Unternehmensleitung die Unternehmenslage wegen Unaufmerksamkeit oder einer mangelnden betriebswirtschaftlichen Dokumentation verkennt oder
- Fehlentscheidungen getroffen werden (nicht rentable Investitionen, Einstellung falscher Mitarbeiter) oder notwendige Entscheidungen zu langsam erfolgen.
Früherkennung und Krisenvorbeugung
- Organisieren Sie eine kontinuierliche Informationsbeschaffung und -auswertung zu Ihren aktuellen Markt- und Wettbewerbsbedingungen!
- Sorgen Sie für eine systematische Unternehmensplanung und deren Umsetzung (Controlling)!
- Organisieren Sie eine zeitnahe und aussagekräftige Buchhaltung! Setzen Sie sich mit den Monatsauswertungen auch inhaltlich auseinander. Verschaffen Sie sich durch eine vernünftige Dokumentation einen Überblick über die zeitliche Entwicklung des Umsatzes und der Kosten. Bei verschiedenen Geschäftszweigen sollten Umsätze und Kosten möglichst zugerechnet werden können, damit Sie erkennen können, wie erfolgreich Sie mit welcher Aktivität sind.
- Prüfen Sie Ihr Unternehmen immer wieder auf Anzeichen für eine sich andeutende Krise ab, um vorbeugende Maßnahmen einleiten zu können!
Frage | Ihre Beurteilung: ja/nein |
Phase |
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Gibt Ihnen Ihre Bank noch Geld?
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Sehrspäterkennung
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Reicht Ihr flüssiges Geld noch aus?
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Räumen die Lieferanten noch Kredit ein?
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Ist Ihr Betriebsergebnis wirklich gut?
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Späterkennung
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Steigt Ihr Umsatz?
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Haben Sie Ihre Kosten wirklich im Griff?
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Haben Sie neue Geschäftsideen?
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Früherkennung
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Haben Sie neue Produkte/Dienstleistungen?
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Haben Sie genug neue Kunden gewonnen?
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- Eigenkapitalquote = Eigenkapital : Bilanzsumme
Die Eigenkapitalquote sollte mindestens 10 %, lieber mehr betragen. Der westdeutsche Durchschnitt liegt bei etwa 20 %! - Kapitalrückflussquote = Cash-Flow : Bilanzsumme
Die Kapitalrückflussquote sollte über 4 % liegen. Sie drückt die Ertragskraft des Unternehmens aus und zeigt, welcher Einnahmenüberschuss mit dem eingesetzten Kapital erwirtschaftet werden konnte. - Umsatzrendite = Gewinn vor Steuern : Umsatz
Die Umsatzrendite drückt aus, wie viel Prozent des Umsatzes als Gewinn übrig bleiben und sollte über 1% liegen. - Cash-Flow-Marge = Cash-Flow : Umsatz
Der Cash-Flow, zu deutsch Kassenzufluss, definiert den Einnahmenüberschuss innerhalb eines bestimmten Zeitraums und beschreibt unter anderem die Finanzkraft eines Unternehmens. Der Cash-Flow = Jahresüberschuss + Abschreibungen +/- Erhöhungen oder Verringerungen der langfristigen Rückstellungen. Die Cash-Flow-Marge sollte über 2% liegen - Dynamischer Verschuldungsgrad =
(Verbindlichkeiten – liquide Mittel) : Cash-Flow
Der dynamische Verschuldungsgrad gilt als Indikator für den Zeitraum, den ein Unternehmen zur Tilgung einer aktuellen Schuld allein aus dem Cash-Flow benötigen würde. Vorausgesetzt, der Cash-Flow wird nur zur Tilgung der Verbindlichkeiten genutzt.
Krisenbewältigung
Handlungsbedarf in der Frühphase einer Unternehmenskrise
- Aufgabenstrategie
Es muss anhand einer Kostenstellenrechnung festgestellt werden, welche Produkt- oder Dienstleistungsbereiche den Erfolg des Unternehmens gefährden. In erster Linie sind hiervon veraltete Produktgruppen bzw. Waren aus schrumpfenden Branchen betroffen. Solche Produkte müssen i.d.R. abgestoßen werden. Hierzu werden alle Geschäftsfelder überprüft und zur Disposition gestellt, anschließend werden materielle und personelle Ressourcen überprüft und notwendige Änderungen vorgenommen. - Konsolidierungsstrategie
Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die "erfolgreichen" Produkte des Unternehmens ihre Position auf den Märkten behaupten. Hierzu ist es u.a. erforderlich, die Kosten zu überprüfen und ggf. zu senken. Gleichzeitig müssen die Wettbewerbsvorteile des Produktes ausgebaut werden. - Verdrängungsstrategie
Um die Kapazitäten in den angestammten Geschäftsfeldern beizubehalten bzw. zu erweitern, ist ein konsequentes Marketing- und Vertriebskonzept wichtig, das die Wettbewerbsvorteile ins richtige Licht rückt und neue Kunden(gruppen) erschließt. - Tätigkeitsfelder-Erweiterungsstrategie
Um die Existenz eines krisengefährdeten Unternehmens zu sichern, sollte die Produktpalette erweitert und neue Märkte damit erschlossen werden. Dies kann auch zu einer Risikodiversifizierung führen.
Sanierung
- Sie Ihren Markt und Ihre Wettbewerber gut kennen,
- Ihre Produkte oder Leistungen nach wie vor gefragt sind,
- Sie sich auf kompetente, verantwortungsbewusste und motivierte Mitarbeiter stützen können und
- die Flut Ihrer Probleme noch zu bewältigen ist
Sofortmaßnahmen
- Bringen Sie eine Bareinlage in Ihr Unternehmen ein! Möglicherweise ist es Ihnen möglich einen stillen Gesellschafter einzuwerben oder bestehende Beteiligungen zu erhöhen.
- Verkaufen Sie Betriebsvermögen, das nicht unbedingt benötigt wird! Dabei gibt es bei Immobilien z.B. auch so genannte Sale-and-lease-back-Lösungen.
- Treiben Sie ausstehende Forderungen ein und nutzen Sie dafür ggf. auch Inkasso-Firmen! Verkürzen Sie die Zahlungsziele! Schaffen Sie ggf. Anreize für schnelle Zahlungen (Rabatte)!
- Zögern Sie Ihre Zahlungen so lange wie möglich hinaus!
- Bitten Sie Ihr Kreditinstitut und Ihre Lieferanten um etwas Geduld! Sprechen Sie offen mit Ihnen über Ihre Situation! Schaffen Sie dabei Vertrauen!
- Versuchen Sie mit Ihrem Kreditinstitut einen günstigeren Kreditrahmen auszuhandeln, was allerdings bestenfalls bei Vorlage eines aussichtsreichen Sanierungskonzeptes möglich sein dürfte.
- Treten Sie Ihre Forderungen ggf. an ein Factoring-Unternehmen ab! Dies setzt allerdings eine bestimmte Forderungsstruktur und einen bestimmten recht hohen Forderungsumfang voraus.
- Besprechen Sie die Situation ggf. mit den Mitarbeitern. Besteht die Bereitschaft, bei den Gehältern Zugeständnisse zu machen? Würde die Verzögerung von Gehaltszahlungen akzeptiert?
- Überprüfen Sie Ihr Unternehmenskonzept und passen Sie es ggf. den Marktgegebenheiten an!
- Passen Sie Ihre Kosten der Unternehmenssituation an!
- Sorgen Sie für eine effektivere Organisation des Unternehmens!
- Bauen Sie ein effizientes Mahnwesen auf!
- Zahlen Sie Ihre Mitarbeiter leistungsbezogen!
- Ändern Sie die Unternehmens-Rechtsform!
- Suchen Sie neue Gesellschafter!
- Gliedern Sie Unternehmensteile aus oder legen Sie bisher getrennte Unternehmensteile zusammen!
- Suchen Sie einen günstigeren Standort!
- Entwickeln Sie neue Produkte, Programme, Sortimente!
- Erschließen Sie neue Märkte!
- Führen Sie moderne Produktionstechnologien ein, die langfristig Kosten einsparen!
- Treffen Sie make or buy-Entscheidungen (selbst produzieren oder dazu kaufen)!
Fehler und Probleme bei der Sanierung
- Einstellung, die Sanierung habe ohnehin keine Aussicht auf Erfolg, so dass Sanierungsstrategien nicht entschlossen verfolgt werden
- Sofortmaßnahmen ohne strategisches Konzept
- Sanierungsmaßnahmen werden nicht komplett umgesetzt: Erste Maßnahmen führen zu Anfangserfolgen und entspannen vermeintlich die Situation. Die langfristige Sicherung tritt in den Hintergrund.
- Zu geringer Personalabbau oder die Entlassung von Mitarbeitern auf wichtigen Schlüsselpositionen führen nur zu kurzfristigen Erfolgen.
- Der einseitige Abbau von verlustbringenden Tätigkeiten führt meist nicht zur Überwindung der Krise. Der Ausbau zukünftig profitabler Bereiche wird vernachlässigt.
- Befürchtungen und Ängste des Personals führen häufig zum Boykott von Sanierungsmaßnahmen. Ursache hierfür sind meist Informationsdefizite.