Europapolitische Positionen
Wir brauchen ein selbstbewusstes, wirtschaftlich starkes und handlungsfähiges Europa. Norddeutschland spielt hierbei eine wichtige Rolle: Mit der maritimen Wirtschaft ist Norddeutschland das Tor zur Welt und gleichzeitig Energie- und Industriedrehscheibe der Zukunft und bedeutender Außenwirtschaftsstandort.
Seit der letzten Legislaturperiode hat sich die Welt verändert. Durch den anhaltenden Krieg in Europa, bedingt durch den Angriff Russlands auf die Ukraine, haben die geopolitischen und geoökonomischen Differenzen zugenommen. Europa steht dabei zunehmend im Spannungsfeld zwischen China und den USA. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft sind enorm, die geopolitischen Konflikte bedrohen den für die europäische Wirtschaft zentralen Freihandel. Gleichzeitig hat Europa die Aufgabe, die Energiekrise zu lösen, und die Transformation der Wirtschaft zur Klimaneutralität zu bewältigen.
Wir brauchen ein selbstbewusstes, wirtschaftlich starkes und handlungsfähiges Europa, um diese Herausforderungen als Chancen zu nutzen. Norddeutschland spielt hierbei eine wichtige Rolle: mit der maritimen Wirtschaft ist Norddeutschland das Tor zur Welt und gleichzeitig Energie- und Industriedrehscheibe der Zukunft und bedeutender Außenwirtschaftsstandort. Nicht zuletzt ist der Norden, auch durch die Anbindung an die Küste und die Inseln, ein attraktiver Tourismusstandort und bietet optimale Bedingungen für die Ernährungswirtschaft.
Im März 2023 hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) unter dem Titel #GemeinsamEuropaGestalten die europapolitischen Positionen der IHK-Organisation verabschiedet. Die IHK Nord stimmt dem DIHK-Papier in vollem Umfang zu. Ergänzend stellt die IHK Nord mit diesem Papier spezifisch norddeutsche Wirtschaftsthemen in den Mittelpunkt. Ziel ist es, Politikerinnen, Politikern und Institutionen der Europäischen Union für die Belange der norddeutschen Wirtschaft zu sensibilisieren. Als Drehscheibe des deutschen Außenhandels, Zentrum der Energiewende und attraktiver Lebensraum am Wasser hat Norddeutschland herausragende Perspektiven. Diese spezifischen Stärken des Nordens möchten wir weiterentwickeln, in der öffentlichen Wahrnehmung stärken und gleichzeitig die bestehenden Defizite benennen und beheben. Daher konzentriert sich die Arbeit der IHK Nord auf fünf norddeutsche Schwerpunktthemen mit übergeordneter nationaler Bedeutung:
- Maritime Wirtschaft mit dem Schwerpunkt Infrastruktur und Seeverkehr
- Energie- und Industriepolitik
- Außenwirtschaftsstandort Norddeutschland / Internationalisierung
- Ernährungswirtschaft
- Tourismus
Die Legislaturperiode 2024 bis 2029 bringt große Weichenstellungen für Europa mit sich. Die norddeutsche Wirtschaft beteiligt sich aktiv in der Debatte um einen zukunftsfähigen europäischen Wirtschaftsraum und eine starke Europäische Union. Dabei ist es für uns bedeutend, gute, vertrauensvolle Beziehungen zu den Politikerinnen und Politikern auf- und auszubauen. Wir möchten in einem offenen Dialog ihren Blick um die Perspektiven der norddeutschen Wirtschaft erweitern und dazu beitragen, dass praxistaugliche, bürokratiearme und die Wirtschaft fördernde Rechtsvorschriften verabschiedet werden.
Das vorliegende Papier enthält die Forderungen der IHK Nord an die neu zusammengesetzten EU-Institutionen. Über alle Politikbereiche hinweg ist der Ausgleich zwischen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Zielen besonders wichtig. Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit, Infrastrukturausbau und Klimaschutz müssen ineinandergreifen.
Wettbewerbsfähige Standorte sind unabdingbare Voraussetzung für die Entfaltung unternehmerischer Potenziale und betrieblicher Wertschöpfung. Und nur auf dieser Basis gelingt die Transformation zu klimaneutralem Wirtschaften. Durch kleinteilige bürokratische Vorhaben wie beispielsweise die EU-Lieferkettenrichtlinie mit unverhältnismäßigen Melde- und Berichtspflichten und weiteren zahlreichen Detailregelungen wird die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte in der EU zunehmend gefährdet. Die Wirtschaft und insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) dürfen nicht immer weiter belastet werden. Regulierungen und Vorgaben, die europäische Wirtschaftsstandorte im internationalen Wettbewerb benachteiligen, gehören auf den Prüfstand und benötigen dringend ein Update. Bei neuen Richtlinien und Verordnungen empfehlen wir eine Prüfung der Notwendigkeit zur Regulierung und einen umfassenden und aussagekräftigen Bürokratiekosten-Check. Die langjährigen Diskussionen zum Bürokratieabbau müssen endlich spürbare Erfolge zeigen: Entlastungen der Wirtschaft sind auch Entlastungen der Verwaltung. One-in-one-out ist angesichts der Regelungsdichte und – tiefe kein zukunftsfähiger Ansatz, wenn er nicht konsequent umgesetzt wird.
Die norddeutsche Wirtschaft setzt sich für eine EU-Politik ein, die Wirtschaftswachstum und internationale Wettbewerbsfähigkeit fördert, einen starken europäischen Binnenmarkt und internationale Wirtschaftsbeziehungen gewährleistet, die Liefer- und Wertschöpfungsketten sichert und der schleichenden Deindustrialisierung in Deutschland entgegenwirkt. Kurzum: Wir stehen ein für eine starke EU – mit einer starken und wettbewerbsfähigen norddeutschen Wirtschaft.
Auf einen Blick: Die Forderungen der norddeutschen Wirtschaft zur Europawahl 2024
Im Folgenden sind die Kernforderungen der IHK Nord auf einen Blick zusammengefasst, nähere Erläuterungen ergeben sich aus den Folgeabschnitten. Zusammenfassend fordert die norddeutsche Wirtschaft zur Europawahl 2024:
Maritimes und Infrastruktur
- Europäische Hafenstrategie: auf faire Wettbewerbsbedingungen achten
- Know How im Schiffbau und Offshore Windausbau sichern
- Mit Net-Zero-Industry Act alternative Treibstoffe in der Schifffahrt fördern
- EU-ETS im Seeverkehr und FuelEU Maritime effizient implementieren
- Schiffsrecycling als Beitrag zu maritimen Kreislaufwirtschaft fördern
- Verkehr und Mobilität europaweit ausbauen und modernisieren
- Infrastrukturprojekte beschleunigen – EU Gesetzgebung anpassen
Energie und Industrie
- Strommarktdesign und Sektorenkopplung weiterentwickeln
- Internationalen Netzausbau vorantreiben
- Mehr Tempo und Zusammenarbeit beim Offshore-Wind
- Internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken
- Wasserstoff in Europa fördern
Außenwirtschaft
- Europäischen Binnenmarkt stärken
- Einfache Marktzugänge schaffen
- Handelsabkommen abschließen
- Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Menschenrechte global verankern
- KMU-Kapitel in Handelsabkommen
- EU-Standards stärken
- Entsenderichtlinie anpassen
- Unternehmen kompetent bei der Auslandsmarkterschließung unterstützen
- Nachweis- und Berichtspflichten für Einfuhren vereinfachen
- Reform der EU-Zollunion: Logistik der Seehäfen im Blick behalten
- Handelspolitische Schutzinstrumente mit Augenmaß
- Regeln für digitalen Handel und Güter mit hoher Dienstleistung einfordern
- Zusammenarbeit mit der EU-Nachbarschaft vertiefen
Ernährungswirtschaft
- Fischfang und -verarbeitung – nachhaltige Entwicklung unterstützen
- Vereinfachung von Kontrollmechanismen im Lebensmittelrecht
- Nutztierstrategie – Level Playing Field im EU-Binnenmarkt
Tourismus
- Tourismusförderung sicherstellen und ausbauen
- Aktionsplan für nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei
→ Detaillierte Ausführungen zu den Europapolitischen Positionen. Stand: Januar 2024
Kontakt IHK Nord, Büro Brüssel
IHK Nord I Arbeitsgemeinschaft Norddeutscher Industrie- und Handelskammern e.V.
IHK Nord | Association of North German Chambers of Commerce and Industry
Avenue des Arts 19 A-D | 1000 Brussels / Belgium
T 0032 (0)2 20912 84 | F 0032 (0)2 20912 89
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