IHK zu Rostock, Tourismus-Akteure, Einzelhandel und weitere Wirtschaftsakteure kritisieren geplante Kurabgabesatzung
Rostock, 27. April 2023. In einer gemeinsamen Stellungnahme (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 348 KB) haben die IHK zu Rostock, der DEHOGA MV e.V., der Handelsverband Nord, der Citykreis Rostock e.V. und der Tourismusverein Rostock & Warnemünde e.V. sich erfolgreich gegen die Erhebung einer Kurabgabe in der von der Rostocker Bürgerschaft geplanten Form gewandt.
„Grundsätzlich bedauern wir sehr, dass die Hanse- und Universitätsstadt Rostock in Vorbereitung dieser so wichtigen Angelegenheit nicht schon rechtzeitig die Kommunikation mit den Partnern vor Ort gesucht hat“, so IHK-Präsident Klaus-Jürgen Strupp und weiter:
„So ist ein Entwurf entstanden, der von den Tourismus-Akteuren, dem Einzelhandel und weiteren Wirtschaftskreisen der Stadt in dieser Form nicht akzeptiert werden kann. Gemeinsam hätte ein innovatives, gemeinsam getragenes Modell erarbeitet werden können. Dies ist leider nicht erfolgt.“
Lars Schwarz, Präsident des DEHOGA MV, ergänzt: „Wir sehen die große Gefahr, dass mit dieser Kurabgabesatzung das Gegenteil erreicht wird. Anstatt mit Akzeptanz den Tourismus in der ganzen Stadt weiterzuentwickeln, wird hier eher auf die schnelle zusätzliche Einnahme geschielt. Diese Taktik wird nicht aufgehen. Sie schadet der Entwicklung Rostocks.“
ÖPNV – Pauschale
Bereits in der Stellungnahme der IHK zu Rostock zum Mobilitätsplan Zukunft (MOPZ) vom 30. Januar 2017 wurde eine fehlende Analyse des vorhandenen Verkehrsnetzes und der Verkehrsangebote sowie die Entwicklung der Verkehrsmengen bemängelt. Auch Ableitungen aus der Tourismusentwicklung fehlten gänzlich. Auch heute fehlt es noch immer an Kenntnis über Daten, was die Auslastung der vorhandenen Verkehrsmittel betrifft. In Verbindung mit dem nun eingeführten 49 Euro-Ticket, bei dem ebenfalls noch unklar ist, wie viele Touristen dies nutzen werden, ist die Einführung einer Pauschale für den ÖPNV nicht vermittelbar. Die Unterzeichner fordern daher eine Verschiebung der Einführung einer solchen Pauschale und zugleich die Erhebung relevanter Daten durch die Verkehrsbetriebe, um dann eine neue Kalkulation unter Berücksichtigung des Nutzerverhaltens vornehmen zu können.
Befreiungen/Ermäßigungen
Im Hinblick auf Befreiungen und Ermäßigungen seien die geplanten Regelungen widersprüchlich und würden, bei Umsetzung, einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Destinationen und zur angedachten Zielgruppenbearbeitung der Tourismuskonzeption darstellen.
Berechnung Kurabgabe bei An- und Abreise
Eine Berechnung der Kurabgabe für den An- und Abreisetag als zwei Aufenthaltstage mit dem vollen Satz, mag rechtlich zwar begründbar sein, ist für die Unterzeichner aber nicht verhältnismäßig und so nicht akzeptabel. Die gastseitige Belastung würde sich so um ca. 230 Prozent für ein und dieselbe Leistung erhöhen.
„Wir fordern daher die Beibehaltung der aktuellen Regelung mit der jeweils hälftigen Kurabgabe für den Anreise- bzw. Abreisetag“, so DEHOGA MV-Präsident Lars Schwarz.
Saisonalität
Vergleichbar mit anderen Kommunen sollte die ganzjährige Kurabgabe mit unterschiedlichen Beiträgen in der Haupt- und Nebensaison gestaffelt werden. Das touristische Angebot in der Nebensaison ist nicht vergleichbar mit dem in der Hauptsaison. Auch weitere Kosten, z.B. für die Strandbewirtschaftung dürften sich hier saisonbedingt unterscheiden.
Tagestouristen, Kreuzfahrtgäste sowie touristisches Angebot
Die Unterzeichner der Stellungnahme stellen infrage, für welches touristische Angebot die Gäste außerhalb von Warnemünde als Tagesgäste Kurabgabe zahlen sollen. Der Mehrwert, den ein vermeintlicher Tourismusort beim Gast suggeriere, sei als solches im Stadtgebiet nicht erkennbar.
Der Satzung mangele es an klar formulierten touristischen Angeboten, die dem Gast konkret und idealerweise zusätzlich gemacht werden. Ein entsprechendes Konzept, auch zur Mittelverwendung, liege nicht vor. Es fehlt die Benennung der konkreten Punkte für die Mehraufwendungen zum quantitativ bzw. qualitativ messbaren Mehrwert für den Gast. „Wir fordern das explizite Aufzeigen des gastseitigen Mehrwertes“ sind sich die Unterzeichner einig. Sie sind in großer Sorge, weil sie eine massive Gefahr für die Attraktivität und Stellung der Rostocker Innenstadt wie auch anderer Stadtteile sehen, die durch die geplante Regelung weiter geschwächt würden.
„Rostock hat eine wichtige Funktion als Oberzentrum und ist für die Versorgung der Menschen im Umland zuständig. Daher kann es nicht sein, dass jetzt nur noch die touristische Brille getragen wird“, so Kay-Uwe Teetz, Geschäftsführer des Handelsverbands Nord.
Die Kritiker der geplanten Kurabgabesatzung bitten um eine erneute Verschiebung des Bürgerschaftsbeschlusses wegen dringend notwendiger Überarbeitung und bieten gleichzeitig im Prozess ihre Unterstützung an, um letztlich eine für alle vertretbare, aber auch praktikable Regelung auf den Weg zu bringen.
Die Entscheidung über die Beschlussvorlage zur Kurabgabensatzung hat die Rostocker Bürgerschaft schlussendlich vertagt und in die Ausschüsse verwiesen.