Juni 2024 | Freizeitwirtschaft

"Es herrscht große Unsicherheit"

Ein Dienstag Anfang Mai auf Rügen, bestes Frühlingswetter, durch die anstehenden Feiertage kommen langsam mehr und mehr Touristen auf die Insel. In dieser vorsommerlichen Atmosphäre erwacht die Naturbühne in Ralswiek, Schauplatz der Störtebeker Festspiele, zum Leben. Auf dem ganzen Gelände sind Handwerker, Schauspieler, Techniker und viele andere unterwegs. Innerhalb von knapp sechs Wochen, bis zur ersten Vorstellung des Jahres am 15. Juni, müssen sie die diesjährige Geschichte rund um den Seeräuber Klaus Störtebeker einstudieren, ausleuchten, gestalten. Eine große Aufgabe, an der in der Hochsaison vom Kleindarsteller bis zum Kostümbildner um die 400 Leute beteiligt sind.
Eine schwarzhaarige Frau sitzt zwischen hunderten blauen Pastikstühlen.
Anna-Theresa Hick, Geschäftsführerin der Störtebeker Festspiele © Mathias Rövensthal

Seit der Kindheit dabei

„Diese Komplexität, die hinter diesem, aber auch anderen Kultur-Events steht, ist vielen Menschen nicht bewusst“, sagt Anna-Theresa Hick, Geschäftsführerin der Festspiele. Die 41-Jährige hat die Leitung der Veranstaltung 2012 von ihren Eltern Ruth und Peter Hick übernommen. Beide sind aber immer noch aktiv dabei.
Ein Holzboot steht am Wasser.
Die Naturbühne Ralswiek mit Wasserpanorama dient als Kulisse für die Festspiele. © Mathias Rövensthal
Hick ist aufgewachsen mit Klaus Störtebeker. Sie hat im Laufe der Jahre jede denkbare Aufgabe übernommen. „Vom Kartenverkauf bis zur kleinen Rolle auf der Bühne, es war alles dabei“, erzählt sie. Dadurch hat sie schon früh gelernt, wie viel Arbeit damit verbunden ist, das Live-Spektakel auf die Beine zu stellen. Ein Umstand, der für sie viel zu wenig im allgemeinen Bewusstsein verankert ist. „Die Veranstaltungsbranche hat oft den Ruf, als ob das alles leicht verdientes Geld ist. Ich würde mir wünschen, dass man besser vermitteln könnte, welche Leistung nicht nur die Schauspieler, sondern auch die Menschen hinter den Kulissen abliefern“, betont sie.
Zwei schwarzgekleidete Männer schauen sich gemeinsam einen Plan an.
Detaillierte Setplanung: Die Crew arbeitet seit Anfang Mai 2024 ununterbrochen, damit bis zur ersten Vorstellung alles fertig ist. © Mathias Rövensthal

Mehr als 5000 Zuschauer pro Veranstaltung

Die Begeisterung des Publikums ist auch nach mehr als 30 Jahren ungebrochen. Rund 5.500 Zuschauer sind pro Veranstaltung dabei. Hochgerechnet auf die insgesamt 67 Vorstellungen in elf Wochen Spielzeit strömen im Sommer fast 370.000 Menschen nach Ralswiek. Der Rekord bis jetzt seien 396.000 Zuschauer gewesen, sagt die Veranstaltungschefin.
Die Zuschauer bringen auch Gewinne für andere Wirtschaftszweige, allen voran Hotellerie und Gastronomie. Konkrete Erhebungen zu den wirtschaftlichen Effekten der Festspiele hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben, sagt Anna-Theresa Hick. Doch dass diese erheblich ausfallen, liegt auf der Hand. Zum einen schafft die Veranstaltung zahlreiche Arbeitsplätze. Handwerker, Schneider, Maurer, Techniker – die Berufsvielfalt am Set der Naturbühne ist groß.

IHK unterstützte in Coronazeit

Zum anderen gibt es einen großen Einfluss auf den Inseltourismus. Das habe sich auch in der Coronazeit gezeigt. „Wir haben Rückmeldungen von Hoteliers und Betreibern von Ferienwohnungen bekommen, dass die Buchungen stark eingebrochen sind in den Jahren 2020 und 2021.“
„Es war eine harte Zeit, aber wir haben uns unterstützt gefühlt und hatten immer gute Ansprechpartner.“

Anna-Theresa Hick, Geschäftsführerin

In diesen beiden Sommern konnten die Festspiele trotz intensiver Bemühungen, optimale Bedingungen zu schaffen, nicht stattfinden. „Das Risiko war unternehmerisch nicht einzuschätzen, Land und Bund konnten uns nichts fest zusichern“, berichtet Hick. Am Ende sei es aus haftungsrechtlicher Sicht eine gute Entscheidung gewesen, nicht zu spielen.
Die IHK hat Anna-Theresa Hick und ihre Crew in dieser Zeit begleitet, sich vor Ort umgeschaut, um mögliche pandemiekonforme Konzepte zu diskutieren und fortlaufend das Gespräch gesucht. „Es war schön, dass wir als Mitgliedsunternehmen so abgeholt wurden. Es war eine harte Zeit, aber wir haben uns unterstützt gefühlt und hatten immer gute Ansprechpartner.“

Zuschauer buchen kurzfristiger

Eine schwarzgekleidete Frau spricht mit einem Mann.
Anna-Theresa Hick bespricht sich mit Requisiteur Sven Geist. © Mathias Rövensthal
Diese harten Jahre sind nun Vergangenheit und die Zuschauer halten Klaus Störtebeker nach wie vor die Treue. Etwas habe sich aber dennoch verändert. „Wir merken, dass die Zuschauer ihre Buchungen kurzfristiger als früher tätigen und sich auch kürzer auf Rügen aufhalten”, berichtet Hick.
„Durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten und die Kriege herrscht große Unsicherheit, der Kunde überlegt länger, wofür er Geld ausgibt. Vor dem Hintergrund können wir uns glücklich schätzen, dass die Leute immer noch so zu uns kommen wie früher.“
Eine Frau mit Grille zeigt einer schwarzgekleideten Frau ein Messer.
Auch bei den Kostümbildnern gibt es viel zu tun. © Mathias Rövensthal
Und so geht das Team mit ungebrochenem Eifer ans Werk, alle arbeiten vom Morgen bis in den späten Abend hinein. „Viele sind über Wochen von ihren Familien getrennt, arbeiten von Engagement zu Engagement. Das ist nicht immer leicht“, sagt Anna-Theresa Hick. Sie selbst habe während ihrer beruflichen Laufbahn etliche andere Stationen durchlaufen, war unterwegs auf der ganzen Welt. „Aber ich kam immer wieder her. Ein Sommer ohne Störtebeker, das konnte ich mir nicht vorstellen.“
Text: Christina Milbrandt
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