November 2024 | Regional verankert

Von der Hobbynäherin zur erfolgreichen Unternehmerin

Melanie Schwemer produziert und vertreibt Leseknochen. Die Kissen mit der besonderen Form sind nicht nur bei Lesern beliebt.
Eine Frau sitzt auf einem Sofa. In der Hand hält sie zwei längliche Kissen.
Melanie Schwemer mit ihren Leseknochen, die seit 2018 zentrales Produkt ihres Unternehmens sind. © IHK zu Rostock
Ein Unternehmen zu führen, dessen Produkte international nachgefragt werden, bringt ziemlich viel Arbeit mit sich – aber vor allem ziemlich viel Erfüllung. Das jedenfalls ist der Eindruck, den Melanie Schwemer hinterlässt, wenn man sie in eben jenem Unternehmen besucht. Die 46-Jährige ist Gründerin und Geschäftsführerin von Plückefinken. Das Unternehmen produziert und vertreibt sogenannte Leseknochen, also Kissen, die durch ihre besondere Form eine schonende Lesehaltung unterstützen. Das Sortiment umfasst mehr als 100 Modelle, darunter herkömmliche Kissen sowie auch Bezüge für Leseknochen.
Dass sich ihre Selbstständigkeit einmal so erfolgreich entwickeln würde, dafür ist Melanie Schwemer sehr dankbar. Seinen Anfang nahm alles, nachdem sie ihren vorherigen Beruf als technische Zeichnerin wegen Krankheit aufgab. „Dann habe ich angefangen zu nähen, was sich immer weiterentwickelt hat. Von Mützen über Taschen bis hin zu Kinderhosen war alles dabei“, erzählt die Unternehmerin.

Erste große Erfolge bei Hamburger Messe

Um sich einen Namen zu machen, hat Melanie Schwemer ihre Sachen beim damaligen Do-It-Yourself-Onlineshop DaWanda und auf zahlreichen regionalen Märkten angeboten. Auf Dauer habe sich das finanziell allerdings nicht rentiert, sagt sie. Als sie schließlich selbst auf den Leseknochen aufmerksam wurde – als jemand, der gern liest, sei sie irgendwann unweigerlich auf dieses Produkt gestoßen – entschied sie sich, diesen zu optimieren und als zentrales Produkt zu vermarkten.
Wir sind auf der Suche nach Räumlichkeiten, wo wir alles unter einem Dach vereinen können. Aber bislang hat sich das als sehr schwierig erwiesen.

Melanie Schwemer, Geschäftsführerin

„Ich habe mich 2018 bei der Hamburger Ordermesse Nordstil angemeldet. Vorher habe ich mir noch eine Produktionsfirma in Polen gesucht, falls dort schon die ersten Nachfragen von Händlern kommen.“ Ihre Erwartungen wurden übertroffen – einige Kunden von damals gehören bis heute zum treuen Kundenstamm, erzählt Melanie Schwemer voller Stolz.

Viele Anwendungsmöglichkeiten

Mittlerweile ist die Nachfrage sehr groß: Buchhandlungen, Möbelhändler, Geschäfte für Geschenke und Wohnaccessoires zählen ebenso zu den Kunden wie Apotheken und Sanitätshäuser. Durch seine spezielle Form lässt sich der Leseknochen flexibel als Nacken- und Rückenstütze einsetzen und bietet damit viele Anwendungsmöglichkeiten.
Und auch einen berühmten Fan haben die Leseknochen: Die Schriftstellerin Nele Neuhaus hat schon einige der Kissen gekauft, erzählt Melanie Schwemer.

Auf der Suche nach neuen Gewerberäumen

Hergestellt werden die Produkte von Plückefinken von einer Firma in Polen. Die Materialien kommen ebenfalls von Unternehmen mit Sitz in der EU. Durch diese Zusammenarbeit kann Melanie Schwemer viele Designs anbieten, auch individuelle Wünsche können berücksichtigt werden. So ist für jeden etwas dabei, von Vintage über Glitzer bis Weihnachten und darüber hinaus gibt es zahlreiche Motive.
Das Sortiment managt die Unternehmerin über den Onlineshop, über den Händler und Privatpersonen ihre Bestellungen aufgeben können. Verpackt und verschickt wird alles vom kleinen Unternehmenssitz in Dummerstorf. Ein altes Ärztehaus in der Nähe der Supermärkte ist seit 2021 die Zentrale des Unternehmens. „Bis dahin hatten wir alles zu Hause. Aber das wurde dann einfach zu eng. Wir kamen irgendwann nicht mehr an unsere Schränke, weil alles voll mit Kisten stand.“
Doch auch der aktuelle Firmensitz ist im Grunde nur eine Kompromisslösung. Zwar gibt es genug Räume, um Büroarbeit, Verpackungsstation, Lager und kleine Nähstation unterzubringen, aber auch das ist nur ein Bruchteil dessen, was eigentlich nötig ist. Vor allem bei der Lagerung gibt es deutliche Defizite, sagt Melanie Schwemer. Um diese auszugleichen, gibt es noch ein weiteres Lager, das sie bei einer Logistikfirma angemietet hat. „Wir sind auf der Suche nach Räumlichkeiten, wo wir alles unter einem Dach vereinen können. Aber bislang hat sich das als sehr schwierig erwiesen.“
Neben der hohen Mietpreise für Gewerberäume sei auch die generelle Verfügbarkeit von Flächen, die kleine Unternehmen nutzen könnten, nicht gegeben. „In der Region werden KMU gefühlt eher vernachlässigt“, betont die Dummerstorferin.

Verstärkte internationale Ausrichtung

Trotz dieser Hürden hält Melanie Schwemer an ihren Expansionsplänen fest. Denn demnächst möchte sie den europäischen Markt noch stärker erschließen und ihren Bekanntheitsgrad weiter steigern. Messebesuche sind schon fest eingeplant.
Überhaupt sind Messen entscheidend für den Erfolg von Plückefinken. Neben der Nordstil, die nach wie vor jedes Jahr auf dem Programm steht, ist Melanie Schwemer auf den Buchmessen in Frankfurt/Main, Leipzig und Wien und auf diversen anderen großen Veranstaltungen dieser Art zu finden. „Man muss schon herausfinden, was sich wirklich am Ende rentiert und neue Geschäftskontakte bringt. Nicht überall lohnt sich der Aufwand. Aber grundsätzlich verkaufen wir sehr viel und können unseren Namen so noch mehr verbreiten.“

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Unterstützt wird Melanie Schwemer dabei von ihrem Mann, der ihr den Rücken freihält und sie im Unternehmensalltag stärkt. Ebenfalls zum Team gehören eine Mitarbeiterin, die mit für Verpackung und Versand zuständig ist, sowie eine Mitarbeiterin, die die Internetpräsenz von der Webseite bis zu Social Media für das Unternehmen koordiniert. Der Umgangston miteinander ist freundschaftlich und locker, das wird schon beim ersten Hineinschnuppern deutlich. „So eine Atmosphäre ist mir wichtig. Das gilt auch im Umgang mit meinen Kunden. Auf Augenhöhe und miteinander, das ist mein Motto“, sagt die Chefin.
Mit dem Begriff Plückefinken verbinde ich nur Schönes und das passt auch sehr gut zu meinem Unternehmen.

Melanie Schwemer, Geschäftsführerin

Den Schritt in die Selbständigkeit sieht Melanie Schwemer als große Rettung. Während der frühere Job sie ausbrannte, könne sie sich nun frei entfalten und ihre eigene Chefin sein. Das erfülle sie sehr, auch wenn es viel Arbeit sei. Auch der Name Plückefinken soll das widerspiegeln.
„Das ist ein plattdeutsches Wort, das ich mit meiner Kindheit verbinde. Es bedeutet so viel wie Schnipsel machen. Ich habe immer schon gern gebastelt und geschnippelt. Meine Mutter hat dann immer gesagt, ,Na, machst du wieder Plückefinken?‘. Damit verbinde ich nur Schönes und das passt auch sehr gut zu meinem Unternehmen.“