„Die Mitarbeiter denken für das Unternehmen mit“
Die Gründerinnen des Rostocker Unternehmens IGMHS ML GmbH haben ihre Nachfolge von langer Hand geplant. Besonders im Fokus hatten sie den Transfer ihres Fachwissens. Nun ist der Prozess weitgehend abgeschlossen.
Dr. Gudrun Horn-Samodelkin (links) und Dr. Barbara Meyer haben ihr Unternehmen an Stefan Dannenberg übergeben.
© IHK zu Rostock
Wem übergebe ich mein Unternehmen, das ich über Jahre hinweg aufgebaut habe? Und wie erhalte ich mein Fachwissen für die kommende Generation? Diese Frage haben sich Dr. Gudrun Horn-Samodelkin und Dr. Barbara Meyer frühzeitig gestellt. Die Frauen haben 1996 ihr Unternehmen IGMHS ML – Ingenieurgemeinschaft Meyer & Horn-Samodelkin Mikroskopielabor gegründet. Die Firma mit Sitz am Rostocker Fischereihafen ist mittlerweile eine GmbH und spezialisiert auf Gutachten, Materialuntersuchung, Werkstoff- und Schadensanalytik. Nach 26 erfolgreichen Jahren haben die beiden Geschäftsführerinnen das Unternehmen 2022 an ihren Nachfolger, Stefan Dannenberg, verkauft.
„Wir haben das Knowhow der beiden in die Gruppe übertragen und dabei einiges umstrukturiert.“Stefan Dannenberg, Nachfolger
Der damals 34-Jährige übernahm nach einem langen Prozess, der detaillierte Planungen und Beratungsgespräche beinhaltete, die Geschäftsführung. Die beiden Gründerinnen blieben dem Unternehmen als Mitarbeiterinnen erhalten. Das Ziel: den Wissenstransfer der Gründergeneration Schritt für Schritt zu übertragen und den Betrieb auf die Zukunft vorbereiten. Dieser Prozess ist jetzt fast abgeschlossen: Barbara Meyer ist am 1. Mai in den Ruhestand gegangen, Gudrun Horn-Samodelkin plant ihren für Ende 2024. Wie haben sie diesen Schritt vorbereitet?
Neue Aufgabenverteilung
„Wir haben das Knowhow der beiden in die Gruppe übertragen und dabei einiges umstrukturiert“, sagt Stefan Dannenberg. Im Laufe der vergangenen zwei Jahre seien die Mitarbeiter an neue Anforderungen und Verantwortlichkeiten herangeführt worden, fügt Gudrun Horn-Samodelkin hinzu. Ihr Arbeitsbereich sei ziemlich komplex, die einzelnen Aufgaben könnten nicht als festgelegte Standards abgelegt werden, so die Mitgründerin. Deshalb wird es in den kommenden Monaten weiterhin Schulungen geben, die das nötige Wissen nochmals vertiefen sollen und sich aus einem theoretischen und praktischen Teil zusammensetzen.
„Wir geben den Mitarbeitern Proben aus uns bekannten Schadensfällen, die sie untersuchen sollen. Die Ergebnisse werden dann im Rahmen einer Teamsitzung präsentiert und im Kollegium diskutiert. Im Anschluss gibt es vertiefende Schulungen“, erläutert Gudrun Horn-Samodelkin.
Der Aufgabenbereich von Barbara Meyer wurde in den vergangenen zwei Jahren mittels spezieller Algorithmen zusammengefasst, sodass die Mitarbeiter auch nach ihrem Rückzug aus dem Unternehmen auf eine komplexe Dokumentation zurückgreifen können.
Hohe Identifikation mit der Firma
All diese Vorbereitungen haben sich schon jetzt bewährt: „Die Mitarbeiter haben sich in ihren Fachgebieten eingefunden, warten nicht auf Zuteilung von Arbeit, sondern erledigen diese selbstständig und denken für das Unternehmen mit“, sagt Stefan Dannenberg. Die Identifikation mit der Firma sei so groß, dass die Kollegen den Chef fragen, ob sie nicht am Wochenende arbeiten könnten, wenn es aufgrund der Arbeitsfülle sinnvoll erscheint, fügt Barbara Meyer hinzu. „Wenn es so läuft, dann kann man sich ruhigen Gewissens zurückziehen“, sagt sie.
„Dass wir dabei so erfolgreich waren, ging nur so, weil alle Mitarbeiter geblieben sind und das Arbeitsklima sehr gut ist – zwischen den Kollegen genauso wie zwischen dem Team und uns beziehungsweise dem neuen Chef.”Dr. Barbara Meyer, Unternehmensgründerin
Die Rührung und der Stolz auf das Geleistete sind ihr dabei anzusehen. Denn dass diese reibungslosen Abläufe nicht einfach so aus sich selbst heraus entstehen, war den Unternehmensgründerinnen genauso klar wie ihrem Nachfolger. So führten sie immer wieder Gespräche, einzeln und im Team, um alle mitzunehmen. „Dass wir dabei so erfolgreich waren, ging nur so, weil alle Mitarbeiter geblieben sind und das Arbeitsklima sehr gut ist – zwischen den Kollegen genauso wie zwischen dem Team und uns beziehungsweise dem neuen Chef“, betont Barbara Meyer.
Neue Niederlassung in Lübeck
Dass das Team dank der komplexen Übergabe der Firmengründerinnen so selbstständig läuft, ist für Stefan Dannenberg ein Segen. Denn so hatte er die Freiräume, die Weichen für eine weitere Neuausrichtung zu stellen: die Gründung einer zweiten Niederlassung in Lübeck mit dem Schwerpunkt zerstörungsfreier Werkstoffprüfung (ZfP). Den Impuls dazu gab seine Tätigkeit als Berater für ein Lübecker Labor, in dem er vor seinem Wechsel ins Rostocker Unternehmen fest angestellt war.
Für Gudrun Horn-Samodelkin und Barbara Meyer ist klar: Sie haben mit Stefan Dannenberg genau die richtige Wahl getroffen. Und dank ihrer vorausschauenden Planung müssen sie sich keine Sorgen um ihr Unternehmen machen. „Als ich mich von den Kunden verabschiedet habe, habe ich gespiegelt bekommen, dass diese großes Vertrauen darin haben, dass das Team sehr gut für die Zukunft aufgestellt ist“, sagt Barbara Meyer. „Das gibt uns ein sehr gutes Gefühl.“
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